furnaria germanica

  • FURNARIA GERMANICA


    [Blockierte Grafik: http://people.freenet.de/canziz/bakershop.gif]In einer Seitenstraße gleich wenn man das Forum links hinter der Curia verlässt, gelangt man zur furnaria germanica. Der Eigentümer ist Titus Didius Gordianus, ein Veteran der Legio I Traiana Pia Fidelis. Das Gebäude gleich an der Ecke zwischen praetorium und via principalis ist eine insula, welche aus drei Stockwerken besteht. Im Erdgeschoß liegt zu den Füßen der Kunden der Eingang der Bäckerei, während in den oberen Etagen Wohnungen an betuchte und weniger betuchte Kleinhändler, Peregrini oder andere Persönlichkeiten vermietet werden.
    Auf der langen via principalis, die hinaus aus der Stadt zum castellum der Legio IX Hispania führt, fahren Händler und Bauern, Arbeiter und Tagelöhner tagsüber in die Stadt ein und aus.
    Auf der gut ausgebauten Straße rattern die Räder der Fuhrkarren über das Kopfsteinpflaster und lassen so die typische Geräuschskulisse der colonia entstehen. Emsige Betriebsamkeit herrscht um den kleinen Laden, der mit seiner günstigen Lage die unmittelbare Nachbarschaft und vorbeifahrende Kundschaft versorgt. Es ist ein Tag wie jeder andere. Die Straße ist voll von fahrenden Händlern, Legionären, Boten, Sklaven und reichen Patronen, die sich in ihrer Kutsche zu Festen und Orgien kutschieren lassen.
    Anders als in der urbs, ist es in colonia agrippina Fuhrwerk gestattet tagsüber die Stadt zu befahren und die Fahrer auf ihren Kutschböcken versuchen sich mit aller Gewalt durch den Verkehr zu zwängen. Hier und da fallen Flüche und auch ein paar Beleidigungen. Der Hänlder vorne in dem Zweispänner mit den Ochsen davor hat doch tatsächlich eine Stück faules Obst an den Hinterkopf bekommen, weil sein Wagen schon eine ganze Weile die Straße versperrt. Seine Leute beeilen sich gerade, die mitgebrachten Waren abzuladen und im Geschäft zu verstauen. Der Händler sieht sich bitterböse nach hinten um, um den Übeltäter ausfindig zu machen, doch in der Masse der Menschen gelingt ihm das nicht. Jetzt verschwindet er in seinem Warenlager. Der Verkehr geht wieder weiter und das Fluchen und Schimpfen auch.

  • Ich war nach längerer Abwesenheit mal wieder in der Stadt, um unter anderem meine Bäckerei zu inspizieren. Durch den dichten Verkehr auf der via principalis hatte ich mich gezwängt und erreichte nun die Läden meines Geschäfts.
    In der Backstube arbeitete mein Verwalter Numerius, ein beschlagener Rechenkünstler, der seine Arbeit zu meiner vollsten Zufriedenheit erledigte.


    Ich betrat die beengte Räumlichkeit. An den Wänden waren Mehlsäcke angelehnt und im hinteren Bereich backten im heißen Ofen die nächsten Brote.


    "Salve Numerii, wie sieht es aus ? Bist Du zufrieden ?"


    "Die Geschäfte liefen schon besser, Herr."


    "Zeig mir die Bücher ?"


    "Hier bitte, Herr." Numerius übergab mir eine Schriftrolle, auf der die Einnahmen und Ausgaben der letzten Wochen notiert waren.



    Nachdem ich mir die Zahlen angesehen hatte, gab ich Numerius die Schriftrolle zurück.


    "Gab es sonst noch irgendwelche Zwischenfälle, über die ich informiert sein sollte ?"


    "Nein, Herr !" - "Doch, Herr ! Es gab da was. An einem Abend vor einigen Tagen stiegen dunkle Gestalten in die Räume des Geschäfts dort drüben ein, mit den verschlossenen Fenstern und Türen."


    Numerius zeigte mit der Hand auf die gegenüberliegende Straßenseite, wo in der Tat ein verwaister Laden lag. Bretterbeschläge hatten die Fenster und Türen verrammelt und der Besitzer schien nicht anwesend zu sein.


    "Ich wurde wach, als ein Hund plötzlich aufjaulte. Ich hatte einen sehr leichten Schlaf und war sofort hellwach. Dann fielen mir diese Typen auf, wie sie am Schloß herumfingerten. Das Holz knarrte. Nach einer Weile hatten die Kerle die Tür auch offen. Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Ich war wie gelähmt und regte mich kein bißchen. Von meiner Kammer aus habe ich den Laden genau im Blick und konnte ihr Treiben beobachten.
    Ich erkannte nur die Umrisse, aber sie mußten groß und stark gewesen sein. Der eine bewegte sich sehr merkwürdig, sehr unregelmäßig. Er watschelte wie eine Ente. Dann waren da noch zwei, glaube ich - mehr habe ich nicht gesehen. Ich verhielt mich ganz ruhig. Sie schleppten jede Menge Kisten und Säcke heraus. Der eine mit dem Entengang stöhnte dabei immer. Sie haben das ganze Lager ausgeräumt und verschwanden in einer Seitengasse. Dann war es wieder still."

  • "XL, LXVI, LXX, XC, ..." murmelte ich leise vor mich hin. Nachdem mein Herr wieder gegangen war, zog ich Bilanz. Fein säuberlich zog ich mit einer Feder einen Strich und stellte Zahlen gegeneinander, addierte Summen und prüfte die Bestellungen.


    Das Zahlenspiel war eine wahre Obsession für mich. Seit ich in Griechenland die hohen Künste der Mathematik erlernt hatte, war ich begeistert von dieser Art logischen, menschlichen Denkens.
    Nebenbei mußte ich auch noch die Kundschaft bedienen, also legte ich Papier und Feder immer wieder beiseite, um es in einer ruhigen Minute wieder zu ergreifen.
    Dabei konnte man von Ruhe überhaupt nicht sprechen. Die Bäckerei lag direkt an der Hauptstraße und die Läden waren nach vornehin weit offen, um Kundschaft anzulocken.
    Der Lärm von ratternden Fuhrkarren, fluchenden Kutschern und sich heißer brüllenden Marktschreiern hatte sich bei mir zur Gewohnheit manifestiert. So sehr, daß ich ihn gar nicht mehr gesondert wahrnahm und auch im Schlaf schon meinte, die ewig donnernde Geräuschskulisse zu hören.


    Colonia Agrippina ist eine Stadt, von der ich - ehe man mich hierher brachte - noch nie etwas gehört hatte. Ich stamme aus einem Ort in der Region Macedonien. Nachdem ich die Steuern der römischen Steuereintreiber nicht mehr bezahlen konnten, verschleppten sie mich in die Sklaverei. Ein Schmied befestigte an meinen rechten Oberarm den Sklavenreif, das Zeichen des unfreien Mannes.
    Auf meinem Weg von Dyrrhachium über Sirmium und Carnuntum, und schließlich nach Raetia, Augusta Vindelicum, und von dort nach Colonia Agrippina, war ich in Gefolgschaft eines mißantropischen Sklavenhändlers, der uns an Füßen und Händen gefesselt hinter sich her schleifte. Die Füße waren taub vom tagelangen Wandern, die Glieder schmerzten und der Hunger triumphierte. Entkräftet und geschunden verschacherte uns, mich und ein paar Mitsklaven, an umliegende Bauern in Augusta Vindelicum. Mein neuer Besitzer triezte uns noch mehr, der Winter stand vor der Tür und viele der Sklaven starben den Erfrierungstod. Die Feldarbeit ist nicht mein Metier. Ich bemühte mich, aber ich scheiterte. Irgendwann mitten im Sommer, als der Krieg auszubrechen drohte, zumindest was ich so hörte, schien mein damaliger Herr plötzlich kalte Füße zu bekommen. Er verkaufte sein Gut in Germania und auch seine Sklaven und zog nach Italia.
    Ich war ausgezerrt und gebrandmarkt durch die saddistischen Methoden meines Herrn. Es gab keine Verwendung für mich und zudem war der Krieg ausgebrochen und die Kauflust der römischen Einwohner hielt sich wohl eher in Grenzen. So verbrachte ich mehrere Wochen bei einem Sklavenhändler und ich verspürte die Gewissheit, daß wohl alle Sklavenhändler tyrannische Saddisten seien, anders wäre dieser Beruf wohl nicht zu bewältigen.
    Wir zogen durch das ganze Land, kamen in viele Orte und besuchten viele Märkte. Vorgeführt vor den römischen Herrschern standen wir vor ihnen, angekettet, an schweren eisernen Ketten.
    Ich verfluchte den Tag, an dem mich die Römer verschleppten, ich verfluche sie noch immer. Ich wollte nicht länger bei diesem Sklavenhändler sein, ohne eine richtige Bleibe, Tag und Nacht angekettet, schmerzliche Hiebe und Schläge beim leisesten Vergehen, immer hungrig. Ich betete zu den Göttern inständig, sie mögen mich erhören und mich zu sich nehmen.
    Doch die Gebete wurde nicht erhört. Ich wurde nicht verschont und litt fürchterliche Qualen. Vor einigen Wochen dann war der Sklavenhändler auf dem Markt in Colonia Agrippina. Wieder preißte er uns - seine Ware - an und versuchte die interessierte Kundschaft zu gewinnen. Es sollte der Tag sein, an dem ich endlich aus der Hand dieses Sklavenhändlers befreit würde. Ich kam zu dem Gutshofbesitzer Didius Gordianus, der mich zunächst als Knecht für die Pferdeställe einsetzte. Nach einiger Zeit erkannte er meine Fähigkeit für Zahlen und Organisation und er setzte mich als seinen Buchhalter ein, was mir natürlich viel mehr entsprach und wofür ich dankbar bin, daß ich dieser Arbeit nachgehen kann, auch wenn ich noch immer ein Sklave bin.

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