Als Vesuvianus in Rom die Rostra betrat, konnte er unter den Männern, die eine Toga Candida trugen, kaum ein bekanntes Gesicht ausmachen. Nicht einmal jemand aus der Curia Italia war anwesend, was Claudius gehofft hatte. Also nickte er den meisten unbekannterweise zu und wartete darauf, bis die vor ihm erschienen Redner von dem Podest steigen würden.
Er hörte sich deren Reden an, fand manches gut, anderes bedenklich, tauschte seine Gedanken mit neben ihm stehenden Bürgern aus und spendete dort, wo es ihm angebracht erschien, Applaus.
Zwischenzeitlich richtete er immer wieder die Falten seiner Toga - unnötigerweise. Eigentlich sollte er von Haus aus die Toga gewöhnt sein, war es aber nicht oder besser nicht mehr. Schließlich diente er seit langem in der Legion. Militärtuniken und Rüstungen waren seine Tagesbekleidung. Die vermisst er gerade gewaltig, so eine Toga ist eine unhandliche Angelegenheit. Normalerweise dürfte man sich darin nicht bewegen, damit sie langfristig geordnet liegt.
Endlich war sein Auftritt an der Reihe. Gelassen schritt der Centurio zu dem Podest und nahm schwungvoll die wenigen Stufen. Oben angekommen streifte sein Blick zunächst die Menge. Er war es durchaus gewohnt, vor Menschenmassen Reden zu halten und so begann er ohne zu zögern.
"Bürger Roms,
ich stehe heute vor euch, um meine Kandidatur zum Quaestor bekannt zu geben. Für mich ist dieser Schritt eine Herausforderung, die ich gerne annehme, wie ich stets in meinem Leben Herausforderungen gesucht, angenommen und keineswegs gescheut habe.
Mein Name ist Herius Claudius Vesuvianus. Ich diene in der LEGIO I und bin stolz, dort den Rang eines Centurios erreicht zu haben. Meine Arbeitsweise ist präzise, sowohl auf militärischem als auch schulischem Gebiet. Eine Phalera und der Abschluss des CRV sowie eines weiteren Kurses an der Schola mit Auszeichnung beweisen es. Die Anforderungen, die ich an meine Untergebenen stelle, liegen nur wenig unter denen, die ich an mich selbst stelle. Es sind die höchsten. Meine Einsatzbereitschaft ist bekannt, das hatte vor Monaten auch der Ceasar innerhalb der Legion genutzt und mich zu seinem Adjutanten ernannt. Bereits als einfacher Offizier wurde ich zur Stabsarbeit herangezogen.
Möglicherweise atmen die Legionäre meiner Centurie auf, wenn ihr Vorgesetzter, der stets das Letzte von ihnen forderte, sich für begrenzte Zeit der Politik widmet, doch ich vertrete die Meinung, dass es ehrenvoll ist, seinen Dienst für unser Reich und unseren Kaiser auch außerhalb der Legion anzubieten.
Das Amt des Quaestors ist ein Einstiegsamt. Der Kandidat soll sich darin beweisen und für höheres empfehlen, sofern er es kann. Ich versichere, ich werde mein Bestes in Ausübung jeden Amtes oder Dienstgrades geben, sofern man mich und meine Dienste braucht.
Wenn Rom also einen zuverlässigen, korrekt arbeitenden, einsatzbereiten und loyal eingestellten Mann für die kommende Legislaturperiode sucht, dann kann es sich meiner bedienen."
Um Nachfragen zu beantworten, verblieb Claudius noch für einige Zeit auf der Rostra. Erst später verließ er das Podium. Er mischte sich unter die Bürger und hörte sich weitere Kandidaturreden an.