Besuch bei der Wahrsagerin

  • Ich bin ja eigentlich kein aberbläubischer Narr, aber ich amüsiere mich gerne, und das ist auch der einzige Grund, weshalb ich auf dem Weg zu einer Wahrsagerin bin. Zugegeben, manchmal waren sie geniale Phantasten, und keinesfalls die Dümmsten. Sie sahen den Menschen an, was sie waren und welchen Bären sie ihm aufbinden konnten. Da ich möglicherweise in einiger Zeit Aedil sein könnte und somit die Möglichkeit hätte solche Schwindler aus der Stadt zu vertreiben, würde der Besuch bestimmt ganz lustig werden.


    Die umstehenden Menschen belächelten mich mitleidig, als ich entschlossen durch den Vorhang in das vernebelte und stickige Zimmer eines Zeltes trat, das nicht unweit vom Forum Romanum entfernt war. Eine rundliche Dame mittleren Alters begrüsste mich übermässig und rückte mich auf einen ausladenden Stuhl, der mit einigen fetten Kissen gepolstert war. Sie fragte mich was ich wissen wolle, obwohl sie das eigentlich wissen müsste, und grinste mich desweilen mit einem zahnlückenhaften Lächeln an.
    Ich antwortete ihr nicht konkret, ich hatte schliesslich keinen tiefschürfenden Grund, zu ihr zu kommen. Ich lallte also etwas zusammen, dass ich da sei um zu wissen, ob morgen ein guter Tag zu Heiraten wäre.
    Sie zog die Augenbrauen hoch.
    "Heiraten? Ich glaube kaum das du es in deinen jungen Jahren lange mit einer Frau aushalten würdest - wohlgemerkt, einer..." Ich war von ihren direkten Worten überrascht und sagte nichts dazu.
    "Ich rate dir strengstens von einer Heirat ab. Die Zeit wird erst in einiger Zeit kommen!", mahte sie mich.
    Ich spielte ihr Spiel mit und mimte den Abergläubischen Bauerntölpel.
    Als ich sie nach meiner allgemeinen Zukunft fragte schwieg sie kurz und starrte angestrengt in die Teeblätter, die vor ihr auf dem Tisch lagen.
    Ich überlegte, woher diese Wahrsager ihren guten Menschenkenntnisse hatten, kam aber zu keinem befriedigenden Schluss und fand mich auch damit ab. Die Wahrsagerin blickte immer noch mit ihren grünen Augen unbeweglich auf die Teeblätter. Sie sah genau so aus, wie ich mir eine Hellseherin immer vorgestellt hatte. Etwas geheimnisvoll und doch sympathisch.
    Ich beobachte sie eine Weile, bis sie langsam Aufblickt und gross schluckt. Ich war voller Spannung, was sie sich in dieser Zeit des Nachdenkens zusammengesponnen hat...

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