Quarto trat vor den Senat, wartete, bis sich die lautstarken Unterhaltungen der Senatoren etwas gelegt hatten und begann zu sprechen:
“Hohes Haus, verehrte Senatoren, ich trete heute vor euch in meiner Eigenschaft als Inquisitor Senatus Maior der Inquisitio Senatus Causa Ulpianum, also als Vorsitzender des von euch beauftragten Senatsausschusses für die Planungen zum Bau des Ulpianums.
Dieses ehrenwerte Bauvorhaben – ihr wisst es alle – ist nun schon lange Zeit Diskussionsthema in der Curie und es gibt ein gültiges Gesetz, welches die Errichtung dieser Ehrenhalle schon lange fordert. Ihr könnt dies nachlesen im Prolog des Anhangs zum Codex Universalis Pars Septima - Richtlinien Ulpianum.
Die von euch beauftragten Inquisitio Senatus Causa Ulpianum gehören neben mir der Senator und amtierende Consul Germanicus Avarus und der Senator und Proconsul Matinius Agrippa an. Wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten zwei Fragen erörtert, Pläne anfertigen lassen und schließlich Vorschläge erarbeitet, die beantworten sollen, an welchem Ort das Ulpianum erbaut werden möge und welche Gestalt es unserer Ansicht nach erhalten soll.“
Auf ein Zeichen Quartos hin, enthüllte ein Staatssklave zwei große, bemalte Holztafeln, die an der Stirnseite des Saales, an der Wand angelehnt, standen.
BAUGRUND ULPIANUM
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I – Templum Divi Traiani
II – Basilica Ulpia
III – Forum Traiani
IV – Mercati Traiani
V - Templum Iuno Moneta
VI – Tabularium
VII – Curia Iulia
VIII – Forum Iulium
IX – Forum Augustum
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“Obwohl die geplante Form des Gebäudes eng mit dem zur Verfügung stehenden Baugrund zusammenhängt, möchte ich diesen Teil meines Berichts vorerst hinten anstellen und zuerst die Frage des Standortes erläutern.
Die Inquisitio Senatus Causa Ulpianum spricht sich einstimmig dafür aus, dass Ulpianum an der nordwestlichen Stirnseite des Forum Iulium zu errichten, im Plan grün markiert. Der Ausschuss hält diesen Standort nicht nur für geeignet, sondern glaubt, dass dieser Ort geradezu prädestiniert ist, den symbolischen Gehalt des Bauwerks deutlich zu machen.
Warum?
Das Ulpianum soll der Geschichte des Imperiums ein Denkmal setzen. Es soll an unsere großen Ahnen und ihre ebenso großen Taten erinnern. Darüber hinaus soll es die Tradition verdeutlichen, mit der unser Kaiser Lucius Ulpius Iulianus und seine Familie in einer Linie mit den herausragenden Persönlichkeiten der Vergangenheit steht und es soll die Männer und Frauen ehren, die diesem Vorbild unserer Ahnen heute folgen.
Errichten wir das Ulpianum auf dem von uns vorgeschlagenen Baugrund, so wird es mit dem bereits bestehenden Forum Iulium eine Einheit bilden. Es wird, zum Teil zumindest, auf dem Boden stehen, den Gaius Iulius Caesar vor nunmehr einhundertsechzig Jahren bebauen ließ. Über ihn muss ich euch nichts sagen, steht er doch wie kaum ein anderer für die Verbindung und den Umbruch zwischen Republik und Prinzipat.
Zudem stellt das Ulpianum an diesem Ort eine Brücke zwischen der Anlage Caesars und dem Forum Traiani dar, welches vom Begründer der ulpischen Dynastie erbaut worden ist.
Damit wird eine der Verbindungslinien deutlich, von denen ich vorhin sprach.
Noch wichtiger aber, erscheint mir die symbolische Verbindung dreier Elemente, ohne die Rom heute nicht wäre, was es ist und in der Vergangenheit niemals geworden wäre, worauf wir Römer so stolz sind.
Das Ulpianum läge an diesem Ort im imaginären Schnittpunkt zwischen den Göttern, welche westlich davon auf dem Capitol verehrt werden, dem Kaisertum, weil es am Eingang zu den verschiedenen, östlich gelegenen Kaiserforen stünde und dem Volk von Rom, repräsentiert durch den Senat, weil dieses Gebäude, in dem wir uns befinden, südlich davon steht.
Diese symbolische Verbindung macht diesen Standort so besonders.“
Er machte eine kurze Pause, um Luft zu holen.
“Jedoch… Ich will das nicht verschweigen, es gibt Männer und Frauen, die wären wenig erfreut, wenn das Ulpianum an diesem Ort stünde. Der Grund ist darin zu finden, dass ein älteres Bauwerk dem Ulpianum weichen müsste. Es ist der Tempel der Venus Genetrix.
Senator Matinius Agrippa und ich besuchten kürzlich die Societas Veneris, um mit den vornehmsten Anhängern der Venus über dieses Thema zu sprechen und ihre Meinungen zu hören.
Leider fand dieses Gespräch in einer etwas angespannten Atmosphäre statt. Vertreterinnen der Societas Veneris sprachen sich dabei vehement gegen den von uns erläuterten Plan aus, ebenso ein Vertreter der Gens Iulia.
Das, obwohl wir versicherten, dass der Tempel keinesfalls ersatzlos abgerissen würde, sondern das der Senat sicherlich dafür Sorge trüge, dass ein der Venus Genetrix geweihter Tempel an anderer Stelle neu errichtet würde.
Der Vorschlag der Inquisitio Senatus Causa Ulpianum lautet dazu, den neuen Tempel gegenüber des Ulpianums, auf der anderen Seite des Forum Iulium zu erbauen und es wäre zweifellos ohne weiteres möglich, den allergrößten Teil der Kunstgegenstände des alten, in den neuen Tempel zu verbringen.“
Damit endete Quarto vorläufig und erwartete das Echo, das da ohne Frage kommen würde.