Lange ist es her...

  • ... seit ich das letzte Mal in Rom war. Damals war es kurz vor der Reise nach Tarraco und nun verweilte ich wieder am Nabel der Welt. Und noch länger war es her, dass ich auf den Mercati Traianii war. Nun tat ich eben jenes mit einem sehr guten Freund, wie zumindest ich ihn sah - Cicero. Es war ein leidlicher Kampf durch die Massen, doch hier würde ich mich gewiss nicht in eine Streiterei einmischen - Rom war nicht meine Heimat. Schmunzelnd wandte ich mich an meinen Begleiter. Zwar war es kühl, doch da die Sonne schien noch lange nicht kalt, weshalb wohl so viel Betrieb war.

  • Nachdem wir in Ostia angelandet waren und ich die Nachwehen der Seekrankheit mit dem diesjährigen Wein einigermaßen in seine Schranken verwiesen hatte, war ich der Hoffnung, der uns erwartende Tag würde sich in Rücksicht meines unseemännischen Zustandes in gemessenem Tempo entrollen.


    Doch - der Mensch irrt, sooft er bessres für sich hofft als Götter ihm beschieden: ja, und so auch ich. Schon auf dem Weg entlang des Tibers rumpelte mich der Wagen so durch, dass ich mich in mein Bett in Tarraco wünschte. Und dann, kaum hatten wir das gewaltige Stadtor passiert, stieg mir etwas in die Nase, was man zu recht mephitischen Gestank getauft hatte.


    Nun, hier, auf den Mercati Traiani, ging's nicht eben zarter zu und man musste aufpassen, dass man nicht seiner Habe verlustig ginge. Ein stetes Hin und Her ein Geschrei und Verhandeln: Dies war das Zentrum der Welt und ich mittendrin! Es war berauschend und verursachte mir eine leichte Übelkeit und Prickeln im Leib.


    "Oh, Helena! Das ist ja ganz und gar... überwältigend! Aber dieser Geruch! Was ist das nur!"


    Ich ergriff Helenas Hand und fühlte mich an etwas erinnert - sprach es aber nicht aus, denn nach allem was in den vergangenen Monaten an Gewaltakten vorgefallen war, wollte ich den Tag nicht durch ungutes Geschwätz besudeln.


    "Schau, dort drüben!", wies ich zu einem Stand der Erfrischungen anbot


    Mir stand der Sinn nach einem Becher... Saft. So weit war es mit mir gekommen...

  • Ich war etwas überrascht, als Quintus nach meiner Hand griff, doch die Überraschung wurde rasch durch ein mildes Lächeln getilgt. Wahrscheinlich ging es ihm noch genauso wie mir und er sah noch die große Schwester. Ich drückte seine Hand leicht. Ich war unendlich froh, dass er wieder einigermaßen genesen war. Doch hatten wir uns seit dem Vorfall kaum noch gesehen, nur sehr flüchtig und erst heute hatten wir wieder einen vollen Tag gemeinsam.


    "Ja, es ist unangenehm und gleich wieder... überwältigend wie du sagst. Ein treffenderes Wort wäre mir auch nicht eingefallen, du hast vollkommen Recht! Das alles hier ist Rom!"


    erwiderte ich lachend und auch blickte mich nicht ohne Neugierde um. Hier bin ich geboren worden, oder? Mir fiel es wir Schuppen vor die Augen - WO ich geboren wurde, hatte ich gar nicht erfragt. Aber es wäre wohl unwahrscheinlich etwas anderes als Rom zu vermuten. Als Quintus mich auf einen Stand aufmerksam machte und ich diesen erblickte, schob ich ihn mit einem sanften Schubser in die Richtung.


    "Gar keine schlechte Idee!"


    lächelte ich. Mir stand der Sinn ebenfalls nach einem schönen Saft und würde diesen sicherlich genießen. Quintus meinte doch den Stand, oder? Etwas unsicher blickte ich ihn an.

  • Als sie mich neckend in die Richtung des Standes schob, drehte ich mich zu ihr und war überrascht, kein Lächeln ihren Mund umspielen zu sehen. Sie blickte besorgt und mir war, als trage sie noch immer an ihrer schweren Erinnerung, die wie ein dunkler Vorhang alles Licht der Sonne von ihrem Herzen fernhalten konnte.


    Das war ein kurzer Moment und ich versuchte ihn aus meinen Gedanken zu verbannen. Mir kam es so vor, als sei mein Lachen zu grell als ich "Nur etwas Saft!" rief, mich wieder ihrer Hand versicherte und sie durch die Menschen-Trauben fortzog.


    "Zwei Becher des Punischen Apfels!", bestellte ich für uns und freute mich über eine prompte Bedienung. Die irdenen Gefäße lagen angenehm kühl in meiner Hand und während ich eines Helena reichte, blickte ich in ihre Augen und lächelte zurückhaltend "Auf Dich!"





    /nur die beleidigendsten fehler verarztet

  • Schneller als ich mitkommen konnte, ging es und schon hatte ich meinen Becher in der Hand und blickte noch etwas verwirrt in diesen und dann mit einem warmen Lächeln in Quintus Gesicht, in seine Augen. Dann vernahm ich seine Worte und wandte den Blick etwas verlegen wieder ab.


    "Aber nein Quintus, auf mich gibt es kein Lob auszusprechen! Lass uns lieber auf dich trinken, auf deinen letzten Tag ausserhalb des Dienstes an den Göttern und auf eine erfolgreiche Zukunft in jenem!"


    korrigierte ich seinen 'Trinkspruch' und hob den Becher leicht an, während ich scherzhaft einen leichten Knicks machte.

  • So klar war es mir bislang nicht, dass nun dieses der letzte Tag meines verwilderten Lebens, das sich fortan in gemessenen und ehrenvollen Bahnen würde bewegen müssen, sein sollte.


    Vermissen würde ich es wohl nicht, so glaubte ich, dennoch beschlich mich ein beklommenes Gefühl angesichts der mir überbordend erscheinenden Obliegenheit, die auf mich zukommen mussten und von denen ich nicht das geringste wusste.


    "Hmmm...mein letzter Tag. Wie wird es denn morgen weitergehen?", fragte ich halblaut und in unklaren Gedanken verfangen.

  • "Keine Angst, viel wird sich nicht verändern. Das Maß an der Verantwortung welche du zu tragen hast, wird wohl etwas ansteigen. Aber all das wird dir sicherlich auch viel Freuden einbringen. Morgen werden wir uns um deine Ernennung zum Discipulus kümmern und dann wird deine Ausbildung richtig in Hispania beginnen!"


    antwortete ich lächelnd. Er wirkte ein wenig beklommen, wenn er seinen Blick in die Zukunft richtete. Hoffentlich lag es nicht an eingegrenzten Freiheiten, denn diese würden ganz gewiss eintreten, wenn dafür auch andere wieder hinzukamen.


    "Sagmal..."


    fing ich an um das Thema zu wechseln, denn es war mir noch ein wenig zu ernst. Ich wollte einen fröhlichen Nachmittag mit ihm verbringen und dies schien mir ein rechtes Thema, konnte man doch manch unterhaltsames Gespräch daraus entwickeln.


    "Hast du eigentlich schon einmal ans Heiraten gedacht?"

  • Mir wurde heiß und kalt, als sie mich das fragte. Hatte ich die Richtige noch nicht getroffen? Wie sollte ich darauf antworten... glücklicherweise verwirrte mich diese Frage so sehr, dass ich nicht in die Verlegenheit kam, mit irgendeiner vertrackten Wahrheit die schlichte Schönheit dieses Tages zu ramponieren.


    "...Oh! Sicher, man denkt auch an diese Dinge, manchmal. Kaum etwas hat solch hohen Stellenwert, doch hier... in Tarraco... ich meine, seitdem ich in Hispania bin - viele Gelegenheiten jemanden kennenzulernen hatte ich ja nicht gerade..."


    Ich räusperte mich und blickte einigen Wölkchen am Himmel hinterher und nahm einen Schluck des Safts


    "Ich habe sicher noch etwas Zeit damit - aber, wie kommst Du darauf?"

  • Ich musterte ihn - eine ähnliche Situation hatte ich erwartet. Er wirkte äusserst überrumpelt,wie wohl jeder wenn diese Frage aus heiterem Himmel niederschlug. Doch ich wandte meinen Blick mit einem Grinsen wohlwissend in den Becher und trank einen Schluck, ehe ich seine Frage beantwortete:


    "Ich weiß es nicht genau. Ich fand es einfach interessant, besonders bei dir. Dir sieht man viele Gemütsregungen sofort an. tut mir leid, wenn ich dich damit jetzt allzu arg überrumpelt haben sollte."


    lächelte ich. Dann folgte ich seinem Blick gen Himmel, wobei ich eine Braue hochzog. Er schien sich mehr Gedanken darüber gemacht zu haben, als er zugab - er reagierte äiusserst verdächtig.


    "Bald wirst du ausreichend Zeit und Gelegenheit haben Leute kennenzulernen. Spätestens wenn du nicht mehr Discipulus bist kommen viele Arbeiten und sicher auch Leute auf dich zu. Wie müsste 'sie' denn sein?"


    fragte ich schmunzelnd und sah ihn wieder an.

  • Mein Gesicht erglomm nicht ob des Weins den ich in Ostia getrunken hatte. Während ich mich an meinem Becher festhielt und einige kleine Schlucke nahm, wanderte mein Blick über das Gewühl der Menschen hinweg und blieb an einer Statue hängen. Mir fielen ein Paar Versfetzen ein, die ich irgendwann einmal gelesen hatte:


    "Ein wahres Krokusblümchen sollte sie sein, eine Lilie der Täler umduftet von Myrrhe und Weihrauch ...denn immerhin soll man es ein Leben lang miteinander aushalten, nicht?"


    Wollte mich Helena ein wenig necken? Ich hoffte sie würde mich nicht zwingen, noch weiter darauf eingehen zu müssen und stellte zu diesem Zeichen den leeren Becher zurück auf das Brett des Händlers. "Köstlich!"

  • Ich beobachtete aufmerksam, und beschloss es dabei zu belassen. Schade, denn gern hätte ich mehr erfahren. Mit einem Lächeln allerdings schloss ich dann das Thema:


    "Ein Leben ist nicht unbedingt lang, eine Liebe kann noch kürzer sein."


    antwortete ich versucht schleierhaft, auch wenn ich meine Worte leicht zu durchschauen fand. Es war zu offensichtlich, dass ich auf Maximus anspielte, denn lang war er nicht bei mir gewesen. Zwar mochte die Liebe noch immer da sein, doch auf Erden war sie nicht mehr.


    "Doch ich schweife zu weit aus - sag, was möchtest du als nächstes machen?"

  • Ihre Worte waren klar wie Quellwasser. Mein Oheim hatte recht als er mir sagte, dass man das Schöne und das Schreckliche aus demselben Becher trinke. Heute war es der Saft des Granatapfels - und morgen?


    "Erinnerst Du, dass ich nach dem großen flavischen Amphitheater fragte? Glaubst Du wir haben Zeit, es uns anzuschauen?"


    Wenn ich in Rom war, wollte ich mir zumindest diese architektonische Außergewöhnlichkeit nicht entgehen lassen - auch die Spiele reizten mich, denn dort lehrten die Männer den Becher, ganz gleich welcher Tropfen ihnen beschieden war.


    Doch ich befürchtete, nicht Helenas Geschmack zu treffen und schob nach: "Vielleicht möchtest Du aber auch lieber etwas... ganz anderes?"

  • "Ich kenne Rom schon recht gut, ich schätze wir können ruhig dem Theater einen Besuch abstatten. Eigentlich muss man es auch einmal gesehen haben, es ist ein wahrlich eindrucksvoller Anblick."


    lächelte ich, während ich mich daran machte, auch den Rest auszutrinken, kam ich doch nicht wirklich voran. Rasch stellte ich den Becher wieder an entsprechender Stelle ab und sah Quintus an.


    "Ich werde mich ganz dem anschließen, was du gerne machen würdest. Mir ist eigentlich alles Recht, wenn ich mich auch jetzt schon wieder auf Tarraco freue."


    'Nicht zuletzt wegen Metellus' hängte ich in meinen Gedanken an, bedauerte ich doch sehr, dass er nicht mitreisen konnte.

  • Sie ging mittlerweile anders um mit dem Thema. Die Zeit... Mit meiner Schulter stubbste ich sie an.


    "Dann! ...zeig mir den Weg! Trink aus Cousine!", flüsterte ich ihr ins Ohr, während um uns herum das geschäftige Treiben der Leute eine Klangkulisse schuf die meine Worte fast verschluckte.


    Doch so ganz war ich nicht bei der Sache und fragte dann in ganz verständlichem Ton: "Sag einmal, wie wird das morgen ablaufen?"

  • Ich sah ihn etwas verwundert an, da er flüsterte, doch wich mein Lächeln dabei für keinen einzigen Augenblick. Lediglich meine Braue hatte sich gehoben, doch setzte ich den Becher rasch wieder an und trank einen weiteren Schluck.


    "Cousine?"


    fragte ich mit gespielter Skepsis und doch einer ehrlichen Frage, ehe ich die Seine beantwortete:


    "Nun, du wirst zur Flaminca Minervae gehen, ihr dein Anliegen vortragen, den Wunsch äussern in Tarraco bleiben zu dürfen und natürlich den Eid ablegen - was ansonsten beim Betreten und Verlassen des Officiums vor sich geht liegt dann an euch."

  • Offenbar hatte ich etwas gesagt, was keineswegs ihren Zuspruch fand. Doch was tatsächlich vor sich gegangen war, warum sie nun Rediviva hieß und nicht mehr meine Cousine... das verstand ich nicht. War sie überhaupt je meine Cousine? Nicht wirklich, nicht vom Blute her.


    "Verzeih, liebe Freundin, an manches muss man sich erst gewöhnen... es wird also nur ein Gespräch sein?"


    Ich trat einen Schritt zurück und stellte einen gebührlichen Abstand zwischen mir und meiner Freundin her, der uns zur Ehre gereicht hätte, hätte nur irgendjemand von uns Notiz genommen. Vielleicht würde es Helena zu schätzen wissen. Darufhin nickte ich ihr auffordernd zu.

  • "Aber Quintus!"


    Ich wusste nicht so recht ob ich lachen oder weinen sollte, er schien meine Worte allzu streng aufzufassen. Ich seufzte einmal schwer und versuchte dann mit einem leichten Lächeln zu erklären.


    "Du musst dich mir gegenüber jetzt nicht anders verhalten, Quintus. Unser gutes Verhältnis bestand und besteht und wird auch bestehen bleiben - daran ändert kein Name etwas."


    Ich schmunzelte leicht und musterte ihn. Velleicht sah ich das alles auch zu locker und nicht er zu engstirnig. Da war wohl doch noch zu viel plebejisches Blut, selbst für einen Ritter. Erst jetzt kam ich auf seine Frage zu sprechen.


    "Und ja, Quintus, es wird nur ein Gespräch sein, bei welchem du deinen Eid abzulegen hast."

  • Mit einer ernsten Miene sagte ich auf ihre Ausführungen knapp: "Gut. Meine liebe Freundin, wir wollen nun also gehen."


    Die Sonne spielte auf ihrem Gesicht und ihre Augen funkelten. Helenas Schönheit ließ mich eine Sekunde vergessen, wo wir waren... Dann legte ich meinen rechten Arm um sie, drückte sie sanft und konnte mich nicht enthalten zu lachen: "Also, Du hast Dich auch noch nicht so ganz an die neuen Verhältnisse gewöhnt, hm? Irgendwann musst Du mir diese merkwürdige Geschichte mal erklären, Helena - auf dass auch der kleine Quintus dein Cous... dein treuer Matinier sie versteht."

  • Ich registrierte seinen Blick und musste lächeln. Ich wusste nicht, warum es so war, doch jedes Mal rangen mir seine sanften Augen dieses warme Lächeln ab. Für den Bruchteil eines Augenaufschlags gerieten die Geräusche in den Hintergrund, doch dann nahm er mich in den Arm, wobei er mich leicht drückte und auch ich musste lachen.


    "Nein und mir wrd es auch gewiss niemals so ganz gelingen. Ich habe mich zu sehr an den kleinen Bruder gewöhnt, wenngleich du es vom Blute her auch nie warst."


    meinte ich sanft und richtete den Blick auf meinen Becher und kurz darauf wieder in sein Gesicht.


    "Wenn du möchtest kann ich dir das auch alles jetzt erklären - es ist ganz einfach, wenn es weniger verworren erklärt wird!"

  • Einerseits war es nicht unbedingt meine Absicht Helena zu weitschweifigen Ausführungen zu drängen, andererseits war mein Interesse geweckt und so widersprach ich nicht. Im Gegenteil:


    "Wenn Du es sagst! Ich bin gespannt, ob Du mir's erhellen kannst...", dabei drehte ich mich um und zeigte aus dem steinernen Halbrund aufs Trajan Forum heraus, irgendwie nach links:


    "Ich kenne mich hier leider gar nicht aus, aber ich glaube wir müssen auf den Palatin, vielleicht erzählst Du mir das unterwegs, einverstanden?"


    Abermals ergriff ich ihre Hand : "Wir sind ja immer mit uns beschäftigt! Sie doch einmal auf die Trajanssäule und die Gebäude - wie harmonisch alles von ihnen eingefasst ist! Wie eine goldene Fassung einen Edelstein... Und das ist nur ein Platz von vielen, vergelich das mal mit Tarraco!"


    Ich war wirklich ganz angetan.

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