~Fortsetzung von '(Leichte?)Beschattung: Teil 1'~
Berufliche Begegnung
Irgendwie hatte sie sich dann doch in Luft aufgelöst. Wie schaffte sie es nur immer, mich abzuhängen? Ich kann von mir schon behaupten, dass ich die Strassen der Stadt gut kenne. Von der römischen Ordnung im Imperium war in Rom selbst nicht viel zu sehen. Auch die sogenannte Zivilisation vermisste man hier kläglich. Rom selbst war anders als der Rest des Imperiums. Wieso in die Provinzen reisen? Hier hatte man alles, was es dort auch gab. Hier gab es die wohlhabensten und faulsten Menschen, aber auch die ärmsten und fleißigsten. An der einen Ecke hörte man Latein, an einer anderen Griechisch und an einer weiteren ein Kauderwelsch von dem man kein Wort verstand. Es war ein Mix, den man nur in Rom antraf und ich mochte ihn irgendwie und lebte davon. Es scheint zwar pervers, aber ich liebe diese Stadt. Aber ich will hier nicht von meiner Unfähigkeit ablenken: Ich hatte sie verloren!
Doch es hätte ohnehin nichts genutzt, sie weiter zu verfolgen, weil ich dieses ominöse Schankmädchen aufsuchen musste. Anders käme ich kaum an neue Informationen heran.
Normalerweise würde ich an solchen Tagen den Nachmittag in den Thermen verbringen. Doch dazu blieb mir heute keine Zeit und ich konnte dem Kaiser nicht das Geld aus den Taschen ziehen, in dem ich von seinen Angeboten für die Plebs gebraucht machte. So musste ich mit leerem Magen und der selben Tunika zu der Taberna zurückkehren.
Ich stellte mir immer noch die Frage, wieso Verina sich mit mir treffen wollte. Wirkte ich so anziehend auf Frauen? Doch der Verdacht, dass sie kein Schankmädchen war, bestärkte sich in mir. Sie passte dort einfach nicht herein. Doch mir blieb keine Zeit mehr, mich mit diesem Verdacht länger zu beschäftigen, denn ich war da! Jedenfalls beschloss ich auf der Hut zu sein.
Ich kam zu früh und musste warten. Doch mein Hunger war noch nicht so groß, dass ich das Wagnis einging, mir hier etwas zu essen zu bestellen.
Verina war bald fertig und stand in einer blauen Tunika vor mir.
„Wo soll es denn nun hingehen, Herrin?“ fragte ich mich einem Hauch von Ironie. Sie sah mich enttäuscht an: „Ach Falco! Sei einfach mal kreativ und überlass das Denken nicht immer den Frauen!“ Sie klopfte mir gegen den Kopf. Ich hatte ganz vergessen, wie charmant sie doch war. Doch ich war gegen so etwas abgehärtet und wartete nur auf die Gelegenheit es ihr heimzuzahlen.
„Nun, ich habe noch nichts gegessen und ich nehme an, wenn du so schlau bist, wie du vorgibst, dann hast du hier auch nichts gegessen!“ Sie musste lachen und dieses Mal wohl nicht über mich, sondern über meine Art von Humor. „Du bist schon nen tofter Kerl, Falco! Nein, ich habe auch noch nichts gegessen!“
Ich hätte auch nie behauptet, dass sie dumm war. Nein, mich beschlich ein seltsamer Verdacht. „Du bist kein Schankmädchen, sondern eine Schnüfflerin!“
Die Indizien hierfür lagen doch auf der Hand! Zum einem passte sie nicht in diese Umgebung, ihre Tarnung hatte Lücken, auch wenn es den anderen Herren nicht aufgefallen war. Zum anderen ihre Beobachtungsgabe. Gut, ich gebe zu, man trifft ab und zu auf solche Menschen, die nichts besseres zu tun haben, als andere aus purem Jux auszuspionieren. Die Prätoren der Stadt könnten sicherlich ein Lied von solchen Leuten singen, die mit lächerlichen Klagen die Gerichte füllten und sie zu einem Theater umfunktionierten.
Ich verdiente wenigstens meinen Lebensunterhalt damit. Doch war ich solchen Menschen auch sehr dankbar, denn sie erleichtern mir meine Arbeit. Aber leider auch oft meinen Geldbeutel. Für Frauen war es aber nicht unbedingt eine Seltenheit, dass man sie in diesem Metier antraf. Sie kamen manchmal viel leichter an Informationen und bekamen da Zugang, wo so mancher Mann scheiterte. Wie sie das machen, brauche ich hier wohl kaum zu erwähnen. Ein gesunder Mensch mit ein wenig Phantasie kann sich dies schnell denken. Zudem machte es bei uns in der Gosse kaum einen Unterschied, welches Geschlecht man hat, denn jeder kämpft hier um Arbeit für sein Überleben.
Nun war mir endlich klar, wieso sie mit mir ausgehen wollte. Es lag nicht an meinem Charme, nicht an meinem Intellekt und meinem Astralkörper.
„Du bist ein Schnelldenker, Falco! Wieso sollte ich sonst mit dir ausgehen? Obwohl...“ Gerade wollte ich einschreiten, denn ihre ‚Schmeicheleien hatte ich nun wirklich satt. Sie blickte mit prüfenden Blick an mich herunter, „... so nen schlechter Kerl bist du nun auch wieder nicht! Niedlich wie ein Schoßhündchen!“ Ich wusste nicht, ob das nun wieder eine ihrer ‚Schmeicheleien’ war oder ob sie es ernst meinte. Bei Frauen konnte man sich nie sicher sein und vor allem nicht bei solchen, die Schnüfflerinnen waren. Verstehen sie mich nicht falsch, aber Ermittler können sich ganz gut verstellen, um an die Informationen heranzukommen, die sie benötigten. Auch ich lasse gelegentlich meinen Charme spielen. Nur nicht soweit, dass ich die Herzen junger Patriziermädchen breche. Bei den Herren breche ich ab und wann aber schon mal die eine oder andere Nase.
Nun zurück zu unserer Schnüfflerin. Ich war vorsichtig bei ihr. Sicher wollte auch sie Informationen und ich musste darauf achten, dass ich nicht zu viel erzählte und selber hinterher leer ausging. Nun glauben sie ja nicht, dass wir Privatermittler für das Gute und für die Gerechtigkeit kämpfen. Wir kämpfen ums nackte Überleben, um unser Überleben! Auch wenn mir die Sache Spaß macht du ich schon ein gewisses Pflicht- und Gerechtigkeitsgefühl entwickelt habe. Und ja, ich kenne auch das Wort ‚Mitleid’, obwohl es in den Bezirken, wo ich arbeite meistens ein Fremdwort ist und zu 90% zu unrecht erschlichen wird. Insgesamt habe ich mehr moralische Werte in mir vereint als so mancher Senator. Aber... Privatermittlerin...