Arria war überglücklich. Sie konnte nun endlich voll und ganz ihrer Göttin, der Göttin Ceres, dienen. Sie hatte die Prüfung zur Sacerdos gemeistert und war nun hier, um Ceres an dem Fest ihr zu Ehren besonderen Dank zu erweisen, dass sie sie beschützt und geführt hatte.
Der kleine, tragbare Altar war vor den Tempeln der anderen Götter aufgestellt und eine kleine Skluptur von Ceres stand in der Mitte der Stirnseite. Ebenso stand ein Kohlebecken bereit, um etwas zu opfern. Die ludi cereris konnte sie hier ja nicht abhalten, daher stellte sie zur Abenddämmerung hin nur einige Fackeln auf, die die Suche der Ceres nach ihrer Tochter symbolisierten, war ihr Kult doch größtenteils mit der der Demeter zusammengefallen.
Stumm opferte sie ihrer Göttin etwas Weihrauch, ehe sie in einem stillen Gebet versank, nachdem sie den Stoff über den Kopf gezogen hatte. Ein großes Fest fand nicht statt, hier in Hispania. Sicherlich, Ceres war eine wichtige Göttin, gewährleistete sie doch das Gedeihen der Feldfrüchte, doch die ludis cereris wurden in Rom abgehalten - und sie, die Sacerdos Cerealis, konnte nicht dabei sein. Inständig bat sie ihre Göttin um Vergebung, dass sie an diesem Fest nicht teilnehmen konnte, versuchte gar nicht erst, Ausreden vorzubringen, obwohl ihr hunderte eingefallen wären.
Des Weiteren bedankte sie sich dafür, dass Ceres sie immer beschützt hatte, dass sie sie geleitet hatte auf ihrem Weg, der nicht immer leicht, aber meist doch glücklich gewesen war. Eine Bitte, eine Forderung, nein, die wagte sie nicht an die Göttin zu stellen, nur danken wollte sie ihr in diesem Moment. Danken für die Liebe zu Imperiosus, danken für die Ehre, ihre Priesterin zu sein. Danken dafür, dass sie überhaupt am Leben war und ihrer Mutter nicht in den Tod gefolgt war.
Nachdem sie ihr Gebet beendet hatte, wandte sie sich nach rechts und verneigte sich andeutungsweise, ehe sie zurücktrat. Stumm half sie den Gläubigen, ihre Gaben zu opfern und ihre Gebete zu sprechen, ehe sie mit allen zusammen noch ein letztes Gebet sprach.
Dies war sicherlich keine gewöhnliche Zeremonie an den Cerealia, aber es war auch keine gewöhnliche Göttin. Es war etwas besonderes und ohne Cerestempel und ludis cereris war es kaum möglich, ein angemessenes Fest zu veranstalten...
Gegen Mitternacht erloschen die Fackeln und die Menschen zerstreuten sich, während Arria noch den Altar zurück brachte, die kleine Figur wieder sorgfältig einpackte und das Opferbecken verstaute. Von innerer Ruhe und Glück erfüllt, verließ sie schließlich müde den Tempelbezirk...