Der Aedil unterwegs

  • Ein ordentliches Wegpensum hatte sich Macer für diesen Tag zurecht gelegt, denn heute wollte er sich vor allem um die im Stadtgebiet verteilten Brunnen kümmern. Natürlich konnte er nicht alle auf einmal prüfen und hatte sich deshalb eine Strecke ausgesucht, auf der er möglichst viele Wasserverteiler besuchen konnte, die zu den Brunnen führten. Sein Weg begann im Süden der Stadt am Aventin, wo mit der Aqua Appia das älteste Aquädukt Roms endete. Von hier wurde das Wasser über ein Verteilerbecken auf die umliegenden Stadtviertel verteilt. Macer ließ sich einen Einstiegsschacht öffnen und kontrollierte den Füllstand. Das Aquädukt schien einwandfrei zu arbeiten und damit die Versorgung sowohl für die öffentlichen Brunnen als auch für private Anschlüsse sicher zu stellen.
    Nur ein kleines Stück weiter westlich führte er die selbe Kontrolle am Endpunkt der Aqua Marcia, dem längsten der römischen Aquädukte durch. Hier schöpfte er auch etwas von dem Wasser, um seinen Geschmack zu prüfen, der ihm ebenfalls zufriedenstellend erschien.


    Dann folgte er dem Verlauf der beiden Aquädukte nach Osten bis zum Mons Caelius, wo der Rivus Herculaneus seine unterirdische Trasse begann. Auch hier ließ sich Macer einen Kontrollschacht öffnen, um die Qualität des gelieferten Wassers zu testen. Danach bog er nach Norden ab, bis er hinter den Titusthermen diesseits und jenseits der Porta Esquilina jeweils einen weiteren Endpunkt einer Wasserleitung besuchen konnte. Innerhalb der Mauer war es der Endpunkt des sehr alten Anio Vetus, außerhalb der Mauer ein kleines Nympheum, das von einem Seitenzweig der Aqua Marcia Tepula Iulia gespeist wurde. Dem selben Aquädukt begegnete er weiter nördlich noch einmal, da es dort die Gebiete hinter dem Viminal und dem Mons Cispius versorgte. Nachdem er auch hier keine Beanstandungen hatte, beendete Macer eine Runde um die halbe Stadt und begab sich zur in seine Casa.

  • Den nächsten Tag ließ er ruhiger angehen und hielt sich nur im Stadtzentrum auf. Direkt am Forum blieb er kurz stehen und betrachtete eine Weile das Miliarium Aureum, dem man meistens kaum Aufmerksamkeit schenkte. Was diesem besonderen Meilenstein allerdings grobes Unrecht tat, denn immerhin waren hier mit goldenen Lettern die Entfernungen zu allen Provinzhauptstädten des Reiches festhalten. Außerdem fand man hier die Namen aller Fernstraßen, die aus Rom in die Welt hinaus führten und natürlich eine Widmung an den großen Kaiser Augustus, der diesen Meilenstein hatte setzen lassen. Der Standplatz direkt an der Rostra war gut gewählt, um den Bürgern Roms immer wieder die Größe des Reiches in Erinnerung zu rufen. Die Länge der verzeichneten Wege summierte sich immerhin auf mehr als 52.000 Meilen.


    In Gedanken versunken, welch große Leistung es gewesen war, alle diese endlosen Meilen mit Straßen zu überbrücken, setzte Macer seinen Weg fort. Eigentlich ging er ja gerne und auch recht schnell zu Fuß, aber wenn man sich die Dimensionen des Reiches vor Augen führte, dann war es doch nur ein eifriges Treten auf der Stelle. Auf der Rostra wurden gerade Berichte des Tribunus Plebis vorgetragen, aber der vom Volkstribun im Senat angedrohte Volksaufstand bleib zunächst aus, so dass Macer den Platz dann endgültig verließ, um ein paar Amtsgeschäften nachzukommen.

  • Bei einem seiner Rundgänge durch die Stadt wurde Macer von einem Mann angesprochen, der offenbar ein Grundstücksproblem hatte. Von Streitigkeiten mit dem Nachbarn berichtete er und von unklarer Lage der Grundstücksgrenzen. Kein unübliches Problem in einer großen Stadt wie Rom, aber trotzdem konnte Macer dem Mann nur bedingt weiterhelfen. Ein Landvermesser musste her, um die Lage der Grenzesteine mit den in Plänen eingezeichneten Positionen zu vergleichen. Glücklicherweise waren sie gerade in einer Straße unterwegs, von der es nicht mehr weit bis zum Vermessungsbüro war. Dort war ein Vermessungsmeister gerade mit zwei Schülern beschäftigt und hatte ein großes rechtwinkliges Dreieck an eine Wandtafel gezeichnet. Als Macer eintrat, begrüßte er ihn und wandte sich kurz an seine Schüler.


    "Ich muss mich kurz um den Aedil kümmern. Denkt während dessen über folgende Aufgabe nach: ihr habt ein rechtwinkliges Dreieck mit Umfang 40 und Fläche 60. Die längste Seite ist 17. Wie lang sind die beiden anderen Seiten jeweils?"


    Macer stellte kurz das Grundstücksproblem vor und ließ dann den Betroffenen selber sprechen. Der Vermesser nickt nur und nannte einen Termin, wann er die Kontrolle durchführen wolle. Für ihn war das eine Routineangelegenheit. Als die Männer weg waren, wandte er sich wieder an seine Schüler.


    "Und, was habt ihr heraus bekommen?"


    Sim-Off:

    Wer will, darf die Aufgabe mal ausrechnen, während ich weg bin. Sie stammt tatsächlich aus einem antiken Lehrbuch für Landvermesser (dem Corpus Agrimensorum). Man braucht nicht mal den Pythagoras für die Lösung und erst Recht nicht das Lösen quadratischer Gleichungen. Die vier Grundrechenarten und je einmal Quadrieren und Wurzelziehen reichen völlig. Viel Spaß an alle Mathefreunde. :)

  • Sim-Off:

    Wollte keiner rechnen? Na, dann halt nicht. :)


    Wieder einmal kam Macer an diesem Morgen an der Schulklasse im Säulengang vorbei und nahm sich einen Augenblick Zeit, den Schülern zuzuschauen. Die Bruchrechnung mit der Uncia schienen sie inzwischen zu können, denn der Lehrer hantierte nun mit noch kleineren Brüchen.


    "Die Semuncia ist die Hälfte einer Uncia. Die Duella ist ein Drittel von einer Uncia. Der Sicilicus ist ein Viertel von einer Uncia."


    Die Schüler schauten aufmerksam zu und übertrugen die vom Lehrer auf einer Schiefertafel vorgezeichneten Zahlzeichen auf ihre Wachstafeln, um sie später zu Hause üben zu können. Wozu sie so kleine Zahlen überhaupt brauchten, wagten sie nicht zu fragen. Erst als der Lehrer erklärte, dass das Scripulum die Hälfte vom Zwölftel einer Uncia wäre, fragte dann doch einer, wozu man so etwas denn gebrauchen könnte.


    "288 Cochlearia ergeben einen Congius", wusste der Lehrer zu antworten. "Und damit ist umgekehrt ein Cochlearium das Scripulum eines Congius."


    Macer stieß sich schmunzelnd von der Säule ab, an die er sich angelehnt hatte und setzt seinen Weg fort. Den Schülern würde noch endloses Hin- und Herrechnen mit diesen Hohlmaßen bevorstehen, bevor sie sicher damit umgehen konnten. Aber vielleicht saß ja ein zukünftiger Aedilis Plebis unter diesen Schülern, der daran ein wenig Freude haben würde.

  • Sein heutiger Weg führte Macer recht ziellos durch die Straßen rund um die Traiansmärkte und die Foren im Zentrum der Stadt. Für die nächsten Tage plante er einige gezielte Kontrollen, für die er aber noch nicht alle Vorbereitungen abgeschlossen hatte. Als Ausgleich für die nötige Vorarbeit, die am Schreibtsich auszuführen war, begab er sich nach draußen.


    Flüchtig warf er hier und dort einen Blick auf die Auslagen der Ladenlokale. Die überwiegende Mehrheit der Händler und Handwerker Roms kam ihren Pflichten sorgfältig und freiwillig nach, so dass er nichts zu beanstanden hatte. Zwar waren es immer wieder die Einzelfälle, in denen Erlasse ausgesprichen werden mussten und Strafen verhängt wurden, die in der Öffentlichkeit bemerkt wurden, aber der Alltag bestand dann doch weitgehend aus unspektakulären Kontrollen, bei denen es nichts zu beanstanden gab. Hier und dort hielt Macer zu einem kurzen gespräch an und ließ ansonsten die Gedanken kreisen. Die Lex Mercatus benötige an einigen Stellen eine Überarbeitung, meinte er zumindest festgestellt zu haben. Teile konnten gestrichen werden, dafür mussten andere präzisiert werden. Im Kopf baute er einige Formulierungen zusammen und ließ sie wieder fallen, erdachte Lösungen und Vorschläge und versuchte die Reaktionen der Senatoren abzuschätzen.
    Etwas greifbares kam noch nicht dabei heraus und Macer schob die Gedanken erst einmal wieder beiseite und machte sich auf den Weg zur nächsten Therme, um die dortige Latrine zu benutzen.

  • Ausgestattet mit der langen Liste von Tempeln, die er bei seinem Besuch im Büro des Collegium Pontificium bekommen hatte, machte sich Macer heute auf den Weg durch die Stadt. Aus der Vielzahl von Tempeln, die über das ganze Stadtgebiet verstreut lagen und zu denen es zum Teil einige Anmerkungen gab, hatte er sich mehrere kleine Runden zusammengestellt, auf denen er nun einige der Gebäude besuchen wollte.


    Von seinem Büro aus machte er einen nördlichen Bogen um das Forum Romanum und begann seine erste Runde am Circus Flaminius, denn der dortige Tempel des Apollo Medicus sollte laut Bericht Witterungsschäden an der Flusseite aufweisen. Macer betrachtete die Mauer zunächst aus der Ferne, ging dann näher heran und sprach danach auch mit einem Tempelbediensteten, der gerade anwesend war. Von diesem ließ er sich eine Leiter geben und begutachtete die Mauer auch im oberen Bereich stichprobenartig. Sein bescheidenes architektonisches Wissen gestattete ihm, die Schäden als nicht gravierend einzustufen. Ein neuer Wandputz, eine Auffrischung der Farbe und vielleicht das Austauschen einiger Endziegel auf dem Dach sollte ausreichen, um den Tempel wieder in einen schmuckvollen Zustand zu versetzen. Macer machte sich entsprechende Notizen auf der mitgebrachten Wachstafel. Sicherlich würde sich unter den Senatoren oder anderen einflussreichen Menschen der Stadt jemand finden, der dem Apollo nahe stand und diese Maßnahme gerne finanzieren würde.


    Die benachbarten Tempel des Mars Invictus und des Neptunus Equestris waren wie in der vorliegenden Liste vermerkt in einwandfreiem Zustand. Über die Fabricius-Brücke betrat er die Tiberinsel und schaute bei den dort liegenden Tempeln nach dem Rechten. Sowohl der auf der südlichen Hälfte liegende Tempel des Aesculapius als auch der auf der nördlichen Hälfte gelegene Tempel des Faunus entsprachen seines Vorstellungen eines gepflegten Tempels, auch wenn er sich fragte, warum eine quietschende Tür nicht längst einmal geölt worden war.


    Die Caestius-Brücke führte seinen Weg weiter in den Transtiberim-Bezirk, wo er der siebten Vigiles-Cohorte einen kurzen Besuch abstattete, bevor er über die nächste Tiber-Brücke zum Aventin gelangte. Auch hier beschränkte er sich wie schon auf der Tiberinsel auf einige Tempel und begutachtete nur den Tempel der Luna und jenen der Diana genauer. Nach einem Besuch bei der vierten Vigiles-Cohorte, die südlich des Aventin ihr Lager hatte, beendete er seine Runde und machte sich auf den Rückweg zum Forum.

  • Eine weitere Runde zur Tempelkontrolle führte Macer in die weniger dicht besiedelten südöstlichen Gebiete der Stadt, die er schon einmal bei der Kontrolle der Wasserleitungen durchquert hatte. Auf dem Weg von seinem Büro aus durchquerte er kurz die Kaiserforen, deren Tempel permanent im Licht der Öffentlichkeit standen und dementsprechend in ihrem Zustand gut kontrolliert waren. Dass der Mars-Ultor-Tempel eine Renovierung benötigte, stand zwar auch auf Macers Liste, aber das wusste er natürlich sowieso.


    Vorbei am riesigen Tempel der Venus und der Roma erreichte er schließlich mit dem Tempel des vergöttlichten Claudius das erste Bauwerk, welches er genauer inspizieren wollte. Der Tempel lag südlich des Amphitheatrum Flavium in einem Hof mit Porticus und einem beeindruckenden Torbau, der größer war als so mancher der kleinen Tempel der Stadt. Macer umrundete den Tempel und betrachtete ihn von allen Seiten. Einige Freunde des Kaiserkultes waren anwesend und berichteten von ihrer Zufriedenheit mit dem Zustand der Anlage, so dass es für den Aedilen nichts weiter zu tun gab.


    Sein Weg führte ihn den Südhang des Mons Caelius hinunter zum kleinen Tempel des Honor, für dessen Kontrolle er weit weniger Zeit benötigte, so dass er bald nach Osten weitergehen konnte und an den Aquädukten entlang in den dritten Stadtbezirk kam. Für den Tempel der Minerva Medica in den Horti Torquatiani am Fuße des Esquilin nahm er sich wieder etwas mehr Zeit, bevor er durch das nächste Stadttor wieder den inneren Bezirk der Stadt betrat und sich dem Tempel der Iuno Lucina zuwandte. Nachdem er auch hier seine Kontrolle durchgeführt hatte, führte ihn der Clivus Suburanus geradewegs auf die Subura zu, um die Macer keinen Bogen machte, da er sich bei Tageslicht dort nicht allzu unsicher fühlte.

  • Diesmal war Macer ausnahmsweise nicht in seiner üblichen Toga unterwegs, sondern er trug nur eine einfache Arbeitstunika, als er sich vom Büro aus in die Stadt begab. Der Grund lag darin, dass er diesmal nicht den Tempeln, sondern den Kanälen einen genaueren Besuch abstatten wollte und dafür keine schmutzempfindliche Kleidung benötigen konnte.


    An einer vorher vereinbarten Straßenecke traf er auf einen Mitarbeiter des Praefectus Urbi, der für die Kanäle in diesem Teil der Stadt zuständig war. Macer betrachtete die Kontrolle durchaus auch als spannenden Ausflug in einen unterirdischen Teil der Stadt, den man sonst nur selten zu Gesicht bekam. Grundsätzlich ging er davon aus, dass der Praefectus Urbi und seine Leute ihre Sache schon recht ordentlich machten. Über einen Schacht stiegen die beiden Männer in einen Kanal ein und entzuündeten zunächst eine Fackel, um überhaupt etwas erkennen zu können. Die unterirdische Leitung sammelte außer dem Regenwasser aus den Straßenrinnen das Abwasser aus einer Thermenanlage und einer Latrine sowie den Überlauf einiger öffentlicher Brunnen in diesem Stadtviertel. Auch hier war es üblich, seinen Nachttopf einfach auf die Straße zu entleeren, wenn nicht gerade eine Gerberei in der Nähe war, die sich über den beißenden Urin freute und so lag der schwere Geruch menschlicher Ausscheidungen aller Art in der Luft.
    Das Mauerwerk des Kanalgewölbes war im zuerst betrachteten Abschnitt in Ordnung, ließ dann aber in Richtung des nächsten Hauptkanals merklich nach. Mörtel krümelte heraus, sobald Macer mit der Hand entlang strich und von einigen Ziegeln im unteren Bereich waren schon größere Teile abgewachschen worden. Nachdem die beiden Männer den Kanal am nächsten Schacht wieder verlassen hatten, notierte Macer eine Reparaturanweisung für diesen Abschnitt und gab sie dem Kanalwärter gleich mit, damit dieser sich schnellstmöglich um deren Umsetzung kümmern konnte.


    Im benachbarten Stadtbezirk wiederholte Macer das Prozedere mit einem anderen Kanalwärter und an einem anderen Kanalabschnitt. Dieser war wesentlich weniger stark belastet und nur ein vergleichsweise dünner Wasserstrom wurden von ihm transportiert. Ein Seitenarm war fast ganz trocken und wurde von eine kleinen Gruppe Ratten bevölkert. Der Kanalwärter erklärte, dass dieser Teil des Kanalnetzes vor allem nach Regenfällen stark beansprucht wäre und an sonsten nur wenig Wasser abbekäme. Macer fragte sich, wie dann wohl die Latrinen in dieser Gegend aussehen müssten, wenn sie nur so wenig gespült werden konnten, vertagte die Prüfung dieser Angelegenheit dann aber auf eine andere Runde. Die gebückte Haltung im Kanal machte ihm etwas zu schaffen und so war er froh, nach dem Ausstieg aus dem nächsten Schacht den Weg zurück zu seinem Büro in gestrecktem Zustand und schnellen Schrittes hinter sich bringen zu können.

  • Nach dem durchaus anstrengenden Besuch der Kanäle gönnte sich Macer einen Tag, an dem er ohne ein besondere Ziel der Kontrolle durch die Stadt ging. Wie er es inzwischen gewohnt war, warf er dennoch hier und da einen kritischen Blick auf die Auslagen der Läden und in der Stände auf den Märkten. Sein Gang führte ihn in eines der Handwerkerviertel, in dem Waren aller Art hergestellt wurden. Eine kleine Werkstatt neben der anderen reihte sich die Straße entlag und Macer nahm sicher gerne Zeit, hier und dort ein paar Worte mit den dort Arbeitenden zu wechseln. Die Wektstätten waren in der Regel alle gleich aufgebaut: ein zur Straße gelegener Raum mit großen Flügeltüren und manchmal einer Theke diente als Verkaufsraum und je nach Gewerbe auch als Werkraum. Dahinter lag ein weitere Raum, der mal als Lager, mal ebenfalls als Werkraum und mal für beide Zwecke genutzt wurde. Am Ende dieses Raumes führte meist eine Tür zu einem kleinen Korridor, von dem aus man die Treppe nach oben sowie den Hinterhof des Hauses erreichen konnte. Manche kleinere Läden waren auch nur vermietete Teile einer größeren Insula und nicht von hinten zu betreten. Hier wohnte der Handwerker offenbar woanders und kam täglich nur zum Arbeiten in seinen Laden.


    Betriebe mit großen Feuerstätten waren in diesem Teil der Stadt nicht zugelassen, bestenfalls eine kleine, fest ummauerte Glutstelle war hier zu finden. Trotzdem fanden sich hier auch einige Metallhandwerker, die entweder kalt schmiedeten, Metall trieben oder mit weichen Materialien wie Blei arbeiteten. Letzteres diente vor allem zum Herstellen von Rohren und Macer blieb bei einem Rohrmacher interessiert stehen und schaute zu, wie dieser seinem Lehrling gerade das Zuschneiden der Bleiplatten erklärte. "Wenn Du ein Rohr bauen willst, dann braucht die eine Platte, die 22/7 mal so breit ist wie das Rohr im Durchmesser haben soll. Wenn du sie dann um einen Stab passender Größe wickelst, bleibt eine ganz kleine Menge überstehen, die du als Naht übereinender schlagen kannst." Er zeigte dem jungen Mann die nötigen Arbeitsschritte und wandte sich dann einem bronzenen Anschlusstück zu, mit dem solche Bleirohre an einen Wasserverteiler angeschlossen werden konnten. Nach einem kurzen freundlichen Gespräch verließ Macer die Werkstatt wieder und setzte seine Runde fort.

  • Zufrieden konnte Macer auf einem seiner Rundgänge feststellen, dass die von ihm beauftragten Jungs mit den farbeimern wieder ganze Arbeit geleistet hatten. An einer gut sichtbaren Stelle war für jeden Interessierten zu lesen:


    Zu den Spielen der Aedile werden wilde Tiere gegeneinander antreten!

  • Sein heutiger Weg führte Macer durch die Straßen in der Nähe der Foren, an denen viele Tabernae lagen. Für seine Kontrollen suchte er sich die größeren von ihnen aus, in denen die Gäste nicht nur Speisen und Getränke zu sich nehmen konnten, sondern in denen Fremde auch eine Unterkunft für die Nacht fanden und in denen meistens auch einige Prostituierte ihre Zimmer hatten und ihre Dienste anboten. Den Wirten war Macers Gesicht natürlich bekannt, so dass er keine verdeckten Kontrollen durchführen konnte, aber das hatte er auch gar nicht vor. Mit festem Schritt betrat er, gekleidet in seine Toga, eines der Lokale und ließ sich wie er es schon bei vielen Kontrollen getan hatte, Speisen und Getränke zeigen. Er kontrollierte die Sauberkeit der Küche und auch deren Brandsicherheit sowie den Zustand des Lagers. Dann ließ er sich die Treppe zeigen und inspizierte die im ersten Stock gelegenen Räumlichkeiten für kurzfristige und längerfristige Gäste. Kleine Schilder an den Kammern der Lupae gaben an, welche gerade belegt waren und bei einem Blick in eine freie Kammer stellte er fest, dass man trotz der einfachen Bauweise des Gebäudes nicht auf einige schmückende Wandbilder verzichtet hatte, die darüber hinaus auch noch angaben, auf welche Tätigkeiten sich die hier arbeitende Lupa wohl besonders gut verstand. Auf eine ganz genaue und natürlich kostenlose Probe verzichtete Macer trotz der netten Angebote aber trotzdem. Die weiteren Gästezimmer waren ebenfalls in einem guten Zustand und die Heizmöglichkeiten entsprachen den Vorschriften des Brandschutzes, so dass der Aedil das Gebäude ohne Beanstandungen verlassen konnte.


    Weniger erfreulich verlief der Besuch nur wenige Häuser weiter. Ganze Heerscharen von Krabbeltieren bevölkerten die Küche, was den Wirt aber offensichtlich nicht zu stören schien. Auch im Lagerraum traf Macer auf weitaus mehr als die übliche Menge von Kleingetier. Die wenigen Gäste des Lokals hätte dieser Zustand vermutlich nicht gefreut, aber offenbar war der Hinterhof des Hauses vor allem ein Treffpunkt von Hunden und Katzen aus der Nachbarschaft, die hier natürlich ein leckeres Paradies vorfanden. Macer wechselte einige ernste Worte mit dem Betreiber der Taberna, bevor er sich ins obere Stockwerk begab. Entgegen seiner Erwartungen fand er hier alles in zufriedenstellender Ordnung vor. Was unter anderem auch daran lag, dass er den Brandschutz nicht zu prüfen brauchte, da dieses Stockwerk einfach nicht beheizt war. Als Kunde hätte er dies sicher als unkomfortabel empfunden, aber als Aedil erleichterte ihm das einfach nur seine Arbeit. Mit einer deutlichen Aufforderung an den Wirt zur Säuberung von Küche und Lager und einigen Sesterzen Strafgeld in seinem Beutel verließ Macer auch diese Taberna wieder.

  • Diesmal führten nicht seine Dienstpflichten, sondern die Suche nach einem passenden Hochzeitsgeschenk für seinen Militär-Kollegen Meridius, der in Germania heiratete, Macer hinaus auf die Straße. Der Kauf von Geschenken war noch nie seine Stärke gewesen und er war recht glücklich, dass er bei der letzten Hochzeit, für die er einkaufen musste, mit einem Bild des glücklichen Paares offenbar einen guten Treffer gelandet hatte. Wiederholen ließ sich das diesmal aber wohl kaum - schon alleine deshalb weil Macer die Braut nicht mal kannte und in ganz Rom wohl auch kein Maler aufzutreiben war, der sie hätte malen können. Also musste eine neue Idee her.


    Zunächst dachte Macer an Möbelstücke und sah sich lange bei verschiedenen Schreinern nach einem passenden Stück um. Doch die meisten Stück erschienen ihm entweder zu profan oder zu ausgefallen und der Rest traf entweder nicht seinen eigenen Geschmack oder er war sich sicher, dass Meridius ein solches Stück schon besitzen würde, wenn er es denn für nötig halten würde.
    Auch als sich Macer später schmuckvollen Statuen zuwandte, fand er nichts überzeugendes. Eine Götterstatue wollte er nicht schenken und in andere Statuen konnte man leicht eine Aussage hinein interpretieren, die gar nicht beabsichtigt war. Wo es Macer doch ohnehin schwer fiel, eine Aussage für das Geschenk zu finden.


    Schließlich fiel seine Wahl auf feine Keramik aus griechischer Produktion. Die neuartigen roten Töpferwaren, die in Gallien und Germanien hergestellt wurden, hatte Meridius inzwischen sicher genug, zumal Macer auch die Bestände der Regia kannte. Aber kostbar bemalte Stücke aus Griechenland waren sicher auch im Hause Decima noch eher selten. Zufrieden ließ Macer die ausgewählten Geschirrteile sorgfältig in eine stabile Transportkiste verpacken, damit sie den Transport nach Germania unbeschadet überstünden.

  • Die letzte Runde, auf der er sich speziell den Tempeln der Stadt gewidmet hatte, war schon einige Tage her, als Macer sich erneut mit dieser Aufgabe auf den Weg machte. Diesmal verließ er die Traiansmärkte in die andere Richtung als bisher und wandte sich nach Norden. Entlang der Alta Semita traf er auf der linken Straßenseite als erstes auf den Tempel des Semo Sancus. Dafür, das dies der Haupttempel dieses Gottes war, war er enorm klein, aber Macer musste zugeben, dass dieser Gott in seiner persönlichen Götterwelt bisher auch kaum eine Rolle gespielt hatte, bestenfalls noch als Beiname des Iupiter. Die Kontrolle der Bausubstanz führte er trotzdem mit der nötigen Sorgfalt durch und stellte zufrieden fest, dass es offenbar Menschen gab, denen dieser Gott wichtiger war als ihm und die sorgfältig für die Instandhaltung des Tempels sorgten.


    Kurz hinter der Straßenkreuzung, an der die Straße zur Porta Salutaris abzweigte, traf Macer auf den namensgebenden Tempel der Salus. Als Amtsinhaber mit der Cura Urbis erschien es ihm ganz passend, an diesem Tempel nicht nur die Baukontrolle durchzuführen, sondern mit einem kleinen Opfer auch um das Wohlergehen der ganzen Stadt zu bitten. Danach setzte er seinen Weg zum Tempel des Quirinus fort, der auf dem Quirinal natürlich nicht fehlen durfte und der etwas abseits der Straße lag. Ein paar Kinder hatten sich offenbar einen Spaß daraus gemacht, die Tempelwand mit einigen ungelenken Kritzeleien zu versehen, aber ein Bediensteter war bereits dabei, diese wieder zu entfernen, als der Aedil eintraf. Er wechselte einige Worte mit ihm, erkundigte sich nach dem sonstigen Zustand des Bauwerks und begab sich dann zurück zur Straße.


    Der Tempel der Gens Flavia gegenüber der Porta Quirinalis war seine letzte Station für diesen tag. Er nahm zwar an, dass sich sein curulischer Kollege ohnehin um diesen Temepl kümmern würde, aber da er schon einmal in der Gegend war, konnte er ihn ja auch gleich besuchen. Immerhin hielt Macer die beiden ersten flavischen Kaiser für äußerst große Staatsmänner und auch am letzten Mitglied der Dynastie hatte er persönlich weniger auszusetzen als möglicherweise der Durchschnitt der Bevölkerung. Der große Tempel war in einem angemessenen Zustand, was vermutlich tatsächlich an der regelmäßigen Pflege durch die Gens Flavia lag. Macer beendete hier seine Tempelkontrolle, ging aber die Straße trotzdem weiter entlang, da ihn andere Amtsgeschäfte noch zur Castra Praetoria führen sollten.

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