Audienz bei der Kaiserin für Lucius Claudius Marcellus


  • Der Magister Domus Augusti kam in die Aula Regia. Mit ihm betrat ein Mann die Halle, den man unschwer für einen Patrizier halten konnte.
    “Unterrichte die Kaiserin, dass Lucius Claudius Marcellus um eine Unterredung in privater Angelegenheit bittet.“, wies Quarto einen der anwesenden Palastdiener an.

  • Ausnahmsweise hatte Marcellus seinen Leibsklaven angewiesen vor der Aula Regia zu warten. Diesen Weg musste er alleine beschreiten und er hoffte, das auch der Magister wieder verschwand, bevor Drusilla in der Aula erschien. Er merkte, dass er nun von Minute zu Minute nervöser wurde, versuchte jedoch, sich seinem Begleiter gegenüber nichts anmerken zu lassen. Wie würde sie reagieren wenn sie ihn nach all den Jahren wieder sah? Wie lange war es überhaupt her? Zehn, Fünfzehn Jahre? Oder war es sogar schon länger? Sie war damals jedenfalls noch keine Kaiserin.... Es war nicht der passende Zeitpunkt um einen klaren Gedanken zu fassen und er konzentrierte sich eher darauf, was er denn zu ihr sagen würde. Zuvor jedoch musste er diesen Plebejer wieder loswerden. Als sie mitten in der Aula Regia zum stehen kamen wandte er sich an Quarto.


    „Ich Danke dir Magister!“

  • Quarto hingegen machte gar keine Anstalten, sofort zu gehen, wollte er doch sehen, ob der Patrizier die Wahrheit gesprochen hatte und tatsächlich mit der Kaiserin bekannt war.
    Darum missverstand er den doch recht deutlichen Wink auch gründlich und nickte lediglich freundlich lächelnd.

  • So waren sie eben die Plebejer… einfach und dumm! Marcellus sah kurz in die andere Richtung und verdrehte genervt die Augen, bevor er wieder zu Quarto sah und selbst ein gekünsteltes und arrogantes Lächeln aufsetzte. So einfach ließ er den Plebejer nicht davon kommen und überlegte schon, was er zu ihm sagen könnte.


    “Sagt einmal mein geschätzter Magister! Ihr seit doch mit dem Caesar verwandt oder? Wie ist es eigentlich für einen einfachen Plebejer aus schlichten Verhältnissen, der plötzlich einen solchen Aufstieg erfahren hat und sogar im Palast wohnen darf? Wie geht ihr und eure Gens damit um?“

  • Mit einem Lächeln auf den Lippen antwortete der so Angesprochene:
    “In der Tat, dass ist schwierig. Schon lange sinne ich zum Beispiel über der Frage, wo ich hier auf dem Palatinus nur meine Schweine weiden lassen soll. Was meinst du, ob das Hippodromus wohl der geeignete Ort wäre?
    Allerdings sollen sie in den Gärten des Domus Aurea am besten gedeihen, heißt es, denn nichts geht über die Scheiße die Nero uns hinterlassen hat, habe ich mir sagen lassen.“

  • Schockiert riss der Patrizier die Augen auf. Bei allen Göttern! Was erlaubte sich dieser…… Nero? Nein! Bei diesem Thema sollte er lieber einlenken und nun doch nachgeben. Aber dennoch ärgerte ihm sichtlich diese maßlose Respektlosigkeit des Plebejers. Für Marcellus war dieses Gespräch jedenfalls hiermit beendet und er starrte wütend in die andere Richtung der Aula. Hoffentlich würde die Kaiserin bald kommen und ihn von diesem Mann befreien.

  • Kurz darauf Betrat die Augusta aus einer Seitentüre die Aula Regia und gab ihren Dienern zu verstehen, dass sie draußen auf sie warten sollten. Sie wirkte leicht irritiert und sehr nervös, als sie auf Quarto und den Besucher zuging und umso näher sie trat umso langsamer wurden ihre Schritte. Zuerst ignorierte sie den Magister völlig und starrte nur ungläubig den Besucher an, bevor sie ihn sehr zaghaft ansprach.


    “Lucius? Du hier?“


    Dann wurde ihr wieder bewusst, das Quarto noch hier stand und sie nickte ihm zu.


    "Danke Quarto! Du kannst dich jetzt entfernen.“


    Abwartend sah sie ihn an.

  • Als Marcellus die Kaiserin kommen sah, merkte er, wie sein Herz plötzlich wie wild zu schlagen begann und eine innere Anspannung in ihn hoch stieg. So gut er konnte, versuchte er die Nervosität jedoch hinter seiner ausdruckslosen Mimik zu verbergen. Als sie näher trat und seinen Namen nannte verbeugte er sich knapp. In diesem Moment hätte ihn fast der Herzschlag getroffen. Sie erkannte ihn also noch nach all diesen Jahren. Er wartete ab, bis dieser Plebejer den Saal verlassen hatte und richtete sich dann wieder auf.


    „Ich hoffe, ich bereite dir keine Probleme mit meinem kommen………. Drusilla?“


    Etwas unsicher versuchte er mit ihr Blickkontakt aufzunehmen, während sein Herz sich langsam wieder beruhigte.

  • Die Augusta wirkte immer noch etwas angespannt und man sah ihr einen Hauch von Unsicherheit an. Als sich ihre beiden Blicke trafen, hielt sie für einen Moment den Atem an. Nun war sie sich endgültig sicher, wer ihr hier gegenüberstand. Sie löste den Blickkontakt wieder und erwiderte seine Frage.


    “Es ist lange her. Hier im Palast kennt dich keiner und….“


    Sie stockte für einen kurzen Moment ehe sie weiter sprach.


    "….. und auch Iulianus hat nie von dir erfahren.“

  • Drusillas Worte waren beruhigend für den Patrizier und man konnte erkennen, dass ein großer Teil seiner Nervosität und Anspannung mit einem Schlag wich. Der Kaiser hatte also nichts davon erfahren…. warum auch..…. es geschah ja bevor die beiden…..bevor Drusilla Kaiserin wurde und Griechenland mit ihm verließ, während Marcellus mit seinen Erinnerungen zurück blieb.


    „Ja! Es ist wirklich lange her! Du bist nun Kaiserin und ich…… nun ja… ich bin immer noch der, der ich auch schon früher war.“


    Er sah kurz zu Boden. Einerseits war er glücklich darüber sie wieder zu sehen, andererseits war es auch auf eine merkwürdige Art und weise unangenehm ihr gegenüberzustehen…. Hier, mitten in der Aula Regia.


    „Es tut mir Leid, dass ich dich so überfallen habe. Ich bin zu meiner Familie nach Rom gekommen und werde, so wie es aussieht, auch einige Zeit hier bleiben.“

  • Die Augusta ging einen Schritt mit einem mitleidigen Blick auf ihn zu und hob die Hand, als ob sie nicht wollte, dass er weiter sprach.


    "Nein Lucius! Du musst dich für nichts entschuldigen. Wenn sich jemand entschuldigen muss, dann bin ich es. Ich war es auch, der damals eine Entscheidung über unser beider zukünftiger Leben getroffen hat und…..“


    Sie stockte wieder bei den Gedanken daran.


    “…. und dich von einen Tag auf den anderen……“


    Mit einem traurigen Blick sah die Augusta zu Boden und sprach nicht mehr weiter.

  • Von einen Tag auf den anderen verließ. Marcellus war klar, warum sie nicht weiter sprechen konnte. Aber das alles war Vergangenheit! Viel zu lange her um sich darüber Gedanken zu machen oder gar den Kopf zu zerbrechen was passiert wäre wenn die Dinge anders verlaufen wären. Für Drusilla war es so bestimmt am besten gewesen. Sie war heute die Kaiserin des römischen Reiches und Marcellus hätte nie zugelassen, dass sie wegen einer kleinen Liebelei zwischen zwei jungen Menschen darauf verzichtet hätte. Eigentlich waren sie damals nicht einmal ein richtiges Paar oder sonst irgendetwas in der Art gewesen. Nur zwei junge Menschen aus patrizischem Hause, die befreundet waren und sich einige Zeit das Bett miteinander teilten….. und dies auch nur im geheimen. Aber dennoch war es wohl die schönste Zeit in seinem Leben gewesen - bis zu dem Zeitpunkt als Iulianus kam. Damals noch Legat, übte er eine unglaubliche Anziehung auf sie aus und so beschloss sie bei ihm zu bleiben und mit ihm nach Rom zu gehen. Und das war das letzte Mal, wo Marcellus sie gesehen hatte.


    Er riss sich wieder aus seinen Gedanken und sah, wie ihr Blick traurig auf den Boden fiel und auch ihre Hand wieder langsam nach unten sank. Ohne viel nachzudenken und völlig unerwartet ging er den letzten Schritt auf sie zu und griff nach ihrer Hand. In diesem Moment wurde ihm erst bewusst was er hier tat. Er stand mitten in der Aula Regia und griff nach der Hand der Kaiserin. Er musste wohl von allen guten Geistern verlassen worden sein, doch nun war es geschehen. Er spürte ihre sanfte Hand in seiner und würde sie nun bestimmt nicht mehr los lassen.


    „Nicht Drusilla! Es ist zu lange her um sich darüber noch Gedanken zu machen oder sich zu entschuldigen. Du hast die richtige Entscheidung getroffen. Sie dich nur an! Du bist Kaiserin!.... Und du bist wunderschön!“


    Der letzte Satz war ihm irgendwie heraus gerutscht und er schluckte etwas verlegen und hoffte, sie würde wieder zu ihn aufsehen.

  • Als Marcellus ihr plötzlich so nahe stand und die Augusta seine Hand auf ihrer spürte, sah sie wieder auf und suchte nach seinem Blick. Die beiden standen nun einfach nur da, seine Hand auf der ihren und sagten kein Wort. Die Augen der Augusta funkelten und füllten sich leicht mit Tränen. Nach einigen Augenblicken brach sie das Schweigen.


    "Ja! Ich bin die Kaiserin! Aber ich habe auch einen hohen Preis dafür gezahlt und mein Verhältnis zu Iulianus ist schon lange nicht mehr so, wie es früher einmal war.“


    Sie verstärkte den Druck ihrer Hand etwas.


    "In letzter Zeit habe ich sehr oft an dich gedacht Lucius. Vielleicht ist es ein Zeichen der Götter, dass sie dich nun zu mir gebracht haben.“

  • Es viel Marcellus sehr schwer dem traurigen Blick der Kaiserin stand zu halten und als ihr Tränen in die Augen traten, hätte er sie am liebsten in den Arm genommen. Doch sie war die Kaiserin und es war schon schlimm genug überhaupt ihre Hand zu halten. Um sie vielleicht doch etwas aufzumuntern trat ein kleines Lächeln in sein Gesicht.


    “Ich kann dir versichern… die Götter haben nichts damit zu tun. Lediglich meine beschämende Familie. Aber wie auch immer…. nun bin ich hier und habe vor auch einige Zeit hier zu bleiben.“


    Als er ihr so in die Augen sah, und sich dieser unglaubliche Augenblick mit alten Erinnerungen vermischte, fühlte er tief in seinem Herzen Gefühle ausbrechen, die er dort lange verschlossen hatte. Sie hatte immer noch diese völlig einnehmende Aura, der man sich einfach nicht entziehen konnte. Ihr Blick war so stolz und anmutig und doch hatte er etwas Verletzliches und Flehendes an sich. Marcellus hätte in diesem Moment alles dafür gegeben um nicht in der Aula Regia zu sein und nicht der Kaiserin, sondern einfach nur Drusilla gegenüber zu stehen. Doch es war so und selbst die Götter konnten es nicht ändern. Wie gerne hätte er ihr von seinen Gefühlen erzählt, berichtet was in ihm gerade vorging, seine Gedanken mit ihr geteilt. Doch es schien alles so weit weg und doch irgendwie auch ganz nah.

  • Im Gedanken fiel sie viele Jahre zurück, als sie beide mehr als Freunde waren und keiner der beiden jemals damit gerechnet hätte, in die heutige Situation zu kommen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, sie stand händchenhaltend mittem im Raum, jederzeit konnte jemand eintreten. Sie warf einen Blick zur Tür. Zwar würde ein jeder zunächst anklopfen, doch auch dann hätte die Kaiserin nicht in wenigen Augenblicken ihre Verwirrung ablegen können. Sie ließ seine Hand los und trat ein wenig zurück um distanzierter betrachten zu können.


    "Was führt dich eigentlich zu mir?"


    Sie hatte die Ahnung, er wollte sie einfach nur sehen, vielleicht sogar den Wunsch, dies von ihm zu hören.

  • "Ich musste dich einfach sehen Drusilla!“


    Alleine sein Blick hätte den Umstand seines Kommens in diesen Moment verraten, wenn er ihn nicht auch noch zusätzlich ausgesprochen hätte. Seine schmachtenden und sehnsuchtsvollen Augen verrieten auch gleichzeitig die Angst die nun in ihm aufstieg. Vielleicht hätte er nicht kommen sollen. Vielleicht würde dies alles nur noch schwerer machen als es ohnehin schon war. Sowohl für ihn, als auch für Drusilla, die bestimmt anderes zu tun hatte, als sich mit einer alten Liebelei auseinander zu setzen. Doch nun war es schon egal und er spann seine Gedanken laut weiter.


    "Und ich dachte, dass wir uns vielleicht......... auch wieder öfter sehen können. Nun wo ich hier in Rom bin."

  • Ihr Blick verfing sich in seinen Augen, die sie nicht mehr losließen. Diese Momente, in denen sie in seinen braunen Augen versank, schienen ihr wie eine schöne Ewigkeit, doch die Vernunft brachte sie doch dazu, sich davon zu lösen.
    Sie blickte nochmals zur Tür bevor sie ihr Gesicht wieder ihm zuwandte, ohne ihn anzusehen. Was er sagte, schmeichelte ihr und ein Hauch eines glücklichen Lächelns erschien.
    "Es würde mich freuen."
    Ihr schossen plötzlich Fragen in den Kopf über geeignete Orte für Treffen mit ihm, als ob diese Treffen geheim bleiben sollten. Sie versuchte diese Gedanken wieder abzuschütteln, ihn nur freundschaftlich zu sehen, und blickte ihn wieder an.
    "Schön dich wieder zu sehen."

  • Die beiden letzten Sätze der Kaiserin klangen für den Patrizier wie eine Erlösung. Er atmete tief durch und sah sie an. Alleine diese Worte aus ihren Mund zu vernehmen, gab ihm nun die letzte Bestätigung richtig gehandelt zu haben.


    "Ich danke dir Drusilla! Es bedeutet mir sehr viel, dass du mich wieder sehen möchtest. Dann werde ich mich vorerst wieder zurückziehen wenn du erlaubst und dich in den nächsten Tagen wieder aufsuchen. Du musst mir nur sagen wann und wo. Ich werde da sein.“


    Wie gerne wäre er hier geblieben, doch es war ihm klar, dass er sie nicht gleich so überfallen konnte. Er hatte doch nicht einmal damit gerechnet, dass sie einem weiteren Treffen zustimmen würde und so war alleine diese Tatsache schon ein Anlass der Freude. Aber Marcellus nahm sich fest vor in den nächsten Tagen wieder vorbeizukommen und wartete gespannt, was Drusilla zu seinem Vorschlag sagte.

  • Ihre Hand schnellte nach vorne und berührte leicht seinen Arm.
    "Bleib doch ruhig noch ", warf sie ein, um ihn nicht schon gehen zu lassen, und nahm ihre Hand wieder langsam zurück.
    "Du störst nicht. Und wir haben uns für so lange Zeit nicht gesehen."
    Sie blickte sich um und fand es plötzlich sehr ungemütlich in dem großen, karg eingerichteten Audienzsaal.


    "Komm, wir werden jedoch den Raum wechseln."
    Sie warf ihm nochmals ein Lächeln zu und begab sich zur Tür in Richtung ihres Gemaches.

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