• Es war wieder einer jener Abende, an denen Hungi am seinem Schreibtisch in seinem Büro saß. Vor ihm türmte sich die Arbeit. Da der Stapel vom Senat, da jener für die Prätorianer und Palastwache, dort einige Rechtsanfragen von Bürgern, die jetzt nicht wissen, ob ihre Ehe rechtens ist, ob der Gartenzaun nicht doch ein wenig weiter verschoben werden sollte oder hier die Frage, ob man ein Weinfass auch dann bereits in Besitz genommen hat, wenn man dieses Fass nur gekennzeichnet und noch nicht tradiert erhalten hatte. Ihm schmerzten bereits die Augen, müde rieb er sich diese, er gähnte und seufzte laut auf, als er die noch unerledigte Arbeit vor sich sah. Nur dummerweise wurde sie nicht weniger, nein, mit jedem Tag stapelte sich nur noch mehr auf diesem Tisch. Innerlich schloß Hungi schon eine Wette mit sich selber ab, wann der Schreibtisch ob dieser Last zusammenkrachte. Wäre schade um ihn, Hungi hatte einiges an Sesterzen dafür bezahlt und ihn extra an seine Größe anpassen lassen, aber ja, damals hatte er noch nicht soviel verdient. Außerdem hatte er auf ihm auch ein paar vergnügliche Stunden gehabt, bzw. nicht unbedingt er auf ihm. :D Und jetzt gerade in diesem Moment war er schon stark dafür, diese alten Sitten wieder einkehren zu lassen - no na - und die Arbeit einfach wegzuschmeißen. Allein, es ging nicht. Nie war ihm die Last der Verpflichtungen mehr bewußt als in diesem Moment. Und er hasste sie. Er empfand sie sogar als widerwärtig. Jahrelang hatte er dem Imperium gedient, wann er das letzte Mal in den Thermen gewesen war, wußte Hungi gar nicht mehr, geschweige denn, wann sein letzter Urlaub war. Er atmete laut aus und massierte mit seinen Fingern seine Schläfen. Er fühlte sich ausgebrannt, kraftlos, ohne Energie. Nein, es musste was passieren, so konnte es einfach nicht weitergehen! Und er wusste in diesem Moment, was er zu tun hatte. Hungi stand auf, ging zur Tür und öffnete diese.


    Ursus! rief er laut. Wenn meine Frau noch nicht zu Bett gegangen ist, sag ihr, ich will sie sprechen. Sofort!

  • Livia hat sich zu diesem Zeitpunkt längst in ihr Cubiculum begeben. Die Schminke ist bereits entfernt worden und gerade kämmt die Sklavin ihr das lange Haar aus, da klopft Ursus an die Tür und überbringt seine Nachricht. Livia seufzt schicksalsergeben und überlegt einen Moment, ob sie nicht lieber ausrichten lassen soll sie sei bereits im Bett. Wenigstens hört es sich nicht so an, als wolle er ihre ehelichen Pflichten einfordern. Ein Hauch von Zweifel bleibt bestehen, doch schließlich nickt sie ihrer Sklavin zu. Rasch bindet diese ihr die Haare mit einem weichen, weinroten Band ordentlich zusammen und reicht ihr anschließend ein dunkelgrünes, wärmendes Schultertuch. Das helle Kleid hat sie noch vom Tage an, so dass sie sich nun auf den direkten Weg zum Büro ihres Mannes macht. Er soll ruhig sehen, dass sie nun eigentlich im Bett liegen wollte. Livia klopft kurz an und tritt sogleich ein.


    "Salve. Du wolltest mich sprechen?"


    Sie schließt die Tür wieder hinter sich und setzt sich auf einen der seinem Schreibtisch gegenüberstehenden Korbsessel. Livia ist müde und sehnt sich nach ihrem warmen Bett. Sie schenkt Hungaricus ein erschöpftes Lächeln und zieht sich ihr Tuch wärmesuchend um die Schultern.

  • Seit der Hochzeitsnacht hatte Hungi sie nicht mehr angerührt und war ihr so gut wie möglich aus dem Weg gegangen, ohne daß es unter der Dienerschaft groß aufgefallen wäre. Letzteres hoffte er jedenfalls. Sicher, einige Male mußten sie sich sehen, beim Essen, bei gesellschaftlichen Verpflichtungen, doch ansonsten hielt er sich von ihr fern. Wobei ihm aber in diesem Moment kurz in den Sinn kam, daß das wohl eher ungünstig war, schließlich hatte er sie geheiratet, um einen Erben zu zeugen. Aber es war ihm einfach zuwider, sie in ihrem Cubiculum aufzusuchen, weder wollte er das wie ein heimlicher Liebhaber machen, noch legte er großen Wert drauf, daß er dabei beobachtet wurde, so daß sich die Dienerschaft denken konnte, was da wohl passieren würde. Außerdem war die Hochzeitsnacht nicht wirklich ermutigend für ihn, weil er seitdem dachte, daß sie ihn abstoßend fand, und seine Gegenwart wollte er niemanden über Gebühr aufzwingen. Aber um diese Sache ging es ihm gerade nicht.


    Allerdings, das wollte ich. begann er betont nüchtern und sachlich. Auch er saß bereits wieder in seinem Sessel. Hör zu, es ist folgendes... sprach er weiter, beugte sich nach vor und erzählte ihr von seinen Problemen, den Gedanken, die ihn gerade bewegten und von seinem Entschluß, den er gefällt hatte. Es war ihm nicht leicht gefallen, aber seiner Ansicht nach mußte es sein. Er war seiner Frau zwar nicht wirklich besonders Rechenschaft schuldig, so fand er, aber sie sollte wissen, was er vorhatte, bevor die Öffentlichkeit davon erfuhr.


    Nun? fragte er abwartend.

  • Nachdem ihr Gemahl geendet hat, ist Livia blass vor Wut. Sie schweigt erst einmal, sagt nichts, und starrt ihn einfach nur an. Ihre ganze Energie wendet sie dafür auf, einigermaßen ruhig zu atmen. Dass sie die Fassung verloren hat, ist längst nicht mehr zu verbergen. Um nicht irgendwelche kostbaren Gegenstände zu zerschlagen, widersteht sie dem Drang aufzustehen und bleibt mühsam beherrscht sitzen. Livia glaubt sich endlich wieder halbwegs unter Kontrolle zu haben und spricht mit unverholen drohendem Unterton, jedoch in normaler Lautstärke und ansonsten gemäßigtem Ton.


    "Wie bitte? Ich glaube, ich höre nicht recht!? Glaubst du nicht, dass all diese Punkte auch auf mich zutreffen? Habe ich etwa keine Probleme?"


    Sie atmet noch einmal tief durch. Der Zorn ist ihr nur allzu deutlich anzusehen und der Damm ist nun auch gebrochen. Die Augen funkeln wütend und ihre Brust hebt und senkt sich durch das mühsam beherrschte Atmen. Wortreich und überaus aufgebracht lässt Livia ihren Unmut an Hungaricus aus und argumentiert gestenreich und sehr ausführlich gegen seine Position. Sogar Alternativlösungen bringt sie vor und schildert diese mit Nachdruck. Sie schafft es nicht ausfallend zu werden und einigermaßen sachlich zu argumentieren. Als schließlich alle Argumente gesagt sind, sieht sie ihn nur noch stumm und vorwurfsvoll an. Entschieden schüttelt Livia den Kopf. Die Sache kommt überhaupt nicht in Frage. Es fällt ihr nur noch eine Sache zu sagen ein.


    "Ich bin so enttäuscht von dir..."


    Ihr drohender Blick gibt ihm noch eine letzte Gelegenheit das Gesagte wieder zurückzunehmen.

  • Wie konnte er nur annehmen, hier Verständnis von seiner Frau zu erwarten? Welch ein Fehler, obwohl er im Innersten nicht damit gerechnet hatte, von ihr unterstützt zu werden. Ihr Wortschwall und ihre Alternativvorschläge konnte er einerseits nur müde belächeln, andererseits waren sie einfach nicht durchführbar. Wie sollte das auch gehen? Er mußte ja dies so tun wie bisher, Wobei es ihn nicht einmal so gar arg störte, daß sie gegen seinen Plan war, es war mehr die Art, wie sie dies darbrachte. Die nächste Zeit wurde die Stimmung zwischen ihnen wohl noch kälter als es bereits ohnehin der Fall war, aber er mußte das tun, es ging seinerseits nicht anders. Auch wenn sie noch so sehr dagegen sprach.


    Und ich bin es von dir. kam es tonlos aus seinem Mund. Mehr fiel ihm nicht mehr dazu ein. Er hatte seine Position dargelegt, sie die ihre, und diese standen so konträr zueinander, daß eine Einigung vollkommen unmöglich war.


    Mein Entschluß steht fest. sagte er mit versteinertem Gesicht.

  • Am liebsten würde Livia ihn gegen die Wand klatschen, doch sie ist sich ihrer körperlichen Unterlegenheit nur allzu bewusst. Wütend über ihre eigene Ohnmächtigkeit steht sie von ihrem Platz auf, stellt sich direkt an seinen Schreibtisch und stützt sich dort mit den Händen auf. Sie muss sich sehr zusammenreißen, jetzt nicht handgreiflich zu werden. Livia beugt sich vor, dass ihre Augen auf gleicher Höhe mit seinen sind und funkelt ihn zornig an. Sie weiß nicht mehr, was sie sagen soll, wie sie argumentieren soll, nur noch eines.


    "Nein. Nein, nein, nein. Nein!"


    Alles in ihr widerstrebt mit jeder Faser seinem Vorhaben, doch ebenso falsch erscheint es ihr, derart entschieden gegen das Wort ihres Gemahls einzutreten. Aber sie weiß weder ein noch aus und sich schlichtweg nicht anders zu helfen. Sein Plan scheint jeden guten Grund für diese unselige Ehe gründlich und endgültig zu zerstören.


    "Nein. Auf garkeinen Fall. Das kannst du nicht tun!"


    Sie hat das Gefühl, dass die Verzweiflung ihr allmählich die Kehle zuschnürt und fieberhaft sucht Livia in seinen Augen vergeblich nach einem Ausweg oder einem kleinen Anzeichen, dass er es sich noch anders überlegen würde. Ihre Miene schwankt zwischen wütender Drohung und flehentlichem Bitten. In ihrer Verzweiflung greift sie sogar zu ungewohnten Mitteln, auch wenn ihr das in dieser Situation schwerer fällt denn je.


    "Bitte... Bitte nicht..."

  • Was sollte denn das jetzt? Sie bettelte ihn an?


    Livia, ich bitte dich. presste er halb verächtlich hervor. Führ dich nicht so auf, das ist unter deiner Würde. und erbärmlich, aber das sagte er nicht.


    Angewidert wandte er sich von ihr ab und ging zum Fenster hinüber. Ihn fröstelte leicht, aber er konnte nicht einordnen ob es von der kühlen Luft von draußen oder von dem eisigen Gefühl in seinem Inneren stammte, das er durch dieses Gespräch mit seiner Frau bekam.


    Wenn dir soviel daran liegt, dann mach du es. sprach er weiter, wohl wissend, daß es nicht möglich war. Aber ich bin nicht mehr bereit dazu. So einfach war das.

  • Sprach- und ratlos starrt Livia ihren Mann an. Sie ist sich sehr wohl dessen bewusst, dass er sich diese besondere Härte allein für sie aufhebt. Im Umgang mit anderen hat sie ihn noch nie derart unfreundlich und harsch erlebt. Sein Ton lässt keinen Zweifel daran, dass er an seiner Entscheidung nicht mehr zu rütteln gedenkt. Auf Verständnis für ihre eigene Lage kann sie bei ihm nicht mehr hoffen. Livia senkt den Blick und seufzt niedergeschlagen. Diese Schlacht hat sie eindeutig verloren. Um ihr weiteres Vorgehen in Bezug auf den Krieg zwischen ihnen wird sie sich später Gedanken machen. Bitterkeit und Enttäuschung liegen in ihrer Stimme.


    "Du machst es dir so verdammt leicht..."


    Ohne ein weiteres Wort zu verlieren oder eine Antwort abzuwarten wendet Livia sich ab und verlässt das Büro in Eile. Keine weitere Sekunde lang hätte sie es in der Gegenwart ihres gefühlskalten und rücksichtslosen Gemahls ausgehalten. In diesem Moment würde sie sich am liebsten auf der Stelle scheiden lassen. Doch solch gewichtige Worte wagt sie in so hitziger Stimmung noch nicht auszusprechen.

  • Verärgert, in äußerstem Maße verärgert schaute er ihr dabei zu, wie sie sein Büro verließ. Was bildete sie sich überhaupt ein? Sie wollte wohl, daß er dabei zu Tode komme, oder wie? Verächtlich warf er einen kleinen Blick auf den Schreibtisch, dann schaute er erneut aus dem Fenster. Mittlerweile war der Abend längst zur Nacht geworden und der Mond stand hoch im bewölkten Himmel über Rom. Er seufzte kurz und wollte sich wieder Wein eingiessen, doch die Kanne war bereits leer. Als er dies realisierte, stieg auf einmal der ganze Zorn in ihm hoch und er schleuderte die Kanne gegen die Wand. Dieses laute Kleschen aber beruhigte ihn kein bißchen.


    MEHR WEIN! brüllte er und tatsächlich musste er nur einige Momente lang warten, bis eine Sklavin sein Büro betrat, mit einer Kanne in der Hand. Verschüchtert wagte diese nicht, ihren Herrn anzusehen, sondern trat nur zu ihm und ließ etwas vom halbsüßen Illyrer in den Becher fließen. Noch immer wütete der Zorn in Hungi, doch wie er den kanalisieren sollte, wusste er nicht. Am liebsten hätte er einiges in diesem Raum kurz und klein geschlagen. Als sich aber die Sklavin etwas aufrichtete, fiel sein Blick auf ihren Busen. Und in diesem Moment hatte er schon eine ziemliche Ahnung, wie die Nacht doch noch etwas positives haben könnte.


    Wie ist dein Name?
    "Nike, Herr."
    Nike... Sehr schön. Du wirst mir heute Nacht nicht von meiner Seite weichen.


    Die Sklavin nickte nur stumm und tat, was ihr Hungi befahl. Im Laufe dieser Nacht hörte man deutlich, was im Büro vorging.

  • In die Abgeschiedenheit von Hungaricus Büro zurückgezogen arbeitet Livia an einigen Dokumenten aus der Basilica Ulpia. An manchen Tagen zieht sie die Ruhe der verlassenen Casa ihrem Officium vor, da sie hier tagsüber ihre Ruhe sowohl vor ihrem Gemahl als auch vor den ständigen gerichtlichen Anfragen hat. Die nächtlichen Vorgänge in diesem Raum vermag sie maximal zu erahnen, hat aber auch nicht das Bedürfnis mehr oder genaueres darüber zu erfahren. So arbeitet sie hochkonzentriert und gänzlich ungestört an einigen Papyri und Wachstafeln.

  • Ursus hatte sich den Brief gar nicht mal so richtig angeschaut. Wozu auch, meistens stand eh groß "GEHEIM" drauf oder es war sonst irgendwie uninteressant. Dieser hier dürfte zum letzteren gehören. Also gut, persönliche Abgabe beim Herrn und dann Katzen jagen, wieder mal. Im allgemeinen reichts eh, wenns am Tisch liegt. Ursus trat in das Büro ein... und schaute mal kurz etwas dümmlich drein.


    Huch.... Äh... da ist ein Brief für den Herrn...

  • Verärgert über die plötzliche Störung sieht Livia auf und mustert den Sklaven gereizt. Eigentlich schätzt sie Ursus für einen Sklaven sehr, doch manchmal bringt er sie mit seiner tollpatschigen Art an die Grenzen ihrer Geduld. Livia seufzt genervt und winkt ihm herrisch.


    "Gib her. Ich werde ihn Marcus geben. Aber wenn du schon einmal hier bist, kannst du mir gleich eine Karaffe frisches Wasser bringen."


    Auffordernd streckt sie die Hand aus, damit er ihr den Brief aushändigt und sie anschließend wieder in Ruhe lässt.

  • Automatisch ging Ursus durch ihr herrisches Winken angezogen auf die Herrin zu. Den Brief hielt er aber weiterhin fest, immerhin hatte der ihm 20 Sesterzen eingebracht.


    Äh... für den Herrn persönlich... also nur für den Herrn...

  • Livia seufzt ein weiteres Mal und sieht den Sklaven streng an. Ihr Ton wird merklich ungeduldiger.


    "Ursus. Ich habe jetzt weder Lust noch Zeit, mich mit dir zu streiten. Marcus ist nicht hier. Ich bin die Ehefrau deines Herrn und werde ihm diesen Brief persönlich übergeben. Das sollte doch wohl reichen. Jetzt gib den Brief her und dann scher dich fort. Das ist ein Befehl."


    Ihre eigene heftige Reaktion überrascht Livia insgeheim ein wenig. In der letzten Zeit ist sie viel leichter reizbar als zuvor und weitaus weniger geduldig. Doch da Ursus trotz aller Sympathien nur ein Sklave ist, sieht sie keinen Anlass dazu, sich groß zu entschuldigen.

  • Ach herrje, was war die ja wieder gereizt. Es wurde wohl mal wieder Zeit, dass sein Herr sie in ihrem Schlafzimmer besuchte. Trotzdem verfehlte ihr Auftreten seine Wirkung nicht, und Ursus reichte ihr ganz eingeschüchtert den Brief. Lieber würde er sich nachher vom Herrn schimpfen lassen, als sich mit dieser Frau anzulegen.


    Sobald sie den Brief in der Hand hatte, drehte er sich um und machte, dass er fort kam, ganz wie die Herrin es wünschte. Wahrscheinlich hatte sich dieses vermaledeite Mistvieh von einer Katze sowieso schon wieder in die Speisekammer geschlichen.

  • Ohne den Brief weiter zu beachten legt Livia ihn zur Seite. Entnervt schüttelt sie den Kopf und murmelt einige ganz undamenhafte Verwünschungen, sobald der Sklave das Zimmer verlassen hat. Sie wendet sich wieder ihrer Arbeit zu und nimmt eines der Papyri zur Hand. Schon wenige Minuten später hat sie die Störung durch Ursus wieder verdrängt und ist konzentriert in ihre Texte vertieft.


    ...


    Erst Stunden später, nachdem sie die Öllampen längst hat anzünden müssen, legt Livia ihre Arbeit beiseite und lehnt sich aufatmend zurück. Erst jetzt fällt ihr Blick wieder auf den ominösen Brief und ohne sich groß etwas dabei zu denken, nimmt sie ihn zur Hand und sucht nach einem Siegel. Sie kann jedoch nichts dergleichen entdecken, so dass es sich kaum um ein offizielles Schreiben handeln wird. Ihr Zögern daher dauert nicht lange an und sie entrollt das Dokument. Ihr Blick wandert über die Zeilen und zunehmendes Unglauben ist in ihrem Gesicht zu sehen. Scharf zieht Livia die Luft ein und liest die empörenden Zeilen ein weiteres Mal.


    "Das darf doch nicht..."


    Sie atmet tief durch und sieht sich fassungslos im Zimmer um. Eine derart bodenlose Unverschämtheit ist ihr selten untergekommen. Augenblicklich drängt sich ihr der Verdacht auf, dass dies vielleicht nicht der einzige Brief dieser Art ist, welcher ihren Mann erreicht. Livias Jähzorn entflammt augenblicklich und sie wünscht sich etwas Zerbrechliches her. Der Wunsch geht leider nicht in Erfüllung, so dass ihre Wut mit jedem Moment größer und größer wird.


    "Na warte..."


    Ohne darauf einzugehen, welche der beiden an dieser Schmach beteiligten Personen diese Drohung gilt, steht Livia von ihrem Platz auf und geht ruhelos umher. Nun gilt es Pläne zu schmieden. Sie liebt ihren Mann mitnichten und ist sicherlich nicht an seiner körperlichen Zuneigung interessiert. Auch hat sie nichts dagegen, wenn er hin und wieder mit Sklavinnen oder Lupae verkehrt. Doch dieser Brief stammt kaum von einer Sklavin oder einer Lupa, sondern muss eindeutig von einer anderen Frau herrühren. Livia weiß um die davon ausgehende Gefahr, sollte eine solche sich um mehr als seine rein sexuellen Bedürfnisse kümmern. Gar nicht zu schweigen von der Gefahr, die ein solches Subjekt von einer Dame für ihren Ruf darstellt. Livia beschließt dieses geplante Techtelmechtel tunlichst zu unterbinden und zudem ein für alle mal ein Exempel statuieren. Allein die Unterschrift des Briefs vermag einen Teil ihrer Befürchtungen zu besänftigen, da zumindest mit dieser einen Dame Hungaricus bislang keine Beziehung zu unterhalten scheint. Endlich kommt ihr eine Idee und sie macht sich sofort daran, die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen...

  • ...


    Nachdem der Sklave fortgeschickt ist, gibt Livia Anweisungen dass man ihren Gemahl zu ihr ins Büro schicken soll, sobald dieser nach Hause kommt. Den Brief hat sie wieder zusammengerollt und auf seinen Schreibtisch gelegt. Sie selbst setzt sich mit einer Schriftrolle leichter Lektüre auf einen bequemen Korbsessel und vertreibt sich die Zeit bis zu seinem Eintreffen lesend.

  • Es war wieder einer der Tage, wo man am besten im Bett geblieben wäre... oder dorthin schnell wieder wandern sollte. Hungi fühlte sich erschlagen und wollte eigentlich nur Ruhe haben, vor der Arbeit in der Castra, vor dem im Senat und... vor seiner Frau. Tja, letzteres war ihm jetzt nicht vergönnt, nicht heute Abend, dabei waren heute wirklich seine einzigen Wünsche ein warmes Bad, eine Kleinigkeit zu essen - für etwas ausgedehnteres, was ja eigentlich üblich wäre hatte er keinen Hunger - und sein Bett. Diesmal sogar ohne irgendeinen weiblichen Aufputz. Das mußte wohl verschoben werden. Dementsprechend müde und abgespannt kam er ins Büro, nicht ohne vorher eine Anweisung an Ursus zu geben, er möchte etwas zu essen bringen.


    Du wolltest mich sprechen? Hungi streckte sich um zumindest die akutesten Verspannungen in seinem Rücken loszuwerden. Ob es half? Das würde er gleich bemerken. Das Hinsetzen in einen Sessel und das darauffolgende Lümmeln (in seiner Heimat nannte man dies auch "knotzen" ;) ) war hingegen sicher nicht hilfreich, doch das war Hungi in diesem Moment tatsächlich einerlei.

  • Livias größter Zorn ist mittlerweile verflogen. Der Plan ist gefasst und ihre restliche Wut hat sie unter guter Kontrolle. Auch für das Gespräch mit ihrem Mann hat sie ausreichend Zeit gehabt, sich ihr Vorgehen zurecht zu legen. Sie ahnt, dass er nicht sonderlich erfreut sein wird über die Tatsache, dass sie seinen Brief gelesen hat. Dennoch lässt sich sich nun wohl nicht mehr lange verheimlichen. Livia hat sich eine Strategie überlegt, mit der sich der zu erwartende Streit auf ein möglichst geringes Maß reduzieren soll. So legt sie als Hungaricus nun eintritt ihre Schriftrolle beiseite und lächelt ihm freundlich zu.


    "Ja, so ist es. Verzeih, dass ich dich zu so später Stunde noch belästige. Doch die Angelegenheit ist mir eine ernste und wichtige."


    Livia hält kurz inne. Während der Zeit ihrer Planung dieses Gesprächs hat sie auch Gelegenheit und Anreiz zum Nachdenken gehabt. Einige dieser neuen Gedanken wird sie ihm nun darlegen müssen. Sie setzt sich auf, wendet sich ihm zu und spricht ihn mit ernster Miene an. Aus ihrer Stimme ist kein Vorwurf oder Zorn, sondern nur pure Sachlichkeit herauszuhören.


    "Mein lieber Gemahl, ich bin nicht ganz so weltfremd wie man vielleicht glauben mag. Ich weiß, dass du als Mann gewisse, nun, körperliche Bedürfnisse hast. Ich habe auch bemerkt, dass ich dir scheinbar in mancherlei Hinsicht nicht ausreiche, um diesen nachzukommen. Auch wenn ich es vermutlich nicht verstehe, so respektiere und toleriere ich es jedoch, wenn du dich zu diesem Zweck einer deiner Sklavinnen oder einer Lupa deines Bruders bedienst. Doch ich hoffe, dass du mir darin zustimmst, das es auch hier eine Grenze gibt. Gegen diese leichten Mädchen habe ich nichts einzuwenden. Doch eine ernsthafte Liaison zu einer 'richtigen' Frau kann ich nicht akzeptieren. Verstehst du, was ich meine? Ich glaube dir, wenn du mir sagst dass eine solche Beziehung nicht existiert. Doch ich hätte in diesem Punkt für jetzt und für die Zukunft gerne Gewissheit. Wie lautet deine Meinung dazu?"


    Fragend sieht sie ihm in die Augen und wartet gespannt auf seine Reaktion. Livia hofft, dass sie mit ihren Worten noch nicht so weit gegangen ist, als dass er schon jetzt aus der ruhigen Diskussion einen Streit macht. Doch bevor sie auf die aktuellen Ereignisse zu sprechen kommt, möchte diesen grundlegenden Punkt klären.

  • Eine ernste und wichtige Angelegenheit. Na toll, es konnte sich also nur um Stunden handeln... die er viel lieber im Bett verbringen würde. Die Frage, ob man das nicht auf morgen verschieben könne, verkniff er sich aber, da Livia bereits zu sprechen begann.


    Doch er glaubte kaum, was er hörte. Körperliche Bedürfnisse? Will sie mit ihm über Sex reden? "nicht ausreiche"? Lupa? Leichte Mädchen? Richtige Frau? Ja fix nochmal, was geht denn hier ab? Solche und ähnliche Gedanken schwirrten in Hungis Kopf herum und er brauchte tatsächlich einige Zeit um das Gehörte zu verarbeiten und in einen richtigen Kontext zu bringen. Naja gut, daß er heute nicht allzu schnell kapierte lag sicher auch am arbeitsreichen Tag, den er davor hatte. Wie dem auch sei, er fühlte sich in einer falschen Theatervorstellung. Deswegen war seine erste Reaktion auch die folgende:


    Ein ungläubiges Wie bitte? kam über seine Lippen. Vollkommen verständnislos schaute er seine Frau an. Also ich habe keine Ahnung, wie du auf diese Idee kommst, aber ich habe seit unserer Hochzeit keine solch "richtige Frau" mehr angefasst, wie du sie nennen willst. Und wenn, dann weiß ich nichts davon.


    Hungi schüttelte den Kopf. Wieso... Warum... Hä? Sein Gesicht wurde zu einem einzigen Fragezeichen.


    Wie kommst du überhaupt auf diese Idee?

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