Sonderinspektion im Amphitheater

  • Bevor er mit seinem Kollegen die Spiele zum Ende ihrer Amtszeit als Aedilen ausrichten wollte, machte sich Macer morgens früh auf den Weg zum Amphitheatrum Flavium, um sich persönlich von dessen Zustand zu überzeugen. Zwar gehört die Kontrolle öffentlicher Bauwerke ohnehin zu seinen Aufgaben, aber als Mitausrichter der Spiele lag ihm die Sicherheit der Zuschauer und die einwandfreie Funktions des Bauwerks natürlich besonders am Herzen.


    Begleitet von einem Gebäudewart, der täglich nichts anderes zu tun hatte, als sich um das Amphitheater zu kümmern, begann Macer eine Runde durch das riesige Bauwerk. Vor allem die technischen Einrichtungen standen im Mittelpunkt des Interesses. Ein komplexes System auf Gängen, Hubanlagen, Seilzügen und Falltüren verband beispielsweise die Arena mit den Tierkäfigen in den Katakomben unter den Tribünen. Da Macer zahlreiche Tiere auftreten lassen wollte, nahm er diesen Teil der Anlage besonders in Augenschein. Hier und dort bemängelte er verbogene Metallteile, Risse im Holz oder marode Seile und manchmal machten ihm die Käfige insgesamt Sorgen, weil sie ihm entweder zu kleine erschienen oder die Lücken im Gitter zu groß. Jedesmal konnte ihn der Gebäudewart jedoch entweder beruhigen oder die Beseitigung des Mangels bis zu den Spielen versprechen. Macer fragte sich, wie viele Arbeiter wohl insgesamt für so ein Ereignis beschäftigt waren und beschloß, dieser Frage bei Gelegenheit einmal genauer nachzugehen.


    Nach den Tierkäfigen in den Katakomben warf er einen Blick auf die sanitären Anlagen. Wo viele Menschen zusammen kamen, durften Latrinen und Wasserbecken nicht fehlen. Erst recht nicht dann, wenn bei den Spielen auch Speisen und Getränke verteilt werden sollten. Etwas amüsiert dachte Macer an den Bericht eines Reisenden, der in der Provinz Asia ein Theater gesehen hatte, bei dem man mangels Latrine einfach eine kleine Rinne in einen der Hauptgänge geschlagen hatten, damit die Besucher sich dort ihren Druck auf die Blase erleichtern konnten. Die Vorstellung, dass man dies am Amphitheater mit seinem vielfach höheren Fassungsvermögen an Zuschauern auch machen könnte, vertrieb ihm aber wieder das Lächeln vom Gesicht und er stieg eine Treppe hinauf auf die Sitzreihen.


    Auch das Gangsystem für die Zuschauer war recht komplex und ermöglichte einen kontrollierten Zu- und Abgang der Besucher, bei dem sich die verschiedenen Gruppen nicht über den Weg laufen mussten. Macer stieg bis zu den obersten Sitzreihen empor, um die Rückwand in Augenschein zu nehmen. Dort waren die Halterungen angebracht, die benötigt wurden, um den Zuschauerraum mit einem Sonnensegel zu überspannen. Angesichts der sommerlichen Temperaturen war sich Macer sicher, dass er diese aufwendige Konstruktion zum Einsatz bringen wollte. Einen Augenblick lang blieb Macer an der Wand stehen und liess seinen Blick über das weite Rund des Amphitheaters schweifen.

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