Er wurde verraten!
Schändlich verraten von einem seiner eigenen Männer.
Was war das für ein Desaster damals vor Monaten gewesen, als er und seine Krieger aus der Deckung der dichten Wäldern Dakiens auf einer Steppenebene in einen Hinterhalt gerieten, von den Römer umzingelt, welche eigentlich nicht hätten an diesem Ort sein durften. Es wurde ein schreckliches Gemetzel. Viele starben, wenn auch viele Römer, doch dann kam, was nicht abzuwenden war, denn die Römer waren in der Überzahl gewesen. Und auch wenn sich Acuma anfangs noch zurückgehalten hatte, er musste irgendwann eingreifen. Seinen Leuten helfen, doch dann kam, was nicht mehr abzuwehren war. Die Römer nahmen ihn gefangen.
Der Prinz dachte immer und immer wieder daran, wer ihn verraten hatte: Es war ausgerechnet Ermas (deutsch: wild, furios) gewesen. Ein starker Mann, von dem der Prinz glaubte, er wäre ihm loyal gegenüber. Doch der Prinz wusste einiges über diesen Mann, der selber einen Stamm unter seiner Führung hatte.
Und dann legte man ihn, den Sohn des dakischen König sogar in Ketten! Elende Römer! Erst als er unter guter Bewachung in Richtung Rom gebracht wurde, verzichtete man auf die Ketten. Immer und immer fragte man ihn aus, aber er streckte nur stolz sein Kinn empor und sagte nichts. Nein, er würde nichts von den Kriegern des dakischen Volkes berichten, ihnen nicht verraten. Auch wenn er nun eine Geisel war. Nein, er war immerhin noch ein Prinz. Sollten sie ihn foltern, er würde eher sterben!
Die Reise dauerte sehr sehr lange und man behandelte ihn gut und entsprechend, schliesslich war er ja so etwas wie ein Unterpfand. Wie er sich selber dabei empfand, blieb jedem geheim. Er trug es mit Fassung. Mit grosser.
Anfangs gab es einige Schwierigkeiten mit dem Oberbefehlshaber der zwei Turmae der in Dacia stationierten Ala I Moesica, eine Truppe von 64 Reitern, die ihn nach Rom brachten. Doch die Reise dauerte so lange an, dass man sich zwar nicht gerade näher kam, aber sich respektvoll gegenüber behandelte. Auch wenn der Prinz nicht das Gewünschte sagte. Aber schliesslich war er nicht irgendeiner dieser barbarischen Krieger, wie die Römer glaubten.
Irgendwann dann kamen sie in Mantua an. Eine Stadt in der Nähe Roms. Der Prinz ritt erhobenen Hauptes die Strassen entlang und zeigte niemanden, wie er sich innerlich fühlte. Aber er wusste: Bald würde er Rom erreichen. On man schon von seiner Gefangennahme wusste? Oder war dem Boten unterwegs etwas passiert? Es war dem Prinzen egal. Er war nun eine Geisel Roms und musste das bester daraus machen. Das er seine Heimat vermisste und es als Niederlage empfand, so vorgeführt zu werden, waren eine Sache. Den Zustand seiner Gefangennahme machte ihn natürlich alles andere als glücklich, aber er würde damit umgehen ...
Viele Schaulustige auf den Strassen blickten dem Tross nach, der da in ihre Stadt marschierte. In der Mitte anscheinend einen Barbaren aus den umkämpften Gebieten ausserhalb des Reiches. Ja, es musste ein Barbar sein, denn seine Haare waren wild und auch sein Umhang, der mit Fellen besetzt war. Ein wahrer Barbar, von denen sie immer nur gehört hatten.
Der Prinz ignorierte die Blicke. Er saß auf seinem Pferd: Stolz und unnahbar. Und er gab sich den Blicken all der Menschen nicht hin. Er hoffte nur, bald schlafen zu können und ein wenig Ruhe zu haben. Er war so fern der Heimat, doch auch das gab er nicht preis. Er würde sehen, was passieren würde.
Man hatte sie in die Stadt gelassen und der Tross ritt in Richtung der der Legion.