Schon vor dem Morgengrauen waren die beiden Aedile unterwegs, denn heute sollten die großartigen Ludi zum Ende ihrer Amtszeit eröffnet werden. Für beide war es ein besonders aufregender und auch wichtiger Tag, denn nicht selten beureteilten die Einwohner Roms die Leistung der Aedile nicht nur nach ihrer Erfüllung der Amtspflichten, sondern auch nach dem Umfang der ausgerichteten Spiele. Viel Zeit hatten sie in die Vorbereitung investiert und keine Kosten und Mühen gescheut, um für die kommenden Tage ein großes Schauspiel anbieten zu können. Mit Aushängen und Sprüchen an den Wänden war für das Ereignis geworben worden und wohl jeder in der Stadt sollte inzwischen wissen, was in den kommenden Tagen bevor stand, auch wenn die Ausrichter das ganz genaue Programm bewusst noch nicht bekannt gegeben hatten, um die Spannung noch zu erhöhen.
Kaum war die Sonne aufgegagen und der neue Tag hatte begonnen, konnte man den Eindruck gewinnen, dass tatsächlich viele Bürger Roms an diesem Tag besonders munter und voller gespannter Erwartungen waren. Nachdem sie jeweils zu Hause die angemessene Kleidung für den bevorstehenden Tag angelegt hatten, begannen die beiden Aedile den Tag mit einer kleinen religiösen Zeremonie. Sie wollten auch die Götter an dem freudigen Spektakel teilhaben lassen und sich ihrer Gunst für die Dauer der Spiele versichern. Für ein großes Dankesopfer nach dem Ende ihrer Amtszeit war es noch zu früh, aber da die Spiele zeitgleich mit den Vestialia stattfinden sollten, konnte ein gewisses Augenmerk auf die Gunst der Götter sicher nicht schaden. Ohne großen öffentlichkeitswirksamen Aufwand zogen die beiden Männer zum Tempel, verhüllten ihr Haupt mit der Toga, sprachen Gebete und brachten zwei kleine unblutige und blutige Opfer dar. Auf den Aufwand, den Macer bei den Ludi Martiales mit dem öffentlichen Opfer getrieben hatten, verzichteten sie, da es Spiele für das Volk und nicht Spiele zu Ehren der Götter bleiben sollten. Aber das Blut der Opfertiere sollte sicher nicht das einzige Blut bleiben, was in den nächsten Tagen fließen würde.
Nach dem gemeinsamen Dienst an den Göttern trennten sich ihre Wege zunächst wieder, denn für beide begannen die Ludi an einem unterschiedlichen Ort in der Stadt. Aus allen Stadtbezirken sollten kleine fröhliche Züge von Menschen zum Amphitheatrum Flavium führen, wo die eigentliche Eröffnung stattfinden sollte. Auf jeweils einer großen Straßenkreuzung oder einem kleinen Platz innerhalb der Stadtviertel sammelten sich die Menschen um die Musiker, die von den Aedilen zu diesem Zweck dorthin beordert worden waren. Mit lautem Trompetenspiel machten sie die Menschen auf das bevorstehende Spektakel aufmerksam und spielten sich schon einmal warm für ihren kommenden Auftritt im Amphitheater. Viele Menschen waren in bunten Tuniken unterwegs und zum Teil hatte man sogar die Straßen ein wenig geschmückt, als wenn bald ein Triumphzug oder eine Prozession stattfinden sollte.