Am dritten Tag der plebeischen Spiele sollte der Vormittag den Tierkämpfen dienen. Wieder waren in der Nacht einige Pflanzkübel und künstliche Landschaftselemente in den Innenraum des Amphitheatrum Flavium getragen worden, um eine ansprechende Landschaft zu erzeugen, in denen die Tiere genug Möglichkeiten hatten, sich durch trickreiche Laufwege und Angriffe das Leben etwas schwerer zu machen. Zwei eher ungewöhnliche Konstellationen hatte der ausrichten Aedil Purgitius Macer zusammen mit seinem Scriba Flavius Milo erdacht und von den Fachleuten für Tierkämpfe organisieren lassen. Es erforderte schon ein gewisses Fachwissen, die Tier in den Tagen vor den Kämpfen so zu halten und zu pflegen, dass sie zum Zeitpunkt des Aufeinandertreffens in der Arena auch wirklich Interesse an einem Zusammentreffen mit dem Gegner hatten. Nichts wäre schlimmer gewesen, als wenn die Tiere nach dem Einlass nur gelangweilt herum gelaufen wären und keinen Versuch unternommen hätten, sich zu bekämpfen.
Das erste Gitter an einem der Gänge zu den Katakomben öffnete sich mit einem leisen Quietschen und gespannte Blicke richteten sich auf die dunkle Öffnung. Langsam schoben sich erst die senfgelbe Schnauze und dann die mächtige Mähne eines Löwen in das Licht der Arena. Angetrieben von den Stockschlägen der Tierwärter gegen die Gitter des Laufganges verließ er die Dunkelheit schließlich völlig und blickte nach oben zum Publikum. Hinter ihm schloss sich das Fallgittter mit einem dumpfen Geräusch. Mit federnden Schritten durchstreifte der Löwe den vor ihm liegenden Platz und steckte seine Nase hier und dort in die Pflanzkübel. Sein Fell war sauber und schimmerte leicht in der Sonne. Die gespannte Erwartung des Publikums, welchem Gegner der Löwe gegenüber treten würde, wurde bald in überraschte Gewissheit gewechselt, als auf der anderen Seite der Arena mehrere Tor geöffnet worden und unter lautem Quiecken und Grunzen eine ganze Horde von Wildschweinen auf den Platz getrieben wurde. Ihre robusten weißen Hauer hoben sich deutlich von ihrem dunkeln, kurzen Fell ab, als sie sich mit gesenkter Nase über den Platz schoben. Der erste Kampf sollte also von einer Herde gegen ein Einzeltier ausgetragen werden, bei dem die Wildschweine aus dem Norden gegen den Löwen aus dem Süden antraten. Die Ansager brachten das Publikum in Stimmung und forderten die Besucher auf, sich einen Favoriten für den Kampf auszusuchen.