Cursus de vita Neronis

  • Was war das? Dreck unter dem Fingernagel? Ich pulte ihn schnell mit dem Griffel heraus und blickte mich derweil ein wenig im Saal um und nickte bekannte Gesichtern zu.


    Sim-Off:

    Will nicht aufdringlich wirken, aber dein letzter Post liegt halt schon über ne Woche zurück! Ich will was lernen :D Immerhin habe ich Studiengebühren bezahlt sogar 500 - Hach, wie aktuell :D:D

  • Nun wurde es langsam langweilig. Ich seufzte leise und sah mich im Raum um. Viele schienen sich zu kennen, nur ich kannte mal wieder niemanden. Oder, halt doch, Flavius Furianus. Ihn kannte ich, und zwar von der rostra. Nur er wusste sicherlich nicht, wer ich war. Also keine Redemöglichkeit, um mir die Zeit zu vertrieben. Oder doch? Als ich weiterblickte, sah ich einen Mann auf seinem Tisch schnarchen, ein anderer säuberte sich die Fingernägel. Wieder ein weiterer rutschte auf seinem Stuhk herum und verließ, nachdem er etwas von flott und Hugo gemurmelt hatte, den Saal. Ich stützte den Kopf in eine Hand und malte ein Strichmännchen auf meine Tafel...

  • Zitat

    Original von Titus Octavius Dio
    Als immer noch nichts passiert war erhob sich der Alte und setzte sich leise um, neben seinen Neffen Maximus. "Salve Neffe."


    Als sein Onkel Dio sich nach einiger Zeit zu ihn setzt wunderte es ihn nicht, diesen Gedanken hätte er fast schon selbst gefasst, wenn er nicht die falsche Hoffnung gehabt hätte, dass es jeden Moment weitergehen müsse.
    "Salve, Onkel. Schön dich mal wieder in Rom zu sehen, du verbringst meiner Meinung nach einfach zu viel Zeit auf unserem Landsitz. Du solltest wieder in unserer guten alten Casa in der Stadt heimisch werden."

  • Sim-Off:

    Ich nehme alles auf meine Kappe :(


    Nach einigen Minuten, in denen ich in meinen Unterlagen gekramt hatte, erhob ich meine Stimme.


    "Zuerst möchte ich mit der Kindheit Neros beginnen.


    Nero wurde am 15. Dezember 37 in der kleinen italischen Küstenstadt Antium als Lucius Domitius Ahenobarbus geboren. Sein Vater Gnaeus Domitius Ahenobarbus stammte aus einer der führenden Familien der Republik ab und war 32 n.Chr. Konsul gewesen. Einer der Vorfahren mit Vornamen Lucius hatte zu den erbittertsten Gegnern Caesar gezählt und war 48 v.Chr. in der Schlacht von Pharsalos gefallen. Seine Mutter Agrippina war ebenfalls eine politische Persönlichkeit, denn als Tochter des Germanicus war sie niemand geringerer als die Schwester von Kaiser Gaius, besser bekannt als Caligula.


    Sein Vater starb 40 n.Chr., als Nero erst drei Jahre alt war und die Mutter war bereits ein Jahr zuvor von Gaius auf die Pontischen Inseln verbannt worden. Mit der Ächtung der Familie fiel auch das Vermögen an den Kaiser.


    Als Claudius den Thron bestieg wurde Agrippina von ihm aus der Verbannung zurückgeholt und sie heiratete den Senator Gaius Sallustius Crispus Passienus. Doch bereits nach wenigen Jahren war Agrippina erneut Witwe. Nach der Ermordung von Claudius' Frau Messalina kam es schliesslich 49 n.Chr. zur Heirat zwischen dem kaiserlichen Onkel und Agrippina und ein Jahr später wurde Nero unter dem Namen Nero Claudius Caesar Drusus Germanicus adoptiert."


    Nach diesem Vortrag sah ich in die Reihen.


    "Gibt es dazu Fragen?"

  • Zitat

    Original von Marcus Octavius Maximus


    Als sein Onkel Dio sich nach einiger Zeit zu ihn setzt wunderte es ihn nicht, diesen Gedanken hätte er fast schon selbst gefasst, wenn er nicht die falsche Hoffnung gehabt hätte, dass es jeden Moment weitergehen müsse.
    "Salve, Onkel. Schön dich mal wieder in Rom zu sehen, du verbringst meiner Meinung nach einfach zu viel Zeit auf unserem Landsitz. Du solltest wieder in unserer guten alten Casa in der Stadt heimisch werden."


    "Die Arbeit und mein Wissensdurst treiben mich nach Rom, der Landsitz gibt mir die Kraft für die Stadtaufenthalte." flüsterte er leise zu seinem Neffen, hatte doch gerade die Vorlesung begonnen.

  • Decius schreckte aus seinem Dämmerschalf auf als er die Stimme Strabos durch den Saal schallen hörte. Er reckte sich kurz, setzte sich ordentlich hin und lauschte den Worten. Er wunderte sich alelrdings wo sein Chef so lange blieb, da er noch nicht aufgetraucht war dachte Decius sich dass da wohl falscher Alarm gewesen war. Denn er glaubte nicht dass sich sein Vorgesetzter einfach so aufhalten ließe...

  • Da keine Fragen kamen, setzte ich den Vortrag fort.


    "Zunächst widme ich mich nun seiner Jugend und den ersten Regierungsjahren.


    Nero konnte von nun an eine gute Ausbildung geniessen. Claudius erklärte ihn 51 auf Drängen seiner Frau zum Thronerben und verheiratete ihn - ebenfalls auf Drängen von Agrippina - 53 mit seiner eigenen Tochter Octavia. Als Claudius am 13. Oktober 54 unvermutet starb, herrschte im Grunde genommen ein Machtvakuum, da sowohl Nero als auch Britannicus gleichberechtigt nebeneinander standen. Agrippina und der von ihr geförderte Prätorianerpräfekt Burrus zögerten die Todesnachricht hinaus und liessen Nero von den Gardisten zum Imperator ausrufen. Der Senat erhob keine Stimme des Widerspruchs und damit war der Machtwechsel reibungslos vollzogen worden.


    Der Beginn von Neros Regierung schien alle Hoffnungen auf ein aufgeklärtes Regime im Geiste des Augustus zu erfüllen. Er stiftete den Prätorianern eine grosse Geldsumme und hielt im Senat eine Rede, die ebendiese Rückkehr zur Augusteischen Tradition versprach und liess seinen Adoptivvater Claudius vergöttlichen. Auch wurde den Senatoren in Zukunft mehr Freiheit bei ihren Handlungen und in ihrer Meinungsäusserung versprochen. Die vorgetragene Rede entstammte aber nicht seiner eigenen, sondern der Feder Senecas.


    Nero war bei der Machtübernahme mit 17 Jahren noch sehr jung für das Amt und es nur natürlich dass er sich weniger für Politik als für Literatur, Gesang sowie Pferde und Wagenrennen interessierte. So wurde der unter Claudius verbannte Stoiker und Schriftsteller Seneca als Lehrer des Nero zurückgeholt. All dies erfolgte mit der tatkräftigen Unterstützung des Prätorianerpräfekten Sextus Afranius Burrus und seiner Mutter Agrippina.


    Die wahren Regierungsgeschäfte lagen somit in der Hand der Agrippina, die als Frau zweier Kaiser und Mutter eines dritten quasi sakrosankt war. Wenn der consilium principis (=Kaiserlicher Rat) tagte, nahm sie verdeckt durch einen Vorhang daran teil. So wunderte es auch niemanden, wenn sie ihre Macht dazu benutzte um potentielle Rivalen aus dem Weg zu räumen. Ein solcher Rivale war u.a. Marcus Iunius Silanus, ein Urgrossenkel des Augustus. Diese Macht kam auch auf den Münzen des jungen Neros zum Tragen, wo Mutter und Sohn gleichermassen aufschienen; Aprippina jedoch dominierte.


    Die ersten Jahre entwickelten sich für das Reich positiv. Es wurden strenge Vorschriften zur Verhinderung von Betrügereien erlassen, die Finanzverwaltung neu geregelt (einige verarmte Senatoren kamen im Zuge dessen wieder zu ihrem Mindestvermögen) und an die Statthalter in den Provinzen ging der Befehl auf Kosten der Bevölkerung keine Spiele mehr zu veranstalten. Zu jener Zeit war die durch Seneca im Hintergrund gelenkte Politik geprägt von Milde, die auch den Neigungen der Herrschers zu entsprechen schien.


    Je älter er wurde, desto mehr nahmen ihn die Regierungsgeschäfte in Beschlag. Er machte sich um Verfahrensänderungen bei Gerichtsprozessen verdient. Manche Reformen scheiterten jedoch an der Grösse und Komplexität des Imperiums. Der Versuch die verhassten indirekten Steuern abzuschaffen, musste aufgegeben werden, da die direkten Steuern nicht in dem Mass erhöht werden konnten, dass der Einkommensausfall wettgemacht hätte werden können. Indes übernahm der Senat die ihm wieder übertragene Kompetenz und arbeitete mit der kaiserlichen Verwaltung beinahe schon harmonisch zusammen.


    Auch eine komplette Reform der Gladiatorenkämpfe scheiterte. Nero wollte die Verwendung von verurteilten Verbrechern in der Arena abschaffen, doch verlangte das Volk genau diese Essenz in den Spielen. So blieb auch der Einfluss der Prätorianer aufrecht, um deren Beschränkung er sich ebenfalls Gedanken gemacht hatte.


    Wirklich interessant ist Neros Ablehnung der Todesstrafe in jenen Tagen. Wie sein Lehrer Seneca äusserte er immer Bedenken bei Unterzeichnung eines Todesurteil, das von Gesetz wegen zu vollstrecken war. Als der Stadtpräfekt Lucius Pedanius Secundus von einem seiner Sklaven ermordet wurde, musste Nero gemäss dem römischen Recht alle 400 Sklaven des Haushalts zum Tode verurteilen. Der Kaiser beugte sich widerwillig dem Druck der Gesetze und vermutlich auch der Strasse.


    Eine Reihe derartiger Rückschlägen dämpften Neros Begeisterung am aktiven Regieren. Er zog sich immer mehr davon zurück und widmete sich seinen Vergnügungen. Wichtig erschien ihm nun vor allem die Aufrechterhaltung seines Ansehen bei Volk und Senat durch die Hervorhebung seiner Grosszügigkeit.


    So konnte er sich vermehrt den Wagenrennen widmen und das typische Leben eines jungen Adligen jener Tage geniessen. Mit seinen Freunden zog er nächtens durch die Stadt und sorgte für manchen Wirbel. Doch nicht nur die reinen Lustbarkeiten des Nachtlebens hatten es ihm angetan. Verse gingen ihm sehr leicht von der Hand und da er seine Stimme unvollkommen sah, nahm er Gesangsunterricht. Zu diesem Zeitpunkt wurde Terpnus, der berühmteste Lyraspieler dieser Zeit in den Palast gerufen. Nero beschäftigte sich sehr ernsthaft mit den musischen Dingen des Lebens und befolgte die Ratschläge seiner Lehrer penibel genau."

  • Ich nickte.


    "Nun möchte ich zu einigen dunklen Seiten seiner Regierungszeit kommen. Auch seine Beziehung zum weiblichen und männlichen Geschlecht und sein musisches Schaffen sollen thematisiert werden.


    Viele Menschen in Rom hatten sich gewundert, wie es Nero geschafft hatte Britannicus, den leiblichen Sohn des Claudius, in der väterlichen Gunst zu überrunden. Jetzt, nach der Machtübernahme war Britannicus immer noch ein ernst zunehmender Faktor in der Politik. Es überraschte daher niemanden, als Britannicus am 11. Februar 55 beim Abendessen zusammenbrach. Möglicherweise hatte man ihn vergiften lassen. Der Kaiser verkündete, Britannicus sei an einem epileptischen Anfall verstorben. Man liess die Leiche fortschaffen und am nächsten Tag in aller Stille verbrennen. Beweise für einen Mord - durch Nero, vielleicht aber auch Burrus - liessen sich nicht finden, aber Agrippina war über den Tod des Britannicus betroffen, da sie ihn quasi als „Resevekaiser“ betrachtete, falls Nero sich als unkontrollierbar erwiesen hätte.


    Der Mord an Britannicus war der Beginn einer Blutspur, die sich nun langsam durch die kaiserliche Umgebung zu ziehen begann. Im Zentrum stand jedoch nie der Kaiser selbst, sondern immer Agrippina, die sich mit Seneca und Burrus überworfen hatte. Dieser hinter den Kulissen des Palastes ausgetragene Machtkampf sollte ein gewichtiger Faktor in der späteren negativen Beurteilung Neros werden.


    Agrippina hatte unterdessen auch mit ihrem Sohn ihre Probleme. Seine Liebesbeziehung zur Sklavin Acte wurde von ihr ganz und gar nicht gutgeheissen und die ständigen Einmischungen in die Politik waren selbst Nero langsam zu wider. Als sie versuchte mehr Einfluss über die adligen Familien und Offiziere zu erlangen, entzog ihr der Kaiser die Ehrenwache, verbannte sie aus dem Palast in ihre eigene Villa und liess sie an keinen offiziellen Banketten mehr teilnehmen. Ab 55 n.Chr. begann Nero auf den kaiserlichen Münzen zu dominieren und ein Jahr später war das Portrait seiner Mutter endgültig aus dem Münzbild verschwunden.


    Das angespannte Verhältnis wurde durch Neros Beziehung zur selbstbewussten Poppaea Sabina noch mehr strapaziert und Agrippina schien im Hintergrund weiterhin versucht zu haben Fäden zu ziehen. So sah der Kaiser keinen Anderen Ausweg, als seine umtriebig störende Mutter umbringen zu lassen. Der immer noch einflussreiche Seneca hatte ihn in diesem Vorhaben bestärkt und stellte im Nachinein dem Senat das Verbrechen als Selbstmord dar. Mit der Deckung derselben, hatte er aber seiner eigenen Glaubwürdigkeit einen schweren Schlag versetzt.


    Der Tat selbst häte während einer Bootsfahrt in der Bucht von Neapel als Schiffsunfall getarnt passieren sollen, doch Agrippina hatte Glück und besass eine Eigenschaft, die damals nicht weit verbreitet war: sie war eine ausgezeichnete Schwimmerin. So musste Nero schliesslich Marineinfanterie aus Misenum ausschicken um sie ins Jenseits zu befördern. Interessant bleibt die Tatsache, dass man von ihrem Tod kaum Notiz nahm. Durch ihre intriganten Machtspiele hatte sie es sich nicht nur mit den Senatoren sondern auch mit den Prätorianern und der Armee verscherzt.


    Nun konnte sich Nero wieder seinen Vergnügungen widmen. Die antiken Schriftsteller warfen ihm dabei ziemlich alles vor, was ihnen so einfiel: Er zog mit ihnen durch die Bordelle und Tavernen, raubte Passanten aus, belästigte Frauen in dunklen Strassen und plünderte auf den Märkten. Dazu bezichtigte man ihn verheiratete Frauen und freigelassene junge Burschen sexuell belästigt zu haben.


    Seine berühmten sexuellen Orgien mündeten in die sogenannten „Hochzeiten“ mit seinen homosexuellen Liebhabern namens Pythagoras und Sporus. Bei letzterem handelte es sich um einen Knaben, den er kastrieren hatte lassen. Man erzählte sich hinter vorgehaltener Hand, Nero habe bei Sporus den Ehemann und bei Pythagoras die Ehefrau gespielt. Inwiefern diese Angaben der Wahrheit entsprechen, kann heute nicht mehr gesagt werden. Sie sind allerdings garantiert übertrieben.


    Leider fanden auch seine künstlerischen Ergüsse nicht überall Anklang. Die Liebe zur Musik brachte ihn dazu eigene Kompositionen mit der Lyra vorzutragen. Er engagierte - wie bereits erwähnt - Terpnus, den besten Lyraspieler seiner Zeit, als Musiklehrer. Lange Zeit war der kaiserliche Hof und sein Freundeskreis die einzige Bühne, wo er Auftritte wagte. Doch das änderte sich im Jahre 64, als er öffentlich auf eine Bühne in Neapel auftrat. Das Konzert stand unter keinem guten Stern. Kurz nach Neros Auftritt wurde das Theater von einem Erdbeben beschädigt und stürzte schliesslich ein.


    Neros musikalische Fähigkeiten sind nach fast 2000 Jahren schwer zu bewerten. Sueton beschrieb seine Stimme als schwach und heiser. Cassio Dio bezeichnet sie als monoton und undeutlich. Es scheinen sich alle nur über den Gesang, aber nicht über die Verse selbst und das Lyraspiel beschwert zu haben. Es scheint, als beherrschte er das Instrument sehr gut und die Fähigkeit des Dichtens guter Verse war ebenfalls bekannt. Und auf anderen Gebieten erwies sich Nero ebenfalls als Kenner. Seneca billigte dem Kaiser ausgezeichnete Sachenntnis über Malerei und Bildhauerei zu. Die unter seinen Anweisungen ausgegebenen Münzen (besonders in Bronze und Messing) erreichten eine bis zu diesem Zeitpunkt nie dagewesene realistische Detailtreue.


    Den Einwohnern Roms mutete er einen Auftritt schliesslich ein Jahr nach Neapel zu. Er zeigte sich im Gewand eines Schauspielers und trug ein Lied der Niobe vor. Daneben verkörperte er noch einige männliche und weibliche Rollen. Die Vorstellung dauerte bis spät in den Nachmittag und die Prätorianer mussten bei Fuss stehen um dem Kaiser die Leier nachzutragen. Die Reaktion der Menschen war geteilt, verkörperte doch die musische Richtung das Bild des aufgeklärten hellenistischen Herrschers, beileibe aber nicht das eines Regenten des römischen Erdkreises. Zumindest die Gäste aus dem Osten des Reiches dürften begeistert gewesen sein."

  • "Nun möchte ich zur späteren Innen- und Außenpolitik Neros kommen.


    Nach dem Tod des Prätorianerpräfekten Burrus, der an Kehlkopfkrebs erkrankt war, gewannen zwei Personen immer mehr Kontrolle über Nero: seine Frau Poppaea Sabina und der neue Prätorianerpräfekt Ofonius Tigellinus.


    Seneca, der die Gefahr erkannte, in der er sich nun befand, zog sich aus dem öffentlichen Leben zurück und genoss seinen Reichtum, den er trotz seiner Lehren und der öffentlichen Kritik angehäuft hatte.


    In diesem Klima wurden - wie schon mehrmals in Roms Geschichte - die Hochverratsprozesse wieder eingeführt. Dazu kamen laufende Steuererhöhungen und eine Münzverschlechterung. Da dies immer noch nicht reichte, um das Loch im Staatshaushalt zu stopfen, griff Nero auch wieder auf die Proskription zurück.


    Durch hohe Steuern und das arrogante Auftreten von Provinzbeamten wurde in Ostbritannien ein Aufstand der Icener entfacht, der die Befriedung der Provinz ins Stocken geraten liess. Zwar konnte der Feldherr Gaius Suetonius Paulinus die Druidenfestung Mona erobern und damit dem einigenden Band der Kelten den Todesstoss versetzen, doch weigerten sich die Briten nun eine noch von Seneca genehmigte Anleihe zum Wiederaufbau an das Imperium zurückzuzahlen.


    All dies mündete 60 in den Aufstand der Stammesfürstin Boudicca, die die römischen Siedlungen Camulodunum (Colchester), Londinium (London) und Verulamium (St. Albans) eroberte. 70.000 Römische Bürger und romanisierte Briten fanden dabei den Tod. Der Aufstand wurde aber bald durch die zahlenmässige und technische Überlegenheit der britischen Legionen in einer Schlacht in der Nähe des heutigen Atherstone niedergeschlagen.


    Am anderen Ende des Reiches hatte der begabteste Feldherr seiner Zeit, Gnaeus Domitius Corbulo, die Aufgabe erhalten Armenien der parthischen Kontrolle zu entreissen. Beinahe wäre ihm der Feldzug geglückt, hätte nicht sein Kollege Caesennius Paetus 62 bei Elazig in der heutigen Osttürkei eine schwere Niederlage erlitten. Doch bereits ein Jahr später konnte Corbulo die römische Autorität wieder herstellen und in einem Abkommen mit den Parthern ein romfreundliches Klientelkönigreich unter Tiridates I. in Armenien einrichten. Dieser folgte im Jahre 66 sogar einer offiziellen Einladung nach Rom und wurde von Nero prunkvoll empfangen. Der Kaiser setzte Tiridates am Forum Romanum eigenhändig die Krone Armeniens auf. Diese Einladung diente sicher auch dazu, dem Verbündeten klar vor Augen zu führen, welche Macht Rom darstellte.


    Diese Ereignisse waren die einzigen beiden außenpolitischen Krisen, die Nero während seiner Regierungszeit zu bewältigen hatte. Aber schon diese meisterte er insgesamt mit viel Geschick und Verstand.


    Indes ereignete sich in Rom eine der schrecklichsten Katastrophren, die die Stadt je gesehen hatte."

  • Problemerörterung
    Thema: Der Große Brand Roms unter der Herrschaft des Kaiser Nero


    Gliederung:


    1. Einleitung
    1.1. Beschreibung des historischen Kontext
    Was passierte in der Nacht vom 18. zum 19. Juli 64 n. Chr.?
    1.2. Kurze Biographie der Historiker, denen das Gerücht, Nero sei der Usurpator des
    Brandes, zugrunde liegt.
    1.2.1. Publius Cornelius Tacitus
    1.2.2. Gaius Suetonius Tranquillus
    1.2.3. Cassius Dio
    1.3. Problemstellung
    War Nero für den Brand Roms verantwortlich?
    2. Hauptteil
    2.1. Rolle Neros aus der Sicht von Tacitus, Sueton und Cassius Dio
    2.1.1. Ein Gerücht bringt den Mythos hervor
    2.1.2. Neros Auftreten während des Brandes
    2.1.3. Grund des Brandes aus Sicht der antiken Historiker
    2.2. Rolle Neros aus Sicht der heutigen Geschichtswissenschaft
    2.2.1. Wahrscheinliche Ursache des Brandes
    2.2.2. Neros Verfassung in der Nacht des Brandes
    2.2.3. Brandbekämpfung und nachfolgende Aktionen
    2.3.4. Widerlegung der Thesen der oben genannten Historiker
    3. Schlussteil
    3.1. Nero war wahrscheinlich nicht verantwortlich für den Brand.
    3.2. Schrittweise Besserung des Rufes durch moderne Geschichtsschreibung





    1.1.
    In der Nacht vom 18. zum 19. Juli des Jahres 64 n. Chr. brach in Rom ein Brand bisher ungekannten Ausmaßes aus. Als Stadtteil, in dem der Brand entstanden ist, gibt uns Tacitus folgende Angabe: „Es brach in dem Teil des Circus aus, der nach dem Palatinus und Caelius hin gelegen ist. Dort in den Verkaufsbuden, wo die Waren den Flammen Nahrung boten, entstand es breitete sich vom Wind begünstigt sofort aus und ergriff den Circus in seiner ganzen Länge.“[1] Die engen Gassen, das ungünstige Brandbekämpfungssystem und vor allem ungünstiger Wind waren Faktoren dafür, dass sich das Feuer rasch ausbreitete („So machte er alle Rettungsversuche zunichte, weil er zu schnell fortschritt und die Stadt mit ihren engen, winkeligen Straßen und unregelmäßigen Häuserreihen – so was das alte Rom – der Gefahr besonders ausgesetzt war.“)[2]. Von den insgesamt vierzehn Stadtteilen Roms wurden drei, Circus Maximus, Palatin und der „Isis und Serapis“ genannte, völlig zerstört, in weiteren sieben hielt sich der Schaden in Grenzen, und nur vier, Esquilin, Porta Capena, Alta Semita und Trastevere, blieben unversehrt.
    1.2.
    Um zu verstehen, wie das unterschiedliche Bild Neros in dieser Zeit zustande, muss man auf die historischen Autoren eingehen, die Neros Charakterbild zeichneten. Zuerst werde ich dazu eine Kurzbiographie Tacitus’ liefern, danach die Suetons und schließlich die von Cassius Dio.
    1.2.1.
    Publius Cornelius Tacitus wurde 55 n. Chr. geboren. Über sein Leben existieren nur verstreute Zeugnisse. Diese stammen von ihm selbst und von seinen Zeitgenossen. Wahrscheinlich stammte seine Familie aus einer der römischen Provinzen, vielleicht Gallia Cisalpina oder Gallia Narbonensis. Er starb 115 n. Chr. Seine Werke, die uns auch von Neros Herrschaft berichten, sollte man kritisch betrachten. Tacitus war ein Anhänger der alten Republik und deren Werte und Normen. Im Prinzipat sah er eine Abkehr von diesen Werten. Er prangerte die Dekadenz und den damit verbundenen Werteverfall an. Daher stammt seine grundsätzlich negative Haltung gegenüber den Kaisern, egal ob es jene waren, die schon geherrscht hatten, oder jene, die zu seiner Lebzeit herrschten. Er kategorisierte gern alles im Schwarz-Weiß-Denken und interpretierte manche Ereignisse so, dass sie seine Thesen untermauerten. Manche ließ er sogar ganz wegfallen. Aus diesen genannten Gründen resultiert auch seine überwiegend negative Meinung über Nero, die sich durch seine Schriften zieht.
    1.2.2.
    Gaius Suetonius Tranquillus wurde etwa um 70 n. Chr. in Hippo Regius, einer ehemals phönizischen Hafenstadt westlich von Karthago geboren. Er war ein römischer Schriftsteller und Verwaltungsbeamter. Sein wohl bekanntestes Werk ist „De vita Caesarum“. Dieses enthält zwölf Kaiserbiographien. Am Anfang steht die Biographie Caesars (bis 44. v. Chr.), am Ende die Domitians (81-96). Der große Zeitraum, der zwischen der ersten und letzten Biographie zeigt uns, dass Sueton sich auf verschiedenste Quellen berufen musste. Kritisch zu betrachten ist hierbei, dass er alle Quellen (Archivmaterial, Senatsprotokolle, amtliche Mitteilungen, Briefsammlungen, Memoiren und politische Flugschriften) für bare Münze nahm und nicht ihren Wahrheitsgehalt hinterfragte. Ebenso ließ er Hofklatsch in seine Werke mit einfließen, was den Wahrheitsgehalt seiner eigenen Werke weiter verwässerte. Trotz allem sind die „Cäsarenleben“ eine wichtige Quelle für die Geschichtswissenschaft. Man sollte sie jedoch stets mit kritischem Blick behandeln.
    1.2.3.
    Cassius Dio wurde 155 n. Chr. in Nicaea geboren. Er war römischer Senator, Konsul und Schriftsteller. Sein Werk „Römische Geschichte“ ist ein wichtiges Zeugnis der Geschehnisse um Nero, jedoch beruft sich Cassius Dio meist auf Tacitus und damit auch auf Sueton, der auch Tacitus’ Werke als Quelle benutzt hatte. Daher sind seine Berichte über Nero zwar sehr nützlich, aber ebenso wie die beiden vorher genannten Autoren mit Vorsicht zu betrachten.
    1.3.
    Nachdem nun also der historische Kontext der Autoren wie auch des Brandes geklärt worden ist, möchte ich zur eigentlichen Problemstellung dieser Erörterung kommen. Kaiser Nero hat in der Geschichte zumeist den Ruf, ein tyrannischer, eitler Fantast zu sein. Ebenso wurde ihm vor allem von späteren christlichen Geschichtsschreibern zur Last gelegt, der Usurpator des Großbrandes von Rom gewesen zu sein. Was bei Tacitus nur ein bloßes Gerücht war, wurde bei Cassius Dio zur Gewissheit. In dieser Erörterung möchte ich die Frage klären, ob er wirklich für den Brand verantwortlich war.
    2.1.1.
    In Tacitus’ Werk „Annalen“ findet sich folgende Textstelle: „Darauf ereignete sich ein Unglück, ob durch Zufall oder des Kaisers Hinterlist veranlasst, ist ungewiss – die Geschichtsschreiber haben beides berichtet.“ [3] Tacitus beschränkt sich hierbei deutlich nur auf die Nennung des Gerüchts, der Kaiser hätte etwas mit dem Brand zu tun. Im Laufe seiner Beschreibung kommt er jedoch zum Schluss, dass das Feuer zufällig durch Unachtsamkeit ausgebrochen sein musste (s.o.). Wie kam dieses Gerücht aber zustande? Die von Nero beauftragten Prätorianer legten an strategisch wichtigen Punkten in der Stadt Gegenfeuer. Diese sollten durch gezieltes Abbrennen der betroffenen Häuser dem Hauptfeuer die Nahrung nehmen, um es schließlich endgültig zu „besiegen“. Der Wind stand jedoch so ungünstig, dass auch diese Gegenfeuer katastrophale Schäden anrichteten. Die Bevölkerung, die in Panik nichts von Neros Aktion wusste, nahm an, dass die Prätorianer im Auftrag Neros die Hauptbrände gelegt hätten. Somit entstand das Gerücht, Nero habe etwas mit dem Brand zu tun. Was bei Tacitus noch ein Gerücht war, wurde aber bei Sueton schon zur Gewissheit („Denn unter dem Vorwand, dass ihm die Hässlichkeit der alten Bauwerke und die engen und krummen Straßen zuwider seien, zündete er die Stadt an.“). [4]
    Für Cassius Dio liegt alles klar auf der Hand, da er sich auf Sueton bezieht: „Nero wollte einfach seinen alten Plan realisieren, Rom und das Reich noch zu seinen Lebzeiten zu zerstören.“ Daran sieht man, dass die Beschreibungen und Zeichnungen Neros immer detaillierter und bösartiger werden, je weiter das Ereignis zurückliegt.
    2.1.2.
    Ebenso gibt uns das Verhalten des Kaisers laut Cassius Dio Rätsel auf. Dieser bringt nämlich das Argument an, Nero habe seelenruhig vom höchsten Punkt des Palatins aus den Brand besungen. Aus dem Bericht Tacitus’ jedoch wissen wir, dass der Palatin in Flammen stand. Diese Version kann also ausgeschlossen werden. Hingegen bietet Sueton uns einen anderen Schauplatz dieser Gesangseinlage Neros: den Esquilin. Diese Version scheint schlüssiger, da hier laut Tacitus’ Beschreibung die Feuerwehrkräfte gebündelt worden. Sueton beschreibt sogar, Nero habe unbeschwert, heiter und gelassen den Brand genossen, um sich beim Lautenspiel inspirieren zu lassen. Auch dies klingt schlüssig.
    2.1.3.
    Bei der Frage nach der Ursache des Brandes nennen die antiken Historiker verschiedene Möglichkeiten. Wie schon vorher beschrieben schenkte Tacitus den Gerüchten, Soldaten des Kaisers hätten das Feuer entfacht, keinen Glauben. Jedoch sagt er später noch: „Übrigens machte sich Nero den Untergang seiner Vaterstadt zunutze und erbaute sich einen Palast, der nicht so sehr durch Edelsteine und Gold, die ja längst etwas Gewöhnliches und durch Verschwendung Gemeines waren, ein Wunderwerk sein sollte durch Wiesen und Teiche, durch den Wechsel von einsamen Wäldern, freien Plätzen und Ausblicken.“[5] Nero hätte aber sicher keinen Brand gebraucht, um Platz für seine städtebaulichen Visionen zu haben. Als nahezu absolutistischer Monarch hatte er weitaus effektivere Mittel, wie z.B. Enteignung, was zu dieser Zeit nichts Ungewöhnliches war. Sueton und Cassius geben den Gerüchten Nahrung, indem sie wie schon oben gesagt, direkt behaupteten, Nero habe aus purem Egoismus gehandelt und die Stadt anzünden lassen. Damit vertauschen sie aber die Ursache mit der Wirkung des Ganzen.
    2.2.1.
    Die wahrscheinliche Ursache des Brandes hat uns Tacitus mit seinem Bericht ja bereits geliefert. Im Stadtviertel des Circus Maximus gab es viele Verkaufsstände, die aus trockenem Holz bestanden. Ebenso lag hier Strom und anderes leicht entzündliches Material herum. Ein Funke hätte also genügt, alles wie Zunder zu entfachen. Gefördert durch den Wind breitete sich das Feuer schnell aus. Nachdem es vorerst gelöscht worden war, brach es in einem anderen Stadtteil wieder aus. All dies beweist, dass der Brand wahrscheinlich natürlichen Ursprungs gewesen sein muss. Außerdem wäre Nero der Letzte gewesen, der Interesse daran gehabt hätte, selbst seinen eigenen Regierungspalast niederzubrennen.
    2.2.2.
    Sueton und Cassius tischten ihren Lesern das Argument auf, Nero habe den Brand in aller Seelenruhe besungen. Passt diese Beschreibung jedoch zu seiner wirklich psychischen Verfassung in dieser Nacht? Sehen wir uns einmal an, was Tacitus schreibt. Bei dieser Stelle geht es um den Tribun Subrius Flavus, einer derjenigen, der zur sogenannten Pisonischen Verschwörung gehörte, der auch Neros ehemaliger Mentor Seneca angehörte. Diese hatte sich das Ziel gesteckt, Nero zu entmachten, um so dem unsittlichen Treiben ein Ende zu bereiten. Hierbei sollte man sich aber wieder einmal fragen, welche Definition von unsittlichem Treiben Tacitus, der den Bericht verfasste, hatte. Sehen wir uns also die Textstelle an: „Subrius Flavus soll sogar den raschen Entschluss gefasst haben, Nero anzugreifen, als er auf der Bühne sang oder als er in der Nacht, da sein Haus (beim großen Brand) in Flammen stand, unbewacht hierhin und dorthin eilte. Hier hatte ihn die günstige Einsamkeit, dort gerade die Menschenmenge als schönste Zeugin seiner Heldentat verlockt. Aber es hielt ihn die Sorge um sein eigenes Leben zurück, die ja stets großen Taten hinderlich ist.“[6]
    An dieser Textstelle sehen wir also, wie es um die Verfassung des Kaisers in dieser Nacht stand. Er irrte wahrscheinlich verängstigt und verwirrt durch die Gassen. Dies spricht somit gegen das Argument Suetons und Cassius Dios, dass Nero den Brand seelenruhig besungen hatte.
    2.2.3.
    Am dritten Tag des Tages musste Nero feststellen, dass die Stadtteile Circus Maximus, Caelius und Palatin nicht mehr zu retten waren. Daher zog er die Feuerwehr- und Militärkräfte von dort ab und konzentrierte sie am Esquilin, dem ärmsten Stadtteil mit der höchsten Bevölkerungsdichte. Schließlich ließ er eine breite Bresche in der Stadt schlagen, um dem Feuer die Nahrung zu nehmen („Zwischen der Feuerfront und dem Esquilin hatte sich mittlerweile ein Tal aufgetan, das dem Krater eines erloschenen Vulkans glich.“)[7].
    Außerdem leitete Nero eine Rettungsaktion ein, um den obdachlosen Menschen zu helfen:
    „Als Trost für die obdachlose, umherirrende Bevölkerung gab er das Marsfeld und die Bauwerke des Agrippa frei und ließ Behelfsbauten errichten, die die hilflose Menge aufnehmen konnten, man schaffte Lebensmittel aus Ostia und den benachbarten Landstädten herbei, und der Preis für das Getreide wurde bis auf drei Sesterzen heruntergesetzt.“)[8].
    2.2.4.
    Nun will ich im Einzelnen die Thesen der antiken Historiker widerlegen, indem ich logische Widersprüche in benannten Thesen herausfiltere.
    1. Vielmals wird behauptet, Nero habe das Feuer legen lassen, um Platz für seine Visionen zu haben. Dies habe ich bereits unter 2.1.3. widerlegt.
    2. Wenn es wirklich stimmen sollte, dass Nero der Brandstifter war, ist es unverständlich, dass er sich an den Lösch- und Rettungsaktionen so stark beteiligt hatte.
    3. Durch den Brand wurde auch Neros alter Regierungspalast zerstört. Nehmen wir einmal an, er hätte Platz für das „Domus Aureus“, seinen neuen Regierungspalast schaffen wollen, warum hat er dann nicht vorher die griechischen und römischen Kunstschätze, die er über Jahre dort angesammelt hatte, in Sicherheit vor den Flammen gebracht?
    4. In der Nacht vom 18. zum 19. Juli 64. n. Chr. war Vollmond, was eine denkbar schlechte Vorraussetzung für solch eine geheime Aktion wie das Legen eines Brandes ist.
    5. Nero wäre wirklich der Letzte gewesen, der es sich mit dem Volk hätte verderben wollen.


    3.1.
    Nach dieser Erörterung muss ich zum Schluss kommen, dass Nero nichts mit der Brandstiftung zu tun hatte. Aus schon genannten Gründen ist das logisch nicht möglich. Trotzdem besteht in der Geschichtsschreibung noch immer eine Kontroverse zu diesem Thema.



    Anhang:
    [1] Tacitus, Annalen XV, 38
    [2] Tacitus, Annalen XV, 38
    [3] Tacitus, Annalen XV, 38
    [4] Sueton, Nero XXXVIII
    [5] Tacitus Annalen XV, 42
    [6] Tacitus Annalen XV, 50
    [7] Tacitus Historien III, 71-74
    [8] Tacitus, Annalen XV, 39


    Sim-Off:

    Wäre schön, wenn man mir das vielleicht als Dissertation anrechnen könnte ;)

  • "Zuletzt widme ich mich dem tragischen Ende Kaiser Neros.


    Mit der Rückkehr Neros von seiner Griechenlandreise Ende 67 hatten die Beziehungen zum Senat endgültig einen toten Punkt erreicht. Durch die drückenden Steuerlasten verlor der Kaiser auch immer mehr Anhänger in den Provinzen. Im März 68 kam es zur Rebellion des Iulius Vindex, seines Zeichens Statthalter der Gallia Lugdunensis.


    Interessant daran war, dass Vindex über keinerlei Soldaten verfügte und auch den Kaisertitel nicht für sich in Anspruch nahm. Vielleicht wollte er nur einen Stein ins Rollen bringen. Es gelang ihm den Statthalter der Hispania Tarraconensis, Servius Sulpicius Galba, für sich zu gewinnen, der ebenfalls auf die weitverbreitete Unzufriedenheit setzte. Truppen aus Afrika konnten nicht gegen Galba eingesetzt werden, da dort ein gewisser Lucius Claudius Macer ebenfalls eine Revolte angezettelt hatte.


    Die von Nero in Marsch gesetzten Rheinlegionen brachten den Aufständischen im Mai 68 bei Vesontio (Besancon) eine Niederlage bei, doch weigerten sich die Soldaten für Nero Partei zu ergreifen. Sie versuchten sogar ihren eigenen Kommandanten, Verginius Rufus, zum Kaiser auszurufen. Dieser erteilte dem Wunsch seiner Truppen jedoch eine Absage, verzögerte aber damit die Bekämpfung des Aufstandes.


    Die Mittelsmänner Galbas nutzten diese Gunst der Stunde in der Hauptstadt und brachten Nero um seine letzte Anhängerschaft. In diesem Durcheinander begannen die Getreidepreise in die Höhe zu schnellen und das Volk von Rom empörte sich darüber. Der Kaiser plante indes bereits seine Flucht. Der Prätorianerpräfekt Tigellinus war ernsthaft erkrankt und der amtierende Präfekt Nymphidius Sabinus erklärte sich offen für Galba. Nach diesem Gesinnungswechsel der Prätorianerführung versagte auch der Senat - wohl am 8. Juni 68 in einer Erklärung zum hostis publicus (Feind des Volkes) - dem Kaiser den Dienst und verurteilte ihn zum Tod durch Peitschenhiebe. Nero hatte noch gehofft sich über Ostia in den Osten des Reiches absetzen zu können, da dort seine Anhängerschaft noch am grössten war. Doch die Gardisten verweigerten ihm die Hilfestellung und er musste notgedrungen in den Palast zurückkehren.


    Um Mitternacht hatte ihn sogar seine Dienerschaft verlassen. In den leeren Fluren des Palastes begegnete ihm nur mehr Phaon, einer seiner Freigelassenen. Dieser begleitete ihn vermummt in seine Villa einige Kilometer nordwestlich der Stadt. Es sieht so aus, als hätte Phaon den Kaiser verraten, um sein eigenes Leben zu retten. Als die Soldaten eindrangen, um Nero zu verhaften befand er sich gerade in einem der Hinterzimmer.


    In der Villa hielt sich auch der Privatsekretär Neros, Epaphroditus, auf. Unter dem Eindruck der hereinstürmenden Soldaten beging Nero am 9. Juni 68 mit einem Dolch Selbstmord, wobei ihm sein Privatsekretär behilflich war. Voller Selbstmitleid brachte er noch den Satz „Welch ein Künstler geht mit mir zugrunde!“ hervor.


    Sein Leichnam wurde in der väterlichen Familiengruft der Domitii auf dem Pincianischen Hügel in einem Porphyrsarkophag beigesetzt. Zu seinen Ehren wurde ein Marmoraltar samt steinerner Balustrade errichtet. Überraschend bleibt, dass Nero die Grabschändung, wie sie vielen anderen verhassten Personen widerfahren sollte, erspart blieb.


    Nero war hauptsächlich bei Senat, konservativer Oberschicht und jenen verhasst, die seine Steuern aufbringen mussten. Der gemeine Bürger hingegen, der weniger unter seinen Schikanen zu leiden hatte, konnte sich durchaus positiv an die Regierungszeit Neros erinnern; jenem Kaiser der zur Lyra sang. Und selbst Jahre später wurde sein Grab regelmässig in Frühling und Sommer mit Blumen geschmückt."


    Lächelnd betrachtete ich die Menge vor mir.


    "Nun, damit endet dieser Cursus. Heute werden Ihnen Fragen zugeschickt, die Sie bitte bis Ende der Woche beantworten und mir zurückschicken. Ich danke Ihnen."

  • Sim-Off:

    Ich darf jetzt auch mal SimOff gratulieren über diesen informatifen Vortrag :dafuer: :app:


    Während der doch länger als erwarteten Vorlesung brauchte ich noch mehr Wachstafeln als ich eigentlich dachte. Besonders die Namen schrieb ich auf. Wie lange hatte Strabo wohl für diesen Curs gebraucht?

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