Es sollte sich an diesem Tag zur Mittagszeit an der Porta der Casa Iulia folgendes ereignen. Ein lautes Pochen drang, ausgehend von der schweren Holztür der Porta, durch die Flure und Räume der ehrwürdigen Casa.
Wonga, der Türsklave, erhob sich gemächlich und machte sich daran seiner Aufgabe nachzukommen. Dem Öffnen der Tür. Im Grunde keine schwere Aufgabe. Und meistens sollte der Nubier diese Aufgabe auch zufrieden stellend erfüllen. Mit einer geringen Schrittfrequenz, aber großen raumgreifenden Schritten, bahnte sich der große Nubier seinen Weg. Die Wucht des Anklopfen schien ihn entweder nicht zu beeindrucken oder er registrierte so feine Nuancen in der Lautstärke einfach nicht. Auch als es ein zweites Mal, noch deutlich lauter an die Türe klopfte, sollte sich sein Bewegungsablauf nicht verändern.
- Sicherlich hätte Wonga auch nicht schneller gehandelt, wenn eine Horde Germanen die Porta bereits gestürmt hätte und sich bereits wieder auf dem Heimweg nach Germanien befinden würde. Unbeirrt hätte die nicht mehr vorhandene Tür geöffnet und seine Standardfrage gestellt „Was du wolle?“ –
Doch am heutigen Tag sollte die Tür, wie an den Tagen zuvor, an ihrem Ort verweilen und darauf warten, dass der Nubier sie aufzog.
Die Person auf der anderen Seite, die so laut geklopft hatte, gekleidet in die Rüstung eines Miles der Cohortes Urbane schien bemüht zu sein äußerst ernst zu gucken.
„Im Namen Roms! Warum hat das so lange gedauert.“
Der Tief ins Gesicht gezogene Helm hätte einem aufmerksamen Beobachter sicherlich nicht täuschen können, doch Wonga gab nicht viel auf Details und fragte unbeirrt:
„Was du wolle?“
„Ich will in diese Casa! Geht mir aus dem Weg!“
Hatte der Soldat am Ende seiner Aufforderung gekichert?
„Ich erst wissen müssen, was du wolle.“ Wonga war beeindruckend in seiner Beharrlichkeit. Sollte einmal wieder der Imperator die Casa der Iulier aufsuchen, sollte man Wonga wohl an diesem Tag von seinem Dienst befreien.
„Ich will den Herrn des Hauses sprechen!“ ,donnerte der Soldat dem Sklaven entgegen.
„Er nicht da. Du später wiederkommen!“
Obwohl das letzte Wort noch nicht gesprochen war, schloss sich die Tür wieder. Die Tür hätte den Eingang sicherlich wieder perfekt verschlossen, hätte sich nicht der Fuß des Soldaten der Tür entgegengestellt. Ein Manöver, dass zwar verhinderte, dass die Tür völlig geschlossen wurde, doch eine recht schmerzhafte Erfahrung mit sich bringen sollte. Der kräftige Nubier zog die Tür ein Stück weit wieder auf und warf sie dann schwungvoll wieder zu. Ein Versuch, der im Geiste durchaus logisch erschien. Wenn etwas hakte, musste man nur kräftig genug drücken, dann würde sich früher oder später eine Reaktion ergeben, die manchmal sogar zum Ziel führte. Eine Lebensweisheit, die sich bisher immer bewährt hatte. – vielleicht war sie auch nur so einfach, dass Wonga sie sich eben hatte merken können-
So wiederholte er den Versuch mehrmals, was jedes Mal in einem „AU“ des Soldaten dokumentiert wurde.
„Wonga..Hör auf. Ich bin es doch Constantius“
„Du Herr sein?“
Constantius blickte kurz gen Himmel und dankte den Göttern, dass die Tür dieses Mal nicht schwungvoll seinen Fuß einquetschte.
„Ja ich bin es Wonga!“
„Und warum wollen du dich selbst besuchen?“
Es vergingen ein paar Sekunden, in denen Constantius nur zu Wonga aufblickte. Hatte der Sklave nun einen Scherz gemacht oder meinte er seine Worte ernst. Es gab Momente, da machte sich der junge Iulier durchaus Gedanken über den einfachen, aber loyalen Sklaven.
Erst als Constantius herzhaft lachte, und Wonga mit einem unwissenden Gesichtsausdruck mit einem lauten „HaHa" einstimmte sollte sich der Blick Constantius wieder von Wonga lösen. Mit einem freundlichen Schulterklopfen begrüßte er Wonga nochmals und ging in das Innere der Casa. Wonga war manchmal richtig komsich…jedenfalls hoffte es Constantius.
Es war um die Mittagszeit als Constantius, seinen Helm inzwischen unter dem Arm tragen, durch die Flure schritt und nach Livilla suchte.
"Livilla? Wo bist du?", rief er mit fröhlicher Stimme durch die Räume