Wieder in Sicherheit

  • Der Weg durch die dunklen Gassen war heute weitaus bedrückender als in den letzten Nächten gewesen. Da erschien der fahle Umriss in der schwärze der Nacht der vertrauten casa, wie der der sichere Hafen vor einer unruhigen See. Nachdem sie geschwind die Porta passiert hatten, instruierte Constantius ein paar Sklaven neue Kleidung für Livilla zu bringen. Außerdem sollten Wasser und etwa zu essen gebracht werden.
    Weiterhin in ihrer Nähe verharrend, gewährte Constantius Livilla einen Moment der Ruhe und schwieg.

  • Seit dem verlassen des Tatortes und dem erreichen der Casa Iulia schwieg ich, als hätte ich das sprechen verlernt und hätte eine Dienerin nicht sofort einen Korbstuhl bebracht, wäre mir sogar in den Sinn gekommen mich auf den Boden zu setzten . Ich konnte nicht mehr stehen und mein Körper war eiskalt, obwohl der Heimweg für man anderen gar nicht so kühl sien würde, denn in der Luft war immernoch ein wenig Wärme zu spüren. Mein Blick suchte nicht den von Constantius, nein, mein Gesicht wandte sich vollkommen von ihm ab und zitternd umfasste ich einen meiner Oberarme, an denen mich auch dieses Scheusal packte. Sofort starrte ich auf die Türe, die Angst er könnte die Miles überwunden haben und uns gefolgt sein, war zu groß, auch wenn es unrealistisch war. Auf meinen Gesicht waren immernoch die vergossenen Tränen zu erkennen, doch mein atmen wurde ruhiger nicht mehr so hektisch wie vor wenigen Minuten.


    Mit einen mal fiel mir die blutbefleckte Stelle der Tunika wieder auf und diese Schuld in mir stieg und stieg. "Ich hätte darauf hören sollen.", flüsterte ich mit diesem zaghaften verstörten Ton. Für mich existierte Constantius gar nicht, vollkommen alleine war ich mit meinen Gefühlen und ich konnte auch nicht darüber sprechen, was eben vorgefallen war. Wie diese widerlichen Hände meinen Körper berührten und diese verstohlene Stimme die scheußlichsten Worte von sich gab, nur um sich zu rächen, es muss das Schicksal gewesen sein.

  • Constantius lehnte die martialische Ausrüstung an eine entfernte Wand. Wandte sich von Schild und Speer ab und ging wieder zu Livilla herüber. Auch wenn ihm Rüstung und Gladius immer noch einen kriegerischen Anblick verliehen, sollte sein Blick weich und sorgenvoll sein. Er ließ sich vor Livilla auf ein Knie nieder sinken und legte behutsam seine Hand auf die ihre, die ängstlich ihren Oberarm umfasste.


    Im Hintergrund trat eine Dienerin mit einer Schale frischen Wassers an Constantius heran und überreichte ihm die Schale zusammen mit einem feinen, sauberen Tuch.
    Dankbar nahm er sie entgegen und platzierte sie vor seinen Füßen. Doch zunächst sollte er das feine Tuch nehmen und behutsam die Spuren der vergossenen Tränen von Livillas Gesicht abtupfen.


    Noch immer gewährte er ihr einen Moment der Ruhe, auch wenn es ihm auf der Seele brannte zu erfahren, was wirklich geschehen war.


    „Alles wird wieder gut, Livilla“, sprach er lediglich in einem warmen Flüsterton

  • Überaus langsam wandte sich mein Gesicht zur Seite, als Constantius seine Hand auf meiner ruhen lies. Eine Zeit lang bebachtete ich seine Geste und es er war nicht zu übersehen, wie unruhig ich dabei war. Mir war bekannt, was er wollte, das ich ihm alles erzählen musste, jede Einzelheit und vorallem den Grund weshalb ich alleine die Casa verlies. Und das alles nicht nur einmal sondern mehrmals, Helena hatte sicherlich auch Interesse daran. Hörte sie es nicht selbst von mir, dann wohl von Constantius.


    Ich schloss meine Augen, als er mein Gesicht abtupfte und nach seinen herzlichen Worten, sah ich ihn an. Zwar waren meine Tränen getrocknet, konnte man doch keine Spur von Vertrauen erkennen. Kein Ausdruck von Hilflosigkeit war darauf zu erkenne, viel mehr der von Schuld.


    "Ich ertrage es nicht, wenn du dies behauptest, immerhin bin doch ich an allem Schuld.", gab ich mit einer auffallender Stimme von mir, aus der Kummer zu hören war.

  • In seiner kniende Position verharrend, beobachte Constantius Livilla lediglich. Das was er jedoch erblickte erfüllte sein Herz mit Gram. Was immer auch geschehen sein mochte, was Livilla so mit Schuldgefühlen und Angst heimsuchte, würde gerächt werden müssen. Würde bestraft und geahndet werden. Würde von ihm, Constantius verfolgt werden.


    „Woran sollst du Schuld haben, Livilla? Du musst mir erzählen was geschehen ist, nur so kann ich dir helfen. Doch warst du es doch nicht, die das Messer benutzt hat. Du hast niemanden geschlagen, niemanden angegriffen. Es kann also nicht deine Schuld sein!“

  • Heftig schüttelte ich meinen Kopf, den was Constantius von sich gab stimmte nicht mit meiner Überzeugung ein. Geht man einen vergängliches Weg wird man erst vorgewarnt und nimmt man darauf keine Rücksicht so geschehen so manche Vorfälle, in denen dir endlich bewusst wird, das du umkehren musst, egal wie du es schaffst. Ja, wünschte ich mir nicht das ich diese Schuld tragen würde, doch war es so...oder konnte es doch sein, dass ich das Opfer war? Lange schwieg ich bevor es überhaupt zu einer Antwort kam. Ich dachte an meine Mutter, wie oft hatte sie versucht mir begreifbar zu machen, wie wichtig es ist sich immer treu zu sein. Niemals Schwäche zu zeigen, so sehr es auch in einen schmerzt. Zu wissen wann man einen Kampf verloren hatte und jenen Wunsch aufgab der nicht existieren konnte. Gefühle zu vergessen, die niemals realistisch werden könnten. Sich abzulenken und solche nicht mehr zu zeigen, wobei man aber kaltherzig wurde und vor allem einsam.


    "Es wären niemals zu diesem Treffen gekommen, wenn ich Secundus nicht abgelehnt hätte."


    Ein ausschlaggebender Satz, von dem ich gar nicht glauben konnte, das ich ihn aussprach. Doch so musste es gewesen sein, hätte ich mit Secundus eine endgültige und zwar positive Entscheidung getroffen, wäre es niemals so weit gekommen. Mit Ehrlichkeit wäre er vor Helena getreten und hätte meinen Vater benachrichtigt. Gehorsam wäre ich gewesen, die Vernunft hätte gesiegt.

  • Ihre Antwort ließ Constantius einige Moment verdutzt nach einer Antwort suchen. Secundus abgelehnt? Wer war Secundus? Jener der schwer verwundet am Boden lag? Und wer war dann der andere?


    Auch wenn diese Antwort bisher keine Antwort auf seine Fragen gewesen war, so gab sie jedoch eine möglich Antwort auf die Fragen der vergangenen Tage. Secundud musste also jener Grund aus Germanien sein, warum Livilla manches mal so betrübt ausgesehen hatte..


    Das Puzzle, das Mysterium des heutigen Abends hatte sich bisher nicht lösen lassen.


    „Livilla. Bitte schau mich an“, sprach er in seinem immer noch gedämpften Tonfall zu ihr.
    „Du hast dich also mit Secundus getroffen.“
    Es war nur eine Feststellung. Bisher lag kein Vorwurf oder gar eine Anklage in seiner Stimme.
    „Doch wer hat euch angegriffen? Warum hat man euch angegriffen?“


    Noch immer hielt er ihre Hand. Versuchte ein Band der Nähe, des Vertrauens zwischen ihnen zu halten. Ein Band, das die letzten Tage so stark zu sein schien und nun scheinbar zu reißen drohte.

  • Auf meinen Gesicht war ein schmerzerfüllter Blick zu erkennen und so stammelte ich einzelne Worte zusammen, damit Constantius endlich zufrieden war, aufhörte mich zu quälen. Ob ich nun das Opfer war oder die Schuldige, es lag nun an mir zu sprechen. Er war der einzige den ich hier vertrauen konnte, doch in diesen Moment fand ich jenes Vertrauen nicht mehr, das in den letzten Tage noch verstärkt worden war. Kam ich aber zu den Entschluss, das mich verschwiegenes noch mehr quälen würde. So sammelte ich meine noch zu Verfügung stehende Kraft, die fast aufgebraucht war um Constantius Fragen zu beantworten.


    "Ich...weiß es nicht. Er sprach von einer Suspendierung. So babarisch stach er auf Secundus zu und mich....er drückte mich an die Wand. Ich spürte seinen Atem...seine Berührungen, diese Angst."


    Zufrieden war ich mit meiner Antwort, obwohl sie nicht sehr viel verriet, gab ich vieles Preis, mit dem ich alleine schwer gerungen hätte.

  • Constantius Augen verengten sich zu Schlitzen. Das Blut des jungen Iuliers begann zu kochen. Sein Herz forderte Constantius auf, jenen zu bestrafen, der es gewagt hatte sich Livilla zu nähern.
    Es kostete sichtlich Kraft die Beherrschung zu bewahren. Es würde Livilla nicht helfen, wenn er nun wütend die Casa verließ, um Gerechtigkeit walten zu lassen.


    „Er wird sich dir nie wieder nähern. Habe keine Angst mehr. Secundus …ist ebenfalls in Sicherheit. Gewiss wird sich bereits der Medicus um ihn kümmern…“


    Seine Worte endeten abrupt, als eine Dienerin an ihn herantrat und vorsichtig zu ihm sprach.
    Einem kurzen, leisen Wortwechsel zwischen Constantius und der Dienerin folgte ein Kopfnicken des Iuliers.


    „Livilla.“, seine Stimme klang sanft und er kniete sich wieder vor ihr hin.
    „Es liegt nun frische Kleidung für dich bereit. Ich möchte, dass du deine Tunika wechselst. Helenas Dienerinnen werden dir helfen. In der Zeit werde ich zur Kaserne gehen und meinen Vorgesetzten Meldung machen. Ebenfalls werde ich nachsehen, ob es Secundus gut geht. Du brauchst keinerlei Angst zu haben. Ich kehre rasch wieder und Wonga wird die Tür deines cubiculums bewachen. Ebenso wird Helena für dich da sein. Ich habe bereits eine Dienerin zu ihr geschickt.“

  • Ich nickte heftig zur Bestätigung seiner Bitte. Doch die Angst konnte mir nicht genommen werden. Das Handeln dieses Widerlings, ich wehrte mich einfach nicht, wie konnte man mich so demütigen und wer weiß, wer noch dazu alles in der Lage war. Was reizte ihn nur daran, die Rache, ich selbst? Wem konnte ich jetzt noch vertrauen? Wie konnte er mir das nur antun?


    "Wieso stach er mich nicht auch nieder, bevor er mir zu Nahe kam.", flehte ich, wieder mit dieser verweinten Stimme und erhob mich dabei.


    Langsam wendete ich mich der Dienerin zu und meine Blickkontakt zu Constantius unterbrach ich, mit einer solchen kühle, als würden wir uns eben erst kennen gelernt haben. Er sprach von Secundus, der mich in diesen furchtbaren Moment gerettet hatte, doch glaubte ich nicht ihn jemals wieder zu sehen. Die Dienerin geleitete mich in die Richtung meines Cubiculum, doch bevor ich meinen Kopf senkte, schenkte ich Constantius ein sehr sehr schwaches Lächeln, das immerhin sehr gut tat.

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