Auffrischung alter Beziehungen

  • Als ich das erste Mal als Quaestor hierher auf den Markt gekommen war, kam ich auch in eine dunkle Seitengasse, wohl im Sinne des Ruhebedürfnisses. Plötzlich hatte mich ein Mann angesprochen. Marius hatte er sich genannt, mehr erfuhr ich nicht von ihm. Er bot mir einige Waren an, die mir nicht gerade so aussahen, als würde sie jeder dahergelaufene Tourist im Ramschladen bekommen. Sie sahen kunstvoll gearbeitet aus. Damals hatte ich mir nichts dabei gedacht und einen kleinen Dolch gekauft für meine private Sammlung.


    Doch jetzt kam mir der Kerl wieder in den Sinn. Zielstrebig hielt ich auf die kleine Seitengasse zu und ging hinein. Vielleicht hatte ich Glück und er versteckte sich hier irgendwo. Vielleicht redete ich mir auch einfach nur ein, dass ich Glück haben würde. Was auch immer es war, ich ging weiter in die Dunkelheit der Gasse hinein und lauschte auf jedes etwaige Geräusch.

  • Immer tiefer kam ich durch die Gasse. Um mich herum war es dunkel. Die Dunkelheit war greifbar und doch durchsichtig. Schritt um Schritt hallte an den Wänden wieder. Hatte diese Gasse denn kein Ende? Langsam griff ich mit meiner rechten Hand unter der langen Tunika an den Knauf des Dolches, den ich vorsichtshalber eingesteckt hatte. Instinktiv ging ich in abwehrende Stellung, als mich plötzlich ein Arm am Hals packte und zur Seite zerrte. Bevor ich irgend etwas tun konnte, stand ich an einer Wand, vor mir ein bärtiges, narbiges Gesicht.


    http://www.imperium-romanum.in…c/ava_galerie/Philipp.jpg | Philippos


    Was treibst Du hier, Römer?, fragte er mich aufgebracht und starrte dabei auf die Stelle, wo mein Dolch durch die Tunika blitzte.


    Verwirrt starrte ich ihn an, nicht imstande zu reden. Waren meine Instinkte und Reflexe wirklich so schlecht geworden in all den Jahren?


    Fuchtelst hier mit Deinem Buttermesser rum, als wäre eine Horde Germanen hinter Dir her!!!


    So langsam verstand ich seine Aufregung und sah hinunter zum Dolch, den ich noch immer krampfthaft festhielt.


    "Ich...ich suche Marius!", brachte ich endlich hervor.


    Und dafür brauchst du den Dolch?!


    Ich sah ihn ausdruckslos an.


    "Wo ist Marius?", fragte ich beständig...


    Der Fremde trat einen kleinen Schritt von mir weg. Erleichtert über den neugewonnen Freiraum trat ich von der Wand weg. Der Bärtige sah mich misstrauisch an. Scheinbar grübelte er über irgend etwas.


    "Ich fragte, wo ist..."


    JAJA...bin ja nicht schwerhörig!!!, fiel er mir ins Wort und kratzte sich leicht apathisch am Kinn.


    Ich hab ihn vor drei Tagen das letzte Mal gesehen...


    Ich sah ihn fragend an und trat näher.


    "Und Du weißt nicht, wo er stecken könnte?"


    Nein... verdammt nochmal!, murmelte er mehr zu sich selbst.


    Was willst'n überhaupt von dem?


    "Kunstgeschäfte. Man sagt, sakrale Gegenstände aus dem Marstempel wandern auf dem Schwarzmarkt umher...", log ich, weil mir nichts besseres einfiel. Vielleicht konnte ich ihn mit der Finte ja täuschen.


    Misstrauisch blickte er mich an und tat dann ausdruckslos.


    Ich weiß nix von irgendwelchen Gegenständen!


    Seine Augen verrieten mir etwas anderes. Langsam zückte ich den Dolch und hielt ihn ihm an die Kehle.


    "Kannst Du dich jetzt erinnern?"


    Er zeigte sich nicht gerade unbeeindruckt vom Dolch, schüttelte aber nur den Kopf. Mit einem schnellen Heben des Knies rammte ich ihm dieses mit voller Wucht in seine Kronjuwelen. Jaulend sackte er zusammen und schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Abrupt zog ich ihn wieder hoch und drückte ihn fest gegen die Wand.


    "Na? Immer noch keine Ahnung?"


    Ich..., keuchte er atemlos.


    Ich hab da von einem Typen gehört, der die Sachen am Hafen vertickt und sogar bis nach Italia ausliefert...


    Ich sah ihm misstrauisch entgegen. Der Hafen war irgendwie logisch. Schließlich wollten die Täter das Zeug so schnell wie möglich aus der Stadt schaffen. Verächtlich ließ ich den Mann vor mir los. Etwas sank er zusammen und sah mich erwartungsvoll an.


    "Hat dieser Typ auch einen Namen?"


    Dareios nennt er sich..., schnaufte er.


    Ich nickte. Aber etwas war mir immer noch nicht geheuer. Was war mit Marius?


    "Nagut... du sagtest vorhin, du wüsstest nicht wo Marius stecken könnte. Das war doch gelogen, nicht wahr?"


    Ich beugte mich zu ihm herunter und hielt ihm den Dolch an die Kehle. Eine falsche Bewegung und seine Luftröhre wäre freigelegt.


    Die alte Tongrube am Stadtrand!


    Ich nickte und ließ ihn los. Er landete er auf dem Rücken.


    "Ich danke dir für das Gespräch. Vielleicht brauche ich dich noch. Ich empfehle dir also, die Stadt nicht so schnell zu verlassen."


    Ich drehte mich um und verstaute den Dolch in der kleinen Scheide. Irgend etwas war anders in mir. Ich war ein neuer Mensch geworden. Vielleicht war ich aber auch wieder zu Decimus Strabo geworden, dem Vigil ohne Gewissen. Ich freute mich bereits darauf, dieses Nest auszuheben.

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