Rundreise in Italien – Teil 4 – Abfahrt

  • Standort: Roma


    Endlich konnte die Reise losgehen, endlich würde ich Rom, meine doch so geliebte Stadt verlassen, obwohl ich in letzter Zeit eher enttäuscht darüber war, was mir Rom alles gebracht hatte. Nachdenken wollte ich nicht über diese Dinge, nein, es gab wichtigeres zu tun, eine Aufgabe hatte ich, die ich erfüllen musste und das Ziel dieser Reise sollte zufriedenstellend erfüllt werden. Es lag ja nicht nur im Interesse von Germanicus Avaraus, wie die Poststationen in Italien aussahen, denn auch ich wollte wissen, mit was ich es hier zu tun habe. Ich war schon gespannt, was mich erwarten würde und vor allem wollte ich wissen, wer so die mansiones leitet. Wollte mir ein Bild von ihnen machen, ob sie vertrauenswürdig waren, ob sie eine gute Arbeit verrichten und das würde doch eine Menge Zeit beanspruchen. Ich hatte mir ja extra nicht jede Stadt in Italien vorgenommen (was natürlich auch gar nicht zu bewerkstelligen wäre), nur stichprobenartig einige größere Städte an der Via Appia und noch ein paar andere Städte, die meiner Meinung nach wichtig waren. Desweiteren würden einige spontane Überprüfungen in anderen kleinen Städten und vor allem den Zwischenstationen stattfinden.


    “Herr, es ist alles für die Abreise bereit ... hast du noch irgendwelche Wünsche, oder sollen wir nun losfahren?“
    “Hm ...... was? Achso ja ... nein, ich bin soweit fertig, wir können los, Taurus. Steig ein und lass dem Fahrer seine Arbeit erledigen!“
    “Natürlich Herr.“
    Mein neuer Leibsklave war ein wirklicher Glücksgriff gewesen. Der Händler wollte einen wirklich kleinen Preis für diesen Sklaven, der bis auf einer Verletzung am rechten Bein – weshalb er ein klein wenig humpelte – völlig in Ordnung war und wirklich gute Qualifikationen mit sich brachte. Er beherrschte fließend Griechisch und Latein, sowohl in Sprache, wie auch in Schrift. Außerdem kannte er sich bald schon perfekt mit Körperpflege aus und auch andere Arbeiten im Haushalt konnte man ihm ohne Sorge anvertrauen. Da war das Humpeln wirklich nebensächlich, denn er war auch ein guter Zuhörer, gab aber auch an den richtigen Stellen seine guten Kommentare und übte des öfteren konstruktive Kritik. Ein Traumsklave war das, warum das bei anderen nicht so sein konnte, würde mir nie klar werden, vor allem nicht bei einer ganz bestimmten Sklavin, aber das war nun nebensächlich oder eher völlig egal. Ich würde mich nicht wieder den anderen Gedanken hingeben – nein – die Konzentration sollte nun auf der Reise liegen.


    Hatte ich alles dabei? Kleidung, ... Pergament, ... Geld, ..., ... - ja, es schien alles soweit fertig zu sein und dem Start der Reise schien wirklich nichts mehr im Wege zu stehen. Eine kurze Handbewegung gab dem Sklaven den Befehl, einzusteigen, was auch kurz danach tat.
    “Während der Reise musst du mir ein wenig von deinem bisherigen Leben erzählen ...“
    “Herr?“
    “Ja? Was soll daran so schlimm sein? Ich möchte gerne wissen, mit wem ich es zu tun habe, so machst du es mir einfacher und du wirst um einiges glaubwürdiger, was dir nur Vorteile verschaffen würde. Die Regeln habe ich dir bereits genannt und ich hoffe, dass du dich daran hälst...“
    Einen Moment schaute mich Taurus verwirrt an, ehe er dann schließlich doch nickte. Ich hatte mir nach dem Verkauf von Cicinne die ein oder andere straffere Regel ausgedacht und gleichzeitig auch die Konsequenzen genannt, damit sie wusste, was beim Brechen einer solchen Regel passieren würde.
    “Na also ...“ Als hätte der 'Fahrer' nur auf diese Worte gewartet, setzte sich der Reisewagen sofort mit einem kleinen Poltern in Gang. Auf in Richtung Capua...

  • Standort: zwischen Roma und Capua


    Ich weiß nicht, was ich ohne Taurus gemacht hätte. Umgekommen vor Langeweile wäre ich sicherlich, oder ich hätte mich gezwungen, sinnlose Berichte durchzugehen, neue anzufertigen oder zu überlegen, welche ich noch machen könnte, nur damit ich nicht an derzeitige Dinge daheim nicht denken musste. Aber mein neuer Sklave, der schien in solchen Sachen Wunder zu wirken, denn nicht einmal schweiften meine Gedanken von seinen Erzählungen ab, obwohl die Reise nicht die leichteste und kürzeste war.


    “Du hast also in der Legio gedient? IN welcher? Und wieso genau bist du nun Sklave?“
    Seltsamerweise machte es ihm absolut nichts aus, über sein vergangenes Leben zu reden, in alten Erinnerungen zu schwelgen, auch wenn sie noch so schlecht waren. Das erfreute mich ein wenig, das zeigte mir, dass er vertrauenswürdiger als so manch anderer Sklave war.
    “Ich war in der Legio II, die in Germania stationiert ist, noch ... denke ich. Ich weiß nicht genau, wie der jetzige Stand ist.“
    “Ich bin nicht so im Militär bewandert, kann dir also nicht sagen, ob es noch so ist. Außerdem war ich nie in Germania, um dir das zu bestätigen, aber sprich weiter.“
    “Gut, also es war wieder einer der Tage, wo es diese elenden Grenzkämpfe gab. Keine großen Schlachten, nur kleine Scharmützel. Meistens konnten wir diese Barbaren vertreiben, aber einmal war es nun nicht so. Was nun genau passiert ist, weiß ich nicht, aber wir mussten verloren haben, die Barbaren schauten nicht, ob wir alle tot waren, sondern plünderten nur unsere Sachen. Dann kam bestimmt ein Sklavenhändler vorbei, der uns überprüfte und schließlich herausfand, dass ich nicht tot war. Keine Ahnung, ich war nicht bei Bewusstsein, aber irgendwann wachte ich auf und war in einem Carcer, einem winzigen und viele andere waren auch dort...“


    Gespannt lauschte ich seinen Worten und musste feststellen, wie schnell sich das Blatt doch wenden kann. Erst ein treuer Bürger und Soldat des römischen Imperiums und danach ein armer Sklave – mein Sklave. Er hatte natürlich eine Chance, sich freizuarbeiten, aber das würde dauern, denn ich hatte ja kein Geld ausgegeben, nur um nach kurzer zeit ihn wieder freilassen zu können. Besonders dann nicht, wenn er eine gute Arbeit verrichtete, was momentan der Fall war.


    Und so bewegten wir uns weiter durch die Landschaft, machten einige Male eine kurze Pause und fuhren dann wieder weiter.


    “Nonius Herodes, bei der nächsten Stadt halten wir, ich fange schon einmal an, ein paar nicht geplante Stichproben durchzuführen!“
    “Natürlich, die nächste Stadt ist gar nicht so weit entfernt. Dort werden wir halten...

  • Standort: eine Stadt zwischen Roma und Capua


    Es dauerte nicht lange, bis der Wagen schließlich hielt und von draußen eine Stimme ertönte, die sagte, dass wir beim ersten Zwischenstopp angekommen waren. Nachdem Taurus nach draußen ging und sich kurz umschaute, nickte er mir leicht zu und so trug es auch mich auf die Straße. Es war im Vergleich zu Rom eine kleine Stadt, nein, eine winzige Stadt. Im Vergleich zu Rom war jede Stadt klein. Die Sonne schien auf die Pflastersteine der Straßen, die von einer wuselnden Mengen Bürgern und Nichtbürgern benutzt wurden. Wir hatten uns eine denkbar ungünstige Zeit der Ankunft ausgesucht. Denn wenn die Sonne im Zenit steht, ist allerlei auf den Märkten und Straßen los, so wie hier. Aber ich war das von meinem geliebten Rom ja doch schon gewöhnt und schlimmer konnte es hier keinesfalls sein.


    “Du kannst dich in einer Taverna niederlassen, wir sind zurück, wenn der Schatten dieses Schildes den Stand dort berührt.“ Ich zeigte flüchtig mit der Hand auf besagtes Schild. Nein, länger würde es nicht dauern und länger wollte ich auch nicht hier bleiben, in einem so ... ländlichen Ort.


    “Taurus, folge mir!“ Wieder nickte der Sklave nur stumm und folgte mir dann durch die Straßen und Gasse der Stadt dorthin, wo ich die mansio vermutete. Die Stadt war doch so klein, wieso war sie trotz allem so unübersichtlich und chaotisch? Man sollte mal mit einem Stadtarchitekten darüber reden ... wenn man ihn denn finden konnte.


    Nach kurzer Zeit erreichten wir die Curia der Stadt, wo uns ein Scriba auch direkt zur mansio leitete, die nicht weit davon lag, schließlich musste sie nahe am Eingang liegen, man wollte ja nicht für jeden Brief durch dutzende Gänge marschieren und so erreichten wir recht einfach das Officium. Ein kurzer Handwink von mir und Taurus klopfte zweimal gegen die Tür, worauf sich eine junge, weibliche Stimme aus dem Inneren meldete und uns hereinbat. Ohne zu zögern betraten wir den Rau und schon gleich stiegen einige Erinnerungen an Rom hoch. Das war wohl der einzige Ort, der ungefähr genauso aussah, wie in der urbs aeterna.
    “Salve Bürger, was kann ich für dich tun?“ fragte die Frau höflich und mein Blick wanderte von den Wänden und der Einrichtung zu ihr und verharrte einige Augenblicke bei ihr. Sie sah gar nicht mal so schlecht aus, schien jung zu sein und hatte Benehmen. Alles Dinge, die ich guthieß, aber wieso bei Iuppiter saß sie in diesem Officium? Sie konnte doch mit Sicherheit einiges ... mehr erreichen.
    “Hallo? Wie kann ich denn helfen? Möchtest du einen Brief verschicken? Also wir haben verschiedene Versandarten und ...“
    Leicht fragend schaute ich sie an. Schaute ich sie so lange an, dass sie mir nun schon erklären wollte, welche Versandarten es gab? Ich musste mich ernsthaft ein wenig zusammenreißen, auch wenn sie nicht hier war.
    “Nein, nein. Das kenne ich zu genüge. Ich suche den Stationarius oder den Vorsteher hier. Wo kann ich ihn finden?“
    “Den Stationarius, oder den Vorsteher? Nun, wen kann ich denn melden?“ fragte sie mit leicht säuselnder Stimme und ihr Blick verriet so einiges. Viel zu viel für meinen Geschmack ... zumindest war ich heute nicht wirklich in der Stimmung auf so etwas, auch wenn ich nach der langen Reise die ein oder andere Ablenkung brauchen könnte, aber ich hatte mir ja etwas vorgenommen...
    “Du kannst den Praefectus Vehiculorum der Regio Italia, Caius Sergius Curio, melden!“


    Mit großen Augen schaute mich die Hübsche an, denn anscheinend wurde ihr nun klar, dass sie mit ihrem Vorgesetzten rumflirten wollt. Sie schluckte kurz, ehe sie antwortete:
    “Der Praefectus ... also ... ähm, derzeitiger Vorsteher hier bin ich ...“


    Sie? Sie war Vorsteherin hier? Auch das noch ... “Du? Naja in Ordnung. Ich mache eine Kontrollreise durch Italia, um die Lage der mansiones einschätzen zu können und mir ein allgemeines Bild meines neuen 'Arbeitsplatzes' zu machen. Wenn du also der Vorsteher, oder die Vorsteherin hier bist, werde ich mit dir reden müssen. Hier gibt es sicherlich scribae, oder ähnliches, die den Posten hier solange halten? Hast du ein eigenes Officium?“
    “Ähm ... ja natürlich, ich werde sofort einen scriba rufen, und nein, ein eigenes Officium habe ich nicht. Wir können uns aber weiter hinten im Raum unterhalten, da sind wir vorerst ungestört.“ erwiderte sie wieder mit einem kleinen Zwinkern und schaute dann zu Taurus. Obwohl sie nichts sagte, stand die Frage, was mit ihm solange sei, offen im Raum und jeder hier wusste, was gemeint war.
    “Ah ok, Taurus wird alles mitschreiben, damit ich den Bericht für LACP anfertigen kann. Wollen wir?“ fragte ich höflich und zeigte dann in die Richtung, die sie vorschlug ohne die leichte Enttäuschung in ihren Augen weiter wahrnehmend.
    “Ja, natürlich.“


    Im hinteren teil des Raumes angekommen bot sie uns jeweils einen Platz an, an den wir uns setzen konnten. Mein Sklave holte schnell zwei Wachstafeln und einen Griffel aus seiner Ledertasche heraus und legte diese auf seinen Schoß, um jedes Wort mitschreiben zu können.
    “Gut, fangen wir an: Als erstes hätte ich gerne einen Überblick derer, die hier arbeiten. Außerdem hätte ich gerne die Ein- und Ausnahmelisten der letzten drei Monate.“
    “Natürlich ... “ Langsam stand sie auf und ging zu einem der Regale, wo sie kurz etwas suchte und dann schließlich drei Papyri hervorholte und dann wiederkam.
    “Hier, bitte. Nun, wir sind hier insgesamt fünf, nein sechs, wenn man die Vertretung dazuzählt. Das wäre zum einen ich, Vinicia Verina. Ich bin die Vorsteherin, sozusagen Chefin dieser Stadt, was den Cursus Publicus angeht. Dann doch Publius Carus, Lucius Fabius Sabinus, Lucius von Achaia und Maria Clara. Die erledigen den Hauptpapierkram, wie das Ausfüllen und Ergänzen der Tabellen, Ausstellen von Quittungen und anderes. Die Tabellarii Dispoti sind ja nicht direkt bei uns angestellt. “
    “Du sagest was von einer Vertretung? Ach ja, Taurus, übertrage die Abrechnungssumme bitte.“
    “Ja, eine Vertretung, bei Krankheitsfällen oder wenn jemand einmal beurlaubt ist. Damit wir immer vollzählig sind, da teilweise doch ein ziemlicher Haufen Briefe ankommt.“
    “Gut, wo sind diese anderen?“
    “Wir haben hier Schichtarbeit, wo immer zwei pro Schicht eingeteilt sind. Das heißt, dass zwei derzeit zu hause oder sonst wo sind, während zwei, mit mir drei hier arbeiten. Einer ist gerade dabei Nachschub an Wachstafeln und Papyrus zu holen, während der andere kurz auf dem Markt ist, um Getränke zu holen. Wir müssen immer die ruhigen Phasen ausnutzen. Die sind immer Mittags, da da die meisten einkaufen sind.“
    “Gut, bist du mit der Arbeit hier zufrieden? Gibt es Probleme? Hast du Wünsche?“
    “Nein, Probleme gibt es nicht wirklich, aber Wünsche hätte ich: Zum einen fragen die Angestellten, ob man etwas am Gehalt drehen könnte, das würde auch sicherlich neue Werber anlocken. Es muss ja nicht viel sein, aber etwas doch schon. Und zweitens wollte ich nachfragen, ob ich vielleicht nicht ein eigenes Officium bekommen könnte?“
    “Gehaltserhöhung? Das muss ich erst mit LACP regeln, das kann ich so nicht bestimmen. Und ein eigenes Officium ... ja das wäre denke ich nicht übel. Gibt es denn noch freie Räume? Dann lasse ich dir ein Schreiben an den Stadtverwalter hier?!“
    “Freie Räume? Oh ja, da haben wir genug....“
    [i]“Na, wenn das so ist... Taurus, du hast gehört, was zu schreiben ist.“


    Der Sklave schnappte sich die leere Wachstafel und schrieb darauf in schnellen, aber ordentlichen Zügen das gewünschte Schriftstück und reichte es dann Vinicia Verina.


    “So einfach? Ich mein ... das geht einfach so?“
    “Warum nicht? Dafür bin ich ja Praefectus Vehiculorum geworden, damit alles gut läuft.“
    “Öh, danke Praefekt.“
    “Ja, keine Ursache ... das wäre denke ich auch schon alles. Ich will nicht lange hier bleiben, schließlich habe ich noch viel vor.“


    Langsam erhob ich mich und war in Gedanken schon wieder beim Wagen, damit wir endlich aufbrechen können. Taurus legte den Griffel und die Wachstafel wieder in die Ledertasche und stand dann, gleichzeitig mit Vinica Verina auf.
    “Vale bene, Vinica Verina. Vielleicht sieht man sich ja noch einmal...“ sprach ich mit einem schwachen Lächeln und verließ dann eilig den Raum.
    “Vale bene, Sergius Curio .... das hoffe ich...“



    Der Weg zurück war wesentlich einfacher und ging zügiger und der Fahrer stand am Ende sogar schon beim Wagen und hat auf uns gewartet. Stumm nickte er mir zu und mein Leibsklave und ich stiegen wieder ein ... hoffentlich waren wir nun bald in Capua!

  • Standort: Capua


    Was dauerte diese Reise lang ... ich weiß nicht, wie oft ich das schon dachte, aber wenn Taurus nicht da wäre, wäre ich sicherlich schon an den Folgeerscheinungen von Langeweile gestorben, hätte mich verzweifelt von einer Brücke gestürzt oder mich zu diesem Matinier gesellt. Wie hieß er noch gleich? Matinius Platius oder Plutius, oder war es Plautius? Irgendwo hatte ich das vermerkt, damit solche peinlichen Situationen nicht in der Öffentlichkeit und vorallem nicht in seiner Nähe passierten, das konnte nämlich schneller unangenehm werden, als mir lieb war. Meine Gedanken kreisten noch immer um diese Vorladung. Ich war nun schon mehrere tage unterwegs, übernachtete ihn diversen schäbigen, aber auch guten Tavernen, schlief in der Kutsche, schlief gar nicht, redete mit meinem neuen Leibsklaven, aber trotzdem gingen mir diese Momente in der Casa Matinia nicht aus dem Kopf, ja ich träumte sogar davon. Gut, nicht direkt davon, vielmehr von der Person, weswegen das alles erst anfing. Ob das ein schlechtes Omen sein würde? Ob mich die Götter für etwas straften, was ich in meinem bisherigen Leben falsch gemacht hatte? Ich war mir keiner Schuld bewusst, aber in den Augen der Götter sah das ja vielleicht anders aus, wer wusste das schon. Natürlich gab es so das ein oder andere kleine Detail, welches ich lieber aus meiner Biographie streichen würde, aber es gab schließlich keinen, der perfekt war ... nichteinmal die Götter selbst-
    Kannte sich der Sklave eigentlich mit dem Thema Liebe aus? Oh weh, nun war ich sogar schon soweit, dass ich von Liebe sprach. Irgendetwas oder irgendwer versucht mir das einzubläuen. Sie steckten alle unter einer Decke: Aurora, Sabina und Cicinne sowieso. Sie war doch irgendwie an allem Schuld.
    “Taurus ... was glaubst du ... was heißt es, wenn man oft von einer Person träumt?“
    “... und so war das damals mit den ... verzeih, was? Wenn man oft von einer Person träumt? Naja ist doch ganz klar, diese Person bedeutet dir etwas, vielleicht sogar relativ viel.“
    “Meinst du das? Das kann doch auch ein schlechtes Omen sein, eine Vorahnung, es könnte ein Bild der Götter sein, welches mich vor dieser Person warnt!“
    “Schau dir die Person an, sieht sie denn gefährlich aus, so wird sie wahrscheinlich auch Gefährliches wollen ...“
    “Sie sieht nicht gefährlich aus ... nein, das tut sie nicht. Im Gegenteil ...“
    “Sie? Oho... Herr, weißt du, was das heißen könnte? Du weißt genaue, was das heißen könnte!“
    Verdammt, er steckte auch dahinter. Wie schaffen die das? Jeder musste sich gegen mich verschworen haben, das ganze Imperium spielte ein Spielchen mit mir. So musste es sein, das war ja viel wahrscheinlicher, als die Alternative. So musste es sein, nein ich lüge. Die Alternative wäre sicherlich viel logischer, aber so konnte es nicht sein. Also ... wirklich. Soetwas ist noch nie passiert, warum jetzt? Warum bei ihr, was ist an ihr so besonders, was ist der Reiz? Ihre Art, weil sie sich eben nicht einfach so verzaubern ließ? Ach keine Ahnung, warum sich über Dinge Gedanken machen, die nicht wahr sind, oder sollte man es in Erwägung ziehen?
    “Herr?“
    “Hm .. mh ... jaja Taurus, was gibt es denn?“
    “Du verhälst dich komisch, es liegt an dieser Frau. Du solltest zu ihr gehen und es ihr sagen. Das sieht ein Blinder, was du für sie empfindest.“
    “Lüg mich nicht an ... lüg mich niemals an! Ein Blinder kann nicht sehen, ein Tauber kann nicht hören und ein Stummer kann nicht reden! Also wieso sollte das ein Blinder sehen können?“
    “Deine Reaktion, sich an solch kleinlichen Dingen zu stören, eine Redewendung zu kritisieren zeigt es doch nur noch mehr.“
    “Wie hoch schätzt du die Chance, dass du recht hast?“
    “99 Prozent, Herr!“


    Ich schwieg ... ich schwieg eine ganze Weile. War es wirklich so? So offensichtlich? Aurora hatte mir dies schon vor einer halben Ewigkeit verraten, aber ich hatte ihr nicht geglaubt, sie konnte Taurus soetwas nicht anvertrauen, sie haben sich niemals gesehen und Taurus kannte auch nicht Cicnne oder Sabina und Sabina nicht Aurora. Da gab es absolut keinen Zusammenhang, es musste schließlich doch so sein. Ein kleiner Seufzer verließ meine Lippen. Ich hatte geglaubt, nie in eine solche Situation zu kommen, niemals und dann passierte es, wurde mir mit einer Fanfare mehr als einmal ans Ohr gebracht und ich hatte es nicht verstanden. Ich müsste Briefe schreiben ... mehr als einen Brief, an verschiedene Leute. Wie hieß noch gleich ihr Vater? Das war doch der Senator ...



    “Hey ihr da drin. Es ist Zeit auszusteigen. Wir sind in Capua“ Bei all den Gedanken hatte ich nicht mitbekommen, wie mich Taurus die ganze Zeit nachdenklich betrachtete, wie die Kutsche anhielt und wie der Kutscher uns mehrmals rief. Wir waren in Capua, dem ersten großen Ziel. Endlich eine mehr oder weniger vernünftige Stadt ... hier würde ich mich ein wenig von den Gedanken ablenken lassen können.

  • Standort: Capua


    Verdammt, wo war nur die mansio hier? Das war ja nicht zum Aushalten. Egal wen man fragte, das einzige, was man bekam war eine völlig ungenaue Beschreibung unverständliche Handzeichen und Richtungsanweisungen, dessen Ziel genauso gut in der entgegengesetzten Richtung sein könnte. Capua war ja keine kleine Stadt, nein, hier musste es doch ein funktionierendes Postwesen geben, was würden die sonst machen? Die ganze Verwaltung nach außen war doch vom Cursus Publicus abhängig.
    “Bürger! Wo kann ich die mansio des Cursus Publicus finden?“
    “Die ... mansio ... ja genau, fragen sie einmal beim Amt für Auskünfte, die werden euch das sicherlich sagen.“ Amt der Auskünfte? Was sollte das denn sein? Sagten die einem, wo man was findet? Na toll, so etwas brauchte man in Rom, aber nicht hier.
    “Und wo finde ich das?
    “Ich weiß nicht fragt bei der Auskunft, die werden dir das sagen...“
    Und mit einem Schulterzucken verabschiedete sich der seltsame Kauz und ging weiter seines Weges. Ich sollte bei der Auskunft fragen, wo ich die Auskunft finde,damit ich nach der mansio fragen konnte? Verrückt, wahnsinnig ... hier musste sich was ändern, nicht nur am Postwesen. Vielleicht einmal mit dem Comes reden...


    “Taurus ... wir gehen noch einmal zur Stadtverwaltung. Es muss ja hier irgendwo sein.“ Und so gingen wir wieder durch die komplette Stadt in Richtung Curia, in der Hoffnung, dort das Officium des Stationarius oder die mansio zu finden. Dort angekommen war auch wie vorhin eine große Steintafel in die Wand eingelassen, an der man erkennen konnte, wo sich welches Officium fand. Was wohl passieren würde, wenn sich etwas ändert? Würde dann eine komplett neue Tafel gemeiselt? Nein, die Gedanken mussten nun einmal zusammenbleiben, sonst würden wir das nie schaffen.
    “Taurus, such nach irgendetwas, was auch nur ansatzweise wie Stationarius oder mansio aussieht!“
    “Natürlich Herr.“
    Es dauerte nicht lange, bis wir die Tafel ein weiteres Mal durchgeschaut hatten und nur eine Sache schien hilfreich zu sein: Anmeldung. Die mussten doch wissen, wo unser Ziel lag...

  • Standort: Capua


    “Ai Bürger, was kann ich für dich tun?“ fragte der scriba an der Anmeldung mit einem leicht provokanten Blick und einem Tonfall, wo man nur allzu deutlich heraushören konnte, dass er absolut keine Lust hatte, mich nun bedienen zu wollen. Heute war er allerdings an den falschen geraten, denn ich war mehr als nur genervt und die ganze Stadt hier ging mir ziemlich auf den Geist und dementsprechend war auch mein Tonfall leicht gereizt:
    “Du kannst mir sagen, wo ich die mansio des Cursus Publicus oder das Officium des Stationarius von Capua finden kann!“
    “Ai! Und wieso sollte ich das tun?“
    Das reichte, das war zuviel. Was bildete sich dieser Typ eigentlich ein? Das war mit Sicherheit nichts weiter an ein einfacher Peregrinus oder gar ein Libertus und er wagte es so mit mir zu sprechen?!
    “Wie heißt du scriba?“ fragte ich trocken.
    “Und wieso sollte ich dir das sagen?“
    “Ich werde deinen Namen sowieso herausfinden. Es gibt genug andere, die ihn wissen, aber das wird dann nicht mehr so erfreulich für dich sein. Deine Entscheidung.“
    “Einen Dreck werd ich machen!“
    “Taurus, notiere bitte noch, dass wir einen Besuch beim Magistrat machen.“
    “Ja, Herr.“
    Taurus holte eine Wachstafel und einen Stilus aus seiner Ledertasche und schrieb es in schnelle Zügen auf.
    “Ai, moment ... ich bin Sextus Ravus.
    “Ahh, Sextus Ravus. Du wirst mir nun sofort sagen, wo die mansio ist!“
    “Öhm, dritter Korridor, zweite Tür von links ...“
    “Danke!“
    “Und äh ... was ist mit dem Magistrat?“
    “Ohja ... Taurus ergänze den Namen Sextus Ravus, dann weiß er sicher schneller, wer gemeint ist!“


    Der Gang durch die Korridore ging relativ zügig und nun wussten wir auch wenigstens, wo wir hin mussten, was das Ganze auch noch einmal beschleunigte. Zielstrebig gingen wir in den dritten Korridor und wandten uns sofort an die zweite Tür auf der linken Seite, wie der scriba uns sagte. Taurus klopfte einmal gegen die Tür des Officiums und öffnete dann die Tür, ohne auf ein 'Herein' zu warten.


    Hätten wir auf ein 'Herein' warten sollen, würden wir vermutlich noch den ganzen Tag dort, stehen denn wie sich herausstellte, war das Officium leer. Man bemerkte, dass hier gearbeitet wurde und die vielen Papyri und Briefrollen ließen ebenso vermuten, dass es sich hier tatsächlich um die mansio handelte, aber niemand war hier.
    “Taurus, das tu ich mir nicht länger an! Wir reisen weiter und kommen später noch einmal wieder!“

  • Standort: Misenum


    Vom chaotischen Capua kommend hielten wir auf dem Weg nach Misenum noch kurz an einer der vielen Poststationen zwischen den Städten und Dörfern, wo die Tabellarii dispoti eine Pause einlegen konnten, ihre Pferde versorgt wurden, oder gelegentlich auch einfach ein anderes Pferd nahmen. Diese Stichprobe verlief ziemlich gut, denn wie es schien, war alles im Lot und man bedurfte dort keiner Hilfe. Schnell gab mir der hiesige Verwalter eine Liste mit benötigten Dingen, welche allerdings alle nicht die Welt waren und für die es von Avarus wohl leicht eine Zustimmung gab. Das würde ich noch in den Bericht einfügen und dann wäre das schon ein guter Teil dessen, was ich hätte. Kurz überlegte ich, was ich schon alles hatte ... Roma, Capua, zwei Stichproben ... nun, dann käme jetzt wohl Misenum dran.


    "Taurus, warst du einmal in Misenum?"
    "Nein Herr, diese Ehre hatte ich noch nicht, aber man sagte mir, dass es dort nicht unbedingt übel sein soll. Weiterhin hörte ich, dass dort neue Villen errichtet werden, anscheinend hat der Kaiser persönlich eine dort gekauft und auch einige andere bekannte Persönlichkeiten sollen sich eine zugelegt haben."
    "Taurus, du überraschst mich! Woher weißt du das alles? Ich meine, du als Sklave ..."
    "Mit Verlaub Herr, besonders als Sklave ist es wichtig Augen und Ohren offen zu halten, denn Informationen sind wertvoll, was natürlich nur gut auf einen Sklaven zurückfiel, wenn sie dem Herr mitgeteilt werden ... wie in diesem Falle beispielsweise."
    "Wahre Worte ... ich muss sagen, deinen Kauf bereue ich nicht und ich hoffe, du wirst weiterhin so gut arbeiten, aus dir könnte tatsächlich noch etwas werden!"
    "Natürlich Herr..."


    Tjaha, so gute Sklaven fand man nicht überall und wenn ich an die Pleite von Mara und Cicinne dachte, war dieser hier sogar noch recht kostengünstig ... natürlich nur im Vergleich zu seiner Leistung, denn er hatte schon eine Stange Geld gekostet, aber das sollte nun nicht Thema der Sache sein und außerdem waren wir schon in Misenum angekommen, wie die Worte des Fahrers zeigten.


    "Sergius Curio ... wir sind in Misenum!"

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