Livia war am Tage der Opferung so wie bei fast allen ihr vorauseilenden Ereignissen, mit immens großer Wichtigkeit die man hätte verschusseln können, mal wieder schrecklich aufgeregt, dieses mal sogar noch wesentlich schlimmer als an anderer Stelle jemals zuvor, geschlafen hatte sie zugegebner Maßen schon für mehr als zwei Nächte nicht mehr richtig und sah für diesen Zustand dementsprechend auch reichlich erschöpft aus, mit leichter Blässe um die verfrorene Nasenspitze und geziert durch einige Tropfen kalten Angstschweißes auf ihrer Stirne, war das Tantchen nun schon einige Stunden vor Sonnenaufgang auf dem Tempelplatz umher stolziert während sie in Gedanken noch einmal die ganze Opferzeremonie von vorne bis hinten zu durchdenken versuchte.
`Erstens die Bevölkerung begrüßen und den Grund unserer Zusammenkunft erwähnen...zweitens hm...achja Weihrauch, Kekse und Kuchen opfern, danach das Gebet an Meditrina so wie ich es mir notiert habe und natürlich nicht zu vergessen die Opferung des Weines, ...hm neuen und alten Wein dabei mischen, so und am Ende den Opfersatz nicht vergessen ...das ist ja ganz ganz wichtig! Dann kommt Juppiter, an ihn natürlich auch wieder ein Gebet und dann die Opferung des Ochsens, Schmuck abnehmen, den Ochsen betäuben und mit Messer über Rücken streichen lassen, dann “Age” wenn gefragt natürlich, dann folgt die Untersuchung des Fleisches und ich warte natürlich, wenn kein Makel vorliegt die Litatio verkünden, Innerein und Fleisch kochen lassen, dann die Hälfte opfern und den Rest verteilen zusammen mit dem Wein...war es das? Ja das müsste es gewesen sein ...oder?`, sinnierte Livia müde und griff sich mehrmals angestrengt während sie auf und wieder ab ging an ihre eiskalte Schläfe, dass sie etwas vergessen hatte glaubte sie nicht wirklich, aber man wusste ja nie genau ob man nicht im Zustand geistiger Umnachtung während der ganzen Aufregung doch etwas vergaß dachte Livia und überflog so lieber noch einmal prüfend alle Stichpunkte, die sie sich schon am vorgestrigen Tage sorgfältig notiert hatte.
“Ach nein, in Ordnung nichts vergessen...puh, also wirklich wenn ich mir weiterhin einrede das ich etwas vergesse dann passiert es am Ende noch tatsächlich, na ja jetzt fehlen also nur noch die Sonne und die Opferhelfer damit es langsam losgehen kann, währe ja schön wenn es heute mal klappen würde”, faselte Livia immer noch schwer aufgeregt und stützte die beiden zitternden Hände in die Hüfte um sie von der nervigen Bewegung endlich abzuhalten, was ihre Mutter wohl von dem ganzen getan hätte wäre sie jetzt bei ihr gewesen ? Wahrscheinlich nichts, dachte Livia grimmig und ließ sich nach einer Weile des Herumlaufens müde auf einer kleinen steinerne Bank vor dem Capitolium nieder bis die ersten Strahlen der Sonne hinter den spitzen Dächer der Tempel empor stiegen, dafür war ihre Mutter eine viel zu selbständigkeitsliebende Person gewesen als das sie ihre eigene Tochter wohl in diesem Alter noch mit ihren Ratschlägen und Tröstversuchen wirklich abgelenkt hätte.
Livia kam das Warten fast wie eine Ewigkeit vor, Minuten, Stunden, ja Tage schienen in wenigen Sekunden an ihrem inneren Auge vorbeizuziehen und sie in immer tiefere Verzweiflung zu stürzen, wenn nicht bald etwas passiert so schwor sich Livia würde sie entschlossen einfach vor Anspannung platzen, hier an Ort und Stelle, doch noch kurz bevor sich Livia dazu aufraffen konnte genau dies tatsächlich zu tun, trotteten auch schon die ersten Opferhelfer herbei und grüßten die neue Opferherrin freundlich.
“Salvete euch allen”, grüßte Livia zurück und richtete sich aus ihrer Sitzhaltung zu dem umherstehenden Personen auf von denen die meisten sie um mindestens einen halben Kopf überragten,
“ich freue mich das ihr alle erschienen seid, wie ihr wisst ist das heute meine erste Opferung als Opferherrin, deswegen bitte ich euch zu aller erst wenn auch nur ein wenig Nachsicht mit mir walten zu lassen, ich werde mich bemühen alles für Meditrina wie auch Iupiter zufriedenstellend oder besser gesagt möglichst perfekt mit euch zusammen über die Bühne zu bringen, über die meisten Opfergaben haben wir ja gestern Nachmittag schon gesprochen, Weihrauch ist wieder genügend vorhanden nach dem Decima Valeria ihn bei der letzten Opferung ja nachbestellen ließ, bleibt die Frage nach den Keksen und dem Kuchen und natürlichem dem Ochsen der ja eigentlich laut eurer Aussage schon bereitsteht?”, hakte Livia nun doch noch etwas angespannter als vorher nach und strich sich die nun teilweise an der Stirn haftenden Locken aus dem Gesicht.
“Also die Kekse und der Kuchen habe ich bereits oben vorbereitet mitsamt dem Weihrauch natürlich,
alten und neuen Wein freilich auch und den Ochsen, nun den haben wir auch mitgebracht, ein paar von uns warten dort hinten mit ihm, wir können gleich hinüber gehen damit ihr ihn euch ansehen könnt, wir haben uns wirklich größte Mühe gegeben ein schönes Tier für die Zeremonie heraus zu suchen, nur das beste für Iupiter versteht sich”, meinte die noch recht junge Frau aufgeweckt und zeigte mit ausgestrecktem Finger in eine kleine Gasse neben dem Capitolium.
“Nun denn, lasst uns gehen, damit ich es mir noch mal anschauen kann bevor wir den Ablauf noch einmal durchgehen werden, wir haben schließlich nicht den ganzen Tag Zeit in ein paar Stunden müssen wir mit dem Opfer begonnen haben”, sagte Livia doch etwas erleichtert und folgte den Opferhelfern gespannt den überwucherten Steinweg hinab zu dem besagten Opfertier.
Kaum hatte Livia mit samt ihrer Begleitung den offenen Platz passiert und waren in die schmale Gasse neben dem Capitolium eingebogen, da konnte das Tantchen auch schon drei junge Männer erspähen die sich neben einem weißen Tier, welches ganz voraussichtlich der Ochse darstellte, fast wie auf einer Perlenkette aufgereiht hatten und den anderen nun freundlich zuwinkten. Der Ochse, so fand nun selbst Livia auch wenn sie sich noch nicht so intensiv wie Valeria mit dieser Materie auseinandergesetzt hatte, war doch von so wörtlich recht stattlicher Figur und keines Falls wie befürchtet zu klein geraten, auch das weiße Fell des Tieres schien auf den ersten Blick für die zukünftige Sacerdos keinen wirklichen Makel erkenn zu lassen, so dass Livia nach mehrmaliger genauer Betrachtung in der sie um das Tier herumgeschlichen war nun doch beschloss der Schmückung des selbigen nun endlich zuzustimmen.
“Ja in Ordnung, ihr könnt gehen und das Tier schmücken, bitte spart nicht an Material ja, man soll uns schließlich nicht für knauserig gegenüber Iupiter halten, um so schöner um so besser, wir drei gehen dann nach oben und schauen nach den anderen Dingen, wenn das erledigt ist werde ich noch einmal das Tier begutachten und mich zurecht machen gehen für die Zermonie”, meinte Livia noch abschließend zu allen und wandt sich dann mit den besagten Drei in Richtung Capitolium ab.
Na mal sehen ob sich jemand erdreistet trotz der Terminvorverlegung zu kommen