[Cella I] - leerstehend

  • ~ Carcer Cella I ~
    leerstehend


    Der Carcer war ein kalter und dunkler Raum unter Tage. Da hier nicht allzu oft 'Gäste' sind, und wenn, diese nicht als sehr wichtig eingestuft werden, ist es hier auch dementsprechend staubig und an dieser Situation sollte sich auch nichts ändern. Ein schmaler Gang führt durch die Mitte des Raumes, dessen Seiten von mehreren Zellen gesäumt sind. Jeweils noch einmal einzelne Räume mit einer schweren Holztür verschlossen. Der Ausgang liegt am Ende einer steilen Treppe und einer schweren, metallbeschlagenen Tür.


    Die Zelle an sich ist sehr klein und ungemütlich, bietet abgesehen von einem dreckigen Leinsensack - mit Stroh gefüllt -, einem kleinen Hocker und zwei Holzschalen nicht wirklich viel Komfort. Licht dringt nur durch das vergitterte Fenster in der Zellentür herein und auch dies ist nichts weiter als ein schwacher Fackelschein.

  • Cestianus hasste es, hier herunterzukommen. Er hasste die Kälte, er hasste den Schmutz, die stickige Luft und die Feuchtigkeit. Den Fackelschein, der merkwürdige Schatten an die Wand warf und auch das Gefühl der Beklommenheit. Er hasste ganz einfach den Carcer und jede einzelne Cella in diesem. Was würde er nur dafür tun, nicht mehr hier herunter zu müssen. Wie oft hatte er schon einen Centurio gefragt, ob nicht jemand anderer diese Arbeit verrichten konnte, aber nein, er sagte immer, dass er sich an den Centurio Statorum wenden sollte. Dieser senile alte Sturrbock hatte wohl nicht mitbekommen, dass sie seit zwei Monaten keinen Centurio Statorum mehr hatten. Aber nein, das interessierte ihn gar nicht. Er brauchte nicht einmal den Mund zu öffnen und Naso schäubte nur einmal und gab Cestianus einen Wink mit der Hand, der ihm bedeutete, zu gehen.


    Nun denn, so betrat er wieder einmal den Carcer, fühlte diese eklige Kälte, die Feuchtigkeit, sah den Schmutz, die merkwürdigen Schatten und spürte in sich wieder diese Beklommenheit ... wie jedes Mal. “Reiß dich zusammen Cesti ... reiß dich zusammen. Irgendwann ... irgendwann gibt’s wieder einen Centurio Statorum, der wird hoffentlich Gnade walten lassen ...“ flüsterte er sich zu und ging die steilen Treppenstufen hinab, um jede einzelne Cella zu kontrollieren.
    Das hatte man ihm aufgetragen, das machte er seit nunmmehr einem halben Jahr und bisher war nie etwas ungewöhnliches. Die Inhaftierten saßen alle am rechten Platz, die leeren Cellae blieben leer und die Beklommenheit blieb. Er wusste nicht einmal, was er wirklich als ungewöhnlich einstufen sollte. Natürlich wenn auf einmal ein Häftling weniger dort war, aber was noch? Langsam und mit einem unbarmherzigen Geräusch kreischte die schere hölzerne Tür der ersten Cella, als Cestianus den Eisenschlüssel ins Schloss steckte, diesen umdrehte und die Tür dann langsam öffnete.
    “Verdammt, was soll hier schon sein. Mal ne tote Maus oder so ... mehr auch nicht ...“ murmelte er wieder und betrat die Cella. Nein, nichts ungewöhnliches. Nicht einmal eine tote Maus. Nur der Strohsack, der Hocker und die beiden Holzschalen. Eine für den Unrat und eine für das Essen. Wachen machten sich oft einen Spass daraus, diese untereinander zu tauschen und einem Häftling beispielsweise zwei 'Unratschalen' zu geben, aber mehr als einmaliges, dreckiges Gelächter passierte auch nie.


    Cestianus schüttelte leicht den Kopf und ging einen Schritt nach hinten, als er wieder dieses Gekreische der Tür hörte, wie die ungeölten Türangeln diesen grässlichen Ton auslösten und im Inneren einer Cella eine noch stärkere Beklommenheit auslöste. Ein dumpfer Schlag gab bekannt, dass die Tür ins Schloss viel und das Kratzen von Metall ließ darauf zurückschließen, dass dieses nun versperrt wurde. Verdammt ... Cestianus war gefangen ... in der eigenen Castra, als unschuldiger am Ort seiner Albträume. “Hallo ....?“ wimmerte er leise und stolperte nach einer halb eleganten Drehung rücklings auf den Strohsack. Verdammt, was ging hier vor? Machten seine Kameraden mal wieder einen Streich? Wenn ja, war das ein ganz mieser ... das konnte doch alles nicht wahr sein ...

  • Wie lange saß Cestianus nun schon in dieser Zelle? Verdammt es kam ihm vor wie ein paar Stunden, aber es waren nicht einmal fünf Minuten hier. Da war sie wieder, diese Beklommenheit und nun, als im klar war, dass er wirklich in einer Zelle steckte, am Ort seiner Albträume, bekam er es fast schon mit der Angst zu tun und hämmerte von innen gegen die schwere Tür. Seine Stimme dagegen versagte vollständig und er brachte kein einziges Wort heraus. Nur ein unliebsames Krächzen war die Reaktion auf das Gelächter zweier unbekannter Männer vor der Tür. Er konnte sie nicht sehen, weil die Klappe des Gitterbewerten Gucklochs in der Tür von außen versperrt war und so kam auch abgesehen von dem winzigen Türspalt und noch ebenso kleinen Schlüsselloch so gut wie kein Licht in die Zelle. Alles was er sah waren unterschiedliche Abstufungen von Grau. Hellgrau in der Nähe der Lichtquelle, dunkleres Grau zwischen Licht und Dunkelheit und ein extrem dunkles Grau bis schwarz in den entlegensten Ecken der Zelle. Alles was er hörte war sein eigenes Krächzen, sein pochendes Herz, welches fast noch das Lachen der Männer übertönte, wie es unablässig und laut in seinem Ohr pulsierte und nicht langsamer werden wollte. Und alles was er fühlte war der nackte und kalte Stein an der Wand. Kalt, fremd und unbarmherzig. Er hatte das Gefühl, dass er nie mehr hier heraus kommen würde und diese Steine auf ihn niederprasseln würden und er auf ewig dort begraben wäre.


    Mit einem Schlag änderte sich die Situation aber, als das Gelächter verstummte. Für einen Augenblick dachte Cestianus, er wäre nun völlig allein. Allein in dieser Dunkelheit und er wünschte sich nichts sehnlicher, als dass Naso damals ihm ein Ohr geschenkt hätte und gesagt hätte: 'Ja, wir teilen wem anderen die Aufgabe zu. Aber nichts dergleichen war geschehen. Nun, aber war es still. Totenstill. Nicht einmal die Mäuse machten Geräusche, das Pochen des Herzens hatte aufgehört, sein Krächzen verstummte und es schien auch wenn er seine Hände gegen das Holz schlug, als wäre das Geräuschergebnis gleich Null. Wieder änderte sich alles, von einem Wimpernschlag auf den anderen. Die Klappe vor dem Guckloch wurde weggerissen und helles, blendendes Fackellicht drang an seine Augen vor und er dachte, jeden Moment zu erblinden, bis sich ein Schatten auf sein Haupt niederlegte. Ein Gesicht, nein, nur das Auge eines Gesichtes erschien vor dem Guckloch und musterten Cestianus eindringlich.
    “Man, lasst mich raus. Ihr hattet euren Spaß ... lasst mich hier heraus! Bitte!!!“ wimmerte Cestianus, während er mit seinen kurzen Fingernägeln am dicken Holz lang schabte, was unnatürlich grässliche Töne von sich gab. „Du ...“, ertönte eine raue Stimme, die ihm ganz und gar nicht geheuer vorkam. Waren das wirklich seine Kameraden? Er kannte niemanden mit einer solchen Stimme, das war ja unmenschlich. „... du glaubst wirklich, wir machen das zum Spaß?“ Ein böses Lachen ertönte und der Schatten verschwand, um wieder dem hellen Fackelschein Platz zu machen. Mit zusammengekniffenen Augen konnte Cestianus den Umriss von zwei, in dunklen Gewändern gekledeitete Männer erkennen. Es war nicht solch ein pseudo-böses schwarz, sondern ein unauffälliges dunkles Braun, wie es viele Bauern trugen. Das ließ sie in seinen Augen noch gefährlicher wirken, denn sie verstanden etwas von Tarnung. Verdammt was wollten sie? Was wollten sie von ihm? “Aber was wollt ihr dann?“ sprach er nur seine Gedanken aus und wartete auf eine Antwort, die allerdings eine quälend lange Zeit ausblieb...

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!