Die Wachstafel in der Hand setzte ich mich in einen Korbsessel. Mit beiden Händen gefasst betrachtete ich sie und las sie wieder und wieder. Einige der Aussagen waren mir klar: Ich sollte ein Ziel vor Augen haben und einen Plan zu dessen Erreichung entwerfen. Dann musste ich nur noch mutig diesem Weg folgen, gleich welche Hürden er bereithielt - das war der Wille der Sibylle. Nur eines wusste ich immer noch nicht: Das Ziel.
Selbst die Sibylle fragte in ihrer Botschaft, ob ich denn meinen Namen und mein Ziel kenne. Den Namen schon, aber das Ziel? Oder hing beides miteinander zusammen? Irgendwo musste doch die Lösung dieses Rätsels stecken. 'Was nun, wenn mich die Sibylle darauf hinweisen wollte, dass ich ja eine Claudia bin? Eine Claudia wird Vestalin, aber pflegt sie auch den Kult anderer Gottheiten? Nicht wirklich, das wusste ich. Und trotzdem hatte ich mich für diesen Weg entschieden. Tja, und nun plagten mich die Zweifel.'
Ohne Ziel gehst du weiter und wartest auf den Weltuntergang,
Doch dein Warten ist ewig, und die Ewigkeit lang.
Stehst du einfach nur da, so wie ein Denkmal deiner selbst,
Ist der Weg vor dir eine Öffnung, in die du immer tiefer fällst.
Fürchte dich nicht und tue den ersten Schritt, hinaus aus dem Grab.
Du wirst sehen, die Arroganz persönlich steigt von ihrem Sockel herab.
Nicht immer kannst du Rückenwind haben und Sonnenschein im Gesicht,
Denn Unverschämtheit und Einfalt erbarmen sich nicht.
Um mit den Sternen zu tanzen, sie alle zu sehen,
Musst du die Schicksalstürme selbst hinauf gehen.
Der Löffel ist schwer, genau wie der Weg. Doch was ist schon Glück?
Bedenke: Die Sehnsucht, die du bekämpfst, kehrt als Schicksal zu dir zurück.
Der Morgen wird kommen, bist du dann immer noch hier?
Hast du den Plan nicht vor Augen, kommt der Weg nicht zu dir.
Es ist nicht wie auf der Bühne, du kannst nicht einfach gehen,
Du kannst nicht nach vorne blicken um das Ende zu sehen.
Manchmal weiß man nicht wo man ist und wie es weitergeht.
Manchmal kennt man den Weg, doch dann weiß man nicht wo man steht.
Kennst du deinen Namen, kennst du dein Ziel?
Vertraue darauf, nicht zuwenig, nicht zuviel.
Setze ein Fuß vor den anderen und die Welt ist dein,
Doch bedenke stets, dieser Weg wird kein leichter sein.
Nimm einen großen, flachen Stein - keinen spitzen,
Sonst bleibst du zeitlebens auf deiner Unruhe sitzen.