Eine seltsame Stimmung hatte von mir Besitz ergriffen seit jener Tage, da ich ihr so nah gewesen war. Mir schien, als hätte ich etwas verspielt, etwas aufs Spiel gesetzt, von dem ich nicht vermutet hätte, dass es so zerbrechlich sei oder auch gewesen war. Ich konnte nicht den Grund benennen, aus dem ich seit jener Tage zurück in der villa in Mantua stets in die Lyrik floh, vermutete aber, dass es daran liegen mochte, dass man lyrisch ausgedrückte Worte nicht direkt mit dem Innenleben des Federführenden in Verbindung brachte. So war es nicht verwunderlich, dass ich zu Feder und Pergament oder Griffel und Wachstafel griff, um sinnlos Worte aneinanderzureihen.
...
Der Zweifel bleibt, nichts reißt ihn ein;
in meinem Innern diese Angst,
nie könnt ich dir Genüge sein,
und dass du viel zu viel verlangst.
...
Mit dem Griffel an meinen Lippen dachte ich nach. Die Sprache war nicht recht lyrisch, einzig die Satzenden reimten sich, wenngleich auch die Worte ausdrücken mochten, was ich dachte und fühlte. Doch noch war der Geist nicht erschöpft. Ich machte einen Strich und fügte etwas neues an, das mir wie Flüssigkeit aus der Hand tröpfelte.
...
Den Sturz der schönen Worte
hält meine Lust nicht auf.
Gebrochen meine Schwüre?
Die Tat hält Ausverkauf.
...
Ich legte den Griffel fort und blickte auf die Worte hernieder. Was für ein Durcheinander! Derart befremdlich. Ich hob den Blick und betrachtete von der steinernen Bank aus das Tiberufer, das ich gewählt hatte, um hier nachzudenken. Ich seufzte vernehmlich. Sollte ich sie jemals zeigen, würde die betreffende Person diese Worte und das, was in meinem Inneren vorging, verstehen. So hoffte ich. Sicher sein konnte man da niemals. Corvinus, dich hat's erwischt.
Tja, dass mir das hatte passieren können, hätte ich nicht für möglich gehalten. Schon gar nicht auf die Art, wie es geschehen war.