Nachmittagsspaziergang eines Marspriesters

  • "Sehr gern, Aquilius", erwiderte Epicharis und lächelte erfreut. "So wird es doch noch ein glücklicher Tag, auch wenn unser Aufeinandertreffen auch im wahrsten Sinne eines war." Sie erinnerte sich schmunzelnd daran, wie Aquilius vor einer Weile in Gedanken versunken in sie hineingelaufen war. Während sie einherschritten, betrachtete sie das Profil des Marspriesters von der Seite her. Ein Ferkelchen schien ihm also überdimensioniert? Epicharis runzelte die Stirn. "Aquilius, ich möchte sicherlich nicht dein Wissen untergraben oder dein Urteilsvermögen, aber kann ein Opfer wirklich unverhältnismäßig sein, wenn es um den Schutz geht, den Mars einem Soldaten gewähren möchte? Ein Soldat setzt sich einer viel größeren Gefahr aus als ein Priester oder vielleicht ein Politiker. Ich möchte wirklich die Gewissheit haben, alles getan zu haben und nicht geizig gewesen zu sein, was Aristides' Leben betrifft, weißt du?" sprach Epicharis und lächelte Aquilius an. Hier sprach nun auch die Zuneigung aus ihr, welche sie für den Verwandten des Aquilius empfand, das konnte sie nicht vermeiden und wollte es auch gar nicht. Immerhin war es ohnehin sehr selten, dass man schon vor der Hochzeit etwas für den Ehepartner empfand. Gespannt wartete sie darauf, was er entgegen würde.


    Dass sie bisweilen eine blühende Fantasie hatte, wusste Epicharis selbst nur zu gut. Nicht wenige hatten ihr das bereits bestätigt. Sie lachte und winkte träge ab. "Du würdest dich wundern, welche Dinge zuweilen in meinem Kopf herumspuken... Den Geleitschutz kannst du dir übrigens ersparen, ich kann doch nicht meinen neu gewonnen Freund gleich wieder loswerden. Wie würde das denn aussehen?" Schmunzelnd schüttelte sie den Kopf. "Vorerst werde ich mich damit begnügen, es dir so schwer als möglich zu machen, was die Wahl eines Lokals anbelangt." Epicharis zwinkerte ihm zu und klärte ihren Scherz auf: "Nein nein, nur keine Angst, ich bin nicht so wählerisch und esse beinahe alles. Da du mich aber eingeladen hast, würde ich gern ganz deinem erlesenen Geschmack vertrauen und mich überraschen lassen, wohin du mich führst. Ich hoffe, das ist auch in deinem Sinne?" Zwei dunkelbraune Augen sahen fragend in jene des Aquilius hoch.

  • Ich lächelte ein wenig, denn sie war dem Trugschluß aufgesessen, den man auch mir recht früh hatte austreiben müssen - dass ein sehr hoch dimensioniertes Opfer auch gleichzeitig mehr Aufmerksamkeit für eine Person bedeuten musste.
    "Mars wird jeden Mann schützen, der ehrenhaft und in seinem Namen kämpft, Epicharis," sagte ich freundlich, aber bestimmt. "Wenn Du Mars zusätzlich bittest, Seine Hand über Aristides zu halten, ist das ein zusätzlicher Punkt, so Aristides nicht gegen Mars frevelt, doch letztendlich entscheidet vorrangig sein Verhalten und die Ehrlichkeit eurer beider Gebete und Handlungen darüber, was geschieht und ob etwas geschieht. Überlege, eine arme Familie kann für lange Zeit von einem Ferkel leben und rechne Dir dann aus, wieviele Menschen vielleicht etwas mehr Geld hätten, aber dann Fleisches-Hunger leiden müssten, würden alle Frauen oder Verlobte eines Soldaten Ferkel opfern, um zu Mars zu beten. Ein Ferkel ist immernoch die Option darauf, irgendwann ein ausgewachsenes Schwein zu haben, das ganze Familien durch einen harten Winter bringen kann, keine beliebig vorrätige, dauerhaft erhältliche Wegwerfware."


    Langsam atmete ich ein, um den Worten den Nachdruck zu nehmen, den sie unweigerlich angenommen haben mussten, denn ich musste dies sehr oft vor allem wohlhabenden Opfernden erklären. "Natürlich lenkt ein größeres Opfer etwas mehr Aufmerksamkeit auf den Opfernden, aber ich glaube, dass Mars eher zürnen würde, würde das Leben eines Ferkelchens für die Bitte um einen einzelnen Mann verschwendet. Kekse, Wein, Weihrauch und Kuchen sind gute Gaben für ein solches Opfer, und ich bin mir sicher, Du wirst auch damit schon erreichen, was Du Dir für Aristides wünscht."
    Wir schritten einige Augenblicke schweigend nebeneinander her, was ich nutzte, um meine Gedanken zu sammeln und ihr letztendlich auf die übrig gebliebene Frage zu antworten.
    "Nun, ich würde sagen, lasse Dich überraschen. Die Philosophen haben nicht umsonst die Überraschung als Stimulans der geistigen Flexibilität bezeichnet, und ich hoffe sehr, dass Du zu den Menschen gehörst, die sich gerne auch einmal angenehm überraschen lassen." Damit zwinkerte ich ihr schelmisch zu, um meinen ernsteren Worten von eben den letzten Stachel zu nehmen.

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