[Via Latina] Das Familiengrab der Tiberier

  • Sabina lächelt ihn an bei dem Kompliment. „Ja Onkel, es war lange her das du uns besucht hast.“ Dann hörte sie Interesse und dann doch auch Enttäuschung von ihrem Bruder. „ Oh nein.“ Entwich es ihr nur, was hatte er jetzt wieder angestellt.
    Sie sah bestürzt die beiden Männer an, ihre Pläne nach Ägypten zu reisen um ihre Mutter zu sehen, sie hoffte das sie sie hier noch nicht ehren musste sondern das sie sie , den Umstände entsprechend, bald wieder sehen würde.
    „Onkel Iuvenalis, Durus, wir müssen ihn dort sofort herausholen. Egal was er gemacht hat, aber es geht doch nicht das jemand der Familie Tiberia im Carcer sitzt.“
    Sie hatte ja schon mir Durus darüber gesprochen das sie ihm mitnahm, der Tot des Kaisers und die Feierlichkeiten hatten nur ihre Abreise verzögert.

  • Ah... da war sie doch! Crista entdeckte Tiberia Albina zwischen den anderen Familienmitgliedern und musterte sie aufmerksam. Bedient war die junge Frau schon. Jedenfalls war der Becher in ihrer Hand nicht zu übersehen. Langsam ging sie auf sie zu, trat an ihr vorbei und legte ihr eine kleine dreieckförmige Decke um ihre Schultern. Einfach deshalb, weil sie nicht wollte, dass Albina unnötig fror. Die Steine waren kalt.


    Crista zog sich mit ihrem Brotkorb abermals zurück, fragte nach wie weit die anderen waren und ob man schon die Hauptspeise auftragen sollte. Die anderen Sklaven zuckten mit den Schultern, bedienten sich ihrerseits aus einem kleineren Brotkorb und trugen diverse Käsesorten auf die Hälften auf. Crista schloß sich dem Mahl an, aß ein Mostbrötchen mit gerösteten Haselnüssen und dazu den Käse mit Katzenminze. Es schmeckte gut. Von Sahed und anderen ihr bekannten Sklaven keine Spur... nicht mal Laris war hier!

  • Auch Durus nahm sich ein wenig vom Käse mit der Katzenminze, als er Sabinas Idee hörte. Das war wirklich eine Sache, auf die er selbst hätte kommen müssen! Welch eine Schande! Ein Tiberius im Kerker! Durus war selbst als Advocatus schon häufiger dienstlich in den Löchern der Cohortes Praetoriae gewesen, daher wusste er, wie schlimm es tatsächlich um Antoninus stand.


    Er war zwar der Meinung, dass diese kleine Abreibung dem jungen Recken gar nicht schaden würde, dennoch war es absolut inakzeptabel um seines Namens willen.


    "Du hast Recht, Sabina. Ich als Praetor Urbanus sollte damit allerdings keine Probleme haben..."


    Gleich morgen würde er eine entsprechende Anweisung losschicken...

  • Du willst nicht wirklich wissen was Antoninus los gelassen hat Durus. Nur so viel, es war total daneben und das Schlimmste was ihm passieren konnte war, das es die Wachen noch mitbekommen haben als sie zu meinem Officium herein kamen. Du kannst dir überhaupt nicht vorstellen wie peinlich mir das war...


    Dann wandte der Alte sich wieder zu seiner Nichte.


    Er mag zwar dein Bruder und mein Neffe sein Sabina, doch finde ich das er eine kleine sagen wir Abreibung schon verdient hat. Er hat sich benommen wie eine Axt im Walde und das im Palast, das kann nicht sein... Er soll sich erst ein mal im klaren werden wie er sich überhaupt benommen hat. Von daher kann er ruhig ein, zwei Tage im Carcer schmoren. Dann können wir ihn immer noch rausholen und ich würde sogar mitkommen...

  • Durus mochte Antoninus sicherlich deutlich weniger als Iuvenalis, aber einen Tiberier im Carcer zu sehen, das war schon wirklich zu viel.


    "Appius, das ist nicht akzeptabel! So etwas müssen wir untereinander klären, aber nicht über die Praetorianer! Abgesehen davon werden die dann am Ende noch herumschnüffeln!"


    Nicht, dass Durus etwas zu verbergen hatte...aber es war ihm doch wohler, wenn er keine bewaffneten Männer in seiner Villa hatte!

  • Der Alte zog die Augenbrauen hoch. Irgendwo hatte Durus ja recht.


    Also gut! Dann werden wir ihm eben Zuhause gehörig die Leviten lesen das es sich gewaschen hat! Wir können uns ja einstweilen für seine Entgleisung eine Strafe ausdenken...


    Da mußte sein Neffe nun durch ob er wollte oder nicht...

  • Durus nickte.


    "Eine Strafe muss zweifelsohne sein. Ich hoffe, wir bringen ihn zur Besinnung!"


    Einen Augenblick überlegte Durus. Das würde Antoninus nicht gerade in seiner Gunst steigen lassen. Aber welche Strafe war angemessen? Zuerst brauchte den Tathergang.


    "Was genau hat er eigentlich getan?"


    Er war eben doch Jurist. Und ein Jurist ging immer Schritt für Schritt vor, bis er das Urteil traf...

  • Ja, das hoffe ich auch.


    Der Alte überlegte kurz.


    Nun, da wäre zum einen sein Zustand. Er war stockbesoffen. Es hat mich gewundert das er sich überhaupt noch auf den Beinen halten konnte. Und in jenem besagten Zustand schaffte er es sogar noch an den Palastwachen vorbei zu kommen. Wie er dies geschafft hat, ich weiß es nicht. Aber so traurig dies auch ist, dafür hat er meine Hochachtung. Also das er dies in seinem Zustand überhaupt fertig brachte. Er ist halt doch ein Tiberier... Naja das Ende vom Lied war dann quasi das was das Fass zum überlaufen brachte. Er hat etwas unbedachtes über unseren verstorbenen Imperator gesagt. Was allerdings wohl auf seinen Zustand zurück zu führen ist. Ich möchte gar nicht wissen was er so alles getank hatte als er bei mir im Officium aufgekreuzt ist. Ein Anderer wäre wohl schon bei Bacchus gelandet.

  • Durus zog eine Augenbraue hoch. An den Wachen vorbei? Im stockbesoffenen Zustand? Wie hatte er das denn schon wieder geschafft? Wahrscheinlich mit seiner komischen Ringer-Methode...


    "Das war keine Heldentat. Seit wann ist er eigentlich zurück? Ich dachte, er wäre zu seiner Familie zurückgekehrt..."

  • Iuvenalis lächelte.


    Sieh dich um Durus. Seine halbe Familie ist doch hier. Lupus, Sabina. Ich weiß nicht wo er sich herumgetrieben hat.


    Er zuckte nur mit den Schultern.


    Doch lasst uns nun das Thema wechseln. Sabina mein Kind, was hast du die Jahre über alles so getrieben? Und wie geht es deiner Mutter und meinem werten Bruder?

  • Albina hatte den Worten über Antoninus zunächst vorerst mit Zurückhaltung und leichtem Entsetzen gelauscht. Ein solches Verhalten war wahrlich unter jedem Niveau und eine Schande für die gesamte Familie. Bevor Iuvenalis nun aber völlig von diesem Thema abwich, sah Albina sich genötigt doch noch einmal das Wort zu ergreifen.


    "Verzeih bitte, dass ich noch einmal unterbreche um auf Antoninus zurückzukommen. Ich denke, und dabei denke ich, dass Vitamalacus, der leider zur Zeit nicht da ist, wie wir alle wissen, aber sicher bald zurück sein wird, mehr als eine Standpauke für solches Betragen als Bestrafung in Betracht ziehen würde." Sie atmete einmal kurz durch, denn sie war eigentlich viel zu liebenswert um so strenge Urteile auszusprechen, doch in diesem Fall ging es nun wirklich zu weit, und setzte dann wieder an.


    "Was Antoninus getan hat ist eine Schande für die gesamte gens. Natürlich müssen wir zusehen, dass er baldmöglichst, bevor er das Gespräch der ganzen Stadt wird, den Carcer verlässt. Aber vielleicht sollten wir ihm den Zutritt zur Villa für eine gewisse Zeit verwehren. Einerseits um uns öffentlich zu distanzieren, andererseits,damit er die Tragweite seines Handels wirklich begreift." schloss sie dann und blickte sich um, in der Hoffnung mit ihrer eigenen Meinung nicht zu weit gegangen zu sein. Doch sie hielt es schlichtweg für die beste Lösung...

  • Durus sah Albina an. Wieder Vitamalacus...irgendwie fühlte Durus sich oft durch seinen Cousin zurückgesetzt. Dieser wurde offensichtlich von den andern noch immer als Familienoberhaupt betrachtet, während er doch nur sein 'Statthalter' war...aber diese Gedanken waren gar nicht passend in diesen Tagen. Vielleicht war es auch nur ein verstärkendes Argument...


    "Ich habe nie behauptet, dass es 'nur' eine Standpauke sein soll. Ich schlage vor, wir legen ihm nahe, Rom für einige Zeit zu verlassen. Vielleicht könnten wir ihn beauftragen, nach den Familiengütern in Hispania zu sehen. Furianus könnte dort sogar ein Auge auf ihn haben.


    Ihn eine Zeit lang aus dem Haus zu werfen, dass er wie ein Bettler auf der Straße leben muss, wäre meines Erachtens nach kaum angemessen. Da könnten wir ihn gleich im Kerker lassen."


    Nein, es musste eine Strafe sein, von der die Öffentlichkeit nichts mitbekam!

  • Nach ihrem still für sich eingenommenen Imbiss bekam sie Bescheid, dass die Vorspeise bei den Gästen und tiberianischen Hausbewohnern gut angekommen und es nun Zeit für den Hauptgang war. Crista fragte eine Sklavin, ob sie ihr helfen würde, die Würstchen zu verteilen und schnappte sich eine Art Zange. Die Sklavin nahm sich die Schale mit den gegrillten Würstchen, legte ein Laken zwischen Schale und Hände. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging sie auf die Anwesenden zu, sprach sie leise an, zeigte auf die Würstchen und erklärte auch auf Nachfragen, was es sei und was es dazu gab. Somit beschäftigt hörte sie dem Gespräch zwischen den Herren und Herrinnen kaum zu. Es gab da wohl ein Mitglied der Familie, das etwas angestellt hatte und dafür im Kerker saß. Neben Durus angekommen bot sie ihm gemeinsam mit der Sklavin die Hauptspeise an, war bereit ihm etwas auf seinen Teller zu legen. Der Sklave mit der Beilage den Bohnen stand an der anderen Seite.

  • Durus nahm sich von den pikanten Würsten, die er so sehr schätzte, aber auch ein Schälchen Bohnen ließ er sich kredenzen. Bei diesen dachte er gleich an den Entsühnungsritus, den man zu den Lemuria im eigenen Haus machte. Ob die Planerin des Mahles absichtlich diese gerade mit den Toten verbundenen Früchte gewählt hatte?


    Jedenfalls löffelte er mit einem Stück Brot etwas von den Bohnen in seinen Mund. Vorzüglich, vorzüglich!


    "Aber gut, ich denke, Antoninus wird sich in jedem Fall vor dem Familiengericht verantworten müssen. Bis dahin sollten wir uns erfreulicheren Dingen zuwenden."


    Herzhaft biss er in seine Wurst.


    "Ich denke, diese Tage sind geeignet, an unsere Ahnen zu denken. Mein Vater hat mir einmal die Geschichte des Tiberius Allodius erzählt - unser aller Ahn."


    Durus war sich sicher, dass alle Familien-Mitglieder die Geschichte des sagenhaften Gründers kannten, dennoch liebte er es, von diesem zu erzählen. Das war noch ein echter Liebling der Götter gewesen!


    "Er lebte einst im fernen Misenum, wo wir bis heute eine Villa besitzen. Als direkter Abkömmling der Könige von Alba Longa gehörte er zu den mächtigsten Männern des Municipium, saß im dortigen Senat und war selbst mehrmals Duumvir der Stadt gewesen. Manche sagen sogar, er hätte die Trompete des Misenus gefunden - aber das dürfen wir wohl in die Welt der Sagen stellen."


    Er lächelte. Genaugenommen handelte es sich bei dieser Geschichte insgesamt um einen Mythos, aber die Römer liebten Herkunftsmythen und so war es kein Wunder, dass Tiberius Allodius ebenso wie Romulus und Remus von den mythischsten Königen der Welt abstammte.

  • Zitat

    Original von Appius Tiberius Iuvenalis
    Iuvenalis lächelte.



    Doch lasst uns nun das Thema wechseln. Sabina mein Kind, was hast du die Jahre über alles so getrieben? Und wie geht es deiner Mutter und meinem werten Bruder?



    „Meine Eltern sind in Alexandria und ich habe gerade von Rufinius einen Brief erhalten das es meiner Mutter sehr schlecht geht. Ich werde in den nächsten Tagen nach Alexandria reisen und hatte gehofft Antoninus als meine Begleitung mitzunehmen. Ich bete zu den Göttern das es noch nicht zu spät ist.“
    Ihr Blick ging zwischen den beiden Männern hin und her.
    „Bitte lasst ihn mich mitnehmen, ich bin dann nicht ohne Schutz und er hat eine Aufgabe und wer weiß wie ihm diese Reise gut tut.“

  • Iuvenalis nickte Durus zustimmend zu bevor er sich wieder an seine Nichte wandte.


    Das mein Kind, tut mir leid zu hören. Aber wie du siehst steht es um deinen Bruder eher schlecht. Aber wenn du mit ihm sprechen möchtest und ihn vielleicht sogar zur Vernuft bringen könntest... Aber die Entscheidung ob er mit dir nach Alexandria kann oder nicht, überlasse ich Durus. Ich bin in der Familie trotz meines Alters nur ein kleines Licht...


    Dann hörte er vorerst der Erzählung Durus zu und nickte hier und da zustimmend. Die Villa von der Durus sprach kannte er. Sie lag in der Nähe seiner eigenen...

  • Wieder einmal war es so weit: Das Fest der Ahnen war gekommen, die Friedhöfe rund um die Stadt wurden bevölkert und auch die Familie der Tiberier beging dieses Fest, hatte sie doch wichtige Ahnen zu ehren.


    Aus diesem Grund machte sich Tiberius Durus mit einem großen Teil seiner Familie auf zum Mausoleum an der Via Latina. Neben Decken hatte man verschiedene Speise, Wein, Wasser, sowie Kissen eingepackt. Es würde ein gemütliches Mahl in Verbindung mit einem Opfer an die Manen werden.

  • Als alle angekommen waren, wurde rasch das Picknick aufgebaut: Decken wurden ausgelegt, Kissen verteilt und die Speisen vorbereitet. Durus selbst hingegen ging die wenigen Stufen zum Eingang des Mausoleums hinauf. Hier stand ein Altar, auf dem er seinen Ahnen opfern konnte. Sie selbst lagen knapp dahinter - unter ihnen Iuvenalis, der erst vor kurzem verstorben war! Es war wirklich schade, dass der Alte verstorben war. Und Durus hoffte, dass er nicht zum Lemur wurde und ihn quälte, weil ihr letztes Zusammentreffen so unerfreulich gewesen war!


    Schließlich war alles bereit und die Sklaven führten die Ziege, die den Maiores zum Opfer dienen sollte, herbei. Man hatte sie geschmückt, wie auch die Sklavenknaben, die als Opferhelfer fungieren sollten, reichlich geschmückt waren. Natürlich war es an Durus, das Opfer zu begehen. Während ein Sklave die Flöte ansetzte, ließ er sich mit seiner schlichten Toga den Hinterkopf bedecken und die Hände waschen. Dann erfolgte ein Voropfer, begleitet von den traditionellen Gebeten.


    Die Ahnen wurden angefleht, ihnen wurde gedankt für ihre Hilfe und ihren Schutz (wobei Durus ein wenig kritisch war, da sie das Haus nicht davor bewahrt hatten, niederzubrennen). Dennoch vollführte er das Opfer ohne mit der Wimper zu zucken und ließ dann das Fleisch der Ziege aufteilen. Die Innereien wurden verbrannt, das übrige, essbare Fleisch jedoch rasch gebraten und mit den übrigen, mitgebrachten Speisen für die Lebenden serviert.


    Gemeinsam aß man nun auf der Wiese vor dem Grabmal, unterhielt sich und erzählte sich Geschichten von den Ahnen, wie sie nach Rom gekommen waren aus der Stadt des Aeneas, wie sie hier gelebt hatten und aufgestiegen waren zu den nobelsten Familien, um dann jedoch wieder tief zu fallen in den Bürgerkriegen. Nun jedoch hatten sie es wieder geschafft: Quintus war der Legat der Legion des Kaisers, Durus der Stellvertreter des Kaisers in Religionsfragen - es war kaum möglich, noch viel höher zu steigen!

  • Bereits von Ferne fiel das massive Mausoleum der Tiberier auf. Nicht nur wegen seiner Größe, sondern auch wegen der Dekoration des Bauwerks mit Zypressenzweigen und dem kleinen Auflauf von Sklaven, der sich davor auf der Straße versammelt hatte. Gemessenen Schrittes zogen die Musikanten, Klageweiber, Ahnen-Darsteller und Trauergäste jedoch bis vor die Pforte. Der Dominus Funebris persönlich trug den Schlüssel für das Grabmal und stieg die Stufen hinauf, um im Schatten des Portikus die schwere, bronzebeschlagene Tür aufzuschließen.


    Unterdessen hielten die Urnenträger vor dem Grabmal und Tiberius Durus entstieg seiner Sänfte. Ihm als ranghöchsten Tiberier oblag es nun, die Urne in den vorgesehenen Schrein im Inneren des Mausoleums zu stellen, was gar keine leichte Aufgabe war, denn so konnte er sich nicht auf seinen Stock stützen. So gab er Ahala ein Zeichen, ihn zu stützen. Unter großen Mühen erklomm er dann die beiden Stufen zum Eingang und verschwand darin.

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