Auf meinem Streifzug durch die Stadt in Richtung Süden veränderte sich das Bild Alexandrias langsam: Die Häuser wurden immer zweckmäßiger und die Straßen verschmutzter. Zwischen Mietskasernen und Bauruinen standen jetzt auch immer öfters sporadisch gebaute, verwinkelte Gebäude, Lehmhütten in ägyptischen Stil und sogar Häuser, die buchstäblich aus Straßendreck errichtet waren: Man hatte einfach alles zusammengetragen, was man so fand. Viele Unterkünfte hatten mehr Ähnlichkeit mit Zelten.
Auch die Gestalten änderten sich. Die typischen Bürger verschwanden langsam und machten sichtlich ärmeren Männern und Frauen, Tagelöhnern und niederen Arbeitern Platz. Außer schummrigen Tavernen gab es bald keine Geschäfte mehr und das ohnehin schon gewaltige Heer der Bettler, Waisenkinder, billigen Prostituierten und abgerissenen Gestalten vermehrte sich. Überall bettelten mich lautstark und aufdringlich Menschen an und ich musste mehrmals ausweichen, als ich merkte, dass mir einer der Bettler an meinen Geldbeutel wollte. Auch Fahrzeuge und große Nutztiere verschwanden, dafür trieben sich umso mehr Schweine, Ziegen, Hühner und Rotten von verwahllosten Straßenkötern rum.
Vor allem fiel mir auf, dass immer mehr Ägypter die Gestalt des Viertels prägten: Man sprach immer mehr in fremden Zungen, die Schilder und Schmiereien an der Wand waren oft in demotisch abgefasst und die Schreine am Wegesrand waren jetzt oft Göttern in fremden Gewandungen und Verzierungen, Gestalten mit Tierköpfen, Falken und Skarabäen geweiht. Ich fluchte laut auf, als ich auf den Saum meiner Tunika sah, die über und über mit braunem, stinkendem Dreck verkrustet war.
Dann blickte ich mich um: Auf Treppenstufen, in Hauseingängen, überall saßen und standen Leute, unvorstellbar verwahlloste Alte und Jugendbanden, die die Blicke auf mich gerichtet hatten. Bohrende und Feindseelige Blicke. Ich musste in meinem Aussehen ein willkommenes Opfer für die Minderpriviligierten darstellen, allerdings traute sich, solange ich mich nicht in die schmalen Seitengassen der Lehmgebäude begab, keiner an mich ran und ich musste nur vor Taschendieben Acht nehmen.
Kein Zweifel, ich war in Rhakotis angekommen, dem berühmt- berüchtigten Armenviertel der Stadt.