• Er bedankte sich beim Kapitän, was dieser kaum warnahm, da er in einem Verschlag unter Deck lag und döste und über die Atemwege merklich Alkohol absorbierte. Nikolaus, der für römische Meldeämter Nikophileaus hieß, versehen mit dem beleidigenden Zusatz Graecus, verließ das Schiff mit Beinen, die noch etwas wacklig waren und betrat zum ersten Mal seit Wochen wieder festen Boden. Er war hungrig, denn das Essen an Bord hatte er regelmäßig verschmäht, er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, es nur alle paar Tage über sich zu bringen, das harte, muffige Brot und die winzige Ration stockigen Pökelfleischs in seinen Magen zu befördern, nachdem der Magen diese Nahrung einmal hinausbefördert hatte, was sicher nicht an dem lag, was manche Seekrankheit nennen, denn Nikolaus hatte mit dieser Seekrankheit glücklicherweise wenig Sorgen. Nun war er also in Alexandria. Die Stadt hatte schon beim Einfahren in den Hafen einen sumpfigen Eindruck auf ihn gemacht und zugleich einen staubigen, auch Rom war ein Moloch, doch es schien nicht mit diesem vergleichbar zu sein. Er schlenderte durch die Straßen rund um den Hafen und atmete Düfte, die ihm unbekannt waren und hörte dunkle Menschen in Sprachen sprechen, die ihm unbekannt war. Es gab abgerissene Bettler, einige mit leprösen Gliedern oder einige, die frei von Gliedern auf dem Straßenpflaster lagen und mit schneidenden Stimme um Geld flehten, in glänzende, bunte Stoffe gehüllte Menschen, Männer, die sich wie Weiber zurecht gemacht hatten, es gab Sänften, es gab Karren, dazwischen sah Nikolaus Tiere, die er noch nie zuvor gesehen hatte, es waren Pferde von einer eigenartigen Hässlichkeit, mit Gesichern, die nicht vornehm waren, mit langen Stelzenbeinen und Buckeln auf dem Rücken. Diese Buckel schien keine Verkrüppelung zu sein, denn alle dieser Tiere besaßen derartiges. Nikolaus sprach einen vornehm gekleideten Herrn mit heller Haut in Koine an, um was für Tiere es sich handele, worauf dieser in einer eigenartigen hellenischen Sprache antwortete, es handle sich dabei um Schiffe der Wüste. Nikolaus zog weiter und geriet in eine Gruppe grell geschminkter Frauen, manche noch Mädchen, manche schon alt und verblüht, die ihn mit gespielter Freude begrüßten, als sei er ein alter Bekannter, worauf Nikolaus antwortete, er würde gerne ihre Dienste in Anspruch nehmen, habe aber kein Geld dafür. Eine der Frauen strich ihm mit der Hand über den Hintern und sagte in einer griechischen Sprache: "Wenn du ein wenig Geld hast, kannst du wiederkommen. Ich mache dir ein gutes Angebot, mein Sohn." Nikolaus versprach, schnell an Geld zu kommen und es bei ihr auszugeben, worauf die Frau grinste. "Jaja, ihr jungen Burschen." Sie selbst konnte kaum älter als Mitte der zwanzig sein. Nikolaus ging weiter. Vor etlichen Imbissständen, Bäckerläden und Spelunken bedauerte er, kein Geld zu besitzen. Er strich noch einige Stunden durch das Hafenviertel. Da es am Ende seines Streifzuges schon spät war und er wusste, dass seine Aufnahme am Museion ohnehin noch nicht erfolgt war, beschloss er, sich erst dann zum selben durchzufragen, wenn seine Aufnahme als Schüler erfolgt wäre. Solange musste er irgendwoanders unterkommen. Er entfernte sich vom Hafen in das Viertel, das die Neue Stadt genannt wurde, um bei einem wohltätigen Menschen unterzukommen. Vielleicht ließ sich sogar ein Athener finden, der Nikolaus Vater kannte, ohne die Geschichte zu kennen, weshalb Nikolaus nie mehr nach Athen zurückkehren konnte.

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