• Am Tag nach den aufreibenden Ereignissen um den Consul stand ich nun wieder auf dem Forum und besah mir den Tatort. Vielleicht konnte ich noch ein Indiz finden. Gekleidet war ich in eine zerissene Tunika und die Haare hatte ich mir an einer Pfütze extra dreckig verfilzt, um noch zusätzlich den Eindruck eines harmlosen Bettlers zu erwecken. Dabei half mir meine jahrelange Erfahrung in diesem Metier natürlich. Doch nichts, selbst das Blut war längst weggewischt worden. Kniend betrachtete ich die Stelle, wo zuvor die Leiche des Consuls gelegen hatte. Völlig in Gedanken versunken wollte ich...



    | Lucius



    "Kann ich helfen?"


    Erschrocken wandte ich den Kopf um und sah über mir die Gestalt eines zerlumpten Bettlers.


    "Ich... äh... der Consul Prudentius Commodus ist doch gestern hier ermordet worden, nicht wahr?"


    "Mag schon sein.", antwortete mir der Bettler mit einem Zwinkern und führte mich dann zu einer stillen Gasse. Dann rieb er still Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand gegeneinander. Eine unmissverständliche Geste. Murrend drückte ich ihm eine Sesterze in die Hand.


    "Also, was weißt du?"


    "Ich habe gerade wieder an den Stufen der Curia gebettelt, als ein großer Tumult entstand. Da war wohl 'ne Schlägerei in Gange und plötzlich schrie alles Zeter und Mordio. Und dann sah ich vor mir 'ne Gestalt in die Gasse verschwinden. Eigentlich fallen mir Menschen nicht sonderlich ins Auge, aber die war schon sonderbar, die Gestalt..."


    Ungeduldig nahm ich ihn an den Schultern.


    "Wie sah die Gestalt aus?"


    "Da war nich' viel zu sehen. Tuch um den Kopf gewickelt und 'ne einfache Tunika, mehr nicht. Wär' die Vermummung nich' gewesen, ich hätt' den nich' bemerkt."


    Na wunderbar, jetzt war der Mörder auch noch vermummt bis zur Unkenntlichkeit.


    "Irgendwas bemerkenswertes an der Gestalt des Mörders - sollte es denn der Mörder sein."


    "Naja, die Gestalt war recht schlank. Aber das sagt ja nichts aus. Kann ja auch 'n schlaksiger Mann gewesen sein."


    "Ist dir sonst noch was aufgefallen?"


    Er überlegte scheinbar angestrengt.


    "Nich' wirklich. Die Gestalt verschwand hier in der Gasse und dann war ich auch schon wieder mit anderen Dingen beschäftigt."


    "Nagut. Ich danke dir vielmals. Wenn ich mich irgendwann revanchieren kann, komm..."


    Ja wo sollte er denn hinkommen? Ich wollte nicht verraten, dass ich im Namen der Prudentier herumschnüffelte. Ich konnte praktisch niemandem vertrauen.


    "Komm zum alten Fährhaus am Tiber. Dort arbeitet ein alter Freund von mir. Der wird dir weiterhelfen können. Wie heißt du eigentlich?"


    "Lucius..."


    "In Ordnung. Lucius, ich danke dir."


    So drückte ich ihm noch einmal die Hand und verschwand dann in der Gasse.

  • Mit wohliger Spannung ging ich die Gasse entlang und suchte dabei stets den Boden ab. Einmal schreckte ich eine Katze auf, das andere Mal einen schlafenden Penner. Doch keine Spur. Plötzlich jedoch lag in einer Ecke ein kleines Kleiderbündel. Ich bückte mich und hob ein Tuch auf. Es war ein gewöhnliches Tuch, das keine besonderen Eigenschaften besaß. Ich roch daran, doch der Gestank der Gasse hatte mittlerweile den Eigengeruch des Materials überlagert. Ich tastete den Stoff ab und plötzlich verfing sich etwas zwischen meinen Fingern. Nach längerem Tasten zog ich ein langes Haar heraus. Mit angestrengtem Blick versuchte ich zu erkennen, welche Farbe es hatte. Die Helligkeit ließ auf blonde Haare des Besitzers schließen. Bei dieser Länge war schwer an einen Mann zu denken. Also hatte ich es mit einer Frau zu tun. Gar eine blonde Schönheit? Das Tuch verschwand in meiner Tasche, genauso wie das Haar. Schließlich lag dort noch etwas. Ich hob es auf und erkannte es als die gewöhnliche Tunika, die mir Lucius beschrieben hatte. Auch hier fand ich wieder einzelne Haare, mehr jedoch nicht.


    Zusammenfassend war ich also auf der Suche nach einer Frau von mittlerer Größe - zu schließen aus den Maßen der Tunika - und mit blonden Haaren. Mehr wusste ich nicht. Auch die Tunika faltete ich sorgfältig zusammen und tat sie in die Tasche. Blonde Haare waren eher eine Seltenheit in dieser Stadt. Vielleicht würde ich in den Tavernen ja mehr erfahren. So machte ich mich weiter auf den Weg zu einer nahegelegenen Taverne.

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