Res Gestae - Quaestror Urbanus

  • Nachdem Claudius seine letzten Aufgaben abgeschlossen hatte, begab er sich an einem regnerischen Tag zur Rostra, um über seine vergangene Amtszeit Rechenschaft abzulegen. Sein eigenes Resümee fiel um einiges schlechter aus als das, was er gegenüber dem Volk äußern würde, denn beginnend mit seinem nicht entsprochenen Wunsch über die Art des Amtes war auch während der Ausübung einiges nicht nach seinen Vorstellungen gelaufen. Sein Eindruck von den beiden zu Hilfe gezogenen Stammeinheiten war schlecht, um nicht zu sagen katastrophal. Das betraf nicht nur die Personalgestellung, sondern auch den Einsatzwille und die Qualifikation der Männer. Darüber zu urteilen, gehörte aber bestenfalls in den persönlichen Bereich und nicht in die bevorstehende Rede.


    Eine gewisse Müdigkeit konnte Menecrates ebenfalls nicht leugnen. Die vergangene Amtszeit war länger als die erste gewesen, die Aufgaben schienen anders aufgeteilt zu sein oder die übrigen Quaestoren waren - mit Ausnahme von Detritus - faul gewesen. Mit ernster Miene, der man durchaus die Erholungsbedürftigkeit ansah, trat der Claudier vor, räusperte sich einmal und begann alsdann mit seinem Bericht.



    "Bürger Roms,


    die Amtszeit als Quaestor Urbanus liegt hinter mir. Meine Hauptaufgabe bestand darin, den Reiseverkehr und die Meldelisten in sämtlichen Provinzen zu überwachen. Die Arbeit ist nicht besonders abwechslungsreich, aber verantwortungsvoll. Sie erfordert eine fortwährende Kontrolle, sie erfordert Gewissenhaftigkeit und Koordinationsvermögen, um zeitnah auch auf Unsauberkeiten in den entfernen Regionen und Provinzen reagieren zu können. Ich kann behaupten, die Listen stets auf dem neuesten Stand gehalten zu haben und Unregelmäßigkeiten zeitnah aufgedeckt, hinterfragt und wenn nötig geahndet zu haben.


    Ein weiterer nicht unerheblicher Bestandteil meiner Amtszeit stellte die Führung der Chronik dar, bei der mich allerdings Octavius Detritus unterstützt hat. Zwei Drittel der Führung lagen in meinen Händen, wobei mein Amtskollege die Vervollständigung übernommen hat, die ich wiederum bei dem von ihm verwalteten Teil beigebracht habe. Die letzten beiden Wochen, das ist mein Kenntnisstand, liegen vermutlich noch brach, was auf Abstimmungsschwierigkeiten zurückzuführen ist. Eine Beschönigung der Situation liegt mir nicht, daher dieses Zugeständnis.


    Über diese Grundaufgaben hinaus, bat ich den Praefectus Urbi, mir zusätzliche Aufgaben anzubieten, was in Form einer Straßenkontrolle erfolgte. Die Unterstützung von Seiten der Cohorten kann ich diesbezüglich als gut bezeichnen, die der Vigiles als unbefriedigend. Dennoch erwies sich die Straßenkontrolle als verdrießliches Unterfangen, weil einige der zugewiesenen Milites aufgrund schlechten Trainingszustandes - anders kann ich es mir nicht erklären - ausgefallen sind.


    Das zusätzliche Projekt der Bauberatung für das Ulpianum, mit dem ich bereits zu Beginn meiner Amtszeit geliebäugelt hatte, konnte nicht im Ansatz umgesetzt werden, weil die von mir vorgeschlagene Ortsbegehung schlicht nicht stattfand. Mehr als theoretische Vorschläge konnte ich demnach leider nicht einbringen, sehr zu meinem Bedauern, weil die Bauleitung nicht in meinen Händen lag.


    Ziehe ich also ein Resümee, muss ich sagen, dass die Zusatzaufgaben nicht vorzeigbar sind, die eigentlichen Aufgaben meines Amtes von mir jedoch mit Gewissenhaftigkeit ausgeführt wurden. Für Nachfrage stehe ich jetzt gern zur Verfügung."

  • Auch für diesen Tatenbericht war Macer aus seinem Büro in der Basilica Iulia heraus gekommen und hatte sich an der Seite des Forums postiert. Dass der scheidende Quaestor nicht nur positives nannte, sondern auch deutliche Kritik übte, war sicherlich keine übliche Art der Rede. Komplett überrascht war Macer nicht, schien ihm diese Art doch zum Redner zu passen, so wie er ihn bisher kennen gelernt hatte.

  • Da Modestus gerade in Rom war hörte er sich die Res Gestae des ehemaligen Magistraten an.Den Worten über das Ulpianum konnte er
    sich nur anschließen und es ärgerte ihn sehr. Vor allem da er selbst wegen der Gestaltung einiger Apsiden angeschrieben worden war.
    Der Aufrag ware nicht nur lukrativ, sondern auch sehr prestigeträchtig gewesen. Der Teil mit den untrainierten Soldaten interessierte
    ihn nicht sonderlich. Er lebte nicht in Rom und in Mantua waren die Vigilen zumindest teilweiße ordentlich trainiert und die Kriminalität
    hielt sich in Grenzen. Der Rest des Berichts machte auf Modestus einen recht guten Eindruck. Der Mann hatte seine Aufgaben wohl ernst
    genommen.


    >Warum genau kamm es nicht zu den von dir vorgeschlagenen Ortsbegehungen ? Und wer hatte die Bauleitung inne ?<

  • Meine Anwesenheit bei den heutigen res gestae des Claudius in seinem Amt als quaestor urbanus war für mich eine freudige Pflicht. Immerhin war dieser Mann der gens Aurelia ja nicht nur durch seinen Stand nahe, sondern auch durch die Adoption Deandras, die ja wiederum mit Corvinus verlobt war. Ich hatte mich zu diesem Anlass, wie ich fand, besonders schmuck in Schale werfen lassen; auch meine Haare waren frisch frisiert worden. Derartig ausgestattet, ließ ich mir von meinen Sklaven einen Weg durch die doch erkleckliche Menschenmenge bahnen, um einen guten Platz zu bekommen, von dem aus ich sowohl Claudius gut hören als auch die Menschenmenge gut überblicken konnte. In ihr fiel mein Blick sofort auf Senator Purgitius, der es sich also auch an diesem Tag nicht hatte nehmen lassen, zur rostra zu kommen. Ich warf ihm ein freundliches Nicken zu.


    Dann jedoch betrat schon Claudius die rostra, und mein Blick richtete sich nach vorne. Ich war etwas erschrocken darüber, dass er so müde aussah; dieser Eindruck erhöhte noch meine Spannung, mit der ich seinen Worten lauschte. Wie ich von ihm gar nicht anders erwartet hatte, war seine Rede klar und übersichtlich gegliedert und dadurch angenehm zu hören. Ebenfalls wenig erstaunlich war die Tatsache, dass der quaestor urbanus die eigentlichen Aufgaben seines Amtes gewissenhaft und zweifellos auch umsichtig und ergebnisorientiert bewältigt hatte. Seine kritische Beurteilung seiner Zusatzaufgaben sowie die Einzelheiten, die er dazu nannte, ließen mich allerdings aufhorchen. Vor allem diese Einzelheiten würden zweifellos Nachfragen provozieren, und so war es auch: Schon bald, nachdem Claudius seine Rede beendet hatte, meldete sich jemand mit einer Frage zu Wort, die sich offenbar auf die Ausführungen Claudius' zum Ulpianum bezog. Darüber hatte ich gelesen; nach den Angaben aus der Acta Diurna zu urteilen, zog sich dieses Vorhaben nun schon wirklich lange hin, und so wartete ich gespannt auf die Antwort des Redners. Den Fragesteller kannte ich nicht, obwohl er mir irgendwie bekannt vorkam.


    Mich persönlich hatte eine andere der erwähnten Einzelheiten zu diesen Zusatzaufgaben noch stärker berührt als das Ulpianum, nämlich der untrainierte Zustand bestimmter militärischer Einheiten. In Zeiten des Parther-Feldzuges war es nicht gerade beruhigend, solche Nachrichten zu hören, noch dazu aus dem Munde von Claudius Menecrates, der sicherlich ein berufener Mann dazu war, solche Dinge zu beurteilen. Ich schloss mich daher gleich mit einer eigenen Frage an:


    "Wie erklärst du dir den von dir erwähnten schlechten Trainingszustand einiger milites? Und wie könnte man hier gegebenenfalls Abhilfe verschaffen?"

  • Zitat

    Original von Kaeso Annaeus Modestus
    >Warum genau kamm es nicht zu den von dir vorgeschlagenen Ortsbegehungen ? Und wer hatte die Bauleitung inne ?<


    Sim-Off:

    Wenn mir jetzt noch mal jemand nen Tipp gibt, wie ich die immense Zeitverzögerung der Antwort auf meinen Vorschlag sim-on erklären soll? :D Dazwischen liegen fast 2 Monate, also praktisch der Großteil meiner gesamten Amtszeit. Und ich hätte das Ding wirklich gerne in Angriff genommen.


    "Die Bauleitung hat mein Magistratskollege Octavius Detritus inne. Er hatte sich bei mir wegen Unpässlichkeit entschuldigt und war danach nicht mehr zu kontaktieren."


    Er hob entschuldigend die Hände, denn besser konnte er die Frage des Bürgers nicht beantworten. Er hatte selbst keine Erklärung, womöglich der Octavier. Mit diesem Projekt war der zweite Spaßfaktor, den sich Menecrates während seiner Amtszeit gönnen wollte, den Tiber hinuntergeflossen. Die reine Büroarbeit hatte ihm noch nie gelegen, auch wenn er natürlich gewusst hatte, dass sie auf ihn zukommt. Doch sein Amt hätte ihm nicht verboten, seine Dienste auch anderweitig dem Staat zur Verfügung zu stellen.

  • Zitat

    Original von Appius Aurelius Cotta
    In Zeiten des Parther-Feldzuges war es nicht gerade beruhigend, solche Nachrichten zu hören, noch dazu aus dem Munde von Claudius Menecrates, der sicherlich ein berufener Mann dazu war, solche Dinge zu beurteilen. Ich schloss mich daher gleich mit einer eigenen Frage an:


    "Wie erklärst du dir den von dir erwähnten schlechten Trainingszustand einiger milites? Und wie könnte man hier gegebenenfalls Abhilfe verschaffen?"


    Es lag gewiss nicht in seiner Absicht, Nachfragen zum Trainingszustand der Stammeinheiten zu provozieren, aber Claudius musste damit rechnen, weil er von Anbeginn vermeiden wollte, dass seine Straßenkontrolle bei Nichterwähnung von anderen zur Sprache gebracht wurde. Zudem war er stets ein Mann der offenen Worte gewesen, auch wenn sie nicht immer von allen gerne gehört wurden.
    Der Nachfrage des Patriziers schenkte er ein offenes Ohr und einen aufmerksamen Blick, befand er doch - wie offensichtlich der Fragende - die Angelegenheit als bedeutungsvoll genug, sie auch als Randerscheinung seiner eigentlichen Quaestorentätigkeit angemessen abzuhandeln.


    "Zunächst möchte ich noch einmal erwähnen, dass mir von Seiten der Cohorten bereitwillig Unterstützung zugesagt und zugeteilt wurde", begann der scheidende Quaestor. "Ich gehe deswegen davon aus, dass mir nicht die ausgewählt schlechtesten Leute zugeteilt wurden. Die körperliche Belastbarkeit der Milites war auffallend schlecht, die Befähigung zu einfachstem militärischen Handlungen aus meiner Sicht unzureichend. Fragst du mich nach dem Grund, so gibt es dafür nur eine Antwort: Eine Truppe ist nur so gut wie ihr Ausbilder. Daraus leitet sich auch die notwendigen Maßnahmen ab, um Abhilfe zu schaffen: Die Ausbilder, damit sind Centurionen und deren Stellvertreter gemeint, müssten dringend geschult werden, damit sie das entsprechende Wissen überhaupt weitergeben können. Ich möchte ungern glauben, dass sich Roms Söhne durch die Bank weg als wenig geeignet für den Militärdienst erweisen. Unterstützend können auch Gelder für ausreichend Trainingsmaterial sorgen. Ich würde zudem die Ausbildung in den Stammeinheiten generell unter die Lupe nehmen. Vielleicht könnte man sich auch mehr an der Ausbildung der Legionäre orientieren, die freilich ganz andere Aufgaben und Einsatzgebiete haben, aber was nützt ein spezialisierter Miles in Rom, der im Ernstfall einem militärisch geschultem Gegner in gewisser Weise hilflos gegenüber stehen wird, weil ihm elementares Grundwissen und körperliche Fitness fehlen? Ich würde auf Schulungen setzen, Drill für die Milites und Fortbildung für die Offiziere. Die Führung der Einheiten hingegen erschien mir tadellos. Es ist das Fußvolk, das mir negativ aufgefallen ist."

  • Mit einer solch ausführlichen Antwort auf meine Frage hatte ich gar nicht gerechnet und nickte Claudius dankend zu. Nicht nur an der schieren Anzahl der Worte merkte man ihm seine kenntnisreiche Begeisterung für das Militärische an, sondern auch an der Ausdruckskraft, mit der er seine Erklärung vorgetragen hatte. Der Inhalt seiner Antwort hatte mich aufs Höchste interessiert, und es war zu hoffen, dass seine Worte schon hier auf dem Forum Romanum von entsprechenden Entscheidungsträgern gehört wurden. Für mich hoffte ich, dieses Thema mit Claudius in nächster Zukunft persönlich weiter erörtern zu können - und ihn endlich auch persönlich kennenzulernen.


    Was das Ulpianum anging, so fehlten mir hier natürlich sämtliche Kenntnisse. Ich fragte mich, ob möglicherweise auch die Ermordung des consuls Prudentius zu einer weiteren Verzögerung dieses Vorhabens geführt hatte. Und natürlich war ich gespannt darauf, ob der gewesene quaestor consulum Octavius Detritus, der immerhin schon mehrfach für verschiedene seiner Dienste ausgezeichnet worden war, in eigenen res gestae Stellung beziehen würde.


    Immer noch aber ging mir der Mann nicht aus dem Kopf, der die Frage nach dem Ulpianum gestellt hatte. So blickte ich wieder zu ihm hin und wieder; und je öfter ich das tat, desto sicherer war ich mir, dass ich, wenn überhaupt, ihn aus Mantua kannte. Möglicherweise war er also sogar ein guter Bekannter der Familie. Da nun leider niemand bei mir war, den ich hätte fragen können, blieb mir nichts anderes übrig, als selber an ihn heranzutreten:


    "Salve! Ich bin mir nicht sicher, ob wir uns schon einmal begegnet sind, doch du kommst mir bekannt vor. Kennen wir uns vielleicht aus meiner Heimatstadt Mantua? Mein Name ist Appius Aurelius Cotta."


    Gespannt blickte ich dem nicht ganz schlanken jungen Mann in seine Augen.

  • >Dann trägt, deiner Meinung nach, dein Kollege Octavius Detritus die Verantwortung dafür, dass das Projekt Ulpianum stagniert ?<


    fragte Modestus etwas verwundert nach, denn er kannte den Octavier, wenn auch nur flüchtig. Bisher erschien er ihm immer als übermäßig penibler
    Mann. Nachlässigkeit hätte er ihm nicht unbedingt zugesagt. Als der der Aurelier an Modestus herantrat, wurde er von Clodius Albanus, ein Klient von
    Modestus, genau gemustert, doch als der ehemalige Centurio Classicus erkannte, dass von ihm keine Gefahr ausging entspannte er sich wieder. An
    einen Aurelius Cotta konnte Modestus sich jedoch nicht erinnern.


    >Nun ich habe eine Zeit lang unter einem deiner Verwandten als Magistratus in Mantu gearbeitet, aber ich bezweifle, dass wir uns
    je vorgestellt wurden. Ich bin Kaeso Annaeus Modestus.<

  • Als ich meine Begrüßungsworte an den jungen Mann gerichtet hatte, musterte mich das Augenpaar eines anderen Mannes, möglicherweise eines seiner Klienten, von oben bis unten. Trotz der unsicheren Zeiten, die ja in der schändlichen Ermordung des consuls Prudentius Commodus gegipfelt hatten, empfand ich dieses Verhalten als höchst unstatthaft, war mir doch zweifelsfrei anzusehen, welchem Stand ich angehörte. Ich selbst würdigte diesen Klienten daher keines Blickes, musste mich aber nicht umdrehen, um zu wissen, dass mein Sklave Maron, der hinter mir stand, mit seinen funkelnden thrakischen Augen alles Nötige deutlich machte. :P


    Den von mir angesprochenen jungen Mann hatte ich mit meiner Anrede offenbar unabsichtlich aus seinen Gedanken gerissen; die Antwort des Claudius auf seine Frage nach dem Ulpianum schien ihm genauso nachzugehen wie mir, das heißt, ihm wahrscheinlich sogar noch mehr, war er es doch gewesen, der die Frage gestellt hatte. Als er mir seinen Namen nannte, kam dieser mir allerdings sehr bekannt vor.


    "Annaeus Modestus, den duumvir meiner Heimatstadt, begrüße ich natürlich besonders gerne! Dein Name ist mir natürlich geläufig, denn du hast ja auch mit meinem Vetter Marcus zusammengearbeitet, nicht wahr? Er ist ja vor einigen Tagen an gleicher Stelle zum decemvir litibus iucandis ernannt worden."


    Ich ließ meinen Blick einen Moment lang über das Forum schweifen, lenkte ihn dann aber wieder zurück zu meinem Gesprächspartner.


    "Du hast wohl Recht damit, dass wir einander noch nie vorgestellt worden sind. Die letzten drei Jahre war ich nämlich zum Studium in Athen und bin danach direkt hier nach Roma gekommen. Mantua habe ich so lange nicht mehr gesehen ..."


    Alte Erinnerungen stiegen in mir hoch, aber auch frische Erinnerungen an Neuigkeiten, die es aus Mantua in jüngerer Vergangenheit gegeben hatte.


    "Die Stadt hat sich ja in letzter Zeit ziemlich herausgemacht; wenn ich da nur an das Amphitheater denke, von dem ich in der Acta Diurna gelesen habe. Ich muss unbedingt wieder einmal hinfahren. - Was gibt es sonst noch Neues aus Mantua zu berichten?"


    Lächelnd sah ich den Annaeer an. Es gefiel mir, mit ihm über meine Heimatstadt zu sprechen. Und ich hoffte natürlich auch darauf, dass er vielleicht das ein oder andere Wort über sich selbst sagen würde.

  • >Wie ich schon gesagt habe, ich arbeitete einige Zeit als Magistratus unter ihm. Natürlich habe auch mitbekommen, dass
    er zum einem Decemvir ernannt worden ist. Ich war schließlich auch hier am Tag seiner Ernennung. Er hat mir gegenüber
    solche Pläne schon in Germanien geäußert und so war seine gewonnene Wahl auch nicht sonderlich überraschend für mich.<


    Albanus musterte inzwischen den Sklaven. Sicher mehr Muskeln als Hirn. Zwar war der der Sklave dem fast fünfzig jährigen Mann sicher
    überlegen was Kraft und Wendigkeit anging, doch seine Erfahrung würde das ausgleichen. Schließlich lernte man in zwanzig Jahren Dienst
    genügend schmutzige Tricks. Außerdem war der leichte Gehstock den der alte Albanus trug, sicher nicht als Gehilfe gedacht. Leider gab es
    in Rom ja immer noch das Pomerium und Modestus hatte ihm ausdrücklich verboten ein Gladius in seiner Toga zu verstecken. Nach einigen
    wachsamen Blicken auf den Sklaven, ließ er sie auch wieder durch die Menge auf dem Forum streifen.


    Modestus wunderte sich nun nicht mehr, dass er diesen Aurelier noch nie gesehen hatte. Er war ein Jahr vor seiner Ankunft in Mantua
    ins Ausland gereist. Als Cotta ihm eine Frage stellte, was es in Mantua an Neuem gebe, stöhnte er unhörbar. Nur die Bewegungen seiner
    dunkelgrünen Toga zeugte davon. Was sollte er den sagen ? Als Duumvir musste er sich mehr als die meisten Büger Mantuas mit den
    negativen Seiten der Stadt beschäftigen. Nach einigen Sekunden hatte er eine Idee.


    >Nun wo soll ich anfangen? In drei Jahren ändert sich sehr viel. Von der Eröffnung des Amphitheaters hast du schon gehört.
    Aurelius Corvinus hat während deiner Abwesenheit Mantua einen Stadtpark gestiftet. Außerdem arbeite ich gerade an den
    Plänen eines Tempel zu Ehren Merkurs. Ein angemessener Bauplatz wurde schon gefunden und auch ein Augur erforschte
    schon den Willen der Götter zu diesem Vorhaben. Ich denke bald werden die ersten Bauarbeiten beginnen.<

  • Annaeus Modestus hatte sehr Recht: In drei Jahren passierte so einiges. Bei seiner Aufzählung musste ich daher wirklich schlucken.


    "Ich muss schon sagen, mittlerweile verlaufe ich mich nicht mehr in Roma, auch dank meines Sklaven."


    Diese letzte Bemerkung hatte ich absichtlich gemacht, entging mir doch das Kräftemessen der Blicke zwischen Maron und dem Mann, den ich für einen Klienten des duumvirs hielt, durchaus nicht.


    "Aber was meine Heimatstadt Mantua angeht, bin ich offenbar überhaupt nicht mehr auf dem Laufenden. Ich wusste nicht einmal, dass mein Vetter dort einen Stadtpark gestiftet hat; er hat es auch mir gegenüber gar nicht erwähnt, aber er ist ja auch nicht der Mensch, mit seinen Verdiensten zu prahlen."


    Ich schüttelte leicht den Kopf und fügte dann lächelnd an:


    "Ich sehe schon, es ist höchste Zeit, dass ich wieder einmal selbst nach Mantua fahre. Ich nehme an, du wirst dort noch länger ansässig sein? Immerhin beschäftigst du dich mit dem Bau des Merkur-Tempel, bist duumvir, und die Umsetzung der neuen lex Octavia et Aelia de administratione regionum Italicarum wird dich sicher auch noch fordern. - Demnach könnte ich dich also in Mantua antreffen, wenn ich in nächster Zeit einmal fahre?"

  • >Das neue Gesetz betrifft hauptsächlich die regionale Verwaltung und die Curia Provincialis.Diese werden
    komplett umstrukturiert oder abgeschaft, doch die Städte werden davon eher weniger betroffen. Es gibt
    einige kleine Änderungen, was die Voraussetzungen für das Amt eines Duumvir angeht, doch da ich schon
    Duumvir bin betreffen sie mich nicht besonders. Ich werde vermutlich für eine zweite Amtszeit kandidieren,
    weshalb ich wohl noch einige Zeit in Mantua verbringen werde.<


    Modestus überlegte kurz und erinnerte sich an ein Thema, weshalb er Aurelius Corvinus noch sprechen musste
    und aus seinem fröhlichen Lächeln wurde eine ernste Miene, denn dies war ein Thema, das Graviatas benötigte.


    >Hat Corvinus eigentlich schon seine Arbeit aufgenommen ?<

  • "Es freut mich für Mantua, dass du diese Entscheidung für deine Person und deine Zukunft getroffen hast. Denn ich bin sicher, dass einem Mann wie dir noch andere Wegen offen stehen."


    Den Äußerungen des Annaeers über die neue lex hörte ich mit Interesse zu.


    "Gestatte mir die Nachfrage als einem Mann, der leider nicht die Gelegenheit hatte, in der Verwaltung einer Stadt erste Erfahrungen zu sammeln: Ich hatte die neu lex so verstanden, dass die Verwaltung im Wesentlichen auf die Städte selbst verlagert wird? Bringt dies nicht doch einen höheren Arbeitsaufwand mit sich, als Kehrseite der Medaille möglicherweise auch mehr Einfluss? Wobei natürlich dieses neue Amt des curator rei publicae noch zu berücksichtigen ist."


    Dieses Gespräch mit dem duumvir von Mantua machte mir einmal mehr schmerzlich bewusst, welche Einschränkung es für einen jungen und noch unerfahrenen Mann wie mich bedeutete, nicht zunächst einmal in der Verwaltung einer Stadt arbeiten zu können. Da hatte mir mein Vetter wirklich einiges voraus. Diesem hatte nun eine Frage meines Gesprächspartners gegolten:


    "Mein Vetter Marcus ist ja erst vor Kurzem ernannt worden, aber du wirst ihn ja kennen: Mit Feuereifer und Zielstrebigkeit wird er sich in seine Arbeit stürzen. Gibt es etwas, dass ich an ihn weitergeben kann?"

  • >Nun wir mussten auch schon vorher das Gebiet um Mantua verwalten. Wobei diese Aufgabe aber mein Kollege Hortensius
    Aegrotus übernimmt. Ich selbst kümmere mich ausschließlich um die Stadt selbst. Das Amt des Curator Rei Publica ist nichts
    anderes als der Posten eines Comes, der geschaffen wurde um einer gewissen Person eine gut bezahlte Position zu bieten.
    Natürlich wurden einige Formalitäten geändert, doch im Großen und Ganzen wird der Curator Rei Publica die gleiche Arbeit
    machen wie ein Comes.


    sagte Modestus und wartete auf die Antwort des ehemaligen Quästors zu seiner Frage.


    >Nein, du brauchst ihm nichts ausrichten. Ich werde ihn wohl selbst aufsuchen.<

  • Als der duumvir Mantuas mir seine Auffassung der neuen lex erläuterte, horchte ich auf. Das Gerücht, das Amt des curator rei publicae sei aus bestimmten persönlichen Interessen geschaffen worden, war auch mir schon zu Ohren gekommen; es jetzt auch aus dem Munde eines Mannes wie Annaeus Modestus zu hören, gab diesem Gerücht natürlich nur noch größeres Gewicht. Ich hatte allerdings auch anderes gehört.


    "Ich will dich hier auf dem Forum Romanum wegen der Angelegenheit dieser lex keinesfalls in Verlegenheit bringen. Lass mich aber noch eine Sache bezüglich des Amtes eines curator rei publicae sagen: Ist dieses Amt nicht vielleicht auch deshalb geschaffen worden, um dem Kaiser größere und vor allem direktere Eingriffsmöglichkeiten zu bieten? Ich bin kein Jurist und auch kein Verwaltungsfachmann, aber mir schien, dass das Amt des comes in Verbindung mit der curia doch nur in mittelbarer Abhängigkeit zum Kaiser stand."


    Im Übrigen versuchte ich, mir den von Annaeus genannten Namen des Hortensius Aegrotus zu merken; hoffte aber auch sehr auf Maron, der um mein schlechtes Namensgedächtnis wusste.


    "Ansonsten kann ich dich wohl auch im Namen meines Vetters jederzeit in die villa Aurelia hier in Roma einladen, wo du deine Anliegen mit ihm persönlich besprechen kannst. Vielleicht sehen auch wir uns dabei wieder. Wie gesagt, plane ich aber auch, bald einmal nach Mantua zu fahren."

  • >Direktere Eingriffsmöglichkeiten sagst du ? Ein schwaches Argument meiner Meinung nach.<


    stellte Modestus fest. Der Kaiser hatte schließlich die direkteste Eingriffsmöglichkeit überhaupt.


    >Glaubst du wirklich irgendjemand, der noch bei Verstand ist,würde eine schriftliche Anweisung mit dem Siegel des
    Princeps ignorieren ? Die Unterschiede zwischen dem Amt des Curator Rei Publicae und einem Comes betreffen die
    Person, die das Amt ausfüllt, und weniger deren Aufgaben.<


    >Danke für die Einladung. Vieleicht werde ich sie in Anspruch nehmen.<


    sagte Modestus freundlich.

  • Die Begründung, mit der Annaeus Modestus seine vorigen Worte untermauerte, gaben mir erneut zu denken. Was ich aber genau dachte, wollte ich hier mitten auf dem Forum Romanum doch nicht aussprechen, und auch meinen Gesprächspartner wollte ich mit neuerlichen Fragen nicht in Bedrängnis bringen. Ich sah ihn daher, nachdem er geendet hatte, länger an und nickte ihm zu. Allmählich wollte ich mich nun auch zurückziehen.


    "Ich danke dir, Annaeus, für deine offenen Worte. Wie gesagt, hoffe ich, dass wir uns bald wieder einmal sehen werden. Wenn ich in Mantua bin, werde ich mich bei dir melden. Vale bene!"


    Mit diesen Worten reichte ich ihm lächelnd meine Hand und drehte dann, meinen Sklaven Maron im Gefolge, ab.

  • >Vale bene, Aurelius Cotta.<


    Modestus musste schmunzeln als der junge Aurelier ging. Hatte er ihn vieleicht durch die Disskusion
    über das neue Gesetz verscheucht ? Er winkte ab und schaute wieder zu dem Quästor herüber.

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