Erste Anhörung IUD MIN V/DCCCLVII - Quintus Tiberius Vitamalacus vs. Edictum Praefectus Urbi

  • Der Termin für die erste Anhörung im Fall des Widerspruchs von Quintus Tiberius Vitamalacus gegen das Edict des Praefectus Urbi wird vom Praetor Urbanus auf den ANTE DIEM III ID SEP DCCCLVII A.U.C. (11.9.2007/104 n.Chr.) festgesetzt.

  • "In letzter Zeit ist es wohl Mode, einen gewählten Magistraten wie einen gewöhnlichen Bauernsklaven warten zu lassen? Scriba, sieh nach, wo die Herrschaften bleiben!" fuhr der Praetor Urbanus seinen Schreiber an, der sich daraufhin erhob und nachschauen ging.

  • ...und kaum war der Schreiber zur Tür hinaus, da tauchte auch schon Tiberius Durus auf. Er trug eine Tabula in der Hand - die letzte Memoria für die Anklagerede - und ein Scriba folgte ihm - mit einem Stapel weiterer Tabulae. So erschien er im Gerichtssaal und entschuldigte sich.


    "Verzeih, Praetor. Ich wurde aufgehalten."


    Abgesehen davon war die Pünktlichkeit in Ermangelung von Uhren ohnehin noch nicht erfunden und allzu spät konnte er nicht sein.


    Sim-Off:

    Ich dachte, da kommt eine Eröffnung :D

  • Durus errötete leicht. Er hatte ganz vergessen, sich vorzustellen - andererseits war er mittlerweile bekannt genug, dass ihn einige Leute kannten - der Praetor jedoch offensichtlich nicht. Und dessen Unterlagen schienen auch unvollständig zu sein, da sein Name als Advocatus offenbar nicht vorkam.


    "Ich bin Manius Tiberius Durus, der Advocatus von Quintus Tiberius Vitamalacus. Ich vertrete ihn in dieser Anhörung."

  • "Na also, geht doch." Der Praetor schrieb den Namen des Tiberiers in seine Unterlagen. Sicher hätte das auch sein Scriba machen können, doch der Praetor war der festen Überzeugung, dass er so leichter die Namen der Parteien im Gedächtnis behalten könne.


    "Nun denn. So warten wir nun auf den Praefectus Urbi."

  • Er vor wenigen Stunden hatte Octavius erfahren, dass sein Cousin vor Gericht erwartet wurde, in der unliebsamen Uniform betrat er nun also den Saal, "Ave, ehrenwerter Prätor. Mein Name ist Aulus Octavius Avitus, Tribun der Cohortes Urbanae. Ich werde in dieser Anhörung für die Cohortes Urbanae sprechen."

  • Durus lümmelte sich bereits ein wenig in seinen Klappstuhl, als der Tribun hereineilte und erklärte, er würde den Praefectus vertreten - nun, auch gut. Der Tribun kam ihm etwas alt vor, dennoch - er war nur ein Tribun und sicher kein abgebrühter Jurist.

  • "Der Praefectus Urbi wird uns also nicht mit seiner Anwesenheit beehren..." grummelte der Prätor leise in seinen nicht vorhandenen, weil frisch rasierten Bart. "Der Tribun Aulus Octavius Avitus." Er wiederholte, schon viel lauter, den Namen und schrieb ihn in seine Unterlagen. "Der Fall ist dir also bekannt? Wenn nicht, wird der Senator Tiberius Durus dir bestimmt weiterhelfen können. Senator, du hast das Wort."

  • Durus erhob sich sofort und strich noch einmal seine Toga glatt. Erst danach warf er einen kurzen Blick auf die Notiz-Tabula und trat vor. Nach einem leisen Räuspern setzte er an.


    "Ich stehe heute vor Euch, um meinen Vetter Quintus Tiberius Vitamalacus zu vertreten, da dieser im Augenblick zum Schutze des Imperiums im Felde steht.
    Gegen eben diesen hochverdienten Senator wurde vor geraumer Zeit ein Edikt des Praefectus Urbi verhängt."


    Der Scriba reichte ihm das Edikt, beziehungsweise dessen Abschrift, sodass der Advocatus diese hochhalten konnte.


    "Dabei wird er folgenden Vergehens beschuldigt: Das Führen eines Lignarius, also die Unterhaltung eines Sägewerks auf seinen Landgütern verstieße gegen Paragraph 3, Absatz 5 der Lex Mercatus. Der Betrieb wäre also ein nicht-landwirtschaftlicher oder Landwirtschafts-Güter verarbeitender Betrieb.


    Zugegebenermaßen habe ich mich bei dieser Behauptung sehr gewundert, wie man auf diese Idee kommen kann. Schließlich wird seit Jahrhunderten auf römischen Landgütern Holz geschlagen und anschließend verarbeitet. Und seit jeher fand dies hauptsächlich auf großen Landgütern von Senatoren und Patriziern statt, wo immer wieder neue Felder urbar gemacht werden mussten. Es entspricht dem gesunden Menschenverstand die Holzwirtschaft als Teil der Landwirtschaft zu betrachten.


    Offensichtlich war der Praefectus Urbi anderer Meinung. Dabei ist es keineswegs so, denn ein Baum muss als nicht verändertes Naturprodukt betrachtet werden.
    Das Holz ist ein Nebenprodukt, das beim Urbarmachen der ausgedehnten Ländereien meines Klienten entsteht. So werden beispielsweise immer wieder auf seinen hispanischen Besitzungen Hügelketten gerodet um Platz für den Weinbau zu schaffen. Würde man dies verbieten, muss die Folge Verschwendung kostbaren Holzes sein, das die Eigentümer ihrer Ländereien nicht verkaufen dürfen.
    Eine weitere Bezugsquelle wären die Kirschbäume, die Tiberius Vitamalacus von meinen eigenen Gütern nahe Misenum bezieht. Man kann plädieren, dass sie vor allem zur Fruchternte dienen – wenn man sich dann jedoch ansieht, dass allein das Kirschholz, das man für den Bau einer einzigen Kline zu 20% die Produktionskosten des Schreiners ausmacht, dann stellt man fest, dass man beim Pflanzen des Baumes auch in einem gewissen Maße den Wert des späteren Holzes berücksichtigt. Auch hier würde eine derartige Auslegung der Lex Mercatus zu unkalkulierbaren Einbußen und nicht zuletzt drastischen Preiserhöhungen für Holz führen.


    Somit lässt sich Holzwirtschaft sehr gut mit Eierwirtschaft vergleichen. Die Eier sind gewissermaßen in ähnlicher Weise Nebenprodukte der Hühnerzucht wie Holz eines der landwirtschaftlichen Nutzung von Agrarflächen ist. Und wer würde es einem Senatoren verbieten, die Eier seiner Hühner verkaufen zu lassen, weil er diese ja nicht selbst gelegt hat?"


    Er sah fragend zum Praetor, dessen Scriba und schließlich zu Avitus. Es klang etwas komisch und tatsächlich fand Durus eine derartige Regelung geradezu lächerlich.


    "Folglich muss erkannt werden, dass Holz ein Nebenprodukt landwirtschaftlicher Arbeit ist. Es wäre völlig absurd, seine direkte Weiterverarbeitung durch die Bestimmungen der Lex Mercatus für einen Senator als verboten zu betrachten.


    Aus diesem Grunde beantrage ich, das Edictum Praefectus Urbi ANTE DIEM XVI KAL SEP DCCCLVII A.U.C. (17.8.2007/104 n.Chr.) gemäß dem Paragraphen 25, Absatz II des Codex Iuridicialis für unzulässig zu erklären."


    Damit war er am Ende seiner kleinen Rede angelangt und nahm Platz um sich auf die Defensio des Tribun zu freuen.

  • "Ich danke dir Praetor.", Avitus schien sich noch einen Moment zu sammeln, "Die Verdienste des Klägers und sein Einsatz für Reich und Imperator stehen außer zweifel. Auch das Beispiel des Tiberius Durus erscheint Bunt und Bildhaft, doch kann dies alles nicht über einen Punkt hinwegtäuschen.


    Ich möchte nun ein mal mehr aus dem Gesetz zitieren, Senatoren, Mitgliedern des Ordo Senatorius und Patriziern ist es verboten, andere Betriebe zu besitzen als solche, welche der Produktion landwirtschaftlicher Güter und deren Weiterverarbeitung dienen.


    Landwirtschaftliche, nicht forstwirtschaftliche, um die es hier doch aber geht. Ein Sägewerk dient der Verarbeitung forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, nicht Gerste oder Roggen wird dort weiterverarbeitet, sondern Holz, ein forstwirtschaftliches Produkt.


    Ob es richtig ist, den Senatoren die Forstwirtschaft zu verbieten, ist eine politische Frage, keine juristische."

  • Der Prätor kam aus dem Kritzeln gar nicht mehr heraus. "Ahja." antwortete der Prätor, blickte kurz auf, verzog aber keine Miene. "Meine Herren, der Sinn der Ersten Anhörung ist es, eine gütliche Einigung zu erzielen. Unter welchen Bedingungen wäre es für beide Parteien möglich, eine solche Einigung herbeizuführen?"

  • Durus verzog das Gesicht. Es war schlimmer, als er es erwartet hatte. Wortklauberei statt Juristerei? Und dann den Vorschlag der Ratenzahlung? Wie bei einem teuren Gut, bei dem man den Käufer übers Ohr haut...


    "In keinster Weise. Mein Mandant hat keinen Einspruch erhoben, weil er nicht so viel Geld auf einmal aufbringen kann, sondern weil er sich zu Unrecht bestraft fühlt.


    Die einzige Einigung, zu der wir bereit wären, ist die Einsicht der Gegenseite, dass es sich bei einem forstwirtschaftlichen Produkt gleichzeitig um ein landwirtschaftliches Produkt handelt, genauso wie es sich bei Vieh- und Weidewirtschaft um Landwirtschaft handelt."

  • "Dazu sind wir nicht bereit. Aus der Sicht des Präfekten und meiner ist Forstwirtschaft von der Landwirtschaft zu unterscheiden und müsste durch den Senat nachträglich diesem Passus des Gesetzes zugefügt werden, was ich auch durchaus befürworte.


    Ein Landwirtschaftlicher Betrieb kann es ohnehin nicht sein, ist es nicht der Mensch der den Wald bewirtschaftet, die Natur ist es, die die Bäume sät und wachsen läßt. Anders, als beim Korn, wo es der Bauer ist, der es hegt und pflegt und sät."

  • Durus sah zum Praetor. Er war sich nicht sicher, ob er bereits jetzt alles auffahren sollte.


    "Oder die Eier, die der Bauer hegt und pflegt und sät. Eine Trennung von Holz- und Landwirtschaft ist genauso absurd wie eine Trennung von Vieh- und Landwirtschaft."


    bemerkte er schließlich doch. Der Praefectus Urbi - oder sein Vertreter, dessen Namen sich der Tiberier notieren ließ, wollte sich also die Blöße geben.

  • "Du solltest von dem Vergleich von Eiern und Bäumen abweichen, guter Tiberius Durus, warst du mir doch bisher als ein guter und seriöser Anwalt bekannt.


    Aber Eier und Bäume? Die Eier sind das Ergebnis der Haltung und Pflege von Hühnern, wie schaut es aber bei Bäumen aus? Gießt er sie, fütterst er sie? Nein, nein dieses Beispiel führt doch ins Absurdum."

  • "Hühner legen also ohne Pflege und Haltung keine Eier, verstehe.


    Aber ich bin eher der Meinung, dass du die Gesetze durch die ominöse Behauptung, das Roden von Ackerland und das darauffolgende Verkaufen der Baumbestände sei kein Teil der Landwirtschaft.


    Abgesehen davon säe und pflege ich meine Kirschbäume, deren Holz bei meinem Mandanten zu Brettern verarbeitet wird."


    meinte Durus und sah dann hinauf zur Sella Curulis des Praetoren. Er sah es kaum möglich, dass dies hier noch eine Einigung wurde.

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