Patrizischer Einkauf, oder: Was man mit Frauen nicht tun sollte

  • Sim-Off:

    Leider reserviert ;)


    Vor einiger Zeit hatten wir es in einer sommerlichen Überschwangslaune miteinander vereinbart, und heute hatte ich endlich die Zeit gefunden, meine Tempelpflichten auf einen meiner Mitpriester abzuwälzen, wie wir es wechselseitig immer mal wieder taten, sollte Not am Mann sein. Und heute sollte endlich der Tag des lange angekündigten Einkaufs sein, der Claudia Antonia aus ihrem doch sehr langweilig klingenden Alltag reißen sollte - die meisten Frauen gaben gern Geld aus, und ich hatte ohnehin genug auf der hohen Kante liegen gehabt, sodass ich eventuellen Eskapaden gegensteuern konnte, ohne mich vor Gracchus allzu sehr rechtfertigen zu müssen.


    Ich war mir sicher, dass es ihm nicht unrecht sein würde, wenn ich seiner Frau ein bisschen Freude bereiten würde, letztendlich war beider Ehe nicht glücklich, und die mangelnde Abwechslung in der Villa Flavia musste nach einer gewissen Zeit auf jeden Fall bedrückend wirken. So hatte ich mich etwas später als die Mittagsstunde auf den Markt begeben und wartete auf meine charmante und hoffentlich gutgelaunte Begleiterin, die mir helfen sollte, mich neu einzukleiden. Nichts in meinem Schrank gefiel mir derzeit gut genug, um es bei Festen anzuziehen, und Antonia hatte schon immer mit ihrer Kleidung einen guten Geschmack bewiesen.


    Während ich also an einer der Säulen lehnte, gut und weithin sichtbar, mit einer schlichten weißen Tunika angetan wie die meisten anderen Bürger, die um diese Zeit unterwegs waren, beobachtete ich die umher eilenden Träger, aber auch die gutsituierten Marktbesucher, die sich alle Mühe gaben, mit dick beringten Fingern Eindruck zu schinden. Am schlimmsten allerdings waren die schlecht geschminkten Plebejerfrauen, die glaubten, durch die Farbe im Gesicht ihre niedere Geburt wettmachen zu können - sicher, es gab auch senatorische Plebejerfamilien, aber diese hätten es niemals nötig gehabt, ihre Töchter, Frauen und Schwestern so billig herauszuputzen, sodass ich kaum glaubte, hier Familienmitglieder der besseren Plebejerfamilien vor mir zu sehen. Als mir eine dieser Frauen zuzwinkerte, gab ich mir große Mühe, mein vages Lächeln nicht entgleisen zu lassen - aber ziemlich viele Abende mit Saufkumpanen in Achaia und das Leben in Rom überhaupt hatten mich in dieser Hinsicht gestählt.


    Ich rettete mich dadurch, nicht allzu einladend auszusehen und wandte den Blick in aller Ruhe ab, um die Vorzüge der ausgelegten Ware eines billigen Schmuckhändlers zu betrachten. Danach wusste ich zwar die Preise irgendwelcher obskur aussehenden Schmuckanhänger auswendig, aber ich war auch von der Aufmerksamkeit der scheusslich aussehenden Frau gerettet. Eine mir viel angenehmere Frau indes tauchte in einiger Entfernung samt Gefolge auf - die ersehnte Antonia, anscheinend noch nicht einmal schlecht gelaunt. Ich hob die Hand und winkte ihr zum um sie auf mich aufmerksam zu machen, und harrte dann darauf, dass sie mich entdecken würde.

  • Eine jener dick geschminkten Plebejerinnen wäre sicher dankbar gewesen für die Sklaventraube, welche Claudia Antonia derzeit umringte und von eben jenen Damen der Gesellschaft abschirmte. Doch da Antonia keine dieser Frauen war, verschwendete sie nicht einen Gedanken daran, was wäre, wenn das "Hausmobiliar" sie nicht vor dem Gedränge und Geschubbse, welchem sich der Normalbürger ausgesetzt sah, bewahren würde.
    Nichtsdestotrotz war sie glänzender Laune. Einer der wenigen Tage, wie es schien, an dem sie sich erlaubte selbst in der Öffentlichkeit den Hauch eines unbeschwerten Lächelns zu zeigen. Doch nicht etwa das Wetter oder die Aussicht auf einen ausgedehnten Einkaufsbummel trugen hierfür die Verantwortung. Vielmehr die Tatsache, die flavische Villa, ihr zu Hause, verlassen zu können sowie die Gesellschaft, in welcher sie dies tun konnte hoben beträchtlich ihre Stimmung.


    Nicht zu auffällig reckt sie den Hals, um ihren Begleiter zu erspähen. Doch eine Sklavin entdeckt Aquilius vor ihr, worauf sie mit dezentem Kopfnicken hinweist.
    Mit der ganzen Eleganz einer Claudia und der geballten Muskelkraft flavischer Haussklaven erreichte der kleine Aufmarsch letztendlich den Marspriester.
    Aquilius., begrüßte Antonia ihren Lieblingsflavius. Nach einer kurzen Musterung dessen, was eben jener zuvor noch so angestrengt untersucht zu haben schien, fügt sie 'Du wirst doch hier keinen Schmuck kaufen wollen?', hinzu.
    Ein unbedarfter Beobachter könnte das Grinsen, welches sich hierauf in ihren Zügen zeigte als spitzbübisch bezeichnen. Der Kenner wüsste selbstverständlich, dass eine Patrizierin nicht grinste. Schon gar nicht spitzbübisch.
    Schön, dass Mars dich eine zeit lang entbehren kann.
    Das Grinsen, welches keines war, verschwand zugunsten eines weitaus freundlicheren Lächelns.

  • Schön war sie, wie stets, und ich konnte nicht verhehlen, dass ich in jenem Augenblick, als sie näher trat, in meine Nähe kam, lächeln musste. Verzückt hatte mich diese Claudierin nicht nur einmal, viele Male, und wieder kam es mir in den Sinn, wie es wäre, hätte ich sie zu meiner Gemahlin gemacht, wäre sie nicht an Manius gebunden. Wir könnten viele Male auf diese Weise Zeit verbringen, ohne Entschuldigungen finden zu müssen ... aber es war zu spät, ich hatte sie nie als jemand anderen kennengelernt, immer war sie an Gracchus gebunden gewesen und er an sie. Wie seltsam das Leben doch zu spielen wusste, wenn man nicht darauf acht gab, überlegte ich still und lächelte einfach, es schien so viel simpler zu sein, als Gedanken in Worte pressen zu müssen.
    "Nun, von wollen kann keine Rede sein, letztendlich ist dieser Tand hier nur ein besserer Zeitvertreib, die Steine nicht allzu viel wert," antwortete ich mit der Gelassenheit des Patriziers, der zu oft im Leben schon Schmuck hatte sehen müssen und darob nichts Besonderes mehr daran fand.


    Ihr Lächeln bezauberte mich wie schon zuvor im Garten, und ich machte eine leichte Geste zu den vielen Ständen hin, an denen sich die Bürger Roms geradezu geldverschwenderisch austobten. "Mars wird sicherlich ein Einsehen mit seinem Priester haben, der langsam nicht mehr in alten Tuniken und Togen herumlaufen will," gab ich in scherzhaftem Ton zurück und zwinkerte ihr zu.
    "Zudem, ich glaube mich zu entsinnen, dass ich vor hatte, meiner Verwandten einen schönen Armreif oder ein sonstiges Geschmeide zu verehren, falls sie denn etwas entdecken sollte, das ihr gefällt." Mein Blick musste mich allzu leicht verraten, dass sie diese Verwandte war, mochte offensichtlich sein ... ich wollte sie schmücken, ihre exquisite Schönheit durch ein winziges Detail noch verstärken, und vielleicht würde es sie wieder lächeln lassen.

  • Aquilius' Lächeln wurde von Antonia stets mit einem ebensolchen erwidert. Es schien allein seine Gegenwart zu genügen, um die trübselige Stimmung, in der die Claudia sich im Grunde 24 Stunden des Tages befand, zu vertreiben. Ebenso wie die Gegenwart ihres Gatten genügte, damit sie sich wie ein Insekt fühlte, das kurz davor stand, von einer Sandale zertreten zu werden.
    Dass er von "alten Tuniken und Togen" sprach war vermutlich die Übertreibung des Jahres, gab es doch kaum einen Flavier, oder Patrizier, dessen Kleidung man tatsächlich als "alt" bezeichnen konnte.
    In der Tat, begann sie jedoch zu flachsen, So bist du eine wahre Schande für das Auge des Gottes. Es wurde höchste Zeit.
    Ihre vor Schalk leuchtenden Augen straften ihre Worte umgehend Lügen.
    Gerade als sie fragen will, wer denn diese glückliche Verwandte sei, wird ihr bewusst, dass es wohl sie selbst sein muss. So wandelt sich der halb offen stehende Mund zu einem verlegenen Lächeln.
    Ich bin sicher, es wird sich etwas finden, dass diese spezielle Verwandte erfreut. Auch wenn ich mir sicher bin, dass ein Ausflug mit dir schon Geschenk genug ist.
    Um zu verbergen, dass das Lächeln überhaupt nicht mehr schwinden will, wendet sie jedoch schließlich den Blick ab und übersieht die zahlreichen Marktstände.
    Nun, womit möchtest du anfangen? Tuniken, Togen, oder Schmuck?

  • Ich schmunzelte breit und tat schließlich einen gespielt entsetzten Seufzer, als sie mich als Schande für das Auge meines Gottes bezeichnete, musste dann aber lachen - wie einfach es war, mit ihr zu lachen, war gleichermaßen erstaunlich wie entspannend, und auch das war einer der Punkte, den ich an der Beziehung Manius' zu Antonia nicht recht verstand. Immerhin besaß sie Witz und Charme in hohem Maß, und auch wenn man einer Frau nicht so viel abzugewinnen vermochte, musste man doch erkennen, was für eine interessante Persönlichkeit sie war. Oder war er letztlich durch sein immerwährendes Gefühl, niemals genügend zu sein, zu sehr gehemmt? Ich würde es ihn niemals fragen können, soviel war sicher.
    "Ah nun, was soll ich denn mit den Sesterzen sonst anfangen, die sich bei mir ansammeln und die ich fast nie ausgebe?" scherzte ich zurück. "Dann bereite ich doch lieber jemandem eine Freude, bevor ich irgendwann daran ersticke." Zudem, das Geld zu horten lag mir nicht und würde es wohl nie tun. Das Erbe meiner Eltern war ein gewisser Hang zum guten Leben, zum Genuss all dessen, was sich einem auftat, wenn man es nur wollte.


    "Aber widmen wir uns erst der unangenehmen Pflicht, bevor wir zum angenehmeren Teil des Schmuckkaufs übergehen, was meinst Du? Je schneller ich diese furchtbare Stoffaussucherei hinter mir habe, desto besser," vor allem das weibische Geschwätz der Händler, die, wenn sie meine Fußkette mit dem elfenbeinernen Halbmond sahen, das große Geschäft witterten, wollte ich möglichst bald hinter mich bringen. "Ein, zwei neue togen und ein guter Haufen tunicen wären ganz passend, ich will nicht immer in weiß und dunkelrot herumlaufen, es langweilt nun doch etwas. Und die toga praetexta ist dann doch ein bisschen auffällig, wenn man einfach nur seine Ruhe will." Das für Jugendliche, Magistrate und Priester vorbehaltene Kleidungsstück schrie an einem erwachsenen Mann geradezu heraus, dass Straßenhändler hier Geld wittern konnten und lupae einen einträglichen Fang, und ich hasste nichts mehr, als beim Spaziergang belästigt zu werden.
    Ihr in die Augen blickend gab ich mich ganz in ihre Hände: "Kennst Du vielleicht ein passendes Geschäft für derlei?"

  • Wie zur Beruhigung tätschelt die Claudia den Arm des Flaviers, als er theatralisch seufzt. In Wahrheit nutzt sie natürlich nur die Gelegenheit, dem Mann, der ihr so viel angenehmer im Umgang erscheint, als ihr Ehemann, näher zu kommen.
    Nun, ich bin sicher, Mars ist ausnahmsweise gnädig.
    Untergehakt spazieren die beiden so, scheinbar ohne bestimmte Richtung, los. Doch Antonia weiß ganz genau, wo sie ihre Schritte hinlenkt, hat sie doch bereits vor Augen, wo Aquilius neue Kleidung finden würde, denn im Gegensatz zu ihrem männlichen Begleiter konnte Antonia Stunden damit zubringen, sich oder andere in neue Gewandungen zu hüllen.
    Was das viele Geld angeht, werden wir jedoch sicher eine Lösung finden.
    Wobei ihr auch wieder einfiel, dass sie ja vorhatte, sich Aquilius' Buchführung anzusehen. Was hatte sie bislang nur davon abgehalten?


    Gemütlich schlendernd führte ihr Weg vorbei an laut kreischenden Marktweibern und - zum Teil - nicht weniger schrill kreischenden Händler, welche ihre Waren anpriesen. Immer weiter kamen sie allerdings von diesen eher aufdringlichen Zeitgenossen fort und gelangten zu den ruhigeren, angenehmer anzusehenden und vor allem teureren Ständen.
    Ohne Vorwarnung bleibt die claudische Einkaufsberaterin schließlich stehen und deutet auf eine Auslage.
    Hier. Perfekt. Da finden wir sicher etwas für dich., prophezeit sie und besieht sich mit fachmännischem Blick die Ware. Immer wieder fliegen ihre Augen von Aquilius zu den Tuniken und wieder zurück, um etwas Passendes auszusondern.
    Die neusten modischen Experimente des "Designers" lässt sie hierbei außer acht, ist sie sich doch recht sicher, dass ein Flavius sich nur ungern in fransig geschnittenen, leuchtend grünen Seidentuniken zeigen möchte.
    Das!, beschliesst sie nach einer Weile, greift nach einer schlichten und dennoch exquisiten Tunika und hält sie, in bester Mama-kauft-Sohnemann-Anziehsachen-Manier vor Aquilius.
    Was meinst Du?

  • Es gab eine Sache, die mir an Frauen stets unheimlich gewesen war, und das war diese unglaubliche Freude daran, stundenlang Kleidung anzuprobieren und dann am Ende doch wieder etwas ganz anderes zu kaufen. Letztendlich war ich immer froh gewesen, wenn ich die Einkäufe möglichst schnell hinter mich gebracht hatte, denn wann immer ich irgendwo aufgetaucht war, begannen Händler mir den letzten Mist aufzuschwatzen, auch wenn ich selten Genug Verwendung für rosa Sandalen oder dergleichen mehr haben würde. Von Patriziern erwartete man wohl allgemein, dass sie ihr Geld sinnlos herauswarfen, also wieso nicht auch rosa Sandalen kaufen? Antonias Sklaventraube hielt uns die neugierigen Bürger recht zuverlässig vom Hals, sodass ich zumindest bei Laune blieb, dieses ewige Durchdrängeln auf vollen Straßen gehörte zudem zu den wirklich unangenehmen Dingen des Einkaufs. Ich wäre fast auf Antonia aufgelaufen, als sie plötzlich stehenblieb, vor einem Geschäft, das für mich auch nicht anders aussah als alle anderen - aber Frauen hatten in so etwas ja einen ganz anderen Instinkt.


    Die Tuniken sahen aus wie ... naja ... Tuniken eben aussahen. Farbig, mit oder ohne bunten oder gestickten Saum, oder schlicht weiß. Wie sie aus dieser Fülle verschiedenster Farben schließlich eine auswählte, war mir schleierhaft, aber als ich an mir herunterblickte, musste ich ihre Zielsicherheit nur bewundern, die Farbe schien mir durchaus zu schmeicheln. Mit herrischer Geste schnipste ich den Ladenbesitzer samt einem Sklaven herbei, der einen polierten Spiegel vor mich hielt, damit ich mich betrachten konnte - durchaus, das konnte sich sehen lassen.
    Nur der Ladenbesitzer bekam förmliches Sesterzen-Leuchten in seinen Augen, das mich unangenehmes vermuten ließ. "Das sieht doch nicht schlecht aus," meinte ich und nickte. "Die nehmen wir. Vielleicht noch etwas mit aufwendigerem Saum, immerhin muss ich demnächst viele Besuche machen, da sollte ich nicht aussehen wie frisch von der Straße ausgespuckt?"

  • Weder die mangelnde Begeisterung ihres Begleiters, noch die augenscheinlich wachsende Geldgier, gepaart mit einer exponentiell steigenden Aufdringlichkeit vermochten jedoch, Antonia so schnell von diesem Stand fort zu locken. Die erste Tunika war akzeptiert, es würden, ohne Zweifel, weitere folgen.
    Oh, ja, gewiss. Warte..
    Den bereits fröhlich und euphorisch drauflos plappernden Verkäufer lässt die Claudia neben Aquilius zurück. Sie ist sich nebenbei sicher, dass die Information, welche Mode gerade in Lutetia "totaaaaal 'in'" sei, den Flavier sehr interessieren wird.


    Lediglich mit einer Sklavin als Begleitung (irgendjemand muss ja die Tuniken tragen) stromert sie, teils naserümpfend, teils fast euphorische Laute ausstoßend herum und sortiert letztendlich nach und nach vier weitere Tuniken aus. Mit ebendiesen macht sie sich schließlich auf den Weg zurück zu Aquilius. Ob dieser sehr gelitten hat fällt ihr in diesem Moment freilich nicht auf.
    Schau mal, dieser Stoff, wunderbar, nicht? Und hier..
    Blumig und in den lobendsten Tönen wird so ein Kleidungsstück nach dem anderen präsentiert. Widerspruch wird nicht geduldet, gelegentliche Versuche des Händlers, ebenfalls etwas dazu zu sagen, werden erfolgreich ignoriert.
    Nur Togen werden wir hier glaube ich nicht finden. Aber ich weiß schon, wo wir da hin gehen.
    Das Glänzen in ihren Augen verheißt Ungutes..

  • Ich musste die Götter in den letzten Tagen empfindlich verärgert haben, dass sie zuließen, dass dieser weibische Idiot mir irgendwelchen haltlosen Unsinn über die Mode in Lutetia erzählte - wen interessierte so etwas? Vor allem, wofür brauchte man solches Wissen? Ich tat, was ich in solchen Situationen immer tat und was sich schon bei Auseinandersetzungen mit meiner Mutter als ausgesprochen hilfreich erwiesen hatte - ab und an zustimmend nicken und ansonsten an etwas anderes denken. Die Tunika gab ich einem der Ladensklaven, denn selber halten wollte ich die Sachen nicht unbedingt, wohl ahnend, dass ich sonst bald unter einem veritablen Berg an sinnloser Kleidung zusammengeklappt wäre. War es wirklich eine gute Idee gewesen, sich unter die Fittiche Antonias zu begeben, um Kleidung zu kaufen? Das nächste Mal würde ich ihr einfach einen riesigen Beutel Sesterzen geben, mit der Bitte um neue Kleidung, und dann schnellen Fußes flüchten. Als sie mit einem neuen Berg Sachen ankam, betrachtete ich die Tuniken mit einem zumindest gut geschauspielerten interessierten und enthusiastischen Blick, bevor ich dann ergeben nickte. Wenigstens hielt dieser unsägliche Händler endlich seinen verdammten Mund, gegen die Konkurrenz Antonias schien auch er machtlos.


    Dem Händler bedeutete ich kurzerhand, dass ich die Tuniken kaufen wollte und mein herrischer Blick mochte andeuten, dass Preisverhandlungen jetzt nicht die beste Idee waren - innerlich war ich kurz davor, Antonia um Gnade anzuflehen oder mich einfach durch die Hintertür des Ladens dünn zu machen - bis sie die unfassbaren Worte sagte, die andeuteten, dass mir ein weiterer grässlicher Laden bevorstand.
    "Was ist an den Togen hier denn schlecht?" wagte ich Einspruch zu erheben, ohne daran zu denken, dass mir hier nun wohl ein weiterer Vortrag über Mode bevorstehen mochte. "Im Grunde brauche ich ja nichts wirklich besonderes, irgendeine festliche Toga und eine neue praetexta ..." Schnell tief stapeln, so tief wie nur möglich, damit sie den Togenkauf vielleicht für nicht ganz so wichtig hielt. Ich fühlte, dass mir, ganz entgegen der Gewohnheit, Schweiß auf der Stirn ausbrach. So musste man sich im Angesicht des orcus fühlen!

  • Erstaunt, beinahe schockiert ist Antonias Gesichtsausdruck, als Aquilius versucht, den Togenkauf auf lediglich zwei Exemplare zu beschränken.
    "Nicht doch.", erwidert sie schnell. "Ein Mann in deiner Position braucht da schon wesentlich mehr."
    Eindeutig, in ihr floss das Blut von Kaisern, denn daran, dass ihr Begleiter widersprechen könnte, dachte sie überhaupt nicht. Es wäre vermutlich ohnehin nicht in ihr Bewusstsein gedrungen.
    "Überlass nur alles mir."
    Das freundliche Lächeln in ihrem Gesicht zeigte, wie sehr sie sich bereits darauf freute, sich auf die Suche nach den perfekten Togen für den Marspriester von heute zu machen. Das der Marspriester von heute daran so gar kein Interesse zu haben schien, war hierbei nebensächlich.
    Der freudestrahlende Händler, welcher am heutigen Tag so viele Tuniken verkauft hatte wie sonst in einer ganzen Woche nicht, wurde bezahlt, womit der Weg frei zu neuen Gefilden war.


    So begaben sich zwei Patrizier, noch immer umgeben von einer Sklaventraube und gefolgt von einigen, die die erstandenen Waren trugen, auf den Weg zum nächsten glücklichen "Designer".
    An zwei Läden war Antonia kurz stehen geblieben, hatte jedoch sehr schnell fest gestellt, dass dort nichts angemessenes zu finden war. Doch endlich, der Dritte schien ihr zu gefallen.
    "Oh, schau! Wundervoll, findest du nicht?", freute sich die Claudia und deutete auf die Produktauswahl. An der geringen Menge der vorhandenen Kleidungsstücke war erkennbar, dass man hier ein kleines Vermögen loswerden konnte. Allein hier zu stehen hätte einen Plebejer wohl finanziell ruiniert.
    Solche Sorgen kannte Antonia natürlich nicht und so betrat sie, keinen Widerstand duldend, mit Aquilius den Laden des Togahändlers der Saison.
    "Wir könnten dir auch exklusiv eine anfertigen lassen, was hälst du davon? Ein Unikat.", schlug sie vor, während sie ihre Hände über einige bereits fertige Togen gleiten ließ.

  • Ein Mann in meiner Position? Ich überlegte kurz, sie darauf hinzuweisen, dass ich noch nicht der römische Kaiser sei, aber im Anbetracht ihrer ausgesprochen eifrig wirkenden Miene verkniff ich mir den Kommentar, es schien mir einfach gesünder. Eine Frau im Kaufrausch konnte zur furchtbaren Furie werden, das zumindest hatten mich meine bisherigen Erfahrungen gelehrt. Drei Dinge durfte man auf keinen Fall tun, wenn man einen Einkauf mit einer Patrizierin überleben wollte - ohne Sklaven mitkommen, denn sonst schleppte man sich an dem ganzen Kram, den sie einkauften, halbtot; darauf hinweisen, dass man nicht Rom, sondern nur einige Tuniken kaufen wolle; und zu guter Letzt in irgendeiner Form gelangweilt zu wirken - es hatte zwischen meinen Eltern zu ernsthaften Streitigkeiten geführt, an die ich mich nicht gern erinnerte. Nicht zuletzt deswegen hatte mein Vater unser Zuhause gemieden, wenn meine Mutter angekündigt hatte, es müssten mal wieder Stoffe angeschafft werden.


    "Bei Dir bin ich wirklich in den besten Händen, was diese Art von Einkauf angeht," bemerkte ich, als sie mich am zweiten, anscheinend nicht geeigneten Laden vorbeischleppte - für mich sah der Laden genau so wie der erste aus, ich hätte beim besten Willen keinen Unterschied feststellen können. Ein nicht allzu kleiner Teil von mir hoffte, ihr würde die meinen Worten zugrunde liegende Ironie entgehen - falls nicht, würde ich zweifelsohne die nächste Zeit damit zubringen, mir einen erbosten Vortrag über Kleidung anhören zu müssen. Im Grunde war ich nicht einmal schlecht auf die Ehe vorbereitet. Das grässliche Zusammenleben meiner Eltern hatte mich alle möglichen Höhen und Tiefen zwischen Mann und Frau schnell erkennen gelehrt.


    Der dritte Laden war ihr schließlich recht, und wieder gab es auch hier einen verkaufstüchtigen Händler, der uns sehr richtig als finanzstarkes und kaufwilliges Paar identifizierte, ich sah es dem Kerl direkt an. "Wir haben eine reichhaltige Auswahl an exclusiven Stoffen," lockte er auch gleich mit einem entsetzlich schleimigen Unterton in Antonias Richtung. Ihr Götter! dachte ich und unterdrückte mein Seufzen gekonnt. "Wenn Du meinst," sagte ich schließlich. Immerhin, eine Toga zu besitzen, die es sonst in Rom nirgends gab, das war ein Gedanke, mit dem selbst ich mich anfreunden konnte. "Aber bitte kein zu auffälliges Muster, ich will nicht wie Crassus herumlaufen."

  • Vor Freude über Aquilius' Entscheidung klatscht Antonia zweimal in die Hände, was die Sklaven für einen kurzen Moment zum stramm stehen veranlasst.
    "Wundervoll. Du wirst sehen, sie wird dir prächtig stehen."
    Kaum war die Entscheidung gefallen, verneigte der Verkäufer sich huldvoll und wuselte davon. Wohl, um einige Stoffproben von besonders erlesener Qualität (und Preis) herbei zu holen.
    "Du möchtest nicht wie Crassus herumlaufen?", wiederholt sie schmunzelnd bei der Vorstellung, Aquilius in Prätorianerrüstung zu sehen. Keine allzu unangenehme Vorstellung in ihren Augen.
    "Crassus der Prätorianerpräfekt, oder Crassus der reiche Emporkömmling?", hakt sie zur Sicherheit noch einmal nach, als auch schon der Verkäufer wieder kommt. Umgehend beginnt er, die diversen Vorzüge dieses oder jenes Stoffes zu erläutern - was Antonia verständig nickend und mit großem Interesse verfolgt.
    "Oh, schau, wie wäre das hier?", unterbricht sie nach einer Weile den Händler unwirrsch und wendet sich an ihr "Opfer", auf einen dunkelblauen Stoff zeigend. Der Mann schaltet natürlich umgehend, zieht den Stoff heraus und hält ihn, in respektvollem Abstand, natürlich, vor den potentiellen Käufer.
    "In der Tat, werte Dame, eine hervorragende Wahl. Seht nur, wie wunderbar der Farbton zu seinem Teint passt und...*beliebiges Verkäufergeschwafel einsetzen*"
    Eifrig nickt die "werte Dame", den Gesichtsausdruck Aquilius' gekonnt ignorierend.
    "Na, was sagst du?"
    Kein Zweifel, die falsche Antwort würde dem Händler einen Herzinfarkt bescheren und Antonia zu einer extensiven Suche nach etwas geeigneterem veranlassen.

  • Dunkelblau. Nunja, ich hätte es schlimmer treffen können. Es würde zu meiner gebräunten Haut sicher nicht allzu schlimm aussehen, und der Händler schien auch nicht vollkommen verdummt zu sein - er schien zu ahnen, wer von uns beiden das Geld mit sich führte und auch, dass es kein Patrizier zu schätzen wusste, von einem Händler über Gebühr belästigt zu werden. Je kürzer sich also dieses Drangsalieren einer Geduld entfalten würde, desto besser. "Beides in einem," meinte ich mit einem leisen grummeligen Unterton, denn es passte beides hervorragend auf die eine Person, die versucht hatte, sich mittels einer Ehe in unsere Familie zu schleichen. Mochte er dafür in den tiefsten Tiefen des Orkus schmoren und verrotten!


    "Es sieht ganz angemessen aus," quetschte ich schließlich nach einiger Zeit hervor und wähnte mich meinem Ziel, dieses unsägliche Stoffbegutachten zu einem Ende zu bringen, mindestens einen großen Schritt näher. "Und ich hoffe doch, dass es in diesem Laden den passenden Stoff für eine toga candidata gibt," fügte ich eher beiläufig ein, denn diese große Nachricht hatte ich mir zumindest bei Antonia ein wenig aufgespart, falls ihr nicht ohnehin schon Gracchus davon berichtet hatte. Eine solche toga trug ein Mann nur zu einem besonderen Anlass in seinem Leben - wenn er sich für ein öffentliches Amt bewarb. Ob sie wohl überrascht sein würde? Der Händler jedenfalls verdoppelte seinen Redefluss sofort, der Gedanke, einen künftigen magistratus auszurüsten hob ihn in den siebten Himmel der Geschäftsvorgänge, denn hier konnte man eindeutig viel Geld verdienen.

  • Antonia indes lächelt versöhnlich, schiebt sie Aquilius' grummelige Stimmung doch einzig auf die Erwähnung jenes unsäglichen Menschen, der nichts unversucht ließ, in die flavische Familie einzuheiraten.
    Der Händler ignorierte die Launen seiner Kunden gänzlich. Zumindest die der männlichen, welche, wie er im Laufe seiner Karriere gelernt hatte, ohnehin bei einem Einkauf nur die Rolle des Kleiderständers spielten. So zückte er, kaum war die Wahl des Stoffes beendet, ein Maßband und begann, unter vielfachem "Entschuldige, Herr." und "Du gestattest doch, Herr.", den Körper Aquilius' auszumessen.
    Die Claudia stand lediglich zufrieden daneben und folgte den messenden Handbewegungen mit ihren Augen. Weniger aus Interesse an der Messung, mehr am Ausgemessenen.


    "Toga candidata?", reisst dann jedoch das Objekt der Aufmerksamkeit sowohl Antonia als auch Händler aus ihren Tätigkeiten.
    "Oh, gewiss, Herr, gewiss. Wenn du dich einen Moment geduldest, ich bin sofort wieder da."
    Sprachs und verschwand. Zweifellos würde er kurze Zeit später mit genügend Material zurückkehren, um den gesamten Palatin in eine Toga candidata einzuhüllen.
    "Du möchtest in die Politik?"
    Mit einer Mischung aus Ver- und Bewunderung sieht die Patrizierin ihren Begleiter an. "Ich hätte nicht gedacht, dass du der Typ für solche Dinge bist."
    Sie selbst hatte der Politik nie etwas abgewinnen können und verstand nicht recht, wie man sich dafür interessieren konnte. Nichtsdestotrotz war sie Patrizierin aus altem Hause und sah es daher als Pflicht und höchste Ehre für einen Römer, im Senat zu sitzen. Solange sie selbst nicht dort sitzen musste.

  • Einige Male war ich ziemlich kurz davor, diesem nervtötenden Kerl von Händler eine Faust in die Weichteile zu rammen, denn ich wurde den Verdacht nicht los, dass er mich beim Abmessen deutlich zu oft berührte. Aber irgendwann war das Martyrium schließlich vorbei, ich atmete innerlich auf, dem Endziel dieses Ausflugs, nämlich schnell aus diesen grässlichen Läden zu verschwinden, einen Schritt näher gekommen. "Ja, ich denke, es ist langsam an der Zeit, mich mit der Politik zu befassen. Nicht zuletzt, weil es auch ein bisschen seltsam wirkt, Jahr für Jahr Felix' Gastfreundschaft zu genießen und den Ruhm der Familie allenfalls mit öffentlichen Auftritten als Marspriester ein bisschen zu mehren - sobald diese ganze Sache mit der Hochzeit durch ist, muss ich meiner Frau auch einen angemessenen Lebensstil bieten können, und das werde ich als Priester deutlich weniger vermögen denn als Politiker."
    Die Sache mit der Hochzeit thematisierte ich ebenso nebenbei wie auch die Politik, denn letztendlich war es keine Liebesheirat, sondern ein weiterer Schritt auf dem Weg nach oben, aus der Schandecke der Familie heraus zu denen, die in deutlich anderem Licht standen.


    "Ob man nun der Typ dafür ist, ist wohl weniger entscheidend. Ich habe die Ausbildung, die mir das Auftreten als Redner ermöglicht, und ich werde dieser Ausbildung Rechnung tragen," ergänzte ich meine Gedanken und schenkte ihr ein kurzes Lächeln, während der Händler immernoch verschwunden war und anscheinend recht gründlich suchte. "Es ist nicht unbedingt angenehm, stetig mit einem Makel leben zu müssen, den man nicht selbst verschuldet hat, Antonia, und ich will diesen Makel ein für allemal loswerden. Anders wird es wohl kaum gehen. Die Ungenannte hat mit ihrer gesamten Bagage meiner Familie einen so großen Schaden zugefügt, dass ich nicht anders kann, als mich sehr bewusst ins Licht und in die Betrachtung anderer zu stellen, um meine Ahnen nicht zu beschämen."

  • Die Claudia lächelt milde, während sie Aquilius eine Hand auf den Arm legt. Beschwichtigend oder Nähesuchend? Wohl von beidem ein bisschen.
    “Für die Taten seiner Verwandten ist man nicht verantwortlich. Quäle dich nicht damit.", versucht sie ihn aufzumuntern.
    Dass er vor hatte zu heiraten wusste sie zwar, doch trieb es Antonia noch immer einen unangenehmen Schauer über den Rücken. Nein, Aquilius, ihren Aquilius verheiratet zu sehen war eine äußerst unangenehme Vorstellung, rückte es ihn doch in noch weitere Ferne und machte ihn damit unerreichbarer, als er es ohnehin schon war.
    “Und schmälere deine Verdienste nicht so. Was wäre Rom ohne seine Priester?“


    So flink wie er verschwunden war, tauchte nun auch der Händler wieder auf. Dieses Mal gefolgt von zwei Sklaven, beide voll bepackt mit leuchtend weißen Stoffbahnen. Ohne Zweifel hatten die Sklaven ihre Hände waschen müssen, bevor sie sie berühren durften.
    „So, der Herr, hier wäre eine Auswahl bereits fertiger Togen… aber wir können dir gerne auch eine anfertigen…“
    Und schon begannen erneut die Vor- und Nachteile dieser oder jener Entscheidung auf die beiden Einkäufer einzuprasseln. In diesem Fall war jedoch sogar Antonia gelangweilt. Togen, die zur Magistratswahl getragen wurden gehörten nicht wirklich zur aktuellsten Modeentwicklung und waren daher vernachlässigbar.

  • Die Haut meines Arms prickelte leicht, als sie ihre Hand darauf ablegte, und mit einem Mal war jener verbotene, gestohlene Nachmittag im hortus der villa Flavia wieder präsent, den ich mir in den letzten Tagen als Erinnerung immer wieder verboten hatte. Wussten diese Frauen eigentlich, was sie einem Mann mit auch nur einer einzigen Berührung antun konnten? Oder war sie sich dessen sehr wohl bewusst, und sie genoss die Folgen? Ich wusste es nicht, und ich konnte es mir auch nicht unbedingt bei ihr vorstellen, diese tiefe Berechnung, aber dass ihre Hand auf meinem Arm ein angenehmes Gefühl war, konnte ich nicht abstreiten.
    "Ich quäle mich nicht damit, es ärgert mich schlichtweg, Antonia. Sprich nur irgendeinen meiner Verwandten auf die hispanischen Flavier an, und seine Reaktion wird Dir schnell verraten, was ich meine, und was es daran abzustellen gilt." Dann allerdings kehrte der Händler zurück und es begann der bislang unangenehmste Sermon, den man wohl über eine blütenweiße toga halten konnte - es war langweilig, die togen sahen für mein Auge ohnehin alle gleich aus, eben weiß, und ansonsten hätte ich weder den Unterschied zwischen Stoff mit dieser und Stoff mit jener Faser zu sagen gewusst, geschweige denn erkannt.


    "Es reicht," sagte ich mit einem Mal und der Händler hielt inne, wohl, weil er das nicht allzu oft hörte, oder, weil er wusste, dass spätestens ab diesen Worten die Zahlungsbereitschaft der männlichen Kundschaft ins Bodenlose zurücksackte. "Fertige mir eine toga candidata mit diesem Stoff nach meinen Maßen an, und damit sollte es gut sein." Ich deutete wahllos auf eine der dargereichten togen und entnahm dem zufriedenen Lächeln des Händlers, dass es ganz offensichtlich nicht der billigste Stoff war, wie hätte es auch anders sein können.
    "Und jetzt zeige uns meinetwegen die restlichen Stoffe, nicht wahr, Antonia? Weiße togen haben wir nun wirklich genug gesehen," sagte ich bestimmend und der Händler fügte sich, zum ohnehin stattlichen Geschäft würde nun wohl ein weiteres hinzukommen. "Willst Du Dir auch einen Stoff aussuchen, wenn wir schonmal da sind? Die haben hier sicher auch Stoffe für Damen."

  • Im Gegensatz zu Aquilius versucht Antonia jene Zeit im flavischen Hortus so gut wie möglich zu verdrängen, hat der Nachmittag doch - für sie - äußerst unerquicklich geendet. Glücklicherweise ist die Psyche der Claudia dergestalt aufgebaut, dass sie sich bewusst lediglich an Dinge erinnert, an die sie sich erinnern möchte. Jenen Nachmittag müsste man ihr also ins Gedächtnis rufen, bis dato bleibt er aus ihrem Kopf getilgt. Ein Glück für ihre Umwelt, wäre sie andernfalls wohl unerträglich(er).
    So kommt es, dass sie sich, als Aquilius auf die hispanischen Flavier zu sprechen kommt, ungewollterweise an ein Gespräch mit ihrem Gatten erinnert, in welchem sie selbst ihn genau an diesen Teil der flavischen Familie erinnert hat. Heiss kocht in ihr seine Erwiderung hoch, hatte er sie doch darauf aufmerksam gemacht, es ihr geradezu mit Genugtuung unter die Nase gerieben, dass ihr eigener Vater einen Plebejer, einen Plebejer, adoptiert hatte. Wie lange hatte sie ob dessen vor Zorn geschäumt. Und nun? Keiner ihrer Familie war noch am Leben, alles was sie hatte waren entfernte oder angeheiratete Verwandte. So kommt es, dass sie, an diese Tatsache erinnert, plötzlich sehr still wird. Das Lächeln verschwindet, ihre Hand gleitet wie von Geisterhand geführt vom Arm ihres Begleiters.
    "Ja, ich weiß was du meinst.", erwidert sie schließlich düster.


    Erst Aquilius' barsche Unterbrechung des wasserfallartigen Redeschwalls des Händlers löst erneut ihren Verdrängungsmechanismus aus.
    "In der Tat, mit weiß ist es nun genug."
    Da ihre diversen seelischen Defekte sich erneut untereinander kontrollieren, erscheint ein gelöstes Schmunzeln auf den Lippen der Patrizierin.
    "Und gnade dir, wenn ihm diese Toga nicht zum Wahlsieg verhilft.", wendet sie sich an den Händler, welcher nicht recht weiß, ob er ihre Worte ernst nehmen oder als Scherz verstehen soll. Bei diesen hochwohlgeborenen Damen konnte man da schließlich nie ganz sicher sein.
    Ungeachtet dessen blitzen und blinken seine Augen bei der Aussicht nun auch noch die Frau einkleiden zu können. Sie schien zumindest ungleich kaufwilliger als ihr Begleiter.. für den erfahrenen Händler jedoch keine Neuheit, war dies doch der Normalzustand.
    "Ich weiß nicht.. ", zögert sie zunächst.
    "Oooh, gewiss der Herr, wir haben Stoffe für Damen. Äußerst exquisite Stoffe, sie werden dir hervorragend stehen, Domina. Wenn du gestattest-"
    Flugs war er davongeeilt, um wenige Sekunden später mit einer Auswahl seidener Stoffe zurückzukehren.
    "Glaub mir, Domina, jede Frau in Rom wird dich um eine Tunika von Dioras beneiden."

  • Das verdutzte Gesicht des nervtötenden Händlers bei Antonias Drohung ließ mich kurz grinsen - ich wäre gespannt darauf gewesen zu sehen, was sie mit ihm gemacht hätte, allein aus Genugtuung darüber, dass er mich so lange mit seinem uninteressanten Modegeschwafel genervt hatte.
    "Ach, nun ziere Dich nicht, Antonia, ich lade Dich auf einen schicken Stoff in einer schicken Form ein, als Dankeschön für die bisherige kompetente Einkaufsbegleitung. Du rettest mich immerhin vor einem Notstand in Sachen repräsentativer Kleidung, da kann man gar nicht genug dankbar sein. Und ...wenn es Dich erfreut, dann ist es doch eine gute Gelegenheit, Dir eine Freude zu machen?" sagte ich beschwörend, denn dass ihre Augen vorfreudig geblitzt hatten, war mir nicht entgangen.


    Das war etwas am Einkaufen, das selbst mir Spaß machen könnte - zu sehen, wie sich eine mir angenehme Frau an der Vielfalt der Möglichkeiten erfreuen konnte, dabei Freude empfand, sich verwöhnen zu lassen (und sei es nur mit Stoffen und Schnitten), und zu wissen, dass zumindest dieser Tag für sie ein gewisses Maß an Sonne beinhaltete. Sie hatte ohnehin viel zu wenig Freude, das merkte man sowohl ihr als auch Gracchus durchaus an, und wenn ich ein bisschen dazu beitragen konnte, dass sich dies änderte ... "Was meinst Du, eine stola samt palla wäre doch genau das richtige? Etwas schickes für den Tag, oder doch lieber für den Abend?" Das einzige, wovor mir im Augenblick wirklich grauste, war die Rechnung, aber das gehörte eben dazu. Wer Spaß haben wollte, musste dafür irgendwann im Ausgleich leiden.

  • Im Gegensatz zu anderen Damen der Gesellschaft kaufte Antonia nicht gerne Kleidung ein. Für sich selbst. Und das aus einem recht einfachen Grund. Ihrer Meinung nach war sie viel zu dick. Eine Annahme, die sie seit geraumer Zeit hegte. Genauer gesagt, seit ihrer Hochzeit. Von Natur aus ohnehin schon eher zierlich gebaut, versuchte sie daher schon seit langem, immer dünner zu werden. Nur gelingen wollte es nicht so recht.
    "Nein, nein.", wehrt sie schließlich ab. "Dich einkleiden zu dürfen war doch bereits Belohnung genug."
    Der Händler wirkte enttäuscht, warf Aquilius jedoch einen hoffnungsvollen Blick zu. Er war zuversichtlich, dass der Patrizier sich nicht mit dieser Antwort würde zufrieden geben.


    So schaltete er auch schnell, als der Flavius einige Vorschläge zu machen begann und flitzte mit einem "Einen winzigen Moment, bitte." davon, um, einen winzigen Moment später, mit zweifellos unverschämt teuren Importstoffen aus dem Osten zurückzukommen.
    "Seht hier, diese Stoffe sind wie gemacht für Dich, werte Dame. Meinst du nicht auch, Herr?"
    Offenbar zählte er diesmal auf eine Art geschlechterspezifische Unterstützung beim Verkauf. Der Blick, den er Aquilius zuwarf schien zumindest etwas in diese Richtung sagen zu wollen.
    Antonias Augen indes flitzten zwischen Aquilius, dem Händler und den Stoffen hin und her. Schön waren sie, kein Zweifel. Dennoch sträubte sich jede Faser ihres Körpers dagegen, ausgemessen zu werden, nur um zu erfahren, dass sie wieder einige digiti an Umfang zugenommen hatte. Nicht auszudenken!

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!