Leider reserviert
Vor einiger Zeit hatten wir es in einer sommerlichen Überschwangslaune miteinander vereinbart, und heute hatte ich endlich die Zeit gefunden, meine Tempelpflichten auf einen meiner Mitpriester abzuwälzen, wie wir es wechselseitig immer mal wieder taten, sollte Not am Mann sein. Und heute sollte endlich der Tag des lange angekündigten Einkaufs sein, der Claudia Antonia aus ihrem doch sehr langweilig klingenden Alltag reißen sollte - die meisten Frauen gaben gern Geld aus, und ich hatte ohnehin genug auf der hohen Kante liegen gehabt, sodass ich eventuellen Eskapaden gegensteuern konnte, ohne mich vor Gracchus allzu sehr rechtfertigen zu müssen.
Ich war mir sicher, dass es ihm nicht unrecht sein würde, wenn ich seiner Frau ein bisschen Freude bereiten würde, letztendlich war beider Ehe nicht glücklich, und die mangelnde Abwechslung in der Villa Flavia musste nach einer gewissen Zeit auf jeden Fall bedrückend wirken. So hatte ich mich etwas später als die Mittagsstunde auf den Markt begeben und wartete auf meine charmante und hoffentlich gutgelaunte Begleiterin, die mir helfen sollte, mich neu einzukleiden. Nichts in meinem Schrank gefiel mir derzeit gut genug, um es bei Festen anzuziehen, und Antonia hatte schon immer mit ihrer Kleidung einen guten Geschmack bewiesen.
Während ich also an einer der Säulen lehnte, gut und weithin sichtbar, mit einer schlichten weißen Tunika angetan wie die meisten anderen Bürger, die um diese Zeit unterwegs waren, beobachtete ich die umher eilenden Träger, aber auch die gutsituierten Marktbesucher, die sich alle Mühe gaben, mit dick beringten Fingern Eindruck zu schinden. Am schlimmsten allerdings waren die schlecht geschminkten Plebejerfrauen, die glaubten, durch die Farbe im Gesicht ihre niedere Geburt wettmachen zu können - sicher, es gab auch senatorische Plebejerfamilien, aber diese hätten es niemals nötig gehabt, ihre Töchter, Frauen und Schwestern so billig herauszuputzen, sodass ich kaum glaubte, hier Familienmitglieder der besseren Plebejerfamilien vor mir zu sehen. Als mir eine dieser Frauen zuzwinkerte, gab ich mir große Mühe, mein vages Lächeln nicht entgleisen zu lassen - aber ziemlich viele Abende mit Saufkumpanen in Achaia und das Leben in Rom überhaupt hatten mich in dieser Hinsicht gestählt.
Ich rettete mich dadurch, nicht allzu einladend auszusehen und wandte den Blick in aller Ruhe ab, um die Vorzüge der ausgelegten Ware eines billigen Schmuckhändlers zu betrachten. Danach wusste ich zwar die Preise irgendwelcher obskur aussehenden Schmuckanhänger auswendig, aber ich war auch von der Aufmerksamkeit der scheusslich aussehenden Frau gerettet. Eine mir viel angenehmere Frau indes tauchte in einiger Entfernung samt Gefolge auf - die ersehnte Antonia, anscheinend noch nicht einmal schlecht gelaunt. Ich hob die Hand und winkte ihr zum um sie auf mich aufmerksam zu machen, und harrte dann darauf, dass sie mich entdecken würde.