Die Nacht war ohne Schlaf zu Ende gegangen für Epicharis. Obgleich sie in ein weißes Nachtgewand mit dünnen Trägern gekleidet in ihrem Bett gelegen hatte, war an etwas wie Ruhe nicht zu denken gewesen. Zu unstet waren die Gedanken, zu belastend, zu scheußlich. Dennoch forderte die Mattigkeit ihren Tribut. Epicharis hatte sich jetzt, am Vormittag, auf einer sonnigen Liege niedergelassen, im verwunscheneren Eckchen des Gartens. Sie war in einen leichten Schlaf gefallen, doch statt zu erquicken, ermattete er sie noch mehr.
Blut. Überall ist Blut, auch an ihren Händen. Sie sieht sich um, sieht all die sterbenden Männer, doch keiner hat ein Gesicht. Die schattenhaften Teufel gleiten durch sie hindurch, lähmen und töten sie. Sie kann nicht fort, steht allein mitten auf dem Schlachtfeld. Und dieses grausige Zischen! Sind es Pfeile oder diese schwarzen Teufel? Sehen so die Parther aus? Man erkennt sie kaum. Nur ein einziger Mann hat ein Gesicht. Es ist Aristides, der am anderen Ende des Feldes auf seinem Pferd sitzt und versucht, sie zu erreichen. Epicharis will schreien: "Bleib da, sorge dich nicht um mich! Pass auf dich auf!" Doch kein Laut verlässt ihre Lippen, so laut sie auch schreit. Aristides rückt näher, sein Gladius erhoben. Er vertreibt viele Schattengestalten, sehr viele. Aber die, die ihm in den Rücken fallen, die bemerkt er nicht. Epicharis will ihn warnen, doch ihre Worte verhallen ungehört. Ein Schatten reißt das Pferd zu Boden, der nächste begräbt ihren Geliebten unter sich. Epicharis will zu ihm eilen, doch sie läuft auf der Stelle. Weinend jammert sie, fleht die Schatten an, ihn zu verschonen. Doch dann gleitet einer von ihnen durch seinen Körper, und das Lebenslicht des Flaviers erlischt...
Epicharis schreckte hoch. Keuchend und schweißnass griff sie sich ans Herz und sah sich um. Das erste, was sie erkannte, war dass sie sich im claudischen Garten befand. Callista ist nicht weit entfernt. Zitternd und weiß wie Kalk barg Epicharis ihr Gesicht in den Händen und begann zu schluchzen. "Es ist meine Schuld...meine ganz allein...Wäre ich doch nur...hätte ich nicht..."