Die allmorgendliche Salutatio war eine merkwürdige Erfindung. Klienten quälten sich auf, manche weit vor Sonnenaufgang, kamen hierher, wollten in den meisten Fällen nichts, bekamen aber Essen oder ein wenig Geld für ihr Herkommen. Viele von den Klienten lebten nur von dem Geld, das sie bei ihrer Aufwartung bekamen. Manchmal hatte man aber auch ein kleines Problem und hoffte auf die Hilfe des Patrons. Aber auch die Patrone selber hatten natürlich etwas von dieser Einrichtung, und wenn es nur Akklamation war bei einem öffentlichen Auftritt. Wie dem auch sei, Ursus, der Haus- und Hof-Sklave, der über die restlichen Sklaven regierte wie ein dictator, murrte wie jeden Morgen über die Schmarotzer, die das Essen, das er in liebevoller Arbeit herstellen ließ, hinunterschlangen, anstatt es zu würdigen. Banausen. knurrte er und verschwand dann in der Küche, weil die neue Küchensklavin sicher wieder etwas anbrennen ließ.
Atrium - Salutatio mit Senatorenbesuch
- Ursus
- Geschlossen
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Tiberius Durus versuchte, die Schmarotzer links und rechts an sich vorbeizulassen. Schließlich schaffte er es auch ins Atrium, wo alle herumstanden und auf ihre Gnadengaben warteten. Nun musste er es nur noch schaffen, die Aufmerksamkeit des Hausherrn zu erhaschen, sodass dieser ihn zu einem etwas privateren Gespräch einlud. Allerdings hatte er das Gefühl, dass hier niemand eine Liste führte und Hungaricus so informieren konnte, wenn wichtige Persönlichkeiten erschienen. Er war also nur auf den Latus Clavus an seiner Toga angewiesen...
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Tiberius unterschätzte sowohl die Auffassungsgabe seines Patrons als auch den Nomenclator des vinicischen Hauses, der Hungi selbstverständlich davon unterrichtete, wer bei der Salutatio anwesend war und dementsprechend eine Rangliste aufstellte, welche Persönlichkeiten als erstes das Recht hätten, mit dem Patron zu sprechen. Daß ein Senator dabei selbstverständlich vor ehemaligen Soldaten und ähnlichem rangierte, stand wohl dabei außer Frage.
Hungi ließ seine Klienten ganz vornehm noch ein wenig warten. Er war schon früh aufgestanden - eine Angewohnheit aus seiner langen Zeit im Exercitus, welches er sich nicht abgewöhnen konnte - und hatte noch während seines Frühstücks seine Korrespondenzen erledigt. Lauter äußerst langweilige Sachen, aber irgendwer mußte sich um diese Dinge kümmern. Dann erst, als ihn der Nomenclator darauf hinwies, daß wohl die meisten Klienten schon anwesend seien, ließ sich der Hausherr in seine Toga helfen. Eilig hatte es ja bei solchen Salutatios niemand, die Klienten bekamen während ihrer Wartezeit ohnehin etwas zu essen und zu trinken, und der Hausherr sowieso nicht. Als er dann fertig angekleidet war, erschien er im Atrium und trat zu seinem Stuhl. Kurz ließ er seinen Blick über die Menge schweifen, dann setzte er sich nieder. Sein Nomenclator flüsterte ihm etwas ins Ohr und Hungi nickte. Der Nomenclator ging dann zum Senator Tiberius Durus, sagte zu ihm, daß er das Vorrecht des ersten Klienten hätte und begleitete ihn nach vorne.
Guten Morgen. sprach er zunächst und wartete dann kurz. Senator Tiberius Durus. Ich hoffe, du wirst mich nachher ins Senatsgebäude begleiten?
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Als ein Sklave auf ihn zukam und ihn nach vorn bat, war Durus überrascht. Offensichtlich funktionierte das Erkennen und Klassieren von Klienten hier weitaus unauffälliger als zu Hause. Rasch ging er an den armseligen Gestalten, die auf ihr Frühstück warteten, vorbei zum Stuhl des Viniciers.
"Salve, Patron!"
erwiderte Durus die Begrüßung von Hungaricus.
"Natürlich. Dafür hat man mich dorthin berufen."
beantwortete er dann die Frage. Ob sein Patron damit einen Tadel, dass er zur Salutatio gekommen war und ihn nicht einfach nach der Senatssitzung abgefangen hatte, verbarg, konnte der Tiberier nicht einschätzen. Aber im Prinzip war es auf diese Weise sicherer.
"Aber als Klient ist es meine Pflicht, mindestens gelegentlich in Deinem Hause zu erscheinen und Dir meine Aufwartung zu machen. Und dies mache ich gern, zumal es mich doch brennend interessiert, wie es Deiner Frau und Deiner Tochter geht. Ich habe Livia lange nicht gesehen."
erklärte er sicherheitshalber doch noch.
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Oha, ein Kontrollbesuch von der Verwandtschaft? Die rechte Augenbraue wanderte ein wenig hinauf, doch seine sonstige Miene blieb weiterhin freundlich.
Wenn man ihrer Handschrift und den Berichten meiner Ärzte trauen darf, dürfte es ihr und meiner Tochter sogar recht gut gehen. Was auch die Rechnungen aus Misenum nur zu deutlich bezeugten. Nur die Götter wissen, was seine Frau in der Sommervilla mit der Einrichtung aufführte. Er selber wollte lieber keine Ahnung davon haben. Ich rechne mit ihrer baldigen Heimkehr aus Misenum, jetzt nachdem die heißen Sommertage für dieses Jahr in Rom ausgestanden sind. Eigentlich hatte er keine Ahnung, wann sein geliebtes Eheweib zurückkommen würde, aber solch ein Satz machte sich immer gut.
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Durus nickte und freute sich für seinen Patron und besonders für Livia. Misenum war herrlich um diese Jahreszeit und vielleicht sollte er sie besuchen...wenn nur diese Senatssitzungen nicht wären...
"Oh, das freut mich."
kommentierte er daher die Ausführungen.
"Vor kurzem ist ein Verwandter nach Rom zu mir gekommen. Er wartet zur Zeit darauf, dass er seinen Cursus Iuris ablegt. Caius Tiberius Valens ist sein Name. Er würde gern den Cursus Honorum beschreiten, wie er mir offenbahrte. Da sein Vater jedoch unglücklicherweise nicht dem Ordo Senatorius angehörte, wollte ich Dich als meinen Patron bitten, bei ihm beim Kaiser fürzusprechen. Er entstammt einer Familie von Militärs und ich kenne ihn als zuverlässigen, den Sitten unserer Väter verschriebenen jungen Mann.
Da Du ja eine gute Beziehung zum Augustus pflegst - viel besser als die meine - wollte ich Dich um diesen Gefallen bitten."
erklärte Durus dann sein eigentliches Anliegen. Zwar war es sehr plötzlich, aber Valens war ja auch sehr daran gelegen...
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Caius Tiberius Valens? Hungi runzelte nachdenklich die Stirn, doch ihm war der Name unbekannt und wollte daher schon fragen, wann dieser Tiberius Valens denn Ädil gewesen sein sollte. Doch bereits beim nächsten Satz war diese Frage hinfällig. Eine Fürsprache wegen einer Erhebung? Das ist kein kleiner Gefallen, den ich dir erweisen soll, Durus. Dafür müsste ich vorher den jungen Mann selber kennen lernen um mir ein Bild von ihm machen zu können. Er konnte ja nicht jeden dahergelaufenen dem Imperator empfehlen, immerhin hatte er einen Ruf zu verteidigen. Ich hoffe, du bist dir außerdem bewußt, daß du meine Stimme beim Kaiser nicht so hoch einschätzt, daß eine Empfehlung von mir automatisch eine Standeserhebung nach sich trägt?
Er nahm seinen Becher und trank einen Schluck daraus. Bona Dea, Ursus hatte diesen wieder viel zu sehr verwässert, dieser Halunke. Was den Cursus Iuris angeht... warum möchte er denn den absolvieren? Bis zur Prätur ist es ein langer Weg.
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"Er wollte als Advocatus tätig sein, was ja den Cursus Iuris vorschreibt."
erklärte Durus und ihm wurde plötzlich klar, dass er völlig vergessen hatte, Valens mitzubringen.
"Ich werde ihn Dir gern vorstellen, Patron. Und natürlich ist es keine automatische Erhebung, aber immerhin bist Du Klient des Kaisers, was man von mir nicht behaupten kann."
kam er dann auf seinen Verwandten zurück.
"Ich hoffe, dass Dein Wort den Kaiser mehr beeindrucken wird als das meine."
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Als ob es nicht bereits genug Advocati gäbe... oder die sich für einen solchen halten. Hungi war schon lange nur mehr auf dem Papier praeceptor externus und hatte dementsprechend lange keine Schüler mehr unterrichtet. Wie oft hatte er sich schon über jene geärgert, die seine Lektionen und Anweisungen nicht beherzigt hatten und einfach in das Gesetz das reininterpretiert hatten, was sie gerade für richtig fanden. Oftmals mußte er froh sein, wenn sie einfach nur den richtigen Tatbestand erraten hatten. Sicher gab es einige Lichtblicke... und in diesem Moment fiel ihm auch ein, daß er schon lange über eine Reform des Cursus Iuris redete, Bona Dea, das war noch zu Zeiten, als seine Ex-Frau Rector war. Nein, lieber nicht mehr darüber nachdenken.
Das ist richtig, du bist ja immerhin mein Klient. erwiderte Hungi, das ohnehin Offensichtliche feststellend, mit einem ganz leicht süffisanten Unterton. Ob er sich allerdings davon beeindrucken lassen wird, lässt sich nicht wirklich sagen. Daher ist es absolut notwendig, den jungen Mann kennenzulernen.
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"Gutgut."
meinte Durus und überlegte einen Augenblick. Eigentlich hatte er nichts mehr sonst, also...
"Wann darf ich ihn Dir also vorstellen? Soll ich Dich gemeinsam mit ihm erneut besuchen? Oder darf ich Dich in mein bescheidenes Haus einladen?"
Der Tiberier wusste ja nicht um den Terminkalender seines geliebten Patrons...
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Hungi überlegte kurz. Einerseits wäre es sicher gemütlicher, wenn Tiberius bei ihm vorstellig werden würde. Andererseits hatte er schon oft die Erfahrung gemacht, daß die Menschen sich in gewohnter Umgebung sicherer fühlen, daher auch mehr von sich preisgeben, und genau das war - was jedem sofort einleuchten sollte - unumgänglich, um einen Menschen kennen zu lernen. Ich habe schon lange nicht mehr in der Villa Tiberia vorbeigesehen. sagte er, womit auch die Frage von Durus beantwortet sein sollte. Vielleicht beim nächsten Fest, wenn du deinen jungen Anverwandten einigen Senatoren vorstellen magst als jungen, aufstrebenden Politiker. Eine genauso übliche wie - vor allem für die Gäste natürlich - äußerst angenehme Art, Kontakte zu knüpfen.
Da fällt mir ein, wer ist denn der Patron deines Verwandten? Es würde ihn zu sehr interessieren, welche Patronatsbeziehungen sonst bei den Tiberiern vorherrschte.
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Ein Fest, genau...das war keine schlechte Idee und eigentlich hatte er sowieso schon mit dem Gedanken gespielt! Da konnte er auch gleich seine Kandidatur zum Praetor bekannt geben.
"Nun, soweit ich weiß, hat er noch keinen. Er ist gerade erst hier angekommen."
musste er zugeben. Insgeheim hoffte er ja, dass er sein eigener Klient werden würde...aber das konnte er natürlich nicht wirklich fordern!
Ob er auch seine CH-Pläne bekannt geben sollte? Nunja, besser, Hungaricus wurde nicht davon überrascht.
"Übrigens wollte ich Dich noch um Deine Meinung dazu fragen, was Du davon hieltest, wenn ich im nächsten Jahr zum Praetor kandidiere."
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Die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er hat keinen Patron? fragte er überflüssigerweise nach, doch so etwas war sehr selten. Dann soll er seinen zukünftigen Patron weise wählen. schloß er dieses Thema und wandte sich dem nächsten zu.
Du willst kandidieren? Das ist ausgezeichnet. antwortete er. Das bedeutete zwar, daß auch Hungi seine Kollegen überzeugen mußte, auf welche Art auch immer, aber andererseits bedeutete das Abwechslung im letztens doch etwas öden Senatsleben.
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"Nunja, er hat bisher auf dem Lande gelebt und ich bin mir gerade nicht ganz sicher, wessen Klient sein Vater war - vermutlich hatte er einfach noch nicht die Gelegenheit..."
fügte er noch hinzu, aber da Hungaricus das Thema abschloss, konnte er auf seine Kandidatur eingehen.
"Ich werde wohl demnächst ein paar Senatoren zu mir einladen, da könntest Du Valens ja kennen lernen - ich bin sicher, er wird Dir gefallen."
Eigentlich war sich der Tiberier nicht ganz so sicher, da er seinen neuen Verwandten selbst kaum kannte, aber ein paar Floskeln gehörten schließlich dazu.
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Hinter Durus drängelten schon ein wenig die anderen Klienten, und da das Wichtigste schon besprochen war, nickte Hungi seinem nomenclator zu.
Ich erwarte mit Freuden deine Einladung. Ob dieser Valens ihm gefallen würde, ließ Hungi unkommentiert, das würde er vermutlich eh bald erfahren.
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Mit einem Blick in seinen Rücken stellte er fest, dass noch zahlreiche andere Klienten warteten. Folglich war es wohl besser zu gehen...
"Nunja, wie ich sehe, wird das wohl noch etwas dauern."
Er deutete auf die Schar der Klienten.
"Dann sehen wir uns vielleicht doch besser im Senat!"
Den Weg dorthin würde er über die Villa Tiberia legen. Dort hatte er Unterlagen für die heutige Tagesordnung und verschiedenen anderen Kram, den er brauchen würde...
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Hungi nickte nur, als er die noch wartenden Klienten überblickte. Ich denke auch, ich werde wohl heute etwas länger brauchen. Vale bene, Tiberius. verabschiedete er seinen Klienten und wandte sich dann dem Nächsten zu.
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"Vale!"
Damit verabschiedete sich der Patrizier von seinem Patron und ging nach Hause, in Gedanken bereits seine kleine Feier planend...
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