Dreißig Sommer und vier darüber, glaub' ich,
Hat mein Julius schon mit mir verlebt nun,
Deren Freude mit Leiden untermischt war.
Doch der liebliche Teil war wohl der größre,
Und wofern ich die hell' und dunklen Steinchen
Alle sondre, sie dahin, dorthin werfe,
Überwindert der weiße Trupp den schwarzen.
Willst Du, vieler Bedrängnis auszuweichen,
Manchen nagenden Kummer zu verhüten,
Keinen Menschen zu sehr zum Freund dir machen,
Hast du weniger Leid- doch minder Freude.
- Martial, Echte Freundschaft
Verhalten schaukelt die Sänfte. Die Menschen drängen sich in einem Fluss zusammen. Vereinigen sich aus vielen kleinen Gassen zu einem breiten Strom. Und sie alle streben von dem Forum Augustum zu dem neuen Forum Traiani. Das schlagende Herz. Wenn es um Handel, Luxus und Kaufrausch geht.
Gier schlägt in Callistas Brust. An der Stelle des menschlichen Herzens. Es dürstet sie nach neuem Schmuck. Gold, Geschmeide, Edelsteine. Opale, Lapislazuli, sie kann nicht genug davon bekommen. Eventual kann sie nur die Ausladen betrachten. Jedoch nichts erwerben.
Der schnöde Mammon. Mir fehlt das Geld.
Schicke die Rechnungen Deinem Vater. Er soll Dich glücklich machen, Callista. Wenn schon kein Mann Dich sonst beschenkt.
Traun.
Callista lächelt glücklich. Eine famose Eingebung. So wird sie es umsetzen.
Schläfrig liegt ihr Sohn auf ihrem Schoß. Die Schwäche quält ihn. Aber in der Villa will ihr Sohn nicht bleiben. Hingebungsvoll streichelt Callista seine seidigen Haare.
Die Sänfte durchquert den imposanten Arcus Traiani. Leuchtend sind die Farben. Zahlreich die Waren. Auf dem Forum strotzen die Stände mit ihrer Pracht und Auswahl. Ebenso dicht beladen ist die Exedra des Forums. Fesselnd und intensiv die Gerüche.
Aufgeregt späht Callista nach draußen. Vorbei an ihrer ägyptischen Leibwache. Exquisit ist die Auswahl hier noch nicht. Aber schon die Aussicht ihren Kaufrausch aus zu leben beseelt Callista.
Die steinern reservierte Miene von ihrer Sklavin straft Callista mit Nichtachtung. Sie weiß schon was Benohé denkt. Nein. Heute würde alles gut gehen. Es wird ein vergnüglicher Tag. Und am Ende geht sie mit wunderschönen Schmuck nach Hause. Sie wird sich im Silberspiegel betrachten. Den ganzen Abend. Bis sie dann die Mondtränen zu sich nimmt. Und in das Reich der schönsten Träume entflieht. Was für ein Tag könnte perfekter als jener sein?
Wenn ER hier wäre.
Er hat Dich verlassen, Callista.
Er kommt zurück. Er liebt mich doch.
Leise schnieft Callista. Ihre Sklavin reicht ihr ein Seidentuch. Geziert tupft sich Callista eine Träne hin fort.
Ein Jauchzen entfleucht ihr. Die Trauer ist vergessen.
"Dort."
Beglückt deutet sie auf die Auslagen von einem Schmuckhändler. Die edlen Waren fangen auf dem Teil des Forums an. Seide mischt sich mit Schuhen aus Krokodilsleder. Daneben tummeln sich Bernsteinketten mit Diamantendiademen. Es ist das Paradies für Callista.
Was sehe ich da? Wer? Nein. Ich glaube es nicht.
Erstaunt öffnet sich Callistas Mund. Undamenhaft wirkt ihr Ausdruck.
Doch.
Hastig deutet sie ihren Sklaven bis zu einem Seidenstand zu eilen. Sie hat dort eine liebe und langjährige Bekannte entdeckt. Schnell und prüfend mustert Callista die andere Frau.
Neid erfüllt sie. Immer wenn Callista ihre Freundin sieht. Denn Callista hat das Gefühl, die andere Frau ist ein wenig schlanker als sie selber.
"Liebchen, meine Süße."
Callistas Sänfte verharrt neben ihrer Freundin.
"Was für eine superbe Überraschung. Du? In Rom?"
Grazil gleitet Callista aus der Sänfte. Immerhin ist ihre Freundin nicht größer als sie selber. Höchstens einen Finger breit. Küsschen rechts, Küsschen links. Callista strahlt. Natürlich falsch und ränkesüchtig.
"O, Süße. Du siehst wunderschön aus. So voller Leben. Hast Du geheiratet?"
Und den Seitenhieb kann sich Callista nicht sparen.
"Bist Du schon in guter Hoffnung?"
Nero streckt hinter ihr den Kopf aus der Sänfte und sieht teilnamslos die Freundin von Callista an.
"O, wie viele Jahre ist es her, Liebes? Zwei? Drei?"
Reserviert.