Nikolaos hatte von einer Vorlesung über Musik erfahren. Da diese Kunst gewissermaßen auf der Liste der Dinge stand (obgleich er nicht besonders musikalisch war), mit denen er sich beschäftigen wollte, suchte er den Hörsaal auf. Dieser lag in einem kleinen Nebengebäude, das etwas versteckt im Hain stand. Nikolaos trat ein, und merkte sofort, dass er beinahe zu spät gekommen war. Auf den steinernen Stufen hockten bereits einige Schüler, es waren vielleicht zehn oder zwölf. Der Philologos in der Mitte des Steinstufen-Us blickte ihn streng an.
"Es ist schade um die vielen Sonnenuhren, wenn man sie nicht lesen kann.", sagte der Gelehrte scharf. Nikolaos suchte rasch einen Platz in der letzten Reihe.
Der Gelehrte, ein relativ junger Mann, dessen Gesicht starr und kalt war, räusperte sich absichtlich laut.
"In der heutigen Vorlesung werde ich den Versuch unternehmen, euch die Geheimnisse der Musik nahezubringen. Wie ihr wissen müsst, kommt die Musik von den Göttern. Apollons Gabe ist die Musik, merkt euch das. Somit ist der Musik eine göttliche Ordnung zu eigen. Diese Ordnung sollt ihr durchdringen.
Musik besteht aus Tönen. Diese Töne leben in Familien zusammen, immer zu viert in einer." Er räusperte sich. "Die oberste dieser Familien ist das hyperbolaeon. Der vierte Ton dieser Familie ist gewissermaßen ein Bastard. Er gehört sowohl dem hyperbolaeon als auch dem diezeugmenon an. Das ist die Familie darunter. Dann erfolgt eine Trennung. Die unterste des diezeugmenons gehört nur dem diezeugmenon. Nach der Trennung geht es weiter mit dem obersten Ton der mittleren Familie. Ihr oberster Ton ist der Lichanos, dann folgt die Parhypate, dann die Hypate. Schließlich gibt es das gleiche noch einmal im Hypaton, der untersten Tonfamilie. Unter der untersten der unteren Familie gibt es einen Ton ohne Familie, er ist gewissermaßen hinzugekommen. Er ist der tiefste aller Töne." "Zudem gibt es noch eine fünfte Familie, die mit dem diezeugmenon und dem meson verschwägert ist. Sie verbindet die beiden Viertöne." Er ritze die Namen der verschiedenen Tetrachorde in eine große Wachstafel, die an der offenen Seite des Us stand. Dazu ordnete er Buchstaben, die teilweise verkrüppelt schienen. Die Schüler schrieben das still ab, während der Gelehrte selbstzufrieden durch die Reihen sah.
(Fortsetzung folgt.)