Dass seine Herrin ein wenig sonderbar war, dass hatte Pallas schon nach wenigen Tagen erkannt. Und mit jedem Auftrag, den sie ihm erteilte, schien sie sonderbarer zu werden.
Doch zum Mercatus geschickt zu werden, um so etwas zu besorgen, das war nun eindeutig der Gipfel. Und das noch um diese Uhrzeit. Kalt, dunkel, ungemütlich... nicht, dass er das nicht von zu Hause aus gewohnt gewesen wäre, aber mit der Zeit gewöhnte man sich nunmal an die Vorzüge eines patrizischen Sklaven.
Abgesehen davon... wenn ein Mann sich derartiges kaufte - oder sagte man eher "mietete"? - das verstand der Brite. Aber eine Frau? Ob das bei Römern so üblich war?
Er selbst hatte keine Ahnung von so etwas. Worauf sollte er achten, welche Eigenschaften, welches Aussehen?
So streifte der arme Sklave etwas ziellos durch Roms Märkte - besser gesagt, am Rand entlang. Am Venustempel sollte es zwar auch geben, was er suchte, aber die Herrin hatte auf Diskretion bestanden. Und hier war eindeutig mehr los. Mehr Getümmel bedeutete weniger Aufmerksamkeit.
Es dauerte nicht lange, bis ihn die eindeutig zweideutigen Angebote der ansässigen Lupae ans Ohr drangen.
"Na, Süßer, wie wärs mit uns beiden?", säuselte eine etwa 50-Jährige.
"Vergiss die Alte.", scharrte eine Zweite. "Du willst doch sicher Eine, die sich noch bewegen kann."
Wenn er nur wüsste, was er wollte. Was sie wollte. Unentschlossen schweifte sein Blick umher, bis er an einer jungen Frau hängen blieb, die ihrerseits in recht eindeutiger Pose an ihm "hing". Nunja, sie hatte ihn eher umklammert und wisperte allerlei Worte in seinen Gehörgang, die er kaum vestand.
"Wieviel?", fragte er also.
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"Für dich, Schätzchen-"
"Nicht für mich.", wandte Pallas schwach ein.
"Für dich", beharrte die Lupa,
Bei allen Göttern, wenn es denn unbedingt sein musste...
"Für dich, ein Sonderpreis. 50 Sesterze für die ganze Nacht, 20 für einmal-"
"Wieviel für ein paar Auskünfte?"
Das schien die Dame nun zu verwirren, denn sie blinzelte den Sklaven unverständig an. Da sie jedoch gewohnt war, pragmatisch zu denken und zu handeln, ließ sie sich nicht lange davon beirren.
"He--eeeeee!"
Eher in den höheren Stimmlagen war dieses "He" anzusiedeln, suchte die Lupa doch gerade einen Weg in tiefere Gefielde des Sklaven.
"Naaa, gefällt dir das, Süßer?"
Ein "Nein" hätte der Sklave an dieser Stelle als unhöflich empfunden - das widersprach seiner britannischen Erziehung. Denn trotz aller Vorurteile, auf nichts legten seine Landsgenossen so viel Wert, wie auf Höflichkeit... So beschränkte Pallas sich darauf, die Hand der Namenlosen zu packen und wieder ans Tageslicht zu führen.
"Nicht hier.", zischte er leise.
"Oh, du willst mich mit nach Hause nehmen, wie? Das wird aber teurer."
Wie so oft an diesem Tag drängte sich die Frage "Was habe ich nur verbrochen" in Pallas' Bewusstsein.
Da er jedoch nicht minder pragmatisch war, als die Lupa, ging er nicht weiter auf ihr Gesäusel und Gefummel ein, sondern zog sie, an der soeben gepackten Hand, hinter sich her, zur Villa Flavia.