Gib das Tränklein, Thestylis, den Lorbeer,
Um den Kessel schlinge rote Fäden
Gerste birst im Feuer; streue Körner,
Thestylis- wo sind deine Sinne
- Die Zauberinnen, Theokrit
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Die Toga praetexta bauscht sich um seine Beine. Die Bulla schlackert um den Hals hin und her. Menschen eilen um ihn herum. Unbeirrt läuft der kleine Junge die gepflasterte Straße entlang. Weicht großen Männern aus. Versteckt sich vor einer Patrouille von Soldaten. Die Tasche hat er fest an seinen Körper gepresst. Schatulle und Geld sind dort aufbewahrt. Beides wird er noch brauchen. Keine Sänfte begleitet den jungen Nero. Keine Sklaven säumen seinen Weg. Schützen ihn oder behüten ihn. Es ist noch früh am Tag. Die Sonne blinzelt erst seit wenigen Stunden vom Himmel. Auf die ewige Stadt. Dem Herzen des Imperiums. Mit jedem Schritt nähert er sich dem schlagenden Herzen. Dem Forum Romanum.
Seine Mutter ist noch nicht erwacht. Seine Amme wieder unaufmerksam. Nero hat sie herein gelegt und schnell die Villa verlassen. In einem günstigen Moment. Als der Ianitor nicht an der Tür steht. Die Sklaven ihr Frühstück zu sich nehmen. Sodann eilt Nero durch die Straßen Roms. Ein Junge von gerade Mal sechs Jahren. Sein Ziel hat er vor Augen. Unbeirrt sind darum seine Schritte.
Den Actium- Bogen erreicht der Junge. Staunend betrachtet er die Verzierungen. Seine Mutter erzählt es immer wieder. Dass sie doch verwandt sind. Mit dem Mann, der diesen Bogen erbaut hat. Nero fährt mit den Fingern andächtig über den Stein. Zaudern darf er nicht. Als ob er verfolgt wird. Immer mal wieder wirft er einen Blick über seine Schulter. Schnell läuft er unter dem Bogen weiter. Und auf das Forum Romanum. Über große Steinblöcke. Die die Straßen des Forum Romanums bilden. Den Saturntempel kann Nero schon erkennen. Weit weg ist er hinwieder. Am Ende des Forum Romanum.
Unschlüssig bleibt Nero in mitten vieler Menschen stehen. Über dem Lapis Niger steht Nero. Ahnt nicht von dem Schicksal. Das hier begangen wurde. Ein grausiger Mord. An dem Gründer Roms. Von den Senatoren verübt. Die gleich in der Nähe die Curia bewohnen. Nero sucht mit den Augen nach seinem Ziel. Doch er kennt es nicht. Er ist noch nie auf dem Forum Romanum gewesen. Nur Erzählungen hat er darüber gehört. Sein Daumen wandert in den Mund. Er nuckelt und denkt dabei nach.
Zwei Männer lehnen gegen eine Steinsäule. Sie warten gelangweilt. Auf den Dritten im Bunde.
"Lucius kommt immer zu spät." -
"Du kennst ihn doch, Vulpius." -
"Schau ma'. Der Junge dort."-
Der zweite Mann, Lucius, wendet sich zu Nero. Beide mustern ihn aufmerksam. Sehen den Elfenbeinmond auf den Schuhen.
"Ein kleiner Patrizier. Ganz alleine?" -
"Scheint so zu sein." -
Vulpius stößt sich von der Säule ab. Langsam schlendert er zu Nero. Die muskulösen Arme hinter den Rücken verschränkt. Die grobe Tunika mit einem Ledergürtel geschnürt.
"Na, Junge. Suchst' was?"
Nero späht nach oben. Seine Augen verschmälern sich. Der Mann ist ihm unheimlich. Solche Gestalten kennt er. Sie sind manches mal auch in der Villa in Alexandria zu finden.
"Den Tempel des Divus Romulus. Weißt Du es? Wo er ist?"
Vulpius spitzt die Ohren. Das Genuschel des Jungen ist schwer verständlich.
"Aber sicher doch, Junge. In die Richtung. Komm. Ich zeige es Dir."
Grob packt er die Hand von Nero. Zieht ihn in eine gänzlich andere Richtung. Vulpius hat eine Gelegenheit gewittert. An schnelles Geld zu kommen.
"Lass mich los."
Nero hat den Daumen aus dem Mund genommen. Vulpius zerrt ihn hinter sich her.
"Zier' Dich nicht, Jüngelchen. Ich zeige Dir doch nur den Tempel."
Nero will seine Hand entziehen. Doch die Faust des Mannes ist fest um die Nämliche geschlossen.
"Lass mich los."
Auch schon vergeben.