Tote Vögel fliegen nicht. Oder ein Junge ist flüchtig.

  • Gib das Tränklein, Thestylis, den Lorbeer,
    Um den Kessel schlinge rote Fäden
    Gerste birst im Feuer; streue Körner,
    Thestylis- wo sind deine Sinne
    - Die Zauberinnen, Theokrit


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    Die Toga praetexta bauscht sich um seine Beine. Die Bulla schlackert um den Hals hin und her. Menschen eilen um ihn herum. Unbeirrt läuft der kleine Junge die gepflasterte Straße entlang. Weicht großen Männern aus. Versteckt sich vor einer Patrouille von Soldaten. Die Tasche hat er fest an seinen Körper gepresst. Schatulle und Geld sind dort aufbewahrt. Beides wird er noch brauchen. Keine Sänfte begleitet den jungen Nero. Keine Sklaven säumen seinen Weg. Schützen ihn oder behüten ihn. Es ist noch früh am Tag. Die Sonne blinzelt erst seit wenigen Stunden vom Himmel. Auf die ewige Stadt. Dem Herzen des Imperiums. Mit jedem Schritt nähert er sich dem schlagenden Herzen. Dem Forum Romanum.
    Seine Mutter ist noch nicht erwacht. Seine Amme wieder unaufmerksam. Nero hat sie herein gelegt und schnell die Villa verlassen. In einem günstigen Moment. Als der Ianitor nicht an der Tür steht. Die Sklaven ihr Frühstück zu sich nehmen. Sodann eilt Nero durch die Straßen Roms. Ein Junge von gerade Mal sechs Jahren. Sein Ziel hat er vor Augen. Unbeirrt sind darum seine Schritte.
    Den Actium- Bogen erreicht der Junge. Staunend betrachtet er die Verzierungen. Seine Mutter erzählt es immer wieder. Dass sie doch verwandt sind. Mit dem Mann, der diesen Bogen erbaut hat. Nero fährt mit den Fingern andächtig über den Stein. Zaudern darf er nicht. Als ob er verfolgt wird. Immer mal wieder wirft er einen Blick über seine Schulter. Schnell läuft er unter dem Bogen weiter. Und auf das Forum Romanum. Über große Steinblöcke. Die die Straßen des Forum Romanums bilden. Den Saturntempel kann Nero schon erkennen. Weit weg ist er hinwieder. Am Ende des Forum Romanum.
    Unschlüssig bleibt Nero in mitten vieler Menschen stehen. Über dem Lapis Niger steht Nero. Ahnt nicht von dem Schicksal. Das hier begangen wurde. Ein grausiger Mord. An dem Gründer Roms. Von den Senatoren verübt. Die gleich in der Nähe die Curia bewohnen. Nero sucht mit den Augen nach seinem Ziel. Doch er kennt es nicht. Er ist noch nie auf dem Forum Romanum gewesen. Nur Erzählungen hat er darüber gehört. Sein Daumen wandert in den Mund. Er nuckelt und denkt dabei nach.


    Zwei Männer lehnen gegen eine Steinsäule. Sie warten gelangweilt. Auf den Dritten im Bunde.
    "Lucius kommt immer zu spät." -
    "Du kennst ihn doch, Vulpius." -
    "Schau ma'. Der Junge dort."-
    Der zweite Mann, Lucius, wendet sich zu Nero. Beide mustern ihn aufmerksam. Sehen den Elfenbeinmond auf den Schuhen.
    "Ein kleiner Patrizier. Ganz alleine?" -
    "Scheint so zu sein." -
    Vulpius stößt sich von der Säule ab. Langsam schlendert er zu Nero. Die muskulösen Arme hinter den Rücken verschränkt. Die grobe Tunika mit einem Ledergürtel geschnürt.
    "Na, Junge. Suchst' was?"
    Nero späht nach oben. Seine Augen verschmälern sich. Der Mann ist ihm unheimlich. Solche Gestalten kennt er. Sie sind manches mal auch in der Villa in Alexandria zu finden.
    "Den Tempel des Divus Romulus. Weißt Du es? Wo er ist?"
    Vulpius spitzt die Ohren. Das Genuschel des Jungen ist schwer verständlich.
    "Aber sicher doch, Junge. In die Richtung. Komm. Ich zeige es Dir."
    Grob packt er die Hand von Nero. Zieht ihn in eine gänzlich andere Richtung. Vulpius hat eine Gelegenheit gewittert. An schnelles Geld zu kommen.
    "Lass mich los."
    Nero hat den Daumen aus dem Mund genommen. Vulpius zerrt ihn hinter sich her.
    "Zier' Dich nicht, Jüngelchen. Ich zeige Dir doch nur den Tempel."
    Nero will seine Hand entziehen. Doch die Faust des Mannes ist fest um die Nämliche geschlossen.
    "Lass mich los."



    Sim-Off:

    Auch schon vergeben.



  • Eingekleidet in moosgrüner Tunika, erdbraunen Umhang und braunen geschlossenen Sandalen trottete Tilla über das Forum Romanum. Mit wachen Blicken hält sie nach dem Marktstand Ausschau, von dem sie etwas abholen soll. Ein schmales braunes Lederband hält ihre offenen Haare wie ein Haarreif aus dem Gesicht. Zum Glück hat ihr keiner der aurelischen Sklaven den Einkaufskorb aufgedrängt.. den mag sie nicht, dann hat sie nämlich nur eine Hand frei. Die Tafel jedoch schlägt mit jedem Schritt gegen ihr Bein... der Umhang verbirgt das kleine silberne Messer welches sie neulich 'ergattert' hatte. Seit sie dieses bei sich hat, fühlt sie sich auf den öffentlichen Orten sicherer. Ihr Weg wird nebeneinander gehend begleitet von einem kleinen Jungen, der hochgebogene Schuhe trägt und seltsamerweise am Daumen nuckelt. Aus den Augenwinkeln sieht sie wie er den Stein des Actium-Bogens streichelt, sich immer wieder umsieht.


    Kurz hält Tilla inne, sieht ihm zu, wie er vorangeht und unvermittelt stehenbleibt. Ein Kribbeln macht sich auf ihrem Nacken breit. Da stimmt doch was nicht, sagt ihr Instinkt. Tilla tritt seitwärts, beobachtet den Jungen und dessen Umgebung. Tatsächlich wird jemand auf ihn aufmerksam... nämlich zwei bulllige Männer. Sie unterhalten sich. Der Kleine scheint die Großen nicht zu kennen. Einer von den Großen packt ihn an der Hand. Dem Kleinen rutscht der Daumen aus dem Mund. Tilla bückt sich, greift nach Kieselsteinen, sucht nach einer Gelegenheit wie sie die Männer ablenken kann. Eine Gänseherde mit Hütern kommt schnatternd entgegen... eine Idee bildet sich in ihrem Kopf.


    Kurzerhand wirft Tilla die Steine auf die Gänse, einige der Tiere fliegen erschrocken auf, andere Gänse schnattern los und verursachen einen Heidenlärm. Sie klatscht laut knallend in die Hände, tritt aus ihrem Versteck hervor, rennt durch die aufgeschreckte Herde und nähert sich dem Jungen. Die Gänsehüter schimpfen, versuchen das entstandene Chaos zu besänftigen. Eine Bewegung genügt... sie hat das Handgelenk des großen Mannes angeschnitten. Blut tropft auf das Pflaster. Du musst fort von hier. Tilla greift nach der Hand des kleinen Jungen, schlingt ihren erdbraunen Umhang beschützend um ihn herum und zieht ihn weiter. Ihre Hand steckt das blutige Messer zurück in die Messerscheide. Wir müssen verstecken spielen.. komm schnell. deutet sie ihm. Kurz sieht sie sich um, schaut auf das Chaos zurück. Tilla will ihre Schritte beschleunigen, um ein Versteck zu erreichen. Noch hat sie kein Versteck ins Auge gefasst, erst die Jungenhand befreien, darum ging es bei ihrer Idee.

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    Es sind nicht die heiligen Gänse des Iuno-Tempels. Noch befinden sie sich auf dem Kapitol. Doch auch dieses Mal sind die Tiere der Göttin der Geburt und Ehe hilfreich in der Not. Mehr als nur mit ihrem Geschnatter sorgen sie dafür die Römer zu retten. Nein. Einen Römer. Einen sehr kleinen Römer entreissen sie der Gefahr. Nero. Den Sohn der Callista. Kleiner Ausreißer und schier Entführter. Flatternd stoben die Vögel um die Beine der Männer.
    "Verschwindet."
    Vulpius tritt nach einer Gans. Der Vogel beißt ihm kräftig in die Wade hinein. Jaulend schreit Vulpius auf. Nero sieht sich zwischen all den aufgeregten Gänsen umher. Die mit ihren gelben Schnäbeln auch nach ihm schnappen möchten. Schon spürt Vulpius den Stich. An seinem Handgelenk.
    "Sordes."
    Es hilft. Vulpius lässt los und umgreift sein Handgelenk. Nero sieht verwirrt zu der unerwarteten Hilfe hinauf. Zu Tilla. Befremdet ist er durch die Gestik der jungen Frau. Was will sie ihm deuten? Nero weiß es nicht. Doch das wütende Brüllen von Vulpius. Das macht Nero Beine.
    "Ich bring Dich um. Caenum. Ambubaia."
    Unflätige Worte rauschen um Neros Ohren. Fasziniert ist er davon. Aber von der Haßmiene. Dem verzerrten Gesicht. Davon ist er abgeschreckt. Vertrauensvoll folgt Nero Tilla. Nero ist ein kleiner Junge. Aber dumm ist er nicht. Und Tilla hat ihm geholfen. Vor dem Rekel. Schwere Schritte folgen den Beiden. Hohe Säulen fliegen an Nero vorbei. So schnell ihn seine kurzen Beine tragen können. Derart rennt Nero. Ein Tempel. Eine Statue. Schnell zieht Nero Tilla in die Richtung.
    "Hier lang. Dort haschen sie uns nicht. Schnell."
    Seine Füße tragen ihn über die Stufen des Tempels. Hinein in das dunkle Heiligtum.
    "Dort."
    Nero deutet auf eine Statue. Eine große Götterstatue. Einer der Hauptgötter. Den Dei Consentes. Schwere Schritte folgen. Nero duckt sich hinter dem Sockel. Schließt ganz fest die Augen. Als ob das helfen würde. Den Mann von der Welt verschwinden zu lassen.
    "Putt. Putt. Wo seid ihr?"
    Vulpius Stimme hallt im Tempel wieder. Unverfroren geht er hinein. In seiner Hand hält er einen Pugio.
    "Ich bring euch ganz bestimmt sicher nach Hause. Kommt schon. Seid lieb. Seid brav."
    Martialisch ist indes der Ausdruck von Vulpius. Er sieht sich suchend in dem Tempel um. In den er die Beiden hat fliehen sehen. Am Ende des Tempels ist ein Priester. Seine Hände polieren eine Statue. Mit einem weichen Lappen. In feinem kostbaren Öl getränkt. Er hört den Mann nicht. Ebenso hat er den Jungen und die junge Frau nicht bemerkt.
    Nero atmet keuchend. Das Rennen hat ihm zu schaffen gemacht. Er ist das nicht gewöhnt. Er öffnet ein Auge. Dann das Andere.
    "Was sollen wir tun? Laufen?"
    Ängstlich ist der Junge. Derart sieht er zu Tilla hinauf. Vulpius legt den Kopf zur Seite. Er meint, etwas vernommen zu haben. Langsam nähert er sich den Beiden.




  • Sie liess den Jungen vorrennen, gewährt ihm Schutz dadurch, in dem sie ihren eigenen Rücken den Männern entgegenhält. Der Junge ruft ihr etwas zu. In den Tempel? Tilla zögert einen winzigen Augenblick, sieht über die Schulter zurück, um nach den Gegnern zu schauen. Einer von beiden kommt ihnen nach. So ein Mist aber auch! Sie läuft die Stufen hoch und zwischen die Säulen hindurch in den Eingangsraum. Schnellen Fußes folgt sie ihm ins Versteck hinter eine Statue, kauert sich an seiner Seite zusammen.


    Tilla bemüht sich ihren hastigen Atem zu unterdrücken, deckt den Jungen mit ihrem dunklen Umhang zu. Vielleicht hilft die Tarnung? Neue Schritte hallen und eine männliche Stimme erklingt. Sie zuckt zusammen. Oh nein! Es ist die Stimme des Mannes, welchen sie verletzt hat. Wieder tastet sie nach dem Messer, fühlt sich unwohl es in der Hand zu halten, weil sie hier in einem Tempel sind. Hat sie vorhin nicht noch einen Anwesenden gesehen? Sie ist sich dem nicht sicher.


    Das leise Flüstern des Kindes reisst sie aus den Überlegungen wie sie entkommen können. Aus dunklen Augen sieht sie ihn an und lauscht den stetig näher kommenden Schritten. Die Säulen fallen ihr ein. Wir laufen weiter. Flink wie eine Schlange und leise wie eine Maus. Immer an den Säulen vorbei. Mit den Händen 'malt' sie vier Säulen in die Luft, deutet mit zwei Fingern an, dass sie beide noch einmal laufen müssen, formt die Umrisse der erwähnten Tiere. Tilla tippt sich selbst an, deutet an ebenfalls zu laufen. Ich komme dir nach. Hoffentlich hat er sie verstanden. Vorsichtig entwindet sie ihren Umhang von ihm herunter und nickt zur am nächst stehenden Säule rüber. Kleine Steine würden helfen, andere Personen auf ihre Not aufmerksam zu machen. Die Schritte sind ganz nahe. Aus einem spontanen Impuls schleift sie ihr Messer über den marmornen Boden. Das Geräusch ist hässlich. Es schmerzt in den Ohren. Und doch muss sie was tun. Tilla schubst Nero an, läuft los zur nächsten Säule. Ein Sonnenstrahl verrät ihr: der Gegner hat ebenfalls eine Waffe. Ihre Kehle wird ganz trocken. Lauf! feuert sie Nero an.

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    Gülden leuchten die Kerzen in dem Tempel. Das Raunen dringt durch die Hallen. In Andacht ist eine alte Frau versunken. Die den Tag zu einem Opfer nutzt. Der Lappen des Priesters gleitet persistent über den Stein. Graue Dunkelheit wird nur durch spärliches Licht durchbrochen. Weihrauch schwängert die Luft. Verbrannte Opferschwaden. Kekse. Kräuter. Duftendes Öl. Wein. Kerzenhitze. In der Stille sind schlurfende Schritte zu hören. Ein lautes Kreischen. Als Metall über den Steinboden fährt. Gülden leuchten die Kerzen.


    Fasziniert betrachtet Nero die Bewegungen ihrer schönen Hände. Sie scheinen zu malen. In der Luft. Ohne Farbe und Pinsel. Ist das ein Tier? Das sie andeutet. Sie legt ihren Finger gegen ihre Brust. Verstehen. Das tut Nero nicht. Aber das Nicken zur nächsten Säule. Das wird Nero deutlich. Bedauern verspürt der Junge. Von dem schützenden Umhang getrennt zu sein. Schnell erhebt er sich. Hastet mit leisen Schritten auf die nächste Säule zu. Seine Schühchen tapsen über den Steinboden.
    Hinter sich spürt Nero die junge Frau. Darnach den garstigen Ton über den Stein. Nero schaudert. Eine Gänsehaut bildet sich auf seinen Armen. Er wirft einen Blick über seine Schulter zurück. Braune Augen sehen ihn an. Kalte und brutale Augen. Nero erstarrt. Einer Maus similär. Sodann rennt er panisch los.


    Es ist das Geräusch. Das Vulpius untrüglich herum fahren lässt. Seine Augen fixieren den flüchtenden Jungen. Die Sonnenstrahlen. Von einem Fenster aus tanzen sie um Vulpius. Feine Staubkörner walzen mit dem warmen Schein. In seiner Hand spielt er mit dem Dolch. Seine breite Nase bebt vor Wut. Blut ist an seinem Handgelenk. Tropft langsam auf den Steinboden. Es stammt von dem Stich, den Tilla ihm versetzt hat. Geschwind tritt Vulpius zwischen die Säulen. Das Licht auf dem Metall erlischt. Die Ombrage der Säulen umfasst Vulpius.
    "Vipera. Ich erwische Dich schon."
    Ein Knurren sind seine Worte.
    "Ich schneide Dir Deine Finger ab."
    An der nächsten Säule ist Vulpius vorbei. Da. Er sieht Nero rennen. Dahinter Tilla. Mit einem wütenden Keuchen stürzt sich Vulpius auf die junge Frau. Der Dolch will sich in sie bohren.
    Er trifft hinwieder nur die Säule. Metallfunken stoben auf. Eine Hand umgreift die Schulter von Tilla.
    "Hab ich Dich."
    Triumphierend grinst Vulpius.
    "Das wirst Du büßen, Kleines."
    Drohend erhebt sich der Dolch.


    Zwei Säulen weiter ist Nero. Er hört die Worte. Schnell dreht er sich um. Er sieht den Dolch und die junge Frau. Die Gefahr, in der sie schwebt. Nero beißt sich in die Unterlippe. Was tun? Sein Onkel, der wüsste es. Er würde sich auf den Mann stürzen. Heldenhaft ihn nieder ringen. Sein Onkel kann das. Was würde seine Mutter tun? Wenn sie ohne Hilfe ist? Ohne Wehrmöglichkeit?
    "Advoci. Hilfe. Sacerdos."
    Hastig sehen sich Neros Augen um. Einen Kerzenständer erblickt er. Schnell greift er danach. Hebt ihn hoch. Wird beinahe von dem schweren Ständer zu Boden gerissen. Die Kerze poltert über den Boden. Nero schleift den Kerzenhalter hinter sich her. Um damit auf den Mann einzuschlagen. Er ist schließlich ein Claudius. Ein Nämlicher flieht nicht. Wenn eine Frau in Not ist. Zumindest glaubt Nero das.
    Der Priester indes dreht sich verwundert um. Lässt das Tuch herunter sinken. Erblickt das Szenario.
    "Asebie."
    Ein Hauchen. Entsetzen offenbart sein Gesicht. Blut wird in seinem Tempel vergossen. Er sieht ihn als seinen Tempel an. Eigentlich ist er ein unbedeutender Priester. Jung und unerfahren. Er klettert von dem Schemel herunter. Rafft seine Priestergewänder, um auf den Kampf zu zu eilen.




  • Der Junge läuft los. Nun ist sie dran. Tilla holt tief Luft, umfasst das Messer noch fester. Sie lässt dem kleinen Jungen sechs Schritte Vorsprung. Dann läuft sie ihm hinterher. Ihre körperliche Ausdauer ist gut. In der aurelischen Villa wird sie ständig auf Trab gehalten. Tilla mach mal hier. Tilla geh mal rüber. Um dem 'Treiben' zu entkommen 'schwatzte' sie Dina mit schriftlichem Betteln den Besuch auf dem Forum ab. Doch jetzt sollte sie wirklich nicht an die Villa denken. Steckt mitten in einem Abenteuer, schwebt in Gefahr. Alles weil sie einem kleinen Jungen helfen will. Ein Prickeln rennt über ihren Rücken, als die Stimme des Gegners erneut ertönt. LAUF! feuert sie Nero an, den sie zurückblicken sieht.


    Das Blinken verschwindet. Nicht gut, er weiss jetzt wo wir sind, fährt es gedanklich durch ihren Kopf. Die nächste Säule ist in Sicht. Tilla legt einen Zahn zu, meint den rettenden Stein erreichen zu können. Eine große Hand packt nach ihrer Schulter. Tilla duckt sich instinktiv weg und hört zugleich die Waffe gegen die Säule knallen. Sie ist jedoch zu langsam. Er hat sie gepackt durch die Ablenkung mit seiner Waffe. Für Sekunden ist sie wie erstarrt, blickt ihm in die wütenden Augen, bewundert ihn für diesen Trick. Seine drohenden Worte reissen sie heraus. Meine Finger? Nö! Die kriegt er nicht.


    Tilla strampelt mit den Beinen, trifft die gegnerischen Knie, tritt Vulpius auf die Füße und hebt ruckartig das Knie, um ihn in seine empfindlichste männliche Zone zu treffen. Der Junge ruft etwas.. womöglich um Hilfe? Ein Scharren ertönt. Noch schlimmer anzuhören als das Kratzen ihres Messer. Tilla hebt ihre Hände, umfasst beidhändig das nun ebenfalls im Sonnenlicht auffunkelnde Messer, bedroht Vulpius mit dieser offenen Geste. Versucht den Gegner zum Kerzenständer zurückzudrängen, damit er hoffentlich nach hintenüber fällt. Das eigene Knie schmerzt. Wütend blitzend ihre dunklen Augen auf. ER ist noch ein Kind! 'sprechen' ihre Hände. Die näherkommenden eiligen Schritte hört sie nicht wegen dem Scharren verursacht durch Neros Ziehen. Der erdbraune Umhang wird lästig. Das Sklavenmädchen möchte Nero erreichen, nur wie? Noch steht der Mann zwischen ihnen.

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    Triumph spiegelt sich in den braunen Augen von Vulpius. Er hat das Mädchen. Sie wird nun für die Dreistigkeit büßen. Das schwere Scheppern hinter sich ignoriert Vulpius. Der Dolch will herunter sausen. Die junge Frau verletzen. Ihr Schmerz bereiten. Im nächsten Augenblick. Da explodierte es in Vulpius. Ein kehliges Keuchen und er wird blass. Derart wie die Mauer neben Tilla. Das Drohen mit dem Dolch entgeht Vulpius. Das Deuten ihrer Hände kann er nicht verstehen. Wie auch? Ein Ächzen entfleucht seiner Kehle. Langsam sinkt er zusammen auf die Knie. Greift sich in die Gegend seiner Lenden.
    "Sen."
    Ein Keuchen. Er kann das Schimpfwort nicht über die Lippen bringen.
    "Senti."
    Ein zweiter Versuch.
    "Sentina."
    Endlich gelingt es ihm. Mittlerweile ist er gänzlich auf den Boden gesunken. Laut kreischt das Metall. Der Kerzenständer kratzt über den Steinboden. Wütend funkeln die Augen von Nero. Sein Großvater, der hat ihm das Floh ins Ohr gesetzt. Was sagte er noch?
    Ein Claudier zaudert nicht, er verzagt nicht. Er stellt sich seinen Ängsten und selbst den höchsten Anforderungen.
    Das hat Nero vor. Mit all der Kraft in seinen schmalen Ärmchen hebt er den Kerzenleuchter hoch. Will ihn auf den Angreifer herunter schleudern. Ihn zu Boden schlagen, damit er sie nicht weiter angreifen kann. Zoll für Zoll hebt sich der Kerzenleuchter. Der genauso lang, wie Nero groß ist. Schon schwebt er in der Luft. Dann über Neros Kopf. Gefährlich wankt der Junge mit dem schweren Gegenstand in seiner Hand. Gerade will das Metall herunter sausen und auf Vulpius Kopf. In dem Augenblick pflückt der Priester den Kerzenständer aus den Händen des Jungen. Nero torkelt und fällt auf den Boden. Als ihm die Waffe entrissen wird.


    Zorn sprüht der Priester mit jeder Faser seines Körpers aus. Leuchtend Rot ist die Farbe seines Gesichtes. Entschlossen stellt der Priester den Kerzenständer an den Platz zurück.
    "Was hat das hier zu bedeuten?"
    Kalt ist das Kolorit seiner Stimme. Sie hallt im Tempel wieder.
    "Das ist kein Circus. Raus hier. Aber sofort. Wehe ich sehe einen von euch jemals wieder in diesem Tempel."
    Drohend hebt der Priester seine Hand. Mit den Fingern der anderen Hand deutet der Sacerdos auf den Ausgang.
    "Verzeihung, ehrenwerter Sacerdos. Wir wollten nicht frevelhaft sein."
    Eine artige Verbeugung. Nero rennt schnell um den keuchenden Vulpius herum. Der sich mit Zornesmiene langsam erheben möchte. Nachdem der aller schlimmste Schmerz überwunden ist. Die Hand von Tilla. Die ergreift Nero.
    "Hurtig. Lass uns laufen."
    Drängend zieht Nero die junge Frau hinter sich her. Goldenes Sonnenlicht erwartet sie. Der Blick auf das Forum Romanum. Tempel. Die Curia. Menschen auf Rednertribünen. Propagieren den Untergang des Imperiums. Ein dicker Ausrufer. Er verkündet die neuen weisen Worte. Die des Senats. Manch ein Römer bleibt stehen. Andere gehen einfach weiter. Nero interessiert sich auch nicht dafür. Eilig drängt sich Nero mit der jungen Frau durch die Menschen. Erst neben der Curia bleibt Nero stehen. Schwer geht sein Atem. All die Aufregung hat den Jungen erschöpft. Schließlich ist er nicht der Kräftigste, noch sonderlich gesund. Er schluckt und wendet sich zu Tilla um.
    "Danke."
    Ehrlichkeit steht in seinen Augen. Chevaleresk verbeugt sich Nero.
    "Wenn ich mich vorstellen darf? Mein Name ist Nero Fabius Damio. Ich stehe tief in Deiner Schuld, werte Dame."
    Nero imitiert. Von seinem Onkel hat Nero viel gelernt. Das höfliche Verhalten Frauen gegenüber zweifellos.




  • Der unbekannte Gegner schreitet nicht nach hinten. Nein, er geht in die Knie, nähert sich rasend schnell dem Boden. Hastig weicht Tilla von ihm weg, mustert sein bleich gewordenes Gesicht. Was für eine Wirkung mit einem einfachen Tritt !! Sie lächelt nicht. Steht ganz still. Und hält sich endlich die Ohren zu. Das metallische Kreischen ist viel mehr unerträglicher als ihr eigener Dolch. Doch woher stammt dieses Geräusch? Es wird von dem kleinen Junge verursacht, der es schafft den Kerzenständer versucht hochzuheben und es auch schafft. Bewunderung steigt in Tillas Augen auf. Anerkennung huscht über ihr Gesicht. Doch es verschwindet wieder. Sie darf nicht unaufmerksam werden! Rasch sieht sie zu Vulpis nieder, stößt sein pugio mit dem Fuß weg in die Dunkleheit des Tempels. Dorthin wo die Säulen tiefe Schatten werfen.


    Plötzlich ist die ersehnte Hilfe da. Sie kommt in Form eines jungen Priesters mit wütend blitzenden Augen, der den kleinen Jungen ausschimpft. Abermals weicht Tilla zurück und bereut es den Dolch fortgestoßen zu haben. Der Prieser könnte womöglich dem unbekannten Gegner anstatt Ihnen beistehen. Dann ist Nero bei ihr. Diesmal ist er es der ihre Hand umgreift und sie mit sich zieht. Tilla folgt ihm sogleich hinterher zum Ausgang. Diesmal sieht sie sich nicht nach ihrem Gegner um. Sie hat genug gesehen und gehört. Er hat ein Wort erwähnt. Sie kennt es nicht. Sentina Tilla macht sich dünn, quetscht sich durch die Menschen hindurch und bemüht sich des Jungen kleine Hand nicht zu verlieren.


    Nero bleibt stehen, dreht sich schweratmend zu ihr um. Tilla beugt sich zu ihm nieder, stützt ihre Hände auf den zitternden Knien ab, pumpt Luft in ihre Lungen hinein. Bemerkt dennoch seine Dankbarkeit und errötet über seine Verbeugung. Das er sie Dame nennt. Langsam richtet sie sich auf und zieht ihn zu sich in ihre Arme. Umarmt ihn spontan, wuschelt durch seine dunklen Haare. Es ist vorbei. Wir sind ihm entkommen. gebärdet sie aufgeregt. Ihr fällt ihre Tafel ein. Nun hockt sie sich zu ihm nieder, zieht die Tafel hervor und fängt an zu schreiben.


    *Salve, Nero. Mein Name ist Tilla. Ich bin stumm, kann nicht sprechen. Ich habe dich gesehen und alles mitbekommen. Die ganze Zeit bis eben wollte ich dir helfen. Schau, es ist vorbei. Wir sind entkommen. Du bist sehr tapfer. Ich danke dir auch für deine Hilfe.* Mit einem Lächeln reicht sie ihm die Tafel, legt ihm ein zweites Mal ihren erdbraunen Umhang um. Tilla mustert die Umgebung der Passanten, ob sie erneut Gefahr bringen und streicht sich die Haare hinter die Ohren. Geduldig wartet sie auf Neros Antwort

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    Voller Erstaunen weiten sich Neros braune Augen. Wallnußbraun sind sie. Ein warmer Schimmer liegt darin. Und nun glänzen seine Augen. Denn er wird selten so angenehm umarmt. Seine Amme drückt ihn immer wieder an ihren breiten Busen. Doch das widert Nero mehr an. Schreckt ihn zurück. Benohé wahrt immerzu eine kühle Distanz zu ihm. Seine Mutter nimmt ihn nur bei Zeiten in die Arme. Und gerade das vermisst Nero. Er sehnt sich oft danach. Doch seine Mutter verweigert es ihm. Aus Gedankenlosigkeit. Selbstsucht. Was Nero nicht weiß. Denn er liebt seine Mutter abgöttisch. Noch. Womöglich wird sich das eines Tages ändern. Die knabenhaft zierliche Gestalt von Tilla umfängt ihn warm. Angenehm. Gänzlich ungewohnt. Eine Welle des Glücks durchdringt den jungen Nero.
    Ein zartes Lächeln zeigt sich auf seinen Lippen. Einer zierlichen Knospe gleicht es. Langsam entfaltet es sich. Blatt für Blatt, Strahlen für Strahlen. Ein Leuchten geht über das fein geschnittene Gesicht des Jungen hinweg. Seine schwarzen Haare bleiben verwurschtelt zurück. Es stört Nero nicht.
    Neugierig betrachtet er das Gestikulieren. Er versteht den Sinn da nicht. Aber viele Erwachsene reden auch über ihre Hände. Wenn sie Worte setzen. Nur offeriert die junge Frau kein einziges Wort.
    Inquisitiv beobachtet er ihr Tun. Das Schreiben auf der Tafel. Und nimmt sie anschließend entgegen. Zögernd beißt sich Nero auf der Unterlippe herum. Und sieht auf die Zeichen. Sicherlich. Nero kann seinen Namen schreiben. Nero kann schon einige Buchstaben und viele Wörter. Er hat es sich von Benohé beibringen lassen. Weil er nicht warten will. Bis er endlich einen Lehrer bekommt. Und in die Schule mit anderen Kindern darf er nicht. Seine Mutter meint, dass er dafür zu krank ist. Außerdem würde er dann mit zu vielen Plebejern zusammen sein. Nero würde gerne andere Kinder kennen lernen. Die nicht wie er sind. Keine Patrizier. Aber er lebt stets in dem Gefängnis der Villa. Wie seine Vögel.
    "Ich kann nicht so gut lesen. Ich bin noch nicht so alt."
    Gesteht Nero ein und sieht zu Tilla hoch.
    "Kannst Du nicht sprechen?"
    Es wäre nicht das erste Mal, dass Nero einem solchen Menschen begegnet. Sogar oftmals passiert es ihm, denn seine Mutter umgibt sich mit stummen Sklaven. Die mit einem heißen Eisen ihrer Stimme beraubt wurden. Langsam versuchte er die Buchstaben zu entziffern.
    "Tiffa? Ist das Dein Name? O, nein. Tilla. Verzeih."
    Manche Buchstaben kennt Nero noch nicht. Er schüttelt den Kopf und reicht die Tabula zurück.
    "Ich kann nicht gut lesen. Und Du wohl nicht gut sprechen. Oder? Das ist ein Dilemma. Aber Herausforderungen müssen gemeistert werden. So sagt mein Großvater jedenfalls."
    Nun wandert der Daumen in Neros Mund. Die Gefahr ist schließlich gebannt. Seine Rede wird etwas undeutlicher.
    "Du kannst ja mit dem Kopf nicken. Wenn Du Ja meinst. Und Schütteln, wenn Du Nein meinst. Ja?"
    Nero sieht gebannt nach oben.
    "Bist Du auf dem Forum, um zu den Wahrsagern zu gehen? Ich suche nämlich einen Zauberer. Hinter dem Tempel des Divus Romulus. Weißt Du, wo das ist?"




  • Wenn sie einen kleinen Bruder hätte, ihn gar persönlich kennen würde, dann würde sie ihm auch die Haare so zurückstreichen wie jetzt. Lächelnd, freundlich, erleichtert über das zurückgelassene aufregende Geschehen im Tempel sieht sie den kleinen Mann an, schüttelt mit dem Kopf auf seine Frage, dass sie nicht sprechen kann. Mittlerweile hat sie sich an diese Antwort gewöhnt und weiss, dass diese, die nicht lesen können, es nicht böse meinen. Tilla so eine Antwort nicht persönlich nehmen darf.


    Jetzt nickt sie, lächelt breiter beim Klang ihres Namens. "Ich kann nicht gut lesen. Und Du wohl nicht gut sprechen. Oder? Das ist ein Dilemma. Aber Herausforderungen müssen gemeistert werden. So sagt mein Großvater jedenfalls." Zustimmend streichelt sie ihm noch einmal durch die Haare, nestelt die Tafel wieder am Gürtel fest, rückt das Messer zurecht. Einen Großvater hätte sie auch gerne. Überhaupt weiss Tilla nicht, wo ihre Wurzeln sind, wo sie herkommt, kennt die Geschichte ihrer Vorfahren nicht. Ein weiteres Nicken erläutert ihre Zustimmung zu seinem Vorschlag. Genau, kleiner Mann. So machen es die meisten. 'sprechen' ihre Hände zu Nero.


    Er stellt ihr eine Frage. Ob es hier Wahrsager, gar Zauberer gibt? Langsam hockt sich Tilla zu Nero und seiner Augenhöhe nieder, zupft den Umhang zurecht. Den sie mit ihm teilt, um ihn zu schützen. Ja, ich weiss, wo sie sind. Mit sachtem Griff zieht sie den Daumen aus seinem Mund, nimmt die Hand ohne zu zögern in der ihren auf. Er meint die bunten Zelte. Dahin wird sie ihn nun bringen. Sie drückt seine Hand, klopft auf ihre Schenkel. Komm, ich zeige sie dir. Bleibe dicht bei mir. 'fordert' sie ihn auf und geleitet ihn durch die Menge über das Forum zum anderen Forum. Nach vielen festen Schritten bleibt sie stehen, nimmt den Anblick der sich ihnen öffnet auf. Bunte Farben wohn man blickt. Einem immerwährenden Regenbogen gleich. Tilla staunt, schenkt Nero ein Lächeln.

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    Einer Künstlerin similär erscheint Tilla in den Augen von Nero. Mit ihren Händen malt sie. In der Luft. Wunderschöne Bilder, die seine Augen kaum zu verfolgen vermögen . Es fasziniert ihn indes. Sua sponte überlässt der Junge seine Hand der jungen Frau und folgt ihr ohne zu häsistieren. Vertrauensvoll hält sich Nero an Tilla. Lässt sich von ihr durch die Menge von Menschen treiben. Hinfort von dem Ort des Schreckens. Der grobe Männer und einschüchternde Bauten offeriert.
    Staunend öffnet sich der Mund von Nero. Eine fremde Welt haben sie betreten. Bunte Tücher wehen im Winde. Bauschen sich im zarten Spiel auf, um gleich darauf sich sanft über die Stände der nordischen Dafraudanten, etruskischen Wahrsager, ägyptischen Zauberer und nubischen Magier zu legen, die hier ihre Dienste anbieten. Die die Menschen an der Nase herum führen. All die Römer und Peregrini, die an Zauber und Magie glauben. An Mysterien und geheime Kulte. An das Überirdische. Und alle paar Wochen von hier von den Aedilen vertrieben werden.
    "Hier sind wir richtig, Tilla."
    Die Augen von Nero glänzen euphorisch. Glücklich. Denn hier wird er das Geheimnis des Todes lüften. Die Grenzen erforschen und das Unsagbare vollbringen. Aber dafür braucht er die Hilfe eines wahren Magiers. Eines Mannes, der sich noch mit den alten Künsten auskennt. Was die alten Künste sind. Das weiß Nero nicht. Aber er hat es oft von seiner Mutter gehört.
    Nero wendet sich zu Tilla und sieht zu ihr hoch.
    "Es muss ein guter Zauberer sein. Kein Scharlatan. Hier tummeln sich viele, die keine wahre Macht haben. Wir müssen uns in Acht nehmen."
    Ernst ist das Gesicht von Nero. Er glaubt an Zauberei. Er glaubt an alte Heldengeschichten und an Hexen, die die Helden bezaubern wollen. Circefrauen, Hekategestalten oder Herrscher über die verborgenen Künste. Seine Hand greift nach seiner Tasche. In der die Holzkiste ruht. Seine Mundwinkel heben sich ein kleines Stück.
    "Dort."
    Schon eilt er zu einem Stand. Schlecht gefärbte Tücher verbergen die Sicht. Wabernder Rauch dringt zwischen den Ritzen hervor. Durchdringender Odeur nach Rauschkräutern wehen ihnen entgegen. Nero schiebt das Tuch zur Seite. Licht fällt in die winzige Lokalität. Auf einem dicken Kissen sitzt eine voluminöse Frau mit langen schwarzen Flechten. Billiger Bronzeschmuck umhängt ihren dicken Hals. Ihr Gesicht ist grell geschminkt. Sie sieht auf und offeriert ein Lächeln mit schlechten Zähnen.
    "Ah. Kommt herein. Kommt herein. Wollt ihr eure Zukunft lesen? Aus den Gedärmen von liebreizenden Täubchen? Dem Blute von Ziegen? Nur fünf Asse für eure Zukunft. Tretet ein. Tretet ein."
    Nasal ist ihre Stimme. Nero schreckt zurück. Die Beleibtheit erinnert ihn an seine Amme. Und er mag seine Amme nicht.
    "Nein. Wir wollen unsere Zukunft nicht lesen lassen. Ich suche einen Magier. Der das Rätsel von Leben und Tod kennt."
    Die Augen der Frau verengen sich.
    "Dann verschwindet. Einen solchen Magier kenne ich nicht."
    Ächzend erhebt sich die Frau von ihrem Lager. Sie watschelt bis zu Nero. Reißt ihm das grüne Tuch aus der Hand und verschließt den Eingang.
    Nero seufzt und wendet sich um. Suchend. Verwirrt. Überwältigt von all den Eindrücken. Ein Bettler lümmelt neben dem Eingang zu dem hinteren Teil des Forum. Direkt an der Mauer zu dem Tempel des sagenhaften Romulus Divus. In seinen Händen hält er eine hölzerne Schüssel. Mit einem Auge späht er zu Tilla nach oben. Das Andere ist mit einigen schmutzigen Verbänden verdeckt. Seine Haare sind eine wirre Masse. Fettig und ungepflegt. Ein säuerlicher Geruch geht von ihm aus. Nach altem und verdorbenem Wein. Ihm fehlt zudem ein Bein. Durch einen grob geschnitzten Holzstumpf hat er das Nämliche ersetzt.
    "Na? Sucht ihr Beide etwas?"
    Die Frage richtet er an Tilla.





  • Sie nimmt die Farben auf, die Gerüche, die vielen Interessanten Dinge. Tilla weiss gar nicht, wohin sie zuerst schauen soll, sovieles gibt es zu sehen. Abermals schenkt sie Nero ein Lächeln, atmet auf, als er meint, dass sie hier richtig sind und streichelt seine Schulter. Zustimmend bewegt sie den Kopf zu einem Nicken. Ja, ein richtiger Zauberer.. mit weissen Haaren, einem langen Bart und einer Mütze.. spitz muss die sein. erwidert sie, zugleich wissend, dass er sie nicht versteht. Jetzt erst entdeckt sie seine Tasche. Hat er die schon immer dabei? Sie ist ihm noch gar nicht aufgefallen, es ist etwas eckiges drin. Eine Kiste vielleicht? Da eilt Nero los. Sie ihm sogleich folgend hinterher. Der Junge führt sie zu einem Zelt. Der Geruch macht ihr Kopfschmerzen. Es errinnert sie an den Vorfall im Tempel. Nein, sie will nicht an den um viele Köpfe größeren Gegner denken. Ein unbehagliches Gefühl bleibt, während sie sich hinter Nero hockt und dem Wortaustausch folgt. Tilla schüttelt den Kopf. Die Frau will Tiere opfern für das Lesen der Zukunft. Nein, das gefällt ihr nicht. Sie nimmt Neros Hand auf, deutet an, dass es besser ist zu gehen und zieht ihn mit sich wieder aus dem Zelt hinaus. Das Laken schlägt zu.


    Tilla ist froh wieder draußen zu sein und zuckt zusammen als sie von dem Berg Kleider angesprochen wird. Tasächlich ist dies ein Mensch. Kurz errötet sie über ihren Gedanken, einen Mensch für einen Berg Kleider gehalten zu haben. Umgreift Neros Hand fester, je mehr Details ihr sichtbar werden. Dieses eine Auge, welches er noch besitzt. Es führt ihr vor, wie gut es ist sehend zu sein. Einen Zauberer. erwidert sie, malt einen Stab in die Luft. Leben und Tod. Es ist wichtig. Das Auge wird ihr unheimlich. Tilla zieht es vor sich um einen Schritt zu entfernen, drückt Nero an sich.


    Etwas schillerndes nähert sich ihr. Sie wagt den Blick vom Kleider-Mensch zu heben und staunt. Eine schwebende Blase. Diese fliegt noch ein wenig höher, zerplatzt. Schade! Suchend sieht sich sie um und entdeckt noch mehr Blasen-Geschwister. Sie kommen von dem Weg hinter dem Kleider-Mensch. Vom Tempel des sagenhaften Romulus Divus. Der Weg ist gepflastert und sauber. Das ist es! Komm. fordert sie Nero auf, schreitet den kleinen Mann mit ihrem Körper beschützend am Kleider-Mensch vorbei und lässt etwas in seine hölzerne Schale fallen. Ein kleiner hölzerner Rosenkopf aus hellem Holz. Er mag vielleicht nicht viel damit anfangen können, oder? Tilla dreht sich nicht nach ihm um, lächelt verschmitzt.

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    Der kleine Rosenkopf fällt mit einem melodischen Geräusch in die Schale des Bettlers. Verwundert sieht der Mann auf das, was luzid keine Münze sein kann. Seine schmutzigen Hände greifen nach dem kleinen Rosentalisman. Ein breites Lächeln zeichnet sich auf dem zerfurchten Gesicht des herunter gekommenen Prachers ab. Im Lichte der strahlenden Sonnenscheibe betrachtete der Mann ausgiebig das kleine hölzerne Schmuckwerk.
    "Danke."
    Ein Ruf hinter Tilla. Der Bettler steckt das Rosenstück gleich in die Tiefen seiner schmutzigen Kleidung, die mehr einem Konglomerat aus dreckig verschieden farbigen Stofffetzen besteht. Von den Jahren zu einem Sammelsurium aus braunen Farben verblichen.
    Während Nero hinter Tilla her läuft. An ihrer Hand versteht sich, betrachtet der junge Patrizier neugierig den Bettler.
    "Ob er ein Soldat war? Dem das Bein abgehackt wurde? Von einem nordischen König?"
    Nero hätte sich gerne noch mit dem Mann unterhalten. Ihm viele Fragen gestellt. Aber Erwachsene mögen das zweifelsohne nicht.
    "Ein entflohener Sklave. Er könnte über den Nil auf einem einzelnen Baumstamm entfleucht sein. Dabei hat ihm ein Krokodil das Bein abgebissen."
    Phantasie. Die besitzt Nero. Reichlich und im Übermaß. Aber in seinem Zuhause kann er das nur im Geheimen ausleben.
    "Oder er ist ein Jägersmann. Der rote Löwe von Meroë hat seiner Leidenschaft ein Ende bereitet. Ein Prankenhieb."
    Neros Augen glänzen. Dann ist der Bettler schon aus seiner Sicht verschwunden. Nero stolpert über einige der großen Wegsteine, kann sich jedoch an Tillas Hand fest halten.


    Den changeanten Gebilden nachsehend kaut Nero auf seiner Unterlippe herum. Es besteht kein Zweifel. Hier müssen echte Zauberer leben.
    Vor einem kleinen Zelt aus gelben und roten Planen gebunden steht eine dunkelhäutige Frau. Um ihren Hals herum trägt sie zahlreiche Elfenbeinringe. Giraffen artig wirkt dadurch ihr schlanker Hals. Länger als bei einem normalen Sterblichen. An ihren Händen klimpern Messingringe. Ihre übervollen Lippen teilen sich. Weiße Zähne blitzen zwischen der dunklen Haut hervor.
    "Willkommen. Du suchen Zauberrrmittel? Sicht in Zukunft? Einen Fluch Deinen Feind fürrr?"
    Wenn Nero nicht seine Tasche fest an sich halten müsste, dann würde er nun den Daumen in seinen Mund stecken. Doch das ist ihm verwehrt. Aber das Staunen nicht.
    Er schüttelt den Kopf.
    "Nein. Wir suchen einen Magier. Der das Rätsel von dem Leben und Tod kennt."
    Durch die Unterlippe ist ein elfenbeinernes Schmuckstück gestochen. Es bewegt sich auf und ab beim Sprechen der Frau.
    "O. Du sein richtig. Du finden größten Zauberer von Roma hier. Er kommen aus Ägypten. Wo er lernen bei den alten Künsten seine Macht."
    Ihre langen Finger öffnen den Zelteingang. Auch dahinter ist es schummrig.
    "Tretet ein. Ich rufen großen Zauberer."
    Mit den Hüften schwingend entschwindet die Frau. Nero sieht zu Tilla hinauf und lächelt glücklich.
    "Wir werden heute ein großes Geheimnis erfahren. Wenn das kein Scharlatan ist."


    Nero klopft sich auf seine Tasche und strebt in das Zelt hinein. Streng ist der Geruch nach verbranntem Opium und anderen Rauschmitteln. Die sofort in die Nase steigen. Nero hustet heftig und bleibt auf dem fransigen Teppich in der Mitte stehen. Die Zeltwand schließt sich hinter den Beiden. Nero fröstelt, obwohl es miefig und recht warm in dem Zelt ist. Öllampen werfen elbische Lichter an die Wände. Tanzend, verzerrt, groteske Figuren bilden sie. Unsicher wird Nero. Ob das Ganze eine gute Idee ist? Zögerlich stellt er sich näher an Tilla heran.
    "Vielleicht gehen wir lieber wieder?"
    Noch mehr Rauch steigt auf und aus dem grauen Dunst tritt ein dunkelhäutiger Mann hervor. Breitschultrig. Großgewachsen. Mit Anhängern, Amuletten und Ketten in Hülle und Fülle. Sein muskulöser Leib wird von einem Leopardenfell umhüllt.


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    "Ihr suchen nach Wissen? Um Leben und Tod?"
    Seine dunkelbraunen Augen richten sich auf Tilla und Nero. Nero scheint sich unter Tillas Umhang verstecken zu wollen. Leise piepst er nach oben zu Tilla.
    "Fragst Du ihn? Ich traue mich nicht. Ob er Tiere zum Leben erwecken kann?"




  • Tilla sieht bei seinem Dankesruf zum 'Kleiderberg' zurück, nickt ihm zu. Nein, sie hat ihn nicht dafür 'bezahlt', dass sie passieren können, sie möchte ihm einfach eine kleine Freude machen. Denn so sauber und friedlich dieser Weg aussieht. Vorsicht war dennoch geboten, gepaart mit einer Prise Misstrauen. Und dann war es gut jemanden zu wissen, der sie wahrgenommen hat. Tilla ist nicht minder erstaunt über Neros phantasievollen Erzählungen, die Bilder vor ihrem inneren Auge malen. Oder er ist ein Händler, der ein prächtiges Schiff besaß, welches in einem heftigen Kampf mit einem gegnerischen Schiff untergegangen ist. Eines der römischen Schiffe hat ihn aufgenommen und ihn hierhergebracht. Irgendwie findet er keinen netten Menschen, der ihm sein Schiff überlässt, damit er wieder über die Meere segeln kann. trägt sie mit einer kurzen Erzählung bei.


    Geschickt fängt sie Nero auf, als dieser stolpert, hilft ihm, wieder auf die Füße zu kommen. Woher sie das Wissen hat wie sie mit sie diesem kleinen Mann umgehen muss, weiss sie nicht. Es ist einfach da. Aufmunternd nickt sie ihm zu und geht einen Tick langsamer gehend mit ihm weiter, hält nach dem Verursacher der Seifenblasen Ausschau. Schon bald taucht ein Zelt auf. Es ist mit freundlichen Farben bedeckt. Aus dunklen Augen betrachtet sie die Frau, dessen Hals so merkwürdig länger ist als der ihrige. Tut das nicht weh? fragt sie sich selbst. Nero antwortet schon auf die Fragen der Frau. Tillas Augen hängen an dem Stück Elfenbein. Tut das nicht noch mehr weh? fragt sie sich nochmal. Was hat sie gesagt? Sie kommt aus Ägypten? Nein, der Zauberer kommt aus Ägypten. Aus einem fernen Land. Der Junge lächelt sie an, ist sich sicher. Ein Scharlatan? Nein.


    Ruhig geworden lässt Tilla sich von Nero mit ins Zelt ziehen, bleibt stehen. Der neue Geruch so vertraut. Sie kennt ihn aus den Slums, wo die Menschen leben, die dem Opium verfallen sind und alles dafür tun, um ihn zu bekommen. Besorgt schauend kniet sie sich zu Nero nieder, der plötzlich hustet, streichelt ihm über den Rücken, bis es wieder gut ist. Aufmerksam sieht Tilla sich um, kann den Blick von den Öllampen nicht abwenden, die seltsame Schatten werfen. Der Junge ist es, der sie erneut anspricht. Er kommt bestimmt gleich. Wenn wir gehen, verpassen wir vielleicht die Antwort. versucht sie ihn aufzumuntern und erhebt sich.


    Der Rauch entlässt einen dunkelhäutigen Mann aus seinen Schwaden. Tilla mustert ihn, seine Ketten, seine Amulette und das Fell. Ein Zauberer ohne Hut und Bart. Nicht so, wie sie es kennt vom Geschichtenerzähler vor dem Kolesseum. Es zerstört ein Bild in ihr. Wahrlich einschüchternd. Besonders für den kleinen Mann neben ihn. Sie kniet sich abermals zu Nero runter, achtet darauf, ihm den eigenen Umhang nicht zu entziehen. Tiere zum Leben erwecken? Welche Tiere meinst du? Zeig mir deine Tasche. Bitte. Vertrauensvoll sucht sie Neros Blick, zeigt ihm ihre leeren Hände. Keine Angst. Ich bin hier. Bei dir. Den dunklen Mann behält sie ihm Auge, sieht knieend zu ihm auf. Ob er ihre Gesten versteht? Er ist ein Zauberer. Noch nie hat sie andere getroffen. Die wie sie stumm sind und Gebärden nutzen, um verstanden zu werden. Ich schnitze Rosen und traf auf Nero, dem ich half und helfen konnte. Die Seifenblasen führten uns her. Nun sieht sie Nero an, wartet geduldig auf seine Entscheidung aber auch auf die Stimme des Zauberers.

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    Lichtfiguren malen sich an die Wände des Zeltes. Eine Öllampe aus schwarz bemalten Messing formt sie. In das Metall sind Fratzengestalten, lang gliedrigen Figuren und Tier gestaltete Wesen hinein geschnitten. Sie tanzen. Sie reigen. Mit dem Walzen der Flamme in der Lampe, aus dessen Herz sich eine lange Rauchfahne erhebt. Schwebend. Schwankend. Eine Schlange aus Rauch. Die sich nicht aus einem geflochtenen Korb erhebt. Zu der Melodei eines Flötenspielers. Sondern der betörend tiefen Stimme des Magiers aus Ägypten. Der in die alten Künste der ägyptischen Magier eingeweiht ist. Aus den Zeiten der Pharaonen. Die die Zukunft aus den Sternen lesen konnten. Die mächtige Bauten in das Land setzen und mysteriöse Schriftrollen mit ihren Bildern bemalten, die viele Geheimnisse bergen. Aber diese unverraten an die Nachwelt übergaben.
    Einen verborgenen Schatz similär. Derart delikat behandelt Nero seinen Holzkasten, den er aus der Tasche hervor zieht. Im Schutze von Tillas Mantel. Vertrauensvoll sieht er zu Tilla hinauf und hebt den Kasten empor.
    "Das soll er zum Leben erwecken. Bitte."
    Flehentlich ist der Ausdruck und den braunen Kinderaugen. In dem Kasten ruht das Sommergoldhähnchen. Den er schon seit gestern Nachmittag mit sich herum trägt. Es ist nicht, weil Nero den Vogel lebendig haben will. Nein. Er möchte endlich erfahren, wie das von statten geht. Warum erwacht der Vogel stets von Neuem? Wenn er kaputt geht. Das Rätsel ist ungelöst. Keiner hat ihm die Wahrheit offerieren können. Und nun muss es ihm der Magier zeigen. Das Rätsel um Leben und Tod. Was kann von der Unterwelt zurück kehren? Warum? Und wer hat die Macht dazu?
    Nero versteht nicht.
    Was Tilla ihm mit ihren schönen Händen deutet. Entzückt ist er von ihrem Spiel immer noch. Ständig fasziniert. Aber ratlos. Vertrauen flößt es ihm dennoch ein. Er drückt sich enger an Tilla und verhakt seine Finger in ihrem warmen, sicheren Umhang. Die mahnende Stimme seines Großvaters kann Nero auch nicht zu mehr Courage ermuntern.


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    Mit einem Winken seiner breiten Hand deutet Isbu auf den fransigen und ausgeblichenen Teppich.
    "Nehmen Platz, werte Herrschaften."
    Der Akzent ist nicht so ausgeprägt. Wie bei der Frau. Dennoch deutlich. Jedes lateinische Wort gedehnt und mit einem starken Rollen der Zunge begleitet. Erstaunlich geschmeidig nimmt der dunkelhäutige Magier auf dem Boden Platz. Verschränkt die Beine ineinander. Seine Elfenbeinketten klappern leise. Die Stirn fällt in tiefe Furchen. Seine Augen verfolgen die Bewegungen der Frau. Isbu vermag viel zu deuten. Viel zu erkennen. Denn das Geheimnis eines Menschen trägt der Nämliche meist offen auf seiner Fassade. Darum hat Isbu gelernt, all jene kleinen Spiegelungen zu interpretieren. Seine volle Unterlippe wölbt sich nach vorne. Zieht sich in einer schnellen Bewegung zurück und schiebt sich wieder vor. Feine Narben zieren die Wangen des Zauberers. Sie tanzen als ein Lächeln seine Lippen umspielt. Er glaubt zu verstehen.
    "Latein Du verstehen. Sprechen kein Wort. Du stumm."
    Eine Vermutung war es. Aber Isbu darf keine Fragen stellen in solchen Angelegenheiten. Es würde seine Natur profan erscheinen lassen. Der Schein ist alles. Ohne ihn ist er nur ein normaler Sterblicher.
    "Du sprechen mit Lippen ohne Laut. Ich Dich dann verstehen."
    Isbu greift in eine Kupferschale. Eine Handvoll Kräuter wirft er in ein kleines Kohlebecken. Der Geruch nach betörenden Kräutern wird stärker.
    "Ihr wollen wissen, wie Leben und Tod sein getrennt? Und wie man lüften Schleier zwischen Welten? Ihr wollen wirklich wissen?"
    Ernst sind die dunklen Augen des Magiers. Er richtet sie auf Tilla und Nero. Der späht durch eine Spalte im Umhang hervor. Traut sich nicht, sich dem Mann zu offenbaren.
    "Ja."
    , piepst der kleine Nero hoch. Was indes nur Tilla verstehen kann. Der Umhang dämpft die dünne Stimme von Nero.




  • Tilla nimmt den geheimnisvollen Kasten entgegen und zieht den Deckel drei Fingerbreit nach oben. Es ist ein kleiner Vogel, den er mit sich herumträgt und was für ein außerordentlich hübscher Vogel. Nur leider lebt er nicht mehr. Beinahe einer Statue gleich liegt er in dem Kasten, die Augen fest geschlossen und die Flügel starr an den schmalen Vogelkörper gepresst. Sie erhascht Neros flehenden Blick, nickt und lächelt dem kleinen Mann zu. Der Junge ist für Überraschungen gut, merkt Tilla sich und schliesst den Kasten mit einem leisen Klick.


    Die Stimme des Zauberers ertönt, fordert sie auf Platz zu nehmen. Mit ruhiger Hand schiebt sie dem Zauberer den Kasten zu und nickt Nero aufmunternd zu. Alles ist und wird gut.. Sicher ist sie dem nicht, denn so lange ist sie noch nicht in dem Zelt. Für einen Augenblick horcht das Mädchen in sich hinein und stellt fest wie ruhig ihr Inneres ist. Nicht mal ihr Nacken kribbelt. Tilla kreuzt die Füße und sinkt in den Schneidersitz, zieht Nero zugleich auf ihren Schoß, damit er dort Platz nimmt und umhüllt ihn sorgsam mit ihrem Umhang. Vielleicht schenkt sie ihm diesen nach diesem abenteuerlichen Ausflug. Doch so weit will sie noch nicht denken.


    Schnell konzentriert sie sich auf das Hier und Jetzt. Und schaut auf den Zauberer, der wieder spricht. Tilla nickt, verschliesst mit einer Hand den Mund und schüttelt den Kopf. Der Fremde hat sogleich eine Lösung für sie. Die Lippen bewegen? Ohne Laut? Dieser Idee ist sie noch gar nicht nachgegangen! Zögernd entfernt sie die eigene Hand vom Mund, öffnet die Lippen, atmet tief ein und aus. Wie soll sie DAS bewerkstelligen? Nero ist es, der ihr hilft und zugleich um Hilfe bittet. Der Junge hat sich im Umhang verkrochen, lugt daraus hervor. Mit sanften Bewegungen befreit sie Neros Kopf und Schultern aus dem Stoff, streicht ihm die braunen Haare aus dem kindlichen Gesicht.


    Ja. haucht Tilla dem Magier die Antwort entgegen. DAS ist doch gar nicht so schwer, stellt Tilla fest und lächelt überrascht. Nach weiteren Atemzügen wiederholt sie, stimmlos flüsternd, was sie vorhin versucht hat zu erklären. Wie sie hierher gelangt sind. Ich schnitze Rosen und traf auf Nero, dem ich half und helfen konnte. Die Seifenblasen führten uns her. Dieses Mal ist es an Tilla zu husten. Liegt es am Opium, an den Kräutern oder waren es für den Anfang zu viele Wörter? Beruhigend drückt sie Neros Hand und Schultern, schluckt hart, um es noch einmal zu versuchen. Er will wissen, wer den Vogel wieder erwecken kann. Das Rätsel über Leben und Tod. Für Tilla ist es merkwürdig nach so langer Zeit der Sprachlosigkeit die Hände still ruhen zu lassen, während sie 'mit den Lippen spricht'. Eine Träne stiehlt sich aus dem Augenwinkel heraus, rollt ihre Wange herunter, während ihre dunklen Augen im Öllampenschein auffunkeln.

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    Warm und weich. Sicher und geborgen umfängt der Umhang den Knaben. Der sich bereit willig auf den Schoß von Tilla begibt und sich an sie schmiegt. Ganz als ob er sie schon seit Jahren kennen würde und nicht erst seit weniger als einen halben Tag. Doch haben sie gemeinsam mehr geteilt als so manche Vertraute. Die Sorge um Leib und Leben. Ein solidarisches Echappement. Eine Suche nach dem Gral. Dem Gral, der das Wissen um alle Fragen beinhaltet. Auch wenn Nero jene Sage nicht kennen kann. Nero weiß. Ein Abenteuer ist nicht einfach. Eine Suche mit vielen Prüfungen belegt. Odysseus irrte Jahre auf dem Ozean. Herkules musste zahlreiche Proben bestehen. Nero hofft indes, dass die Götter ein Einsehen mit ihm haben. Schließlich ist er kein Halbgott. Kein Heroe. Noch nicht mal ein erwachsener Mann, sondern ein Knabe von sechs Wintern.
    Fiebrig und gefesselt späht Nero zwischen den Umhang auf den ägyptisch-nubischen Magier und hält den Atem an.


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    Erstaunlich behutsam greifen die dunkle Hände von Isbu nach dem hölzernen Kasten. Er hebt den Deckel an und wirft einen Blick hinein. Was er empfindet, offenbart der Mann aus dem Süden von Ägypten nicht. Erstaunen ist es sicherlich. Auch Belustigung über die Natur der Fragen und den Sinn hinter dem Suchen. Aber Geld ist Geld, ob von einem Knaben und einer jungen Frau oder von einem alten Mann mit seiner Tochter. Isbu ist naturgemäß nicht wählerisch. Der Deckel der Kiste wird geschlossen. Isbu platziert sie sorgfältig vor sich und betrachtet die beiden Kunden prüfend, ob sie genug Geld mit sich bringen würden. Die Kleidung ist nicht abgerissen. Die Stoffe durchaus von sehr guter Qualität. Aber eine junge Frau und ein Knabe? Isbu ist sich ein wenig unschlüssig.
    Seine braunen Augen heften sich auf die Lippen der jungen Frau.
    "Nero. So."
    Der Magier fixiert den Jungen, der zwischen dem Umhang hervor späht. Hastig zurück weicht als er der Aufmerksamkeit des ihn erschreckenden Mannes gewahr wird. Isbu wiegt den Kopf hin und her und zieht eine nachdenkliche Miene.
    "Das Rätsel um Leben und Tod sein nicht leicht zu lüften. Götter lassen nicht gerne sehen in ihre Geheimnisse. Nicht die Götter der Unterwelt. Nicht Osiris. Auch nicht Dis Pater. Ebenso wenig Aita oder Hades. Es sein ein riskantes Unterfangen, was ihr verlangen."
    Er hebt den Deckel des Kastens und hebt mit seinen Händen den Vogelkörper in die Höhe. Der Hals hängt schlaff herab. Ihm wurde der filigrane Nacken gebrochen.
    "Möglich sein es durchaus, Vogel zum Leben zu erwecken. Ja. Aber kein Mensch es wagen würde, die Götter zu fordern. Sich in die Unterwelt begeben für kleines Tier. Nur Tollkühner und Wahnsinniger würde Tun das."
    Isbu sieht in Tillas Gesicht. In seinen Augen spiegeln sich die roten Kohlestücke der Kohlepfanne wieder. Leuchtend rote Punkte auf dunkelbraunem Hintergrund.
    "Manche Menschen es vermögen, Schleier zu der Unterwelt zu durch greifen. Die Toten in Leben zurück zu holen. Doch sie sein rar auf der Welt gesiedelt und sie nicht ihre Künste anwenden ohne weiteres in dieser Welt an. Zu gefährlich es sein."
    Nero schiebt mit seinen Händen den Vorhang zur Seite. Er schaudert wohlig. Als er den toten Vogel in den Händen des Dunkelhäutigen erblickt.
    "Und warum ist der Vogel immer wieder am Leben. Wenn ich ihn den Nacken breche? Am nächsten Tag flattert er wieder im Käfig. Gibt es Wesen, die unsterblich sind? Täuscht er seinen Tod nur vor?"
    Isbu hebt verwundert die Augenbrauen. Inspiziert den Vogel genauer. Dann zucken seine Schultern und ein dunkles Lachen löst sich aus seinem Inneren.
    "Mein Knabe, womöglich stecken ganz irdischer Grund hinter Deinem Rätsel. Dieser Vogel hier sein gewiss nicht unsterblich."
    Isbu kann sich durchaus denken, was des Rätsels Lösung ist. Seine Profession verlangt hin und wieder ähnliche Methoden. Nero indes ist unzufrieden. Seine Stirn fällt in Runzeln. Er kaut auf seiner Unterlippe herum. Er sieht zu Tilla hoch.
    "Was meinst Du? Sollen wir es nicht dennoch versuchen lassen?"



  • Tilla lächelt bei dem Klang von Neros Namen. Ja, so heisst der Junge, der gerade auf ihrem Schoß sitzt. Sie betrachtet seinen dunklen Schopf und bedauert es dem kleinen Mann nicht ins Gesicht sehen zu können. Doch schnell ist sie abgelenkt, lauscht den Worten des Zauberers. Der von den Göttern spricht und ihre Namen erwähnt. Aus den zahlreichen, vielfältigen Geschichten der Geschichtenerzähler sind sie ihr bekannt. Jetzt fällt ihr wieder ein, wo Ägypten liegt. Nämlich hinter dem Horizont, auf der anderen Seite des Meeres. Osiris ist der ägyptische Gott des Jenseits, der Wiedergeburt und der Toten. Isis galt den Einwohnern des fernen Ägyptern als „Göttin der Liebe”, als „Meergöttin”, „Gottesmutter”, „Sonnenmutter”, „Königin des westlichen Himmels” und als „Zauberin”. Letzteres errinnert sie an den erwachsenen Menschen der vor ihr sitzt und den toten Vogel in den Händen hält.


    Sie begegnet seinem Blick und erschaudert. Nur ein Schleier ist es der Leben von Tod trennt. Nicht mehr? Die Toten bräuchten somit 'nur' den Schleier einzureissen. Eine schauerliche Vorstellung. Langsam neigt sie den Kopf, bewundert Isbu für diese Erklärung, dieses Bild. Von dieser Seite als Lebender den Schleier zu durchqueren. Ich fühle mich dem Tod nicht nahe. Aber vorhin, als wir mittendrin waren. Da war er es. Etwas streifte mich. erwidert sie leise stimmlos flüsternd, bemüht sich deutlich zu sprechen, ihre steifen Lippen zu bewegen, soweit es ihr möglich ist. Neros Stimme kreuzt sich beinahe mit ihrem Hauchen. Der Zauberer antwortet dem jüngeren auf ihrem Schoß und lacht.


    Sie dreht den kleinen Mann zu sich um, sieht ihn mit großen und ernsten Augen an, sucht seinen Blick. DU bist es, der ihnen den Nacken bricht? Aber warum, Nero? Ich kenne diese Vogelart nicht. Aber sie müssen schön singen und trillern können. Tilla schluckt, holt tief Luft, bevor sie weiter 'spricht'. Ob sie im nächsten Leben ein Vogel sein wird, der durch die Hand eines Menschen sterben muss? Meinst du nicht, sie würden dir gerne zusehen, wie du aufwächst, mit wem du sprichst und spielst. Gar gemeinsam mit dir groß werden wollen?


    Sie sieht zu Isbu und dann wieder Nero an. Überleg doch mal, Nero, wenn sie alle Tag für Tag sterben. Dann gibt es diese Vögel womöglich bald nicht mehr in dieser Stadt und auf dem Land. Dann müssen sie von ganz weit her beschafft werden, damit sie dir zu jeder Zeit Freude machen. So ein kleiner Vogel auf weiter Reise hat es bestimmt nicht leicht. Er sehnt sich bestimmt nach seinen Eltern und Geschwistern zurück. Tilla hustet, ihr Hals ist kratzig und schmerzt ein bisschen. Einem Gott namens Osiris entgegen treten. Wahnsinnig und tollkühn ist sie nicht, das sind die Personen in den Geschichten der Geschichtenerzähler. Obwohl... verlockend ist es diesen Schritt zu tun. Wer bringt dir die Vögel?fragt Tilla, bevor sie die Lippen schliesst und innerlich mehrmals kräftig schluckt. Mit dem Daumen streichelt sie Neros Schulter, die unterm erdbraunen Umhang verborgen geblieben ist, stützt und hält ihn zugleich.

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    Rot glimmend schimmert das Licht der Kohle auf den runden Gesichtskonturen von Isbu. Zeichnen den dunklen Schatten in dem Zelt umso deutlicher in den Tiefen des Gesichtes. Dort, wo die Augen liegen. Die Furchen der Narben. Die Täler der Altersfalten um seinen Mundwinkel. Die sich im Schein des Lichtes heben und senken. Das Tageslicht scheint fern. Die strahlende Sonne dringt nicht durch die dicken Stoffe des Zeltes. Nur kleine Lichtflecken tanzen auf einem entfernten Teppich. Bei den schmalen Lücken des Zelteingangs. Durch die Schnürung verursacht, die den Eingang verschlossen hält.
    "Dein Gefühl nicht trügen, junge Dame. Sterbliche nur wenig sein getrennt von Tod. Selbst im Moment größten Glückes, Tod kann kommen jederzeit. Aber wenige Menschen können mit Mächten des Todes kämpfen."


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    Mit einem lieblich unschuldigen Gesichtsausdruck dreht sich Nero herum. Er sieht aus, als ob er kein Wässerchen trüben kann. Ernste Reinheit ziert seine Miene. Seine braunen Augen sehen Tilla an, ohne ein Funken Bereuen zu offenbaren. Aber auch nicht mit grausamer Kälte. Als er bestätigend den Kopf neigt. Auf die Frage hin, wer die Vögel stets tötet. Einige der singenden Flugtiere hat Nero bereits das Genick gebrochen. Nachdem er lange experimentiert hat, wie man die Tiere am Schnellsten tötet. Mit kindlicher Neugier in den Augen lauscht er Tilla, die durch die dunkle Stimme des Zauberers Gehör finden kann. Selbst wenn sie stumm ist. Nero legt den Kopf zur Seite und zeigt den Hauch von Irritation.
    "Ja."
    Die Antwort offeriert er Tilla.
    "Ich habe den Vogel getötet. Aber er wacht stets aufs Neue wieder auf. Dann flattert er in dem Käfig. Trillert und singt. Nämlich so."
    Er spitzt seine Lippen und versucht zu pfeifen. Es gelingt nicht. Obwohl er seit vielen Tagen übt. Aber dann malt er den Laut des Vogels mit seiner Stimme nach.
    "Zü zi zi zi zi zi zi zi zirrr."
    Nero beißt sich auf der Unterlippe herum. Hebt den Daumen und nuckelt einen Moment daran. Schließlich schüttelt er den Kopf.
    "Sei nicht töricht."
    Das ist etwas, was seine Mutter oft zu ihm sagte. Er weiß nicht genau, was töricht heißt. So etwas wie kindisch.
    "Der Vogel ist ein Ding. Er kann nicht denken. Er kann nicht Glück fühlen. Er weiß nicht, was um ihn herum geschieht. Warum sollte er wissen, wer ich bin und was ich tue? Außerdem stirbt er schnell. Kein Schmerz bereite ich ihm. Sodann kommt er immer zurück."
    Nero nickt. Da ist er sich sicher. Schließlich ist er genau deswegen hier. Um dieses Rätsel zu lösen. Es kam auf, als er das erste Mal mehr aus Zufall den Vogel getötet hat. Er hat sich an dem Tag gelangweilt und mit den Vögeln rauher gespielt. Und da ist es passiert. Am nächsten Tag war der Vogel wieder am Leben. Seitdem ist der Vogel ein Dutzend Mal gestorben.
    "Ich habe ihn nur zehn Mal getötet. Glaube ich. Vögel gibt es sehr viele. Außerdem glaube ich nicht, dass er Geschwister hat. Oder davon weiß. Er ist eben nur ein Ding. Alle Tiere sind Dinger. Aber das Ding dort will nicht kaputt gehen. Das verstehe ich nicht."
    Drängend ist die Stimme von Nero. Er möchte Geheimnisse erkunden. Sie erforschen und aufdecken. Die Neugier und der Wissensdrang ist stark in ihm.


    Der Zauberer wendet sich nach hinten. Sieht zu einem dunklen Augenpaar. Das im Schatten verharrt. Die Gestalt nickt und verschwindet leise. Sie weiß, was Isbu vor hat. Sie wird alles in die Wege leiten. Isbu beugt sich mit einem verhaltenen Lächeln zu seinen beiden Fragestellern vor.
    "Ich kann euch zeigen, warum erwachen der Vogel jedes Mal von Neuem. Ihr das möchten?"





  • Der dunkelhäutige Zauberer schafft es ihren Blick einzufangen. Sie nickt zu Isbus Worten. Diese errinnern sie an die grausamen Taten ihres alten Herrn an seiner Belegschaft. Tilla blinzelt, holt tief Luft bevor sie wieder zu 'sprechen' anfängt. Ihr habt recht. Er kommt und geht, wann es ihm beliebt, wenn man ihn herausfordert, gar herbeiruft. Der Tod war mir und anderen schon des öfteren sehr nahe. Egal wo ich mich befand, er streifte mich, sobald ich mich in Gefahr begab.. um anderen zu helfen. Andere taten dies für mich.. einzig um mich mit ihrem Tod aus dem Käfig zu befreien und mir das Leben erneut zu schenken.


    Sie sieht bedrückt zu Boden, bevor sie sich dem kleinen Nero zuwendet und ihre Ohren spitzt, um keines seiner Worte zu verpassen. Es erschreckt sie, dass er die Vögel getötet hat und sogar mehr als einmal. Sie hebt anerkennend die Mundwinkel nach oben als er mit seiner Stimme die Vogelstimme nachzuahmen versucht. Eine schöne Melodie. Hat ihm niemand erklärt, dass der Tod durch seine Morde an unschuldigen Tieren, die ihn eigentlich erfreuen sollen, aufmerksam auf ihn werden könnte? Es trifft sie, was er über die Vögel sagt. Tief atmet sie durch. Vögel sind keine Dinge, Nero. Sie sind Geschöpfe der Natur und Lebewesen wie du und ich. Erkennen tun sie was um sie herum geschieht. Sind sie doch im Käfig abhängig vom Willen derer, die sich um sie sorgen und kümmern. versucht sie ihm klarzumachen.


    Der kleine Mann nuckelt wieder am Daumen. Derweil handelt der Zauberer, zieht seinen Blick von ihnen weg. Tiere gehen nicht kaputt, Nero. Sie sterben an Krankheit, an Misshandlung, an Fieber. Nichts anderes als der Tod empfängt sie. Kein neues Leben mehr ist es. So geschieht es, denke ich. Tilla befürchtet den Kleinen mit diesen 'gehauchten' Worten Angst gemacht zu haben. Umarmt ihn spontan, drückt ihn an sich und nimmt danach seine Hand. Zieht ihm den Daumen aus dem Mund, um diese festzuhalten und nickt Isbu zu. Tilla bewegt die verschränkten Beine, setzt ihren Schützling tiefer in dieses 'Nest'. Jetzt ist sie bereit, was auch immer nun auf sie kommen mag. Dem erdbraunen Umhang, der auch Nero bedeckt und einhüllt, streicht sie die Falten raus, beobachtet beide, den Älteren und den Jüngeren aufmerksam.

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