[Officium] Magistratus | Caius Redivivus Evander

  • Furianus sah das strahlende Gesicht seines Klienten und verstand nun, warum sein Verwandter, der gute Kaiser Titus, stets eine gute Tat an jedem Tag forderte - es machte einfach glücklich und zufrieden.
    Doch es stellte sich sogleich ein Problem ein, welchem Furianus etwas skeptischer gegenüber blickte. So fasste er sich ans Kinn und rieb ein wenig daran.


    "Das freut mich, Evander. Doch ein Problem hätten wir - deinen Rang. Du gehörst nicht dem Ordo Decurionum an, das muss geändert werden.
    Ich werde mir dafür die Vollmachten per Dekret sichern müssen, dies wird ein wenig dauern.
    Dafür brauchst du aber auch wiederum 1.000 Sesterzen, die du der Stadt Tarraco entrichten musst. Nun, die bekommst du natürlich auch von mir."

  • Der Rang des jungen Redivivus entsprach in der Tat nicht dem eines Decurio. Zwar gehörte Evander dem Ordo Decurionum der Provinz an, da sein Vater du den ehemaligen Duumvirn dieser Stadt - einer Stadt, die ihm während seiner Arbeit als Magistrat sehr ans Herz gewachsen war - gehörte; um selbst jedoch Decurio zu sein, fehlte ihm derzeit schlicht das Geld... oder lebte er derzeitüber seine Verhältnisse? Nun, selbst wenn, irgendwo musste er es sogar ein bißchen, schließlich gehörte es sich nicht, dass ein Magistratus Tarraconis, ein Repräsentant der Stadt immerhin, wie ein armer Bettler hauste. Daher traf es sich - der Tag konnte wohl nicht mehr besser werden - ausgezeichnet, dass ihm der Patron anbot, für ihn die Summe aufzubringen.
    "Ich übe mich bis dahin in Geduld, proconsul"
    sagte er.
    "Und von cliens zu patronus sage ich dir meinen Dank dafür, dass du mir hilfst, die erforderliche Einlage aufzubringen"
    bedankte er sich. Und jetzt, wo er nicht mehr nur zum Proconsul sprach, sondern auch zu seinem Patron...
    "Ich habe ganz und gar vergessen, dich zu fragen, wie eigentlich deine Reise nach Italia verlief. Ich hoffe doch, sie war angenehm und hat sich gelohnt?"

  • "Keine Sorge, ich werde mich um die Regelung und die Summe kümmern, Evander."


    Sagte Furianus lächelnd und nahm einen Schluck.


    "Sie verlief ausgesprochen und ungewöhnlich gut, muss ich sagen. Die Reise an sich und auch der Aufenthalt in Rom waren dies durchaus wert."

  • "Nun, das freut zu hören. Die See kan rauh sein um diese Jahreszeit. Meine Fischer erzählen da die verrücktesten Geschichten. Das meiste davon natürlich Seemansgarn, unglaubwürdige Märchen von alten Männern, die auf See Dinge zu sehen glauben, die es nicht gibt. Aber das Wetter... oder besser gesagt das Unwetter, das beschreiben die alle gleich. Und haben alle gleich viel Angst davor"
    antwortete Evander. Er selbst war ein einziges Mal auf einer längeren Reise nach Italia gewesen, vor etwa vier Jahren. Das war natürlich im Sommer und das Wetter war angenehm. An zwei Tagen jedoch hatte es stark geregnet und die See war unruhig und bedrohlig gewesen. Evander hatte deutlich in Erinnerung, wie er beim starken Wellengang grün und blau wurde und Stunden an der Reeling verbrachte, sich die Seele aus dem Leib kotzend, durchnässt und durchgefroren. Seine Sklaven hatten ihm es nicht gerade gedankt, war es an ihnen, die ganze Zeit über bei ihm zu bleiben und Sorge zu tragen, dass er nicht über Bord ging...
    "Dunkler Himmel, so tief, als könnte man nach ihm greifen. Regen, der scheinbar aus allen Richtungen kommt, starker, heulender Wind und die tobende See, die dunkle, unheimliche Seen die Welle um Welle gegen das Schiff schlagen lässt, während es sich verzweifelt durch die See kämpft..."
    sprach Evander leise und nachdenklich, doch merkte er im nächsten Augenblick, dass die Erinnerungen ihn übermannten und riss sich zusammen. Das Erlebnis auf See damals hatte ihn gezeichnet und Evander hatte heute noch eine regelrechte Angst vor der hohen See.
    "Nun ja... ich freue mich, dass du deine Reise offenbar genossen hast, patronus. Du warst in Rom?"
    Rom, der Koloss in der Ferne, die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten. Eine Stadt, die Evander zu gerne besuchen würde.
    "Stimmt es, dass ein Aufenthalt in der Stadt einzig im Winter zu ertragen ist? Man sagt, im Sommer sei es unerträglich heiß und es stinkt angeblich bestialisch"
    Wenn das wahr sein sollte, verwunderte es nicht, dass Flavius im Winter hinfuhr.

  • Über die lebhaften Erinnerungen konnte Furianus nur lächeln. Während sein Klient schilderte, wie die See war - er musste sich darin wahrlich auskennen, wenn er so lebhaft sprach -, nippte er ein wenig am Glas und nickte ab und zu leicht.


    "Ja, ich war in Rom. Wenn ich sage, dass ich nach Italien reise, kann man gleich daraus schließen, dass ich zuerst Rom besuche. Ich bin Senator, Evander, ich habe meine Pflichten in der Senatshalle. Außerdem habe ich in Rom eine große Klientel, die auch ihre Wünsche an mich richten muss. Diese und anderweitige Angelegenheiten wollte ich klären, zudem war ja der Wahlkampf gerade entbrannt."


    Sprach er mit leichter Wehmut nach seinem geliebten Rom und zog wundernd eine Augenbraue hoch.


    "Das ist das übliche Gerücht um Rom. Nur die Stadt selbst ist wohl älter als diese Worte. Nun, eines kann ich dir sagen, Rom hat zwei Gesichter. Es ist ein Unterschied, wenn du in der Subura wohnst oder auf dem Palatin - sprich, es kommt nur darauf an wo man wohnt. Das Umland von Rom gehört ja quasi auch dazu, also wenn man nicht das Geld hat auf einem der nicht gerade vollgestopften Hügel zu leben, so ist es auch außerhalb der Stadtmauern durchaus angenehm. Rom ist eben das Haupt der Welt, es ist eng und im Sommer recht beschwerlich."


    Nun setzte er den Becher ab und legte die rechte Hand auf den Tisch.


    "Da du nun quasi fast alleinherrschend bist als zukünftiger Duumvir der Stadt, dein Kollege hat...eine kleine Beschwerde..."


    Die Beschwerde war Furianus selbst, da dieser einfältige Duumvir glaubte er konnte einfach so in das Officium des Proconsuls hinein spazieren und diesen vor einigen Staatsbeamten rügen. Pah, als ob Furianus hier einen Staat im Staate aufbauen wollte, er war nur etwas anders als Agrippa. Und so musste der vorlaute Duumvir nach einem Besuch einiger vermummter Männer ein Weilchen aufgrund leichter Beschwerden pausieren. Er konnte froh sein noch mit dem Leben davon gekommen zu sein.


    "Nun, worauf ich hinaus will ist ein Patronat. Über Tarraco."

  • "Das ist ein etwas ungewöhnliches Anliegen..."
    sagte Evander.
    "Versteh mich nicht falsch, proconsul, die Stadt Tarraco ist natürlich gut beraten, einen Mann wie dich, einen angesehenen Senator und den proconsul Hispania's als ihren Gönner, oder besser gesagt, als einen ihrer Gönner, zu wissen"
    schließlich kam jeder aus der Stadt hervorgegangener Senator oder ehemelige Statthalter dafür in Frage. Berühmte Namen wie Matinius Agrippa oder Decimus Meridius, der sich nicht nur durch seine militärischen erfolge, sondern auch durch eine sehr erfolgreiche Pferdezucht im ganzen Reich einen Namen gemacht hatte. Sollten diese beiden Männer nicht zu den Gönnern der Stadt zählen, beschloss er, ihnen eine Anfrage diesbezüglich zu schicken. Schließlich galt hier das Motto, je mehr Gönner, um so besser. Vielleicht sollte er gar dem Kaiser einen Brief schicken...
    "Allerdings finde ich den Umstand, dass in diesem Fall nicht der cliens seinen patronus sucht, sondern umgekehrt, ungewöhnlich"

  • Furianus kam näher.


    "Nein, das ist kein ungewöhnliches Ansinnen. Ich bin Proconsul, Patrizier und hierbei nicht nur irgendwer, sondern einer Kaiserdynastie entstammen. Ich bin vermögend, mächtig und DU mein Klient."


    Dann lehnte er sich wieder zurück, ließ aber die linke Hand auf dem Tisch als Faust geballt liegen.


    "Und seien wir mal ehrlich, wer käme noch in Frage? Matinius Agrippa sicherlich, doch gegen ihn wird ermittelt, er wird bald vor Gericht gezerrt, wobei ich mir nicht sicher bin, ob wegen Hochverrat oder Amtsmissbrauch. Ist auch relativ egal, er ist ohnehin befleckt und hält sich derzeit sowieso in Rom auf. Der andere wäre Decimus Meridius. Ein guter Mann, ein ehrbarer Mann, doch was hat er Tarraco gebracht? Er hat die IX Legio kommandiert, gut, er hat auch die II. kommandiert und war Statthalter in Germania. Er hat direkt nichts mit Tarraco zu tun und derzeitig ist er ohnehin ohne Amt und sieht wohl seinem Ruhestand entgegen. Er kann Tarraco nichts nützen.
    Und nun kommen wir zu mir. Ich bin Proconsul dieser schönen Provinz und wenn ich recht informiert bin, ist die Stadtkasse von Tarraco nicht so prall gefüllt, wie sonst, Klient. Selbstverständlich würde ich, sagen wir mal 20.000 Sesterzen, spenden können - als Patronus."


    Sogleich schaute er sich um, um sich selbst zu versichern, dass die beiden alleine im Raum waren.


    "Du bist Repräsentant dieser Stadt, du bist der Duumvir. Also wirst auch du es sein, der einen Patron für Tarraco finden sollte - und das werde ich sein. Ich hoffe, ich kann auf dich zählen?"

  • Evander hörte sich die Worte an, die der Proconsul ihm entgegenwarf. Er merkte, dass es wohl naiv gewesen war, anzunehmen, dem Proconsul ginge es um das Wohl Tarraco's. Das würde es, wenn er andere Gönner neben sich dulden wollte, was nichts ungewöhnliches war. Aber das tat er offenbar nicht. Ganz offensichtlich nicht. Nein, Tarraco war nur ein Spielball, eine Schachfigur im ewigen Ringen der Senatoren um Ruhm und Ansehen. Jetzt verstand er auch, warum vorhin die Bemerkung fallen gelassen wurde, der andere Duumvir sei... verhindert. Ob wohl der Annaeus auch die Stadt verlassen hatte, weil er ahnte, dass er eines Tages auch 'verhindert' sein könnte...
    "Hmmm... die Tatsache, dass du Worte wie 'vermögend' und 'mächtig' in einem Satz mit der Aussage benutzt, ich bin dein Klient, lässt mich bei diesem deinen Tonfall doch vermuten, dass das eine Drohung sein soll..."
    Er lehnte sich zurück. Er hatte viel erreicht und alles, was er erreicht hatte, hatte er dem Flavier zu verdanken. Das hatte er nicht vergessen. Allerdings, war er keiner von den gewöhnlichen Bittstellern und sich bedrohen zu lassen... nun, das Reich war groß, er war noch jung.
    "Also Drohungen... die kann ich irgendwie so gar nicht ab..."
    sagte er übetrieben gelassen.
    "So gar nicht... egal von wem"
    Schon gar nicht vom eigenen Patron. Wenn das eine Drohung war, war er wohl die längste Zeit Klient des Lucius Flavius Furianus gewesen. Die Fides hatte er sich als vieles vorgestellt, aber ganz gewiss nicht als 'Friss oder Stirb'.


    Auf die anderen Ausführungen würde er gleich zu sprechen kommen...

  • Die Wangen des Proconsuls fingen an leicht zu beben, was seine Kiefermuskeln zu verursachen pflegten, wenn er gereizt war.


    "Dein Tonfall gefällt mir nicht."


    Spie er trocken aus und richtete sich nun auf dem Stuhl etwas auf.


    "Zudem ist es törricht, sehr törricht. Ich drohe dir nicht, du bist mein Klient und meinen Klienten pflege ich nicht zu drohen.
    Ich betrachte nur die Tatsachen. Eine Stadt kann nur einen Patronus haben, das war schon immer so, das ist Sitte und Brauch. Ich bin der Proconsul, ein Mann dieser Stadt, ein Mann, der den Hafenausbau genehmigt hat, ein Mann, der einst als Architekt, da bist du wohl noch mit deinen Kameraden um die Wette gelaufen, diese Stadt neu formiert hat, ihr Gesamtbild vervollständigt hat - durch mich wurden die beiden Castelle beseitigt und zu neuen Errungenschaften dieser, eben jener Stadt, umgebaut.
    Ich habe mich nie gegen diese Stadt gestellt, ich liebe sie. Ist es nicht möglich dieser Stadt offiziell als Patronus gegenüber zu stehen, wenn ich schon so viel Herzblut für sie gegeben habe? Ein Geben und Nehmen herrscht in dieser Welt, Evander, das vergessen viele heute gar zu schnell.
    Ich muss hier nicht um das Patronat einer Stadt betteln, schon gar nicht bei einem Weisungsbefugten, schon gar nicht bei meinem eigenen Klient, der sein Amt einzig und alleine mir zu verdanken hat, denn ich bin ein Proconsul, ich bin ein Senator Roms und einer der ehrbarsten Bürger dieses Reiches - ich muss nicht und dennoch liegt es mir am Herzen."


    Furianus blickte ihm tief in die Augen und schüttelte leicht den Kopf.


    "Du glaubst es ginge mir darum diese Stadt als mein Repräsentativ, eine Errungenschaft, zu präsentieren? Dein gutes Recht. Doch wäre es nicht leichter gewesen sich eine Statue aufstellen zu lassen? Ja, so eine Statue schmückt einen Mann sehr gut, sie überdauert Generationen, sie ist edel und weiss. Keiner wird sich erinnern, welcher Mann zu welcher Zeit Patron irgend einer Stadt war. Du siehst den Unterschied. Und darum, Evander, sich zu präsentieren, geht es mir nicht.
    Du warst mir stets ein guter Klient, ich bezeichne dich als Freund, du bist ein fähiger Mann der Verwaltung - und daher kränken mich deine Worte."


    So stand er auf.


    "Ahja, ich wollte dich auch noch kurz darüber informieren, dass ich nach deiner Erhebung in den Ordo Decurionum, deiner Ernennung zum Duumvir, noch ein Edict zu verfassen beabsichtige. Eines, welches den Duumviri, und das gibt es meines Wissens noch in keiner Stadt, erlaubt die unteren Beamten ihrer Städte selbst und daher sehr autonom zu ernennen oder zu entlassen. Recht revolutionär von einem Mann, von dem gemunkelt wird er will Diktator werden?"


    Bei dem letzten Satz musste Furianus grinsen.


    "Alles nur dummes Geschwätz, mein Freund.
    Denke über das Angebot nach, Evander, ich erwarte deine Antwort in ein paar Tagen.
    Und bis dahin, wünsche ich dem neuen Duumvir Tarracos den besten Erfolg beim Bezug seines neuen Officiums."


    Ein kurzes Zwinkern und Furianus ging zur Tür hinaus.

  • "Vale, proconsul"
    sagte er und erhob sich - trotz der Auseinandersetzung musste man natürlich wenigstens halbwegs wissen, was sich gehört - als der Statthalter sein Officium verließ. Dann sank er in seinen Stuhl. Ruhig und mit nachdenklicher Miene blieb Evander sitzen, nachdem der Proconsul gegangen war, dachte darüber nach, was alles vorgefallen war. Mit einem Wink schickte er die Scribae weg, damit Ruhe einkehrte und er nicht ihre Blicke, die sie ihm zuwarfen und untereinander tauschten, ertragen musste.


    Ich drohe dir nicht, du bist mein Klient und meinen Klienten pflege ich nicht zu drohen... hallten die Worte des Flaviers nach. Es schien, als habe der Proconsul ihm nicht zugehört. Nicht zugehört oder nur das gehört, was er hatte hören wollen. Als er ihm sagte!, die Stadt sei gut beraten, ihn als Patron zu haben... und der Proconsul ihm daraufhin die anderen möglichen Kandidaten aufzählte, die in Frage kamen. Als er ihm sagte, dass es ungewöhnlich sei, dass in diesem Fall der Patronus seinen Cliens sucht und nicht umgekehrt und er daraufhin erwiederte, es sei nicht ungewöhnlich, gleichzeitig aber betonte, dass er nicht um eine Klientel flehen muss... Als der Proconsul sagte, dass wenn er sich präsentieren, eine Statue ausreichen würde... Eine Statue konnte neben einer anderen schnell verblassen.


    Vermutlich hatte er erwatet, dass Evander einfach nur stumm nickte, als die Frage kam. Vermutlich hätte Evander das sogar, wären ihm die Verdienste des Flaviers gleich dargelegt worden. Sie lagen nun eine Zeit zurück, haben stattgefunden, als er ein ungeschriebenes Blatt war und noch die Toga Praetexta trug. Vielleicht gar noch die Bulla.


    Der Proconsul war ein gefährlicher Mann, das stand ausser Frage. Intelligent - es schien, als hätte er beim Gespräch seine Gedanken gelesen - 'vermögend und mächtig', skruppellos und mit großen Ambitionen. Evander hatte eine Ahnung bekommen, was es hieß, sich so jemanden zum Feind zu machen. Ja, es wäre wohl töricht. Und falsch, sich heute noch weitere Gedanken darum zu machen, er musste erst eine Nacht drüber schlafen. Evander rief die Scribae wieder rein, trug ihnen auf, kein Wort darüber zu verlieren, was vorgefallen war - wohlwissend, dass es ziemlich sinnlos war - und schritt hinaus. Er brauchte ein Bad, eine Massage, eine Amphore wenig verdünnten Weins und die 'Gesellschaft' Iocasta's...

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