Diagoras von Melos stand am Quai. Neben ihm auf dem Boden stand ein rechteckiger Korb mit einem Klappdeckel und darauf ein Lederbeutel, der sich verdächtig ausbeulte: darin befand sich sein Reiseproviant, Äpfel, Birnen und ein Assortiment an Feigen. Ein Schlauch mit Frischwasser - tres faciunt collegium - komplettierte seine Ausstattung.
Das Schiff, mit dem er die Stadt zu verlassen gedachte, stand schon bereit, die Ladung - Olivenöl auf Attika - war schon gelöscht, Sklaven schleppten nun neue Fracht in den Bauch des Schiffes. An Deck wurde geschrubbt, ein paar Fässer und Kisten wurden von hier nach da verrückt und manchmal auch wieder zurück, ein Bild emsigen Beschäftigtseins, wie es Menschen ohne Beschäftigung lieben. Arbeit - Diagoras konnte stundenlang zuschauen, er war da kein Drückeberger.
Den rechten Arm abgewinkelt in die Hüfte gestemmt, in der Linken eine Birne - eine tylusische Feigenbirne, die im Zenit ihrer Süße stand und morgen umgekippt wäre - so stand Diagoras direkt vor dem Bug der "Delphin", die unserem schiffbrüchigen Held zu neuen Ufern bringen sollte. Das aufgemalte Auge blickte zu Diagoras. Der beachtete das überhaupt nicht, sein Blick war in die Ferne gerichtet, über die Mauern der Hafeneinfahrt hinweg, irgendwohin in Richtung seiner Heimat Ionien. Man wollte so schnell wie möglich aufbrechen, bald würde die Sonne sich über den Horizont erheben, die Fackeln, die die Szenerie erleuchteten, würden gelöscht werden - und dann das Schiff gemächlich aus dem Hafen gleiten.
Ein Sklave nahm nach einem kurzen einverständnisheischenden Blick den Korb vom Boden auf und trug ihn an Bord. Seinen Proviant würde Diagoras bei sich tragen, um die Kontrolle darüber zu behalten. Es sollte ja zwei, drei Tage halten, bis das Schiff unterwegs anhielt.
Diagoras blickte versonnen in die Dunkelheit, von Osten her brachen sich die ersten Lichtstrahlen die Bahn, das Schwarzblau des Firmaments wurde heller, die Sterne knipsten ihre Lichter aus.
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