Da war es nun endlich. Roms portus, Ostia. Man hatte mir viel über diese Hafenstadt berichtet. Unzählige Schiffe, die sich mit ihren weißen, geblähten Segeln vor den Kaimauern in die Wellen schmiegten, sollten hier an manchen Tagen mehrere Stunden, wenn nicht ganze Tage, auf einen freien Kai und die Löschung ihrer Waren warten. Noch von der See aus sollte man das geschäftige Brummen der fleißigen Seemänner hören, und nachts ihre rauen Organe, während wohl die meisten von ihnen dem posca frönten.
Ich hatte genügend Zeit gehabt, mir ein Bild dieser Stadt von der See aus zu machen, denn die Einfahrt des Schiffes, auf dem ich von Sicilia hierher gekommen war, hatte nahezu einen halben Tag mit der Hafeneinfahrt zugebracht. Auch ohne von der Zunft der Seefahrer zu sein, hatte ich den Grund dafür, der im stetig drehenden Wind lag, gefunden. Es schien gerade so, als würde das Schiff sich jedes stadium näher an Ostia heran hart erkämpfen müssen.
Mich ermüdete das nicht halb so sehr wie die Matrosen, die sich dem windigen Spiel stets neu ausrichten mussten und immer wieder um Neptuns Milde baten. Ich hätte große Lust verspürt mir ein Glas Wein und ein paar Kleinigkeiten bringen zu lassen, um den Ausblick sowie die herrliche, windige Luft und das Treiben der Männer an Bord mit etwas, ich gestehe mir ein, Schadenfreude zu genießen, wäre da nicht das flaue Gefühl im Magen gewesen, das mir seit meiner Abreise den Appetit auf die aus der Heimat mitgeführten Speisen und Weine und somit auch diese Idee vereiltelte.
Schließlich jedoch befestigte man auch dieses Schiff am Kai. Obwohl ich kein Feind des Wasserweges war und ihn jeder holprigen Kutschfahrt bei weitem vorgezogen hätte, konnte ich es kaum mehr erwarten wieder festen Boden unter meinen Füßen zu verspüren. Als Fisch und Kutscher wäre ich vollkommen ungeeignet gewesen, doch so als aufrecht stehender Mensch, der sich nicht immerzu Halt an der Rehling oder seinen Untergebenen suchen muss, erlangte ich schon während meiner ersten wackeligen Schritte auf dem gepflasterten Kai Ostias einen Teil meines Wohlbefindens zurück. Der andere, weitaus größere Teil davon, war in Form von trockener, spannender Gesichtshaut, nur notdürftig gepflegtem Körper und vom Salz ganz sprödem Haar bedauerlicherweise nicht ganz so schnell wieder herzustellen.
Während man, wie besprochen, mein Gepäck entludt, das ein junger, geradezu kindisch im Verhalten wirkender Matrose, der mir allerdings wegen seines besonders hervorstechenden Eifers bei seinen Diensten auf Schiff aufgefallen war, wie ein bissiger Hund bewachte, bahnte mir mein Sklave einen Weg durch das Gedränge, das auf den Kaianlagen trotz der vorangeschrittenen Winterszeit herrschte, während ein anderer, der hinter mir lief, darauf achtete, dass man mir nicht zwischen die Falten meiner Kleidung griff und mich meines Geldes erleichterte. Mein Vater hatte wiederholt auf dieser Art der Begleitung bestanden, da ich den Transport in einer Sänfte wegen dem Verlust der Sicht auf die neue Stadt vehement verweigert hatte und die Sklaven angewiesen mit Argusaugen auf alles zu achten. Jetzt, wo ich das Gedränge mit eigenen Augen sah, musste ich ihm schließlich beipflichten und würde mich wohl, sollte ich das nächste mal nach Ostia kommen, für eine Sänfte erwärmen.
Nachdem meine Sklaven sich durchgefragt hatten, wurde ich von Bediensteten der römischen Tiberier begrüßt. Man berichtete, dass die Sänfte schon seit vier Tagen in Ostia bereitstand, da man nicht genau wissen konnte, wann mein Schiff eintreffen würde und das die Herrschaft in Rom sicher gehen wollter, indem sie die Sklaven hier einquartiert hatte.
So kam es, dass ich wenig später nun doch in einer Sänfte lag, die sich einen Weg durch die Straßen bahnte, um die Porta Romana zu erreichen, von der aus ich erhoffte dem Geruch von Fisch und Salz endlich zu entgehen.