Im Haus angekommen ließ sie die Türen offen, damit der Römer, der die Verletzte auf seine Arme gehoben hatte und hineintrug, leicht seinen Weg finden konnte, dann machte sie sich auf den Weg zu den Sklavenunterkünften. Im nächsten Moment erinnerte Siv sich daran, dass Cadhla dort nicht mehr schlief, und sie machte auf dem Absatz kehrt und hetzte in die entgegengesetzte Richtung, weckte die Keltin auf und gab ihr Bescheid. Einmal mehr zeigte sich, dass Cadhla Kriegerin war, denn Siv musste nicht warten, bis sie ihre Schlaftrunkenheit überwunden hatte – von einem Moment zum anderen war die Keltin hellwach und begriff was los war. Mit einem Nicken verließ Siv den Raum und lief noch einmal hinaus in den Garten. Sie würde auf die Schnelle wohl nirgendwo etwas finden, womit sie die Wunde vernähen konnte, und davon ganz abgesehen hatte sie damit auch nicht wirklich Erfahrung. Sie hatte bisher bei so etwas nur zugesehen, und das auch nicht sonderlich oft… Sie musste bei dem bleiben, was sie kannte – der Römer würde nach einem Heilkundigen geschickt haben, vermutlich hatten das sogar die Worte bedeutet, die sie Cadhla sagen sollte. Aber das würde dauern, und sie brauchte zumindest irgendetwas, um die Wunden besser zu versorgen. Pflanzen. Im Garten hatte sie, seit sie angekommen war, jede freie Minute verbracht, und sie kannte ihn inzwischen in- und auswendig. Vor allem die Teile, in dem die Pflanzen wuchsen, die sie aus ihrer Heimat kannte.
Außer Atem erreichte sie das Schlafgemach der Römerin, und da der Mann mit seiner Last nur langsam hatte gehen können, während sie gerannt war, als wäre ihr der Fenrirwolf auf den Fersen, traf sie in etwa zeitgleich mit ihnen dort ein. Ohne weiter auf den Mann zu achten, trat Siv neben das Bett, auf dem er die Römerin ablegte, steckte die die Blätter, die sie aus dem Garten hatte – Heilwegerich und Bärenklee – in den Mund und zerkaute sie. Heilwegerich stoppte Blutungen, Bärenklee förderte Wundheilung, und beide konnten Entzündungen hemmen. Allerdings war die Verletzung schwer, zu schwer um sich nur auf Kräuter zu verlassen. Mit einem leisen Knurren vertrieb Siv die Gedanken und konzentrierte sich auf das, was sie tat. Sie öffnete den provisorischen Verband erneut, der bereits wieder mit Blut getränkt war, spuckte den Kräuterbrei auf ihre Finger und verrieb ihn in der Wunde. Danach presste Siv mit den Fingern ihrer linken Hand die Wundränder zusammen, während sie mit der Rechten den Gurt löste, der ihre Tunika zusammenhielt. Leder war besser, es würde das Blut nicht so schnell aufsaugen wie der Stoff ihrer Tunika. Sie reichte ihn dem Römer und gestikulierte ihm, den Gurt fest zusammenzurollen.