Ein schöner Vormittag

  • Sapientia Liliana und ich gingen angeregt miteinander plaudernd den Weg zu der von mir vorgeschlagenen Taverna.


    So erfuhr ich von Liliana, das sie erst vor kurzem in Rom angekommen war und sich hier für eine religiöse Laufbahn entschieden hatte, um den Göttern zum Wohle Roms zu dienen. Momentan fühlte sie sich noch etwas verloren in der großen Stadt, da sie hier nur wenige Menschen kannte.


    Ich erzählte Liliana, das ich in Rom geboren und aufgewachsen bin. Dazu schilderte ich ihr meine Erlebnisse in den letzten Woche, wie mich mein Weg aus dem Castellum der Legio I zu den Cohortes Urbane geführt hatte.




    [Kurzer Lesehinweis an den Praefectus Urbi, Marcus Vinicius Hungaricus:


    Selbstverständlich befinde ich mich entsprechend Deinem Befehl gegenwärtig im Castra Praetroia und widme mich hier hingebungsvoll der mir durch Gaius Octavius Victor zuteil werdenden Ausbildung in städtischen Kampftechniken. Die zwischen Liliana und mir zu schildernden Ereignisse haben in der jüngsten Vergangenheit stattgefunden und wir kommen erst jetzt dazu, darüber zu berichten.]

  • Schon standen Liliana und ich vor der von mir ausgewählten Taverna.


    [Hinweis an die Leser: Es handelt sich hierbei nicht um die Taverna Apicia. Die schien mir für das Gespräch mit der bezaubernden Liliana nicht der geeignete Ort zu sein, weil zu laut, zu voll und zu viele Betrunkene. Für die Veröffentlichung unseres Berichtes erscheint mir aber hier der richtige Platz zu sein.]


    Ich öffnete die Tür und gemeinsam begaben Liliana und ich uns in den Schankraum. Es war genauso, wie ich mir das vorgestellt hatte. Nur wenige Gäste waren anwesend, die entweder gerade speisten oder leise miteinander sprachen. Keiner fiel aus der Rolle. Wie immer herrschte hier eine angenehme Atmosphäre.


    Man wird mir hoffentlich verzeihen, wenn ich den Namen dieser gemütlichen Gastlichkeit an dieser Stelle nicht preisgebe. Aber es soll ja ein Geheimtipp bleiben und ich habe keine Lust bei meinem nächsten Aufenthalt hier auf eine Schar lärmender Besucher zu treffen.


    Der Wirt begrüßte uns überaus freundlich. Nachdem er Liliana einige Komplimente ob ihrer Schönheit gemacht hatte, geleitete er uns an ein verschwiegenes Plätzchen, wo wir uns ungestört unterhalten würden können.


    Da uns beiden vom Fußweg inzwischen noch viel hungriger geworden war, bestellten wir beim Wirt eine Auswahl seiner köstlichen und nahrhaften Leckereien und ließen uns dazu eine Glaskaraffe rubinrot schimmernden Weins bringen, angesichts der Tageszeit natürlich leicht gewässert.

  • Marcus Didius Falco hatte mich in eine schöne Taverne geführt...
    Das Licht schien warm auf die ruhigen seperaten Plätze an denen hier und dort einige Gäste saßen.


    Der freundliche Wirt führte uns an ein Plätzchen und Marcus ließ ein vielversprechendes Frühstück und Wein bringen. (von dem ich nicht viel nehmen werde vor dem Essen, denn bekanntlicherweise ist das Frühstück eine der ersten Mahlzeiten und eine zu losgelöste Zunge vom Weine könnte mich zuviel erzählen lassen. Ich wollte mir einige Geheimnisse bewahren...)


    Während ich mich noch versuchte zu entscheiden, wo ich zuerst zugreifen sollte, dachte ich über die Erzählungen von Marcus nach. Er hatte mir zwar einiges über seine Laufbahn erzählt, jedoch wusste ich ja noch nicht einmal sein Alter. Ich hatte zwar eine gutes Geschick im Schätzen, jedoch wollte ich jetzt auf keinen Fall falsch liegen...


    So fragte ich ganz ungeniert:


    " Verzeiht mir meine Neugier und Direktheit, Marcus Didius Falco, aber ich weiß nun garnicht um euer Alter. Ferner interessiert es mich, wie ihr aufgewachsen seid hier in Rom"...


    ich sah gespannt in sein Gesicht und seine warmen Augen und wartete auf eine Antwort...

  • Das Frühstück, welches uns der Wirt inzwischen serviert hatte, war heute noch delikater und auserlesener, als ich es in dieser Taverna ohnehin schon gewöhnt war. Aus irgendeinem Grund hatte sich der Wirt heute besonders viel Mühe gegeben... Ich machte Liliana auf einige der aufgetischten Köstlichkeiten aufmerksam, von denen ich wußte das sie besonders gut mundeten.


    Währendessen setzten wir aber auch unsere Plauderei fort, denn unser Interesse füreinander überwog wohl unseren Hunger. Zumindestens war es bei mir so und auch Liliana schien nicht uninteressiert an mir zu sein.


    Lächelnd antworte ich Ihr: "Liliana, ich bin im Jahre 831 ab urbe condita geboren. Zusammen mit meinen beiden Schwestern Iulia Iunilla und Sosia Favonia sowie meinem jüngeren Bruder Marcus Didius Favonius bin ich hier in Rom aufgewachsen." Ich erzählte ihr von meiner glücklichen Kindheit, von meinen Eltern, mit denen ich mich immer noch prächtig verstand.

  • Ich reichte ihr einen Teller und sagte: "Probiert diese köstlichen Feigen". Die waren bestimmt sündhaft teuer und der Wirt hatte sie bei meinen früheren Besuchen hier noch nie aufgetafelt. Mein Geldbeutel würde beim Verlassen der Taverna wohl merklich leichter sein. Allein, dieses Frühstück mit Liliana war es mir mehr als wert. Ihre Stimme zu hören, in ihre strahlend blauen Augen zu blicken, welche mich immer mehr faszinierten.


    Auch ich wollte gern wissen, wie alt sie war und woher sie kam. Bisher hatte sie es mir noch nicht gesagt. ""Liliana, verratet ihr mir jetzt auch, wann ihr geboren seid? In welchem Teil unseres großen Imperiums seid Ihr aufgewachsen? Wie führte Euch Euer Weg in die Urbs eterna?"

  • Während meine Blicke noch über die Kostbarkeiten auf dem Tisch umherschweiften, bekam ich ein schlechtes Gewissen.
    Das alles sah sehr kostspielig aus- ich hoffte, dass ich so weit streben konnte, um Marcus für all dies eine Entschädigung oder etwas Gleichwertiges bieten zu können.


    Er reichte mir eine Feige, die ganz wunderbar süß und frisch schmeckte, dies war wirklich ein guter Anfang für den Gaumen.


    Nachdem mir Marcus sein Alter verraten hatte, so teilte ich ihm auch meines mit.


    " Ich selbst bin in einem sehr schönen Teil von Germanien geboren und bis zu meinem 21. Lebensjahr aufgewachsen. Mein Ehrgeiz jedoch zog mich ins Zentrum nach Italia. Ich habe so viel großartiges von dieser Stadt gehört und meine Neugier ließ sich nicht bändigen.
    Die Reise war lang und beschwerlich und nur langsam bekommt mein Körper die verbrauchten Kräfte zurück-


    wie zum Beispiel jetzt und hier bei einem wirklich hervorragenden Frühstück!",


    antwortete ich auf seine Frage, und während ich seine Hand nahm:


    " Ich muss euch dafür meinen herzlichen Dank aussprechen, Marcus!"

  • Als mich Lilianas Hand berührte, durchlief es meinen Körper heiß. Lächelnd antwortete ich ihr - hoffentlich hielt sie mich nicht für einen Volltrottel, denn ich grinste sie eigentlich die ganze Zeit schon an - "Eure bezaubernde Gesellschaft genießen zu dürfen und mit Euch zu plaudern ist bereits der schönste Dank für mich, Liliana."


    Durch ihre Berührung mutig geworden, legte ich jetzt - man konnte es fast zärtlich nennen - meine linke Hand auf ihre andere Hand, welche zufällig auch auch auf dem Tisch lag. So saßen wir jetzt beide da, Händchen haltend und uns einander tief in die Augen schauend. Ich hatte mich in ihren strahlend blauen Augen längst rettungslos verloren. Der Zauber des Moments war unbeschreiblich. Es war lange her, das ich solche Gefühle wie jetzt erlebt hatte.


    Ich weiß nicht mehr, wie lange wir so dasaßen. Mein Zeitgefühl war restlos im Eimer. " Du bist wunderschön, Liliana", sagte ich mit belegter Stimme.

  • Ich sah verlegen zur Seite, damit man mein tief errötendes Gesicht nur von der Seite zu Gesicht bekommen konnte. Mein Hunger war verflogen, mein Magen fühlte sich eher flau an...


    Die Hände mochte ich aber dort liegen lassen, wo sich sich jetzt schon recht wohl fühlten- nämlich in denen von Marcus...
    Diese Situation und meine Schüchternheit machte mich ein wenig nervös, und ich versuchte abzulenken.


    "Ich werde bald einen Bäckereibetrieb eröffnen. Schon meine Urgroßeltern waren für ihre besonderen Backkünste bekannt, und noch heute backen wir nach den guten alten Rezepten...
    Was haltet ihr davon, Marcus...?"


    ..aber eigentlich wollte ich garnicht über die Arbeit reden, meine Gedanken waren mehr verwirrt und sowieso an ganz anderen Orten...


    "Oh, ich möchte hier so vieles erfahren, Marcus! Zum Beispiel in die Thermen gehen, einen Cursus belegen und was mir noch zur Verfügung steht! Möchtet ihr mein Reiseführer sein und mir die Stadt in mehr schönen Orten zeigen?"...

  • Lilianas Gesicht bekam Farbe, aber sie ließ ihre Hände in meinen liegen.


    Ganz plötzlich fing Liliana jetzt mit reden an. Sie sprach sehr schnell und ich merkte daran ihre Nervosität. Sie dachte wohl gerade genauso wie ich über Ihre Gefühle nach.


    Die Idee mit der Bäckerei fand ich gar nicht so übel, obwohl mir mein Sinn nun wirklich nicht nach Brot essen stand. Aber Liliana brauchte dringend ein wirtschaftliches Standbein, daher konzentrierte ich mich auf Ihre Frage und gab Ihr ein paar Tips dazu und versprach Ihr bei der Suche nach einem geeigneten Standort behilflich zu sein. Schließlich kannte ich die Stadt von Kindesbeinen an und hatte durch meine Tätigkeit als Investigator schon in allen Stadtteilen zu tun gehabt.


    In diesem Moment bot sie mir an, Ihr Reiseführer zu sein, Ihr die Stadt zu zeigen. Ich war verblüfft, genau dieses Angebot hatte ich Ihr machen wollen.


    Natürlich war ich interessiert, viel mehr als das. Ich war Feuer und Flamme. Wir würden uns sehen, täglich vielleicht sogar. Wir würden viel Zeit miteinander verbringen, uns besser kennenlernen. Nichts wünschte ich mir sehnlicher.


    Ich war verliebt. Eine andere Erklärung gab es dafür nicht. Und zwar so heftig, wie ich es bisher kaum kannte. Wir hatten uns erst vor wenigen Stunden getroffen, und trotzdem schon dieses einzigartige Vertrautsein..., wir errieten bereits die Gedanken des anderen, wir saßen ohne Scheu hier in der Taverna und hielten uns die Hände, so als ob einer den anderen brauchte, wie die Luft zum Atmen...


    Nachdem ich mir soeben über meine Gefühle klar geworden war, sagte ich zu Liliana "Du hast eine lange und schwierige Reise hinter Dir. Deinen Worten entnehme ich, das Du hier in Rom noch auf der Suche bist, nach einem Halt, nach Menschen, denen Du vertrauen kannst. Die Stadt ist für Dich fremd. Gern helfe ich Dir unsere Urbs kennenzulernen, zeige Dir die schönen Seiten und Orte. Beschütze Dich vor den Gefahren, die hier lauern. " Eigentlich wollte ich noch viel mehr sagen, was ich für sie empfand, wie sehr ich Sie bereits jetzt mochte. Warum war es nur so verdammt schwer, dafür die richtigen Worte zu finden?


    Während wir miteinander redeten fingen unsere Finger an, die Hand des anderen zu streicheln, ganz zärtlich, ohne das es uns eigentlich bewußt war.

  • Nachdem mir Marcus ein paar gute Vorschläge für meine Bäckerei gemacht hatte, sprudelte der Tatendrang ins mir.
    Und doch:
    die Vorstellung, von Marcus alles erklärt zu bekommen und durch die Stadt geführt zu werden, beschützt zu werden und Halt zu finden gefiel mir sehr. Ich konnte mir nichts besseres vorstellen.


    "So nimm mich doch in deine Gens auf",


    sagte ich zu Marcus...


    " ich fühle mich schon jetzt wohl in deiner Nähe und könnte mir nicht vorstellen, eine bessere zu finden, als die, in der du inne wohnst.
    Mach einen Vorschlag, was wir als Nächstes tun können, wenn ich dich nicht von etwas Wichtigem abhalte- denn ich kann mir denken, dass du ein viel beschäftigter Mann bist!"

  • Ich jubelte innerlich laut. Lilianas Vorschlag erfüllte mich mit riesiger Freude. Wir würden uns oft sehen und viel Zeit miteinander verbringen können. Und das ersehnten wir uns beide.


    Ich antwortete ihr: "Gern nehme ich Dich in meine Familia auf, Liliana. Dein Vertrauen ehrt mich und Dein Vorschlag macht mich glücklich. Da ich heute Dienstfrei habe, laß uns doch den Tag noch nutzen und die für deine Aufnahme in meine Gens im Tabularium erforderlichen Formalitäten erledigen. Danach zeige ich Dir das Forum Romanum und wir gehen anschließend zu Messalinas kleiner Feier anläßlich der Grundsteinlegung für den Bona-Dea-Tempel."


    Beide waren wir von der Aussicht begeistert, den Rest des Tages gemeinsam zu verbringen. So vertilgten wir die Reste unseres delikaten Frühstücks, um für die langen Wege, welche wir heute noch vorhatten, gewappnet zu sein. Nachdem ich dem Wirt die Rechnung bezahlt hatte, brachen Liliana und ich auf. Wie selbstverständlich gingen wir Hand in Hand.

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