Vor wenigen Tagen spielte sich im fünfte Stockwerk einer Insula in Trans Tiberim, in der Wohnung der Familie Dapyx, die folgende Szene ab. Die Beteiligten sind hierbei (in alphabetischer Reihenfolge):
Eurymachus Dapyx, der Herr im Haus. Er arbeitet als Schmied in der Schmiede einige Straßen von seiner Wohnung entfernt.
Olympias Dapyx, die Frau des Herrn im Haus. Sie arbeitet als Verkäuferin für einen Obsthändler im Erdgeschoss der Insula.
Lacedaemonius Dapyx, ältester Sohn des Ehepaares Dapyx. Gerade 18 geworden, war bis vor kurzem Laufbursche für einen höhergestellten Bürger Roms aus einem Viertel auf der guten Seite des Tiber.
Timotheus Dapyx, jüngerer Bruder des Lacedaemonius und jüngstes noch lebendes Kind der Familie Dapyx. Er ist gerade zwölf geworden und soll anstelle von Lacedaemonius nun Laufbursche werden.
Die Vorgänge hier spielen zeitlich vor der Anmeldung von Lacedaemonius bei den Vigiles. Sie führen quasi darauf zu. Dies ist die Hintergrundgeschichte für Lacedaemonius und soll seine grundlegende Motivation darlegen.
Es ist kurz nach Einbruch der Dunkelheit, als die Familie im größeren der beiden Räume zusammentrifft um zu Abend zu essen. Die Herren der Schöpfung sitzen bereits während Olympias das Essen aufträgt. Es handelt sich mal wieder um Brot, etwas Obst und Wein, der die Bezeichnung nicht verdient hat.
Lacedaemonius, du wirst heute die letzte Nacht hier verbracht haben, wenn du dir nicht morgen eine Arbeit suchst. Wir brauchen das Geld das du verdienen könntest. Vier Erwachsene können wir nicht mit dem Geld das deine Mutter, dein Bruder und ich verdienen nicht versorgen.
Vater, ich sagte dir doch bereits das ich zu den Vigiles gehen möchte. Die bieten mir eine Ausbildung, eine Anstellung und ich kann vielleicht sogar römischer Bürger werden, wenn ich Glück habe.
Hör doch auf, aus uns wird nie etwas besseres werden als wir jetzt sind. Es gibt nun einmal Familien die sind geboren um zu dienen und wir gehören dazu. Wer hat dir nur in den Kopf gesetzt das du wirklich bei den Vigiles genommen werden würdest? Du kannst doch kaum schreiben und lesen kannst du auch kaum. Ohne den guten Peltasius Scribonius hättest du das gar nicht gelernt. Und jetzt willst du nicht weiter für ihn arbeiten? Er würde dich auf seinem Landgut einsetzen, das ist doch was! Wenn du morgen zu den Vigiles gehst dann ist seine Frist abgelaufen und du wirst gar nichts bekommen.
Lacedaemonius hasst dieses Gespräch. Es wurde bereits zu oft geführt als das er es noch einmal hören könnte.
Vater, so hör mir doch zu. Ich kann die Aufnahme schaffen, es ist nicht so schwer wie du denkst. Ich bin körperlich fit und meine Fertigkeiten in Lesen und Schreiben sind vollkommen ausreichend. Du stellst dir das nur so schwer vor, weil du es nie versucht hast!
Auch Olympias kann diese Gespräche nicht mehr hören, zu oft hat es in letzter Zeit Streit gegeben.
Hört auf zu Streiten, bitte! Dein Vater hat alles erreicht was für einen Mann aus diesem Viertel der Stadt möglich ist. Er hat einen guten Beruf, er verdient gutes Geld und erkann seine Familie ernähren. Das ist mehr als du erreichen wirst, wenn du deinen Tagträumen nachhängst. Hör auf deinen Vater, er hat mehr Erfahrung als du denkst.
Wenn ich morgen zu Peltasius Scribonius gehe kann ich ihn doch fragen, ob er Lacedaemonius noch einen Aufschub gibt. Dann kann er zun den Vigiles gehen und wenn er da nicht genommen wird immer noch auf das Landgut gehen.
Vergiss es, ich werde bei den Vigiles genommen, ihr befürchtet viel zu viel. Ich werde die Anstellung auf dem Landgut nicht brauchen, also brauchst du auch nicht für mich zu betteln. Und außerdem solltest du erstmal aufpassen, dass er dich in seine Dienste nimmt!
Vergiftetes Klima allen Orten. O tempora o mores würde ein Philosoph nun sagen. Da aber keiner vor Ort ist, sagt es auch keiner. Gibt es denn Familien, in denen sich der Sohn nicht gegen den Vater auflehnt? Nein, die gibt es nicht. Aber in vielen Familien kann sich der Vater durchsetzen. In diesem Fall allerdings nicht, und diese Tatsache macht Eurymachus rasend vor Wut.
Seinen Sohn verprügeln kann er aber auch nicht. Auch wenn er Schmied ist hat er den Zenit seiner Leistungsfähigkeit lange hinter sich. Vielleicht würde er gar nicht mehr so lange Schmied bleiben können wie er hoffte. So langsam ging ihm das gegen die Gesundheit.
Dann geh doch zu den Vigiles und zerstöre dein Leben, tu es doch! Und jetzt verschwinde von hier, du machst deine Mutter nur Unglücklich.
Tatsächlich hat Olympias ob der Sturheit ihres erstgeborenen Sohnes ihre Tränen nicht zurückhalten können.
Lacedaemonius kann seine Mutter so nicht sehen und beschließt, die Nach in einer Taverna zu verbringen, dort sein letztes Geld auszugeben und morgen die Vigiles aufzusuchen, komme was da wolle. Und so verlässt er, vielleicht zum allerletzten Mal, die Wohnung seiner Eltern in Trans Tiberim und geht in Richtung Tiberbrücke.