Atrium | MTD et Annaeus Modestus

  • Der Ianitor führte den Vigintivir in das Atrium, in dem die Ahnenmasken der Tiberier aus ihren Schreinen geholt worden waren, als wäre ein Mitglied der Familie verstorben (war es auch, nämlich Tiberia Livia, aber neben dem Imperator verblasste ihr Andenken ein wenig).


    Stesichoros bot dem Vigintivir einen Platz in der Sitzgruppe in der Ecke an und bat dann um einen Augenblick Zeit. Er verschwand im Tablinium und kam kurz darauf mit dem Hausherrn zurück. Dieser trug eine graue Tunika und hatte seinen Bart ebenfalls ein wenig stehen (obschon er ihn sorgfältig auf einer Länge halten musste, da er ein wenig unregelmäßig wuchs).


    "Salve, Annaeus! Was führt Dich zu mir?"


    fragte er den Gast und ließ sofort zwei Becher verdünnten Wein kommen.

  • Modestus war dem Ianitor in das Atrium gefolgt. Er betrachtete eine kurze Zeit die Totenmasken. Den einen oder anderen wichtigen Vorfahren der Tiberier kannte er sogar von einigen Büsten oder Statuen. Er ließ sich auf der Sitzgruppe nieder und wartete auf den Prätor. Er sah, dass auch dieser die Trauerkleidung trug und musste ein wenig schmunzeln. Er war also wenigstens nicht der einzige Magistrat der Trauerkleidung trug.


    >Salve, Tiberius. Es geht um zwei Dinge. Zum einen möchte ich deinen juristischen Rat einholen. Du erinnerst dich vieleicht noch an diesen unschönen Vorfall im Senat. Mir sind einige Merkwürdigkeiten im Gesetz aufgefallen, aber ich bin nur ein Laie in der Juristik. Danach würde ich mich noch gerne mit dir in deiner Funktion als Princeps der Veneta unterhalten.<

  • Durus nahm ebenfalls Platz und trank einen Schluck Wein. Er fühlte sich mit dem Dreitagebart irgendwie unwohl...


    "Welchen meinst du?"


    fragte Durus und erinnerte sich nur an den letzten unschönen Vorfall, der die Bekanntgabe des Todes des Kaisers gewesen war. Das Zweite hingegen klang wieder interessant. Was der Annaeer wohl wollte?

  • >Als ich mich zur Wahl für das Amt, das ich gerade bekleide, klagte mich der Senator und Curator Rei Publicae Octavius Detritus wegen einer Nichtigkeit an und bauschte die ganze Sache auf. Er und andere Senatoren forderten sogar meine Kandidatur für nichtig zu erklären<


    erzählte Modestus kühl. Das nahm er gewissen Personen heute noch übel. Hätte er sich nur damals nur schon etwas mehr mit Gesetzen beschäftigt, hätte er ihnen Paroli bieten können.


    >Er reichte Klage gegen mich bei den kaiserlichen Ermittlern ein, da ich als Oberhaupt der Stadt Mantua ohne Konzession waren verkauft hätte. Zwar löste ich nur die Bestände von nicht ewig haltbaren Lebensmitteln auf und ersetzte der Stadt die Kosten, aber das spielt keine Rolle. Kennst du das neue, wobei jetzt ist es schon etwas älter, Gesetz zur Verwaltung Italias, das genau dieser Octavier sich ausgedacht hat? Auf Grund von diesem Gesetz reichte er die Klage ein, doch ich habe Mittlerweile festgestellt, dass es manchen Paragraphen des Codex Iuridicialis wiederspricht.<


    deutete Modestus an. Er vermutete, dass das wohl nicht sein durfte und dass das Gesetz deshalb wohl geändert werden musste, doch er wusste es nicht sicher. Er war kein Jurist, aber der Prätor würde wohl sich wohl auskennen.

  • Durus horchte auf. Diese Angelegenheit war Monate her, aber in einem dunklen Hinterkämmerchen erinnerte er sich doch, dass damals großspurig ein Verfahren gegen den Vigintivir angekündigt worden war. Allerdings war nie etwas passiert.


    "Abgesehen davon, dass mir nun doch keine Klage vorliegt - was ist dir aufgefallen?"


    fragte er dennoch.

  • >Der dritte Absatz besagt, dass der Curator Rei Publicae auch klagen gegen die städtischen Magistrate vor das Kaisergericht bringen kann. So weit so gut aber das Gericht verhandelt ja nur schwere Verbrechen und keine Vergehen wie es bei mir der Fall gewesen wäre. Du musst verzeihen, wenn ich die genauen Paragraphen nicht auswenig kenne.<


    sagte Modestus und winkte seinen Sklaven herbei, der ihm eine Wachstafel mit Notizen reichte.


    >Codex Iuridicialis, Subpars Prima, Paragraph 2 , Iudicium Imperialis, vierter Absatz.<


    lass Modestus vor, denn er hatte es sich nicht merken können.


    >Das Iudicium Imperialis verhandelt Strafsachen der Kategorie Schwerverbrechen, sowie Berufungen des Iudicium Maior. Wie kann mich der Octavier wegen einem Vergehen, dann vor das Kaisergericht bringen? Der Teil in seinem Gesetz verstößt also gegen geltendes Recht. Bei seiner Anklage gab es aber noch eine andere recht merkwürdige Sache. Er reichte klage bei der Advocatio Imperialis ein. Aber im Paragraphen 14 im driten Absatz steht, dass die Advocatio Imperialis nur bei Schwerverbrechen und Verbrechen als Ankläger im namen des Imperiums auftritt. Dürfte das wohl auch nicht stimmen. Außerdem habe ich festgestellt, dass die Tat, die ja kaum als Schwerverbrechen eingeordnet werden kann schon bevor er seine Anklage einreichte und es vor dem Senat proklamierte verjährt war. So steht es zumindest in dem Paragraph 60.<


    lass Modestus erneut ab und wartete auf die Reaktion des Prätors auf diese Flut von Informationen.

  • Durus legte den Kopf schief und kratzte sich am Kinn, was das seines Erachtens hässlich schabende Geräusch verursachte, da er ja nicht rasiert war. Die Argumentation war ihm teilweise einleuchtend, andererseits...


    "Das Iudicium Imperialis ist zwar regelmäßig tatsächlich nur für Schwerverbrechen und Berufungen zuständig, dennoch hat es im politischen Sektor Sonderrechte."


    Meinte er und winkte einen Sklaven herbei.


    "Bring mir den Codes Iuridicialis!"


    befahl er diesem und sprach dann mit Modestus weiter.


    "Es gibt einen Paragraphen, der das Kaisergericht auch in Sonderfällen für zuständig erklärt, etwa bei Delikten von Magistraten...mir fällt gerade nur nicht ein, wo -"


    In diesem Augenblick kam der Sklave mit einigen Papyrus-Rollen zurück. Durus durchsuchte die kleinen Etikette, die daran angebracht waren und zog dann eine hervor.


    "Ah, da haben wir es ja: § 112 Rechtsbeugung: 'Begeht ein Magistrat des Cursus Honorum eine Rechtsbeugung, so ist die Verhandlung in der Zuständigkeit des Iudicium Imperialis.' Es wäre also durchaus innerhalb unserer Rechtstradition, dass Magistrate direkt vom Kaiser abgeurteilt werden. In diesem Fall wurde dies ja auch wortwörtlich so verabschiedet, folglich konnte Octavius dich tatsächlich anklagen. Allerdings hätte er dies so oder so gekonnt, denn jeder Bürger kann jeden anzeigen. Nach § 24 (1) kann auch jede Anzeige bei der Advocatio Imperialis abgegeben werden, folglich ist dies ebenfalls korrekt.
    Ob allerdings eine Verjährung eingetreten ist, kann ich nicht beurteilen - wann hat die Rechtsüberschreitung denn stattgefunden?"


    Nach diesem kleinen Vortrag zum Thema Recht musste Durus erst einmal wieder einen Schluck Wein zu sich nehmen.

  • >Nun zu dem Zeitpunkt der Klage war ich noch einfacher Bürger und kein Magistrat, aber ich verstehe worauf du hinaus willst.<


    sagte Modestus und trank nun auch einen Schluck von dem verdünnten Wein.


    >In den Schriftrollen Aeriums ist der ANTE DIEM IV ID IUN DCCCLVII A.U.C. (10.6.2007/104 n.Chr.) angegeben. Die Klageschrift wurde glaube ich am ID NOV DCCCLVII A.U.C. (13.11.2007/104 n.Chr.) von ihm eingereicht.<


    Er sah kurz auf die Wachstafel und nickte dann.


    >Ja genau. Das sind knapp über 5 Monate als er die Klage einreichte.<

  • "Ja, dann brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Die Verjährung ist zweifelsohne eingetreten."


    meinte Durus und sah Modestus erwartungsvoll an. Er hatte doch etwas von Princeps Factionis gesagt?

  • >Nun da bin ich aber erleichtert. Ich danke dir für deinen Rat.<


    Modestus trank einen weiteren Schluck von dem verdünnten Wein, bevor er zur zweiten Angelegenheit kam.


    >Dann können wir uns ja nun über die Wagenrennen unterhalten. Ich möchte in den nächsten Wochen ein Rennen in Roma veranstalten. Das Datum steht noch fest, da ich erst abwarten möchte, wie die Nachfolge des Augustus sich regelt.<


    deutete Modestus an. Während einem Bürgerkrieg oder etwas Ähnlichem wollte Modestus keine Rennen veranstalten, denn so etwas würde die Rennen nur negativ überschatten. Wenn Valerianus den Thron übernommen hatte und sicher im Sattel saß, dann würde er einen Termin festlegen.


    >Damit ich aber schon einmal planen könnte würde ich dich bitten mir informel schon einmal mitzuteilen welche Fahrer die Factio Veneta, womöglich zu schicken gedenkt. Geplant sind zwei Durchläufe. Einen für die sehr guten Fahrer und einen für die Fahrer, deren Können noch nicht so ausgefeilt ist.<

  • "Wir sind sicher interessiert, zweifelsohne. Aber natürlich müsste ich erst mit den Trainern sprechen."


    fragte Durus interessiert. Der Rennsport war eine Sache, die er zur Zeit irgendwie etwas vernachlässigte, aber die Begeisterung für die vier Pferde vor dem Wagen war im Laufe der Jahre ruhiger geworden - immerhin konnte er inzwischen zusehen, ohne ständig aufspringen zu müssen.


    "Ich denke im Augenblick an Hermes und Dareios, aber wie gesagt: Der Trainer muss entscheiden. Wann soll es denn eigentlich stattfinden? Ist bereits ein Termin festgelegt?"

  • >Nun wie ich bereits gesagt habe, steht ein Termin noch nicht sicher fest. Geplant ist das Rennen für die Equirria im nächsten Monat, doch öffentlich verkünden kann ich es im Moment noch nicht. Ich muss als Plebejer ein Militärtribunat ableisten und wenn der neue Augustus mich aber zum Dienst in die Provinzen schickt, wäre das natürlich eher problematisch. Außerdem möchte ich nicht unbedingt während einem Bürgerkrieg Rennen veranstalten. Ich glaube zwar kaum, dass es zu Auschreitungen kommen wird und wie man hört haben schon viele Einheiten ihren Eid auf den Caesar abgelegt, doch sicher sein kann man bei sowas ja nie.<


    erzählte Modestus dem Tiberier nun etwas ausführlicher. Voraussichtlich also Hermes und Dareios. Dareios war natürlich ein bekannter ziemlich guter Fahrer und er würde bestimmt in die erste Klasse fallen. Hermes war, so erinnerte er sich, noch am Anfang seiner Karriere. Also ein Kandidat für die zweite Klasse.

  • Durus nickte langsam. Natürlich sah alles so aus, als würde der Thronwechsel trotz des Krankheitsgerüchts von Valerianus problemlos über die Bühne gehen - nunja, Iulianus hatte natürlich auch loyale Statthalter eingesetzt...


    "Die Götter mögen einen Bürgerkrieg verhindern, Annaeus!"


    warf der Praetor jedoch dennoch ein.


    "Wie gesagt: Wir freuen uns über eine Einladung und sind gerne bereit, ein paar Fahrer zu schicken."

  • >Selbstverständlich! Ich habe selbst schon deswegen ein Opfer für Concordia dargebracht! Doch in solchen bewegten Zeiten muss man auf alles gefasst sein. Außerdem will ich bald mein Militärtribunat ableisten und Krieg gegen andere Römer führen ist wohl das letzte was ich möchte.<


    beteuerte Modestus nach seinem verbalen Ausrutscher. In Gedanken hatte er sich die letzten Tage viel an die möglichen Folgen eines Bürgerkriegs gedacht, weshalb ihm der Gedanke nicht mehr so erschreckte auch wenn er ihm sehr miesfiel.


    >Nun das freut mich. Sobald ein Termin feststeht, werde ich dir eine Nachricht zukommen lassen. Nun dann bin ich mit meinen Anliegen auch schon durch.<

  • Durus lächelte und erhob sich.


    "Dann verabschiede ich mich. Als Modestus ihm dann den Rücken zuwandte, um zu gehen, kratzte er sich noch einmal am Bart. Irgendwie juckte der Dreitagebart ein wenig...

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