officium MAC | Im Auftrag des Herrn unterwegs I

  • Ein wenig wunderte sich Matho schon, warum er nicht nur wie jeden Morgen den Hausherren aufsuchen sollte, sondern zudem nach der salutatio nochmals das Arbeitszimmer des Corvinus aufsuchen sollte. Doch er tat, wie ihm aufgetragen ward, nicht ohne sich ein wenig mulmig zu fühlen. Ob ihm die Säuberungsaktion nicht zufriedenstellend genug ausgeführt worden war? Vermutlich hatte die unnütze Bagage irgendetwas vergessen zu putzen. Oder war es gar doch etwas anderes? Schließlich erklang von drinnen das Geheiß, einzutreten, und Matho betrat den Raum. "Du hast nach mir schicken lassen?" fragte der maiordomus, während er die Tür schloss.


    Ich saß hinter meinem Schreibtisch, zurückgelehnt im bequemen Stuhl und die Fingerkuppen aneinander gelegt. Matho unterzog ich einer kurzen Musterung. "Korrekt. Ich habe einen Auftrag für dich, Matho, genauer gesagt wirst du eine Reise unternehmen", erwiderte ich einen Moment später. Matho, welcher nun direkt vor dem Schreibtisch stand, sah mich an wie ein besonders seltenes Insekt. "Und...wohin, Herr?" fragte er widerstrebend. Ich konnte förmlich sehen, wie die kalte Hand der Angst um seine gegenwärtige Position im Haushalt nach ihm griff. "Germanien. Das aurelische Anwesen dort dürfte dir noch bekannt sein. Ich habe eine Liste der Dinge angefertigt, die du von dort mitbringen sollst, wenn du zurückkehrst. Zudem sollte man notwendige Reperaturarbeiten durchführen lassen und gleichsam nach jemandem suchen, der zeitweilig nach dem Rechten sehen wird, da ich nicht bereit bin, allenthalben wichtige Arbeitskräfte nach Germanien zu entsenden", fügte ich an, während Matho nur starrte. "Wann.." queitschte er, räusperte sich dann und setzte von Neuem an. "Wann soll die Reise losgehen?" "Das werde ich dir zum gegebenen Zeitpunkt mitteilen. Du wirst indes nicht allein reisen, Matho. Siv wird dich begleiten, ebenso wie Hektor und Fhionn. Eventuell Tilla, je nach Gesundheitszustand... Wir werden sehen. Ich wünsche, dass du ein Auge auf sie hast."


    Matho starrte. Siv. Siv! Um ein Haar hätte er verächtlich geschnaubt. Er hatte schon gedacht, dass er wichtig genug sei für eine solche Aufgabe - und vor allem, sie allein zu bewältigen - und dann sollten die zwei Schicklsen mit ihm kommen, eventuell sogar das stumme Kind oder gar noch mehr von den anderen. Nur Scherereinen würden sie ihm machen, das wusste er jetzt schon. Wenigstens würde er Alexandros nicht mitnehmen müssen - und wenn doch, würde er sich weigern! Der Kerl mit seinen roséfarbenen Tuniken war doch der Lacher schlechthin... Matho war sich nicht sicher, ob dieser Auftrag nun eine Strafe darstellte oder eine Prüfung. Er war allerdings fest davon überzeugt, dass es es das dämlichste Unterfangen war, von dem er je gehört hatte. Die zwei wohl fluchtgefährdetsten Sklaven zurück in die Heimat zu schicken, um gewisse Dinge zu holen.... Beinahe hätte er abwertend den Kopf geschüttelt, aber da er ja maiordomus bleiben wollte, ließ er das besser. "Mit Verlaub, dominus", sagte er daher. "Wäre es nicht vielleicht besser, bewährte Sklaven zu schicken?"

  • "Besser vielleicht", gab ich zurück. "Allerdings muss ich wissen, wen ich zukünftig allein auf Botengänge schicken kann und wen nicht. Deswegen wirst du Siv und Fhionn mitnehmen. Zudem wird euch Lucius Funeribus begleiten, ein Klient der Familie." Er war nicht meine erste Wahl gewesen, aber da er sowohl treu ergeben als auch gegenwärtig amtlos war, stellte er die beste Wahl dar. Matho nickte langsam und bedächtig. "Kann ich die Liste sehen? Dann kann ich besser planen, was die Dinge betrifft, die wir mitnehmen müssen", erklärte er, und ich schob ihm die Wachstafel hin. "Ihr braucht einen Wagen, mehr nicht. Jeder, der dich begleiten wird, kann reiten, also nehmt ihr die entsprechende Anzahl Pferde mit." Erneut nickte Matho. Er würde zusammen mit Hektor die ausdauerndsten Tiere auswählen und es den Frauen überlassen, den Proviant zusammenzustellen. "Dann werde ich alles nötige veranlassen", sagte Matho, in Gedanken bereits die Aufgaben delegierend. "Danke, Matho. Du kannst dann gehen." Was er auch tat.




    Am Nachmittag
    Merit-Amun war also zurückgekehrt. Mit aneinandergelegten Fingerspitzen sann ich über ihr Abhandenkommen damals in Achaia nach. Von einem auf den anderen Moment war sie plötzlich verschwunden gewesen und ich hatte sie nie wieder gesehen. Wie lange war das nun her? Es mussten sechs Jahre sein, wenn nicht sogar mehr.


    Unschlüssig darüber, was ich mit ihr anstellen sollte, hatte ich Siv geschickt, um ihr auszurichten, dass ich noch zu tun hatte, was genaugenommen nicht stimmte. Vielmehr dachte ich schwer darüber nach, welche Strafe ich ihr angedeihen lassen sollte, und ob überhaupt. Meine erste Sanktion war die Nichtbeachtung der Sklavin, und je länger ich darüber nachdachte, desto sinnvoller erschien es mir, sie spüren zu lassen, wie unwichtig sie für mich war. Ich hatte sie ohnehin längst abgeschrieben, und dass sie nun scheinbar freiwillig wieder aufgetaucht war - weshalb auch immer - überraschte mich zutiefst. Hin und her überlegte ich, lenkte mich mit einer Lektüre und dem Studium der Finanzbücher des letzten Monats ab, und bald war es Abend und ich war ihr noch immer nicht gegenüber getreten. Ohne einen weiteren Gedanken an sie zu verschwenden, begab ich mich schließlich ins triclinium und hernach ins Bett.


    Zwei Tage später, ich hatte Merit-Amun immer noch nicht zu mir gerufen, war meine Entscheidung gefallen. Ich würde sie ungesehen mit nach Germanien schicken, in ein Land, das ihr allein wegen seiner Beschaffenheit alles abverlangen würde. Diesen Entschluss teilte ich Matho mit, ebenso wie ich ihm den Termin für die Abreise und alles weitere Relevante nannte. Die Reisegruppe würde demnach aus folgenden Personen bestehen: Matho, Lucius Funeribus, Siv, Fhionn, Merit-Amun, Alexandros und Hektor, und sie würden zusammen mit Ursus und vermutlich auch Caelyn und Sertorio reisen.

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