[Atrium] Besuch des Proconsul

  • Ich eilte in das Atrium. Unterwegs gab ich schnell noch ein paar kurze Anweisungen. Ein paar Krüge des etwas schlechteren Weines für die Gefolgschaft des Proconsuls bereitzustellen, den wirklich guten für den Proconsul.


    Ich musste die Anweisungen zweimal geben. Der Haushalt funktionierte irgendwie noch nicht ganz so wie es sich gehörte. Aber das würde sich ziemlich schnell ändern.


    Die Anweisung einige Kleinigkeiten zu Essen auf einigen Platten zusammenzustellen und ins Atrium zu bringen konnte ich erst kurz geben, bevor ich das Atrium selbst erreichte.


    Kaum war ich angekommen hörte ich auch schon wie sich der Besuch näherte und ebenso viel mir auf, das die kleinen Bäumchen in den quadratischen Einlassungen nicht sauber geschnitten waren. Kurz schüttelte ich den Kopf. Aber darum würde ich mich später kümmern .. wie auch noch um ein paar andere Kleinigkeiten ...


    Der Sklave der den Proconsul und sein Gefolge ins Atrium geführt hatte trat zur Seite, so das Furianus an der Spitze seines Gefolges das Atrium betrat.


    "Sei willkommen in der Villa Flavia , Lucidus."


    Zu meiner leichten Überraschung bemerkte ich aus den Augenwinkeln, das der Sklave mit dem Wein für Lucidus herbei geeilt war und auf mein Zeichen wartete. Ich hoffte für ihn das er den richtigen Wein gebracht hatte.


    Auch die zwei Sklaven mit dem Wein für das Gefolge meines Bruders waren bereit.


    Nun vielleicht war der Haushalt ja doch noch zu retten.

  • Wie er es immer zu tun pflegte, wenn er überragend den Raum betrat, hatte Furianus eine ausdruckslose Mimik und die Hände verschränkt hinter dem Rücken. Für ihn drückte das die Überlegenheit aus, welche er ausstrahlen wollte und vielleicht auch sollte angesichts seiner Position.


    So schritt er seelenruhig auf seinen vermeindlichen Bruder zu und nickte kurz lächelnd.


    "Ich danke dir für den Empfang, "Bruder". Du kannst mich aber ruhig bei meinem Namen, Lucius, nennen. Lucidus ist etwas befremdlich für mich, da ich sonst nie so genannt wurde."


    Vielleicht hatte Catus ja ein sehr schlechtes Erinnerungsvermögen. Zumindest hätte er seinem Bruder doch zugetraut seinen eigenen Namen, den des Bruders, zu kennen. Dem war wohl nicht so, was Furianus ein wenig irritierte, jedoch nichts aus den Fugen geraten ließ, was er sich heute vorgenommen.


    "Ich habe zweierlei Gründe hierher zu kommen. Der erste Grund ist die Versicherung von Quirinalis, dass du der bist, für welchen du dich ausgibst. Der zweite grund liegt in Abhängigkeit vom Ersten - ich muss mit meinem Bruder reden."

  • Jetzt war es an mir kurz irritiert zu sein. Nich wegen dem Lucidus.. Lucius .. Vornamen eben .. wer sollte sich denn die schon merken .. ich sollte wieder zu den Cognomen übergehen. Die waren einfacher und eindeutiger.
    Nur weil Furianus irgendwie mit dem Gaius angefangen hatte .. so nannte mich ja auch sonst keiner. ich war Catus .. egal, das war eher was um in Musestunden darüber in Schlaf zu versinken.


    'Der erste Grund ist die Versicherung von Quirinalis, dass du der bist, für welchen du dich ausgibst'. meinte Furianus damit jetzt, dass er schon mit Quirinalis gesprochen hatte, worauf zumindest die benutzte Zeitform hindeutete oder wollte er damit zum Ausdruck bringen das er Quirinalis deswegen sprechen wollte, hatte aber das Ergebnis temporär gesehen schon vorausgenommen, oder ..


    Wenn ich allerdings den zweiten Teil nachträglich analysierte, lag die Vermutung nahe, er sprach von Abhängikeit, was eher auf ein noch nicht feststehendes Ereigniss hinwies, das er schlicht und einfach die falsche Zeitform für die Versicherung gewählt hatte. Ob aus Absicht um mich zu verwirren oder aus Verwirrung über die meine Verfremdung seines Vornamens, sei einmal dahingestellt.


    Nachdem ich zu diesem Schluß gekommen war, winkte ich ersteinmal dem Sklaven und lies mir und Furianus einen Kelch Wein geben.


    "Sklave, schau nach wo Quirinalis steckt und bitte ihn hier her. Der Proconsul wünscht ihn zu sprechen."


    "Verzeih meinen Fehler, Furianus. Ich hoffe das Quirinals noch in der Villa ist und gleich zu uns stoßen wird."


    "Ich wollte dir noch danken für seine Aufnahme in die Curia. Sei versichert er wird sich dort verhalten wie es sich für einen Flavier gehört."


    "Kann ich dir solange eine Kleinigkeit zu Essen anbieten?"

  • Da Quirinalis den Mann nicht rausschmeissen ließ, musste es wohl Catus sein. Oder? Vielleicht hatte er Quirinalis umbringen lassen und gab sich nun als neuer Herr aus. Das konnte auch eine Möglichkeit sein, die erst einmal bewiesen werden musste. Solange Quirinalis jedoch nicht lebend vor seinen Augen stand, musste Furianus zweifeln.


    "Eben weil er sich nicht verhielt, wie es unserem Stand und unserer Familie gebührt, habe ich ihn wieder zu etwas gemacht. Er wird nicht, Catus, er muss sich dort verhalten, wie es seiner Position entspricht."


    Furianus nahm den Kelch und nippte ein wenig davon.


    "Köstlicher Wein. Aus meinen Gütern. Bevor ich umzog ließ ich die guten Stücke hier zwischenlagern. Trinkt mir ja nicht alles aus."


    Ein leichtes Lächeln war zu sehen, doch verschwand es auch so schnell wie es gekommen war.


    "Nein, ich habe gerade gegessen."


    Es war doch Catus. Auch wenn er sich vierlei Geschichten ausmalen konnte, es war sein Bruder und die Gewissheit unterdrückte er nur. Vielleicht nicht so gut wie er sollte.


    "Hast du deine Reise nach Rom schon geplant?"

  • Bei der Erwähnung des Weines musste ich leicht grinsen. Ja, das mit dem gutbestückten Weinkeller war mir auch schon aufgefallen.


    "Nein, geplant habe ich noch nichts, aber da ich gewohnt bin mit leichtem Gepäck und ohne Abhang zu reisen, gibt es da auch nicht viel zu planen. Ein Schiff nach Ostia geht von hier aus fast jeden Tag und Platz für einen Mann findet sich immer."


    Alte liebgewonnen Gewohnheit, immer bereit die Zelte abzubrechen und weiterzuziehen .. sozusagen fluchtbereit mit Handgepäck .. sollte ich mir langsam abgewöhnen.


    Zeit das Thema zu wechseln. Etwas Smalltalk war angesagt.


    "Sehr ruhig in Tarraco, ich habe in den letzten Tagen fast keine Patroullien gesehen, keine Präsenz auf den Strassen. Scheint alles geordnet und friedlich."


    Das hatte mich etwas verwundert. So lange war es noch gar nicht her mit den Banden auf dem Land und dem Schmuggel übers Meer. Und nun nach dem Tod des Kaisers hatte ich mit mehr Unruhe gerechnet. Aber scheinbar hatte Furianus das Ganze gut im Griff. Ich hätte mehr Präsenz gezeigt. Aber glücklicherweise musste ich mir deswegen nicht den Kopf zerbrechen.

  • "Das ist gut."


    Kommentierte er die Vorbereitungen seines Bruders.
    Die weiteren Worte ließen ihn jedoch kurz den Atem anhalten. War Catus etwa Hellseher? Er war überrascht, ließ sich jedoch nichts anmerken und trank einen Schluck.


    "Ich werde nun ehrlich zu dir sein, Catus. Bevor dein Sohn hier vor uns steht."


    Dann legte er den Kelch zur Seite und blickte seinem Bruder in die Augen.


    "Reinen Wein werde ich dir nun einschenken, Bruder. Und ich sage Bruder zu dir, weil ich weiß wer du bist. Ohne jegliche Versicherung seitens deines Sohnes weiß ich, dass du Catus bist, mein Bruder.
    Du siehst einen Mann vor dir, der stolz ist das zu sein was er ist. Ich bin Patrizier, ich bin Senator und ich bin Proconsul. Die Ehre meiner Familie ist mir mehr wert als mein Leben, Catus. Was ist auch schon mein Leben im Vergleich zu meinen Ahnen? Und ja, ich bin stolz auf jeden Einzelnen eben dieser. Auf jeden Kaiser, ja, auch auf Domitianus, welchen dieses Senatorenpack bis heute verleumdet und nicht würdigt. Es widert mich geradezu an, dass dies passiert ist, denn dies ist für viele eine Schande, welche diesen Namen tragen. Für mich nicht, ich bin stolz Flavier zu sein, eben weil ich die andere Seite kenne, eben weil ich in Britannia aufgewachsen bin.
    Ich bin besonders stolz auf unseren Vater. Er ist gebildet, mächtig und auch wenn er sich um mich nicht sonderlich gekümmert hat, ist er mir stets der beste Vater gewesen. Ein wenig enttäuscht bin ich, dass er sich zurückgezogen hat, aber ich gönne es ihm. Dafür lastet nun Vieles auf meinen Schultern. Nun liegt es an mir die Geschicke unserer Familie zu lenken und ich bemühe mich redlichst als Furianus in Erinnerung zu bleiben, ein Mann, welcher der Familie Ruhm und Ehre erbracht hat. Darum bin ich Senator, deshalb bin ich Proconsul. Es ist meine Pflicht und diese ist mir wertvoller als alles andere. Ja, die Pflicht an der Familie. Ich stand den Ulpiern nie nahe. Doch man kann nicht sagen, dass ich den verblichenen Kaiser gehasst habe, nein, nicht ihn, sondern das Amt. Ja, ich bekenne mich zur Republik, denn durch diese könnte unsere Familie die Geschicke Roms besser lenken, als es uns nun möglich ist. Das ist frustrierend.
    Ich bin auch verpflichtet einen Erben zu hinterlassen, einen meines Blutes. Ja, ich bin es meinem Vater schuldig. Daher werde ich heiraten und eben diese Pflicht erfüllen. Ich lebe für die Familie, Catus. Und diese ist das, was zählt in meinem Leben. Daher bin ich maßlos enttäuscht. Nicht von dir, sondern von Flavius Lucanus und Flavius Aquilius. Letzterer ist mir nicht gegenüber getreten, wie ich es mir erwünscht hätte. Geradezu abweisend. Und ich kann dies nicht verstehen, daher ärgert es mich und wenn es mich ärgert, vergesse ich meine Bindung zu ihm, das, was uns verbindet, unser Name, hat für mich keine Bedeutung mehr. Er gehört nicht mehr dazu, wenn er sich so verhält, er ist ein Parasit, welcher seine Abstammung, seine Familie, nicht würdigt und daher nicht verdient. Ein Abkömmling aus dem Nebenzweig, einer ohne Ehre und Namen. Er maßt sich zu viel an. Ich hoffe nur dieser Lucanus kommt zur Besinnung.


    Ich habe wohl auch innerhalb der Flavier keinen tadellosen Ruf. Aber das will ich auch nicht. Sie mögen mich für inkompetent halten, nicht für würdig genug, aber ich habe es ihnen mehr als einmal bewiesen. Wenn sie nicht zu mir stehen, stehen sie auf der anderen Seite. Die Hauptsache ist nur, dass sich unsere Nachfahren an mich erinnern als der, der ich war - einer, der der Familie Ruhm und Ehre brachte.
    Ich will Macht, Catus. Ich bin vielleicht ein Phantast, ein Idealist. Aber ich wünsche mir eine starke Gens Flavia, die Speerspitze der Patrizier soll sie sein. Eine Familie wie einst, vor nicht allzu langer Zeit unter Vespasian. Und ja, eine Familie auf dem Thron. Eigenartig, nicht? Ich wünsche mir eine Republik, würde die Flavier jedoch wieder auf dem Thron sehen wollen. Doch wie gesagt, die Ehre der Familie ist mir mehr wert als meine Überzeugungen. Auch wenn es dieser Aquilius sein sollte, welcher den Thron besteigt, es ist mir gleichgültig, es muss nur ein Flavier sein. Auch wenn er mich dann liquidieren lassen würde. Mein Leben hat keinen Vorrang.
    Ich wünsche mir einen Senat ohne Plebejer, denn zu lange habe ich diesen Barbaren in unseren ehrwürdigen Hallen zusehen müssen. Ja, das sind sie. Nicht alle, gewiss, doch die Meisten. Die Patrizier sind es, die dieses Reich zu dem gemacht haben, was es ist. Daher sollten sie entscheiden, lenken, dienen.


    Dafür würde ich kämpfen, für die Familie und für mein Rom, meine Idee, meine Ideologie. Du weißt nun, wer ich bin, was ich will.
    Wirst du mich daher noch umarmen können? Mit mir stehen? Bedenke, dass die Antwort ohne Folgen sein wird, ich werde dir nicht zürnen, ich akzeptiere andere Ansichten, andere Meinungen, andere Einstellungen. Ich reiche dir nur meine Hand, eine nicht gerade saubere und unbefleckte. Du sollst wissen, worauf du dich einlässt. Doch wisse auch, dass du mein Bruder wirst stets bleiben."

  • Mit wachsender Spannung lauschte ich den Worten meines Bruders.
    Dann schwieg ich. Das war nicht der Augenblick für eine schnelle Antwort. Dies war zu wichtig.





    "Bruder, mit vielem was du gesagt hast sprichtst du mir aus dem Herzen. Früher habe ich oftmals mit dem Gedanken an einen neue Republik geliebäugelt. Doch ich musst erkennen, das wir die Zeit nicht zurückdrehen können .. und Rom ist zu groß geworden.


    Herausgewachsen aus den Schuhen einer Republik. Und wie ich aus deinen Worten entnehmen könnte ist dir das auch klar. Rom braucht eine starke Führung. Eine patrizische Führung. Aber es gibt kein zurück. Es gibt nur einen Weg voran, mit den jetzigen Gegebenhieten.


    Ich schätze viele Plebejer. Sie kennen ihren Platz und dienen Rom gut. Als starker Arm. Als gewiefte Händler. Das ist ihre von den Göttern gewollte Stellung.


    Aber nicht als Kopf der Imperiums.


    Das ist unsere Aufgabe.


    Aber sie Realität hat unseren Absichten hohe Hürden in den Weg gelegt.


    Julianus ist tod. Sein Adoptivsohn krank. Ich vermute mal in Rom werden sich alle überschlagen haben ihm ihre Treue zuszusichern. Und gleichzeitig hoffen er werde Rom nie lebbend erreichen, vielleicht gehen einige sogar noch weiter.
    Und dann ... dann wird das gewichtigste Argument die Anzahl an Legionen sein. Und ihre Entfernung zu Rom. Die Königsmacher, die Prätorianer.


    Die Situation ist gefährlich für uns Flavier. Wir haben keine Legionen.


    Es wird schwer für uns in diesem Spiel eine gewichtige Rolle zu spielen. Und nicht übrrollt zu werden.
    Ich habe wenig genug erreicht in meinem Leben. Ich habe wenig genug zu verlieren. Ich habe genug Verluste erlitten um den Tod nicht mehr zu fürchten, manchmal in dunklen Stunden würde ich ihn sogar wie einen guten Freund begrüssen. Mein Leben ist nicht mehr wichtig. Wenn ich noch die Möglichkeit habe wenigstens den Stein des Schicksals ein Stück in die richtige, in unsere Richtung, zu rollen, ist das mehr als genug für mich."


    Ich trat auf meinen Bruder zu.


    "Wenn du willst, Bruder, werde ich an deiner Seite kämpfen, für unsere Familie, für unser Rom, für unsere Ideen."


    Ich umarmte meinen Bruder.

  • Auch wenn Furianus nichts von Umarmungen hielt, außer sie aufgrund der rhetorischen Wirkung metaphorisch an die Wand zu malen, tat es dennoch gut. So gut, dass es ihm angesichts der doch dunklen Situation ein kurzes Lächeln entlockte. Zum Glück fing er sich dann doch schnell wieder und fasste Catus an den Schultern.


    "Ich habe nichts anderes von dir erwartet."


    Er machte eine kurze Pause und schneufte kurz durch.


    "Du hast es erkannt, es steht schlecht um uns. Iulianus ist zu früh gegangen. Wir haben keine Legionen. Und wir haben einst die Aelier ins Exil geschickt.
    Alles Faktoren, die diese Situation eher aussichtslos als irgendwie anders zeichnen. Du weißt sicherlich, dass Valerianus ein Aelier war, nein, er ist immer noch einer. Domitianus schickte sie ins Exil, ein Flavier. Es ist gefährlich und wir können nur beten, oder auch handeln, um dessen Tod so schnell wie nur möglich herbei zu führen. Doch was passiert dann? Die Gefahr wäre vorerst von uns gewendet, wenn er stirbt, denn ein Anrecht auf den Thron hätte keiner dieser Exilanten mehr. Dann regieren wieder die Legati und zeige mir einen, der dessen würdig wäre? Niemand außer Tiberius Vitamalacus. Und warum? Er ist Patrizier. Warum nicht Lucianus? Er hat Macht, er steht neutral zu uns, doch er ist eben kein Patrizier und das ist gegen meine Überzeugung. Auch wenn die Vinicier sich damit brüsten irgendwo Wurzeln zu den Claudiern zu besitzen, ja zu diesem Despoten Nero, sind sie doch nur von Fortuna mit Glück gezeichnete Plebejer in aussichtsreichen Ämtern.
    Aber Tiberius wird es nicht wagen den Thron für sich zu beanspruchen, er war schon immer zögerlich und naiv, ja er ist auch zu treu, um diesen Schritt zu wagen. Schade, dass nicht Durus, sein Verwandter, auf dieser Position ist oder gar ich selbst. Dann sähe es anders aus.
    Also können wir angesichts der Zukunft Roms, nicht unsriger, nur hoffen, dass dieser elende Aelier überlebt und Kaiser wird. Doch dann müssen wir uns um unseren Kopf sorgen und das macht mir zu schaffen.
    Jüngst erhielt ich einen Brief von unserem Vetter Gracchus aus Rom. Du kennst ihn nicht, er ist ein Mann der Götter, und von den Göttern mit Brillianz gesegnet, die er aber falsch einsetzt. Er sollte sich mehr um die Politik kümmern, aber das ist jetzt erstmal irrelevant. Nun, in dem Brief äußerte Gracchus eben die Bedenken, die ich auch habe. Er sorgt sich um die Familie in Rom, wenn der Aelier erst einmal da ist. Als Option zur etwaigen Flucht erwähnt er Hispania. Zurecht, denn ich bin hier Proconsul und unter dem Status einer senatorischen Provinz könnte der Arm des Aeliers nicht bis hierher reichen, solange er den Senat nicht gegen uns verschwört. Da der Aelier jedoch meiner Meinung nach politisch stümperhaft agieren wird, beziehungsweise gar keine Veranlagung besitzt, welche Iulianus doch hatte, könnten wir uns so vielleicht retten.
    Das heißt aber, dass Hispania noch mehr abgesichert werden sollte."


    Dann nahm er sich mit der Rechten den Kelch und trank einen Schluck daraus, um seine Kehle wieder zu befeuchten.


    "Hispania hat nur die Miliz. Keine Legion, wohl wahr, aber dennoch besser als nichts. Und ich bin oberster Polizeichef als Proconsul. Mir fehlt jedoch die Zeit, um mich dessen anzunehmen, die Männer so zu schleifen wie wir sie brauchen.
    Worauf ich hinaus will ist, dass ich dies gerne dir überlassen würde. Den jetzigen Regionarius werde ich durch dich ersetzen, so denn du bereit bist dies zu tragen. Außerdem werde ich dich in die Curia berufen, damit wir auch dort mehr Fuß fassen können.
    Wie klingt das?"

  • Ich hörte meinem Bruder aufmerksam zu.


    "Du hast Recht. Falls es hart auf hart kommt brauchen wir Flavier einen sicheren Ort. Dazu bietet sich Hispania an.
    Was du sagts macht die Lage noch schlimmer als befürchtet. Aber ich bin sicher du hast Recht mit dem Tiberier. Ich hatte anderes vom ihm erhofft, aber ich kannte bisher nur seinen Namen, nicht seine Persönlichkeit."


    Ich schwieg nachdenklich für einen Moment.


    "Ich kenne Hungaricus. Er ist der Kopf hinter den Viniciern. Und ich halte ihn für einen der gefährlichsten Männer. Das war er schon immer. Seine Treue galt uneingeschränkt Iulianus. Ich bin mir ziemlich sicher das er Iulianus Wunsch der Nachfolge ohne wenn und aber befürwortet und zumindest einen Teil seiner ehemaligen Treue auf den Aelier überträgt. Was aber wenn der Aelier stirbt? Was dann?
    Wenn Huncaricus keine Treue mehr bindet und hält?


    Wie steht der Aelier zu ihm? Er wird wissen das Iulianus große Stücke von ihm gehalten hat, seinen Rat achten, aber es wird nicht der gleiche Einfluß sein. Die zusammen durchgestandenen Kriesen fehlen. Es wird mit dem Kopf gesteuert sein. Und der Aelier wird immer einen Zweifel hegen. Denn die Vincier sind eine zu große Kraft.


    Valerianus war lange weg, hat die Machtspielchen in Rom nur am Rande mitbekommen. War abgschirmt. Er muss nun unsicher sein, was die Treueschwüre bedeuten. Er wird vorsichtig sein. Mißtrauisch. Und dadurch schwach.
    Wie wird der Aelier reagieren. Wird er versuchen alle die er für gefährlich hält so schnell wie möglich zu beseitigen? Ich glaube nicht. Ich glaube eher er wird sehr mißtrauisch und vorsichtig agieren. Aber ich würde nicht die Familie darauf verwetten."


    Ich straffte mich.


    "Wir müssen aus Hispania einen sicheren Hafen für die Flavier machen. Natürlich bin ich bereit meinen Teil dazu beizutragen.


    Und dann müssen wir abwarten was passiert. Wir müssen informiert und bereit sein. Auch daran werde ich beim Schleifen ein paar Gedanken verschwenden."


    Ich straffte mich. Dann grüsste ich meinen Bruder militärisch, mit einem Augenzwinkern.


    "Ich stehe zu deiner Verfügung, Proconsul."

  • "Wir müssen sehen, was die Zeit für uns bereit hält. Gewiss nicht viel, doch gewiss auch nicht nichts."


    Dann klopfte er Catus auf die rechte Schulter.


    "Gut, dann werde ich dich gleich heute ernennen. Den derzeitigen Regionarius schiebe ich auf das Amt des Hafenpräfekten ab. Er steht sowieso in meiner Schuld."


    Dann nahm er noch einen Schluck und nickte.


    "Wenn das erledigt ist, kannst du damit beginnen die Miliz ein wenig auf Vordermann zu bringen.
    Und ich werde derweil Informationen darüber einholen, ob wir nicht bald Besuch bekommen könnten. Damit meine ich diese Quästores Provincialis, aber da die letzten sowieso blind waren, wird sich das auch kaum ändern. Hoffen wir es, denn ich mag es nicht, wenn man mir über die Schulter schaut."


    Dann setzte er sich wieder auf die Kline und schnaufte durch.


    "Dann steht noch viel an und mein Consulat muss noch warten. Hast du dich schon um deine Grundstücke bemüht? Du hast sicherlich einige besessen und die Herausgabe kannst du verlangen."

  • "Stimmt ja, die regelmässigen Wahlen waren ja letztens. Aber ich vermute bis der Senat sich einig wird, wen er wohin schickt, da wird es noch eine Weile dauern. Anbetracht er momentanen Lage werden sie wohl sehr lange überlegen, wen sie wo hinschicken.
    Und wenn er dann kommt ist seine Amtszeit sowieso schon halb wieder um und der Quästor dürfte mehr damit beschäftigt sein seine
    weitere Karriere zu planen, als sich um Hispania zu kümmern."


    Grundstücke? Ich war mir ziemlich sicher das ich so was niemals bessen hatte. Wobei eigentlich hatte ich nicht die geringste Ahnung. Es hatte mich auch nie interessiert.


    "Um ehrlich zu sein, ich bin mir ziemlich sicher das ich nie irgendwelche Grundstücke besessen habe. Warum in aller Welt auch?
    Ich habe mich bisher noch niemlas um so etwas gekümmert. Felix hat das Vermögen der Flavier verwalten lassen. Ich habe eigentlich auch in Zukunft nicht vor mich mit diesen Wirtschaftdingen zu beschäftigen. Es gibt wichtigere Sachen. Insbesondere wenn du in näherer Zukunft Consul werden willst. Bis dahin müssen wir Hispania sicher im Griff haben, wenn du in Rom Consul bist und irgend ein anderer Proconsul wird."


    Ich nahm einen Schluck Wein.


    "Ich werde mir als erstes die Männer und die Gegend anschauen. Danach werde ich entscheiden, wie ich weiter vorgehe. Und ich glaube es wäre ratsam, wenn ich mich möglichst schnell an die Arbeit machen würde."

  • Als ich durch die Villa ging, hörte ich Stimmen, sie kamen aus dem Atrium. Diese Stimmen kamen mir vertraut vor... Die eine war von Catus und die andere, ja klar, sie war von Furianus. Da ich weder an der Tür lauschen wollte, noch einfach in das Gespräch hineinplatzen wollte, klofte ich an, bevor ich eintrat.


    "Seid gegrüßt, Catus und Furianus. Im Moment treffen wir uns immer häufiger, Furianus. Ist das ein Wink des Schicksals?", sagte ich scherzhaft.

  • "Ah, Quirinalis, da bist du ja. Hat dich der Sklave doch noch gefunden. Ich war mir nicht sicher ob du da bist, mein Sohn."


    "Komm her und nimm dir einen Becher Wein. Furianus hat mir eben das Amt des Regionarus angeboten und ich habe es natürlich angenommen."

  • "Salve, Neffe. Nun, ob Schicksal oder nicht, ich hoffe nur, dass dies kein schlechtes Vorzeichen ist."


    Sagte er leicht lächelnd und nippte an seinem Becher.


    "Ja, dein Vater wird in Zukunft dafür sorgen, dass wir nicht von hispanischen Milizen ins Elysium geschickt werden. Etwas unwürdig für einen Flavier so zu gehen. Wenn sie kommen, sollen sie schon Prätorianer schicken, denn einen Tod durch die Hand meiner eigenen Schutzbefohlenen werde ich niemals akzeptieren. Ein Prätorianerschwert soll es sein oder mein eigenes."


    Er hatte ein leichtes Lächeln aufgesetzt und auch ob des Witzes lag doch eine gewisse Wahrheit darin. Diese Situation konnte ja auch gleich morgen der Realität entsprechen.

  • Das lag definitiv im Bereich des Möglichen. Aber ich wäre nicht Catus gewesen, wenn ich nicht auch die Möglichkeit der einer Flucht ins hispnische Hinterland, eine versteckte Bucht und ein paar Boote in Beracht gezogen hätte. Ich hielt sie insoweit fest, als das ich mir Vornahm in dieser Richtung ein paar Vorbereitungen zu treffen.


    Ich nickte mit einem Grinsen zu den Worten Furianus.


    "Und ich will dafür sorgen, das sie zumindest den Anstand besitzen nicht nur ein oder zwei Mani Prätorianer zu schicken, sonder das Ganze auch etwas ernster nehmen. Wir Flavier sind ja nicht irgendwer, da sollte schon eine standesgemäße Anzahl an Truppen aufmarschieren."

    Natürlich machte ich mir keine Illusionen über die militärische Schlagkraft der Milizen. Sebst wenn man sie irgendwie dazu bringen könnte, sich gegen reguläre Truppen zu stellen, mehr wie ein Aufwärmtraining für diese würden sie nicht sein.


    Um so wichtiger waren rechzeitige Informationen .. und daran arbeite ich gerade ein wenig ...

  • Dem konnte Furianus nur beipflichten.


    "Genau, man soll sich daran erinnern. Wenn wir fallen, dann laut."


    Und er nippte abermals an seinem Becher, der schon wesentlich leichter war.
    Kurz überlegte er, ob er Quirinalis in die Sache einweihen konnte, entschied sich aber auch recht schnell dafür. Schließlich war sein Neffe Teil der Absicherung.


    "Dann hätten wir insoweit mit Catus einen Mann für das Grobe und die direkte Sicherheit. Natürlich müssen wir den Hafen auch in unserer Hand wissen, aber das werde ich übernehmen. Ein wenig Druck auf den Furier dürfte da wohl genügen.
    Und mit dir, Quirinalis, haben wir einen Repräsentanten der Verwaltung. Noch ein wenig und ich ernenne dich zum Comes, damit wärst du einer der drei ranghöchsten Beamten in Hispania, falls ich verhindert sein sollte oder vorzeitig ums Leben komme.
    Die Curia haben wir wohl ebenfalls in der Hand. Wobei ich sie nicht brauche, dennoch muss sie als Repräsentanz einer gewissen Beständigkeit und der Demokratie erhalten bleiben.
    Was ich noch gerne hätte wäre noch ein loyaler Pontifex als Repräsentant der Religion. Gracchus ist einer, aber er nützt mir hier in Hispania wenig. Einen lokalen Priester müsste man gewinnen. Vielleicht findet ja einer der in Rom Verbliebenen Gefallen daran. Lucullus, der Bruder von Gracchus, ist ja auch Sacerdos. Wen gibt es da noch? Dieser Lucanus, der kleine Verräter, den könnte ich dadurch auch besser im Auge behalten, damit er uns nicht weiterhin mit seiner Anschmiegsamkeit an diesen Frevler Avarus diffamiert. Ich werde mich darum kümmern.
    Was mir größere Sorgen macht ist jedoch der Curus Publicus. Einen Flavier würde ich da niemals einsetzen können und wollten - zu unehrenhaft. Das heißt ich bräuchte einen Loyalen Plebejer, jemand, der die Post für mich kontrolliert und auch bei Bedarf auch mal für mich öffnet. Mal sehen, was sich da einrichten lässt."

  • Ich hörte Furianus gespannt zu und nickte.


    "Ich stehe hinter dir, Onkel Furianus. Wenn wir fallen dann laut! Mein Leben werde für die Flavier geben und sollte es mein Ende bedeuten!"


    Als ich hörte, dass Furianus noch einen Plebejer suchte, fiel mir spontan Sevy ein...


    "Wenn du einen loyalen Plebejer suchst, könnte Gaius Didius Sevycius vielleicht nützlich für uns sein."

  • Furianus legte seinem Neffen die Hand auf die Schulter und lächelte mild.


    "Dann hoffen wir, dass unseren Worten keine Taten folgen müssen."


    Die Idee den Didier dort einzusetzen, stieß bei ihm auf Skepsis.


    "Ich weiß nicht wie er zu uns steht. Wir haben seine Verbindung zu Fausta zu verhindern gesucht. Und diese Person müsste die Gesetze brechen, uns Briefe aushändigen, zurückhalten, Briefe öffnen...das erfordert besondere Loyalität, die ich bei Sevycius nicht sehe. Ich denke er ist zuerst seinem Gewissen verpflichtet und darauf kann ich mich nicht verlassen."

  • Furianus' Äußerungen stießen bei mir auf Verständnis. Klar, Sevy war immer auf sein Gewissen bedacht, ob er eine solche Aufgabe wirklich zuverlässig erfüllen würde, konnte man nicht mit Sicherheit sagen.


    "Ich verstehe Onkel..."


    Nachdenklich schaute ich Furianus und Catus an.


    "Ansonsten wüsste ich niemanden, der uns in dieser Sache weiterhelfen würde. Sich jemanden zu kaufen wäre wohl auch nicht ratsam, das ist nicht sicher genug."

  • "Ja, man kann sich höchstens Spione oder Mörder kaufen, aber hohe Beamte würden dir irgendwann in den Rücken fallen. Oder dir zu gefährlich werden aufgrund ihres Wissens, dann musst du sie sowieso liquidieren."


    Sagte er nachdenklich und bemerkte nicht, was er da gerade sprach. Egal, die Familie würde ja schweigen.

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