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Ich betrat die Aula Regia und kündigte einen Römer aus guter Familie an:
Der ehrenwerte Stationarius Caius Aelius Archias!
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Ich betrat die Aula Regia und kündigte einen Römer aus guter Familie an:
Der ehrenwerte Stationarius Caius Aelius Archias!
Der Praefectus Aelexandriae et Aegypti saß wie üblich in seinem leicht erhöht platzierten Stuhl und erwartete den Besucher, der ihm soeben angekündigt worden war.
Ein wenig verwunderte es den Aelier schon, dass er gar nicht so lange warten musste wie zuvor angenommen. Entweder, der praefectus hatte nichts zu tun, jemand anderer hatte abgesagt - oder er hatte ihn erwartet. Vielleicht war er nebenberuflich Orakel? Was für sinnfreie Spekulationen! Jedenfalls sorgten sie (neben den wunderschönen Wandmalereien und Verzierungen) dafür, dass Caius nun tatsächlich vergaß, was er hatte sagen wollen. Und das war wohl auch besser so, denn im Improvisieren war er um ein Vielfaches besser als im Vortragen eingeübter Texte. Katander war da auch keine große Hilfe, denn der lief nur staunend neben Caius her und hielt sich im Hintergrund, kaum dass sie die aula regia betreten hatten. Kassandros kündigte ihn an (Caius kam sich ungeheuer wichtig vor, fühlte sich zugleich aber auch ein wenig unwohl), und dann war er an der Reihe.
Er trat vor, räusperte sich dezent und entbietete mit angedeuteter Verbeugung seinen Gruß.
»Salve, praefectus! Es ist mir eine Ehre, dass du Zeit erübrigen konntest.« Ich hoffe, es geht dir gut? So ein Quatsch.
»Ich bin der neue stationarius für Alexandrien.«
“Salve Caius Aelius Archias. Es freut mich sehr, dass die Station des Cursus Publicus in Alexandria wieder einen Stationarius hat. Willkommen in Aegyptus. Ich hoffe, du hattest eine gute Reise?“
»Herzlichen Dank, praefectus. Die Reise war ehrlich gesagt weniger angenehm, aber ich bin immerhin heil angekommen«, erwiderte Caius und lächelte schief.
»Wie lange ist denn die Stelle vakant? Und kannst du mir vielleicht sagen, wer mein Ansprechpartner hier vor Ort ist?« Irgendwer musste schließlich die ganzen Briefe nach dem Scheiden des letzten stationarius abgehandelt haben. Und der PP hatte etwas gemurmelt von wegen Aushilfe aus anderen mansiones, nur Namen hatte er Caius keine nennen können. Vermutlich hatte man als Prätorianerpräfekt aber auch anderes im Kopf als die Namen irgendwelcher Postbeamten.
Genau so war es.
“Hat man dich denn in Rom denn nicht umfassend instruiert, bevor du abgereist bist?“, fragte er darum halb erstaunt und halb entrüstet.
“Das fällt nicht in meine Zuständigkeit.“
Er sah zu seinem Schreiber.
“Kassandros, wer hat bisher in der Niederlassung des Cursus Publicus das Sagen gehabt. Weißt du es?“
Etwas erschrocken schaute ich hoch, es war schließlich selten das ich hier angesprochen wurde.
So wirklich das Sagen hatte irgend wie niemand, aber man traf in letzter Zeit immer nur eine Person an, einen Tabellarius Dispositus mit Namen Marcus Postumius Vortex. Damit hatte dieser dann wohl das Sagen...
Gab ich irgendwie verwirrt zu verlauten.
Der Präfekt nickte seinem Schreiber zu und wandte sich wieder an Archias.
“Da hast du es. Du musst dich wohl an diesen Postumius halten.“
Schon hatte Caius den Mund geöffnet, um zu beteuern, dass der PP nicht explizite Namen genannt, sondern nur von Ämtern gesprochen hatte, da trat Kassandros vor und warf einen Namen ins Spiel, den Caius sich besser merkte. Zur Sicherheit vermerkte auch Katander den Namen gedanklich, und Caius nickte.
»Postumius Vortex. Gut, vielen Dank, ich werde ihn später aufsuchen. Gibt es denn etwas, dass du vielleicht noch wissen musst oder möchtest, praefectus?« fragte Caius, da er selbst nicht so genau wusste, was er noch sagen sollte, war diese Audienz doch ein wenig plötzlich gekommen und er nun zu überrumpelt. Bestimmt fielen ihm später noch tausend Fragen ein. Fürs erste aber begnügte er sich damit, den praefectus genauer in Augenschein zu nehmen, er wirkte selbstsicher, aber auf eine entspannende Weise normal. Und war er nicht ein Klient von Quarto?
“Bist du schon lange beim Cursus Publicus tätig?“, fragte Germanicus Corvus, nunmehr fast schon im Plauderton.
»Nein, praefectus«, antwortete Caius und schüttelte den Kopf.
»Ich war zuvor in Germanien als scriba des Hafenmeisters von Brigantium tätig.« Und er hoffte, dass die dort erworbenen Kenntnisse ihm auch beim Postdienst helfen würden. Immerhin hatte der praefectus portuensis ihn mit Arbeit zugeschüttet, auch wenn sie gar nicht in sein Tätigkeitsfeld gefallen und er zudem absolut unterbezahlt gewesen war - aber das war eine andere Geschichte.
»Ich denke, ich werde mich schnell einarbeiten können«, fügte er hinzu.
“In Brigantium? Oh ja, dass kenne ich gut. Ich war mit der Zweiten dort, im vorletzten Sommer. Ist der Tribunus Classis Passienus Lollianus noch in Brigantium?“
Germanicus Corvus gab gerne damit an, wen er im riesigen Imperium alles kannte, vor allem wenn es sich um höhe Würdenträger, oder noch besser, Offiziere handelte. Darum erwähnte er diesen Passienus, obwohl der großmäulige und gönnerhafte Kerl ihm damals ziemlich auf die Nerven gegangen war.
Passienus, Passienus... Ah!
»Passienus Lollianus? Als ich zurück in die Heimat reiste, war er sogar drauf und dran, zum praefectus ernannt zu werden. Ob etwas daraus geworden ist, kann ich dir aber leider nicht sagen«, erwiderte Caius und versuchte sich an das grobschlächtige Gesicht besagten Mannes genauer zu erinnern. Doch das einzige, dessen er sich erinnerte, war das Mundwerk, das zu oft zu voll genommen worden war.
»Meine Zeit in Germanien ist allerdings auch schon wieder ein knappes Jahr her.«
“Präfekt der Classis Germanica? Ein wirklich wichtiges Kommando, mit viel Verantwortung.“ Zu viel für diesen Mann, wie Corvus fand, aber das sagte er nicht laut.
“Nun gut, ich denke, du wirst dich schnell in Alexandria einleben. Bist du eigentlich näher mit unserem Iuridiculus verwandt, mit Lucius Aelius Claudianus Marcellus, dem Sohn des Konsulars Aelius Quarto?“
»Ja«, erwiderte Caius in Ermangelung einer passenderen Antwort. Er konnte doch schlecht sagen, dass er diesen Passienus als äußerst geschwätzigen Mann in Gestalt einer Boje und mit dem Intellekt eines Weißbrots während eines Empfangs kennengelernt hatte, und dass jener sich am Schluss der Feier mit je einer ansehnlichen Dame rechts und links hurtig nach Hause begeben hatte... Caius aber kam gar nicht in Versuchung, diese Gedanken überhaupt auch nur ansatzweise auszusprechen, denn der praefectus warf nun einen Namen ins Gespräch, der Caius' Lächeln die Ehrlichkeit ein wenig nahm. Dennoch hielt er es aufrecht.
»Der...Sohn von Quarto«, wiederholte er etwas ungeschickt, noch ehe er sich eine Antowrt zurechtgelegt hatte. Er lächelte nochmals gezwungen und schüttelte dann den Kopf.
»Wir haben nicht mehr gemein als unseren nomen gentile«, erwiderte er schließlich so sachlich, wie es ihm möglich war. Wie kam es, dass er überall und ständig von den Größen seiner Familie überschattet würde? Er musste daran dringend etwas ändern. Nicht zum ersten Mal beschloss Caius dies, und doch war es ihm diesmal ernster als jemals zuvor. Irgendwann sollte schließlich auch jemand von ihm so reden. »Bist du eigentlich mit Aelius Archias verwandt? Dem großen Eques - Senator!-Eques!-Senator!-Eques!! - dem großen Eques, der das ganze Imperium damals...« Caius blinzelte und konzentrierte sich wieder auf das Hier und Jetzt. Er musste ernster werden, das stand fest. Und irgendwann würde er sich entscheiden müssen, doch bis dahin war es noch ein langer Weg, den er bei weitem nicht nur wegen einer Dame gehen wollte, die im fernen Rom ganz allein war.
“Ah ja. Nun... äjhm... immerhin.“, antwortete Germanicus Corvus etwas lahm, als diese Entgegnung ihre kleine Plauderei auch schon wieder zum versiegen brachte.
“Wenn du kein weiteres Anliegen hast, dann danke ich dir sehr für deinen Besuch.“
Caius lächelte zerknirscht. Was hätte er auch sonst anderes tun können? Es schien keinen Ort im imperium zu geben, in dem man nicht wenigstens einen seiner Verwandten kannte, der besser bekannt oder auf der Karriereleiter weiter war als er selbst. Ein sonderlich guter Gesprächspartner schien er auch nicht zu sein. Starke Zweifel kamen in ihm auf, doch er kämpfte sie irgendwie nieder. Da läutete der praefect auch schon das Ende ihrer Unterhaltung ein.
»Oh, ich habe zu danken, praefect. Ich hatte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass du einen stationarius empfangen würdest.« Was im Grunde die nackte Wahrheit war. Dafür war Caius ohnehin ein Spezialist.
»Ich habe sonst keine Fragen mehr, vielen Dank. Dein scriba war bereits so freundlich, mir eine Stadtführung anzubieten. Ich hoffe, bald auch eine nette insula zur Miete zu finden. Ich nehme an, wir werden uns noch das ein oder andere Mal begegnen, Präfekt.« Und das wirkte nun wie eine Drohung, war aber im Grunde nur der Versuch, freundlich zu sein. In der Nähe von Kassandros seufzte Katander tief und verkniff sich gerade noch rechtzeitig ein Kopfschütteln.
“Das hoffe ich doch sehr.“, antwortete Corvus durchaus freundlich. Scheinbar nahm er an den Worten des Stationarius keinerlei Anstoß, was aber vielleicht auch daran lag, dass er nicht weiter über sie nachdachte.
“Dir wird Alexandria gefallen, da bin ich mir sicher. Vale!“
Er erhob sich von seinem Stuhl, und damit war die Audienz beendet.
»Vielen Dank, praefectus«, wiederholte Caius noch einmal.
»Vale.«
Er neigte grüßend den Kopf, wandte sich dann um und ging zu Kassandros und Katander, um beiden hinaus zu folgen. In gewisser Weise fühlte er sich erleichtert, die aula regia nun verlassen zu können, auch wenn er es sich schlimmer vorgestellt hatte, dem Statthalter Ägyptens gegenüberzutreten.
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