[Casa] Tribunus Laticlavius Titus Aurelius Ursus

  • Treffer! Versenkt! Konnte man nich ma in Ruhe schluchzen? Musste jedes mal einer auftauchen und einem die miese Stimmung noch mieser mach´n? Und außerdem, wer hatte den denn jetzt schon wieder auf´n Plan geruf´n?
    Eben noch saß ich heulend auf der Treppe und musste an meinen kleinen Bruder denken, schon trat mir einer ins Kreuz. Erschrocken wär ich beinahe die zwei, drei Stufen runtergefall´n, ich konnt mich aber grad noch so halten. Zum Glück konnte man bei der Dunkelheit nich mein dummes Gesicht seh´n, das ich gemacht hatte als ich das Gefluche hörte. Mist! Ursus! Garantiert würde der gleich wieder rumnörgeln. Das war derzeit sowieso seine Lieblingsbeschäftigung, zumindest wenn´s um mich ging. Aber ich hatt´ nich gegen seine Anordnung verstoßen,nee, denn ich war ja noch da. Die Treppe, die zum Haus führte, gehörte ja schließlich auch noch zum Haus, so sah ich jedenfalls die Sache. Also konnt´er mir jetzt nich noch vorwerfen, abhau´n zu woll´n und wenn er´s doch täte, war´s mit mittlerweile auch egal! Sollte er nur noch mehr Salz in meine Wund´n reiben, klar, Caelyn verträgt das, Caelyn macht das nix aus. Aber´s machte mir doch was aus, denn ich konnt nich mehr! Nich nur, dass ich mit nach Germanien musste und jetzt in diesem Scheißkastell wohn´n musste, nee, ich saß auch hier fest, wahrscheinlich ´n ganzen verdammtes Jahr! Dass Sertorio mich jemals freiwillig mitnehmen würd´, konnt ich mir abschminken.
    "Was machst du´n hier?", fragte ich schluchzend und wischte mir mit mein´m Handrücken die Tränen und den Rotz von der Nase.

  • Es war tatsächlich Caelyn. Eine schluchzende, offenbar zutiefst verzweifelte Caelyn. Ein Anblick, der einem schier das Herz zerreißen konnte. Am liebsten hätte er sie jetzt umarmt und getröstet. Aber war das das richtige? Er wußte es nicht. Er wußte es einfach nicht. Verstand und Gefühl rangen miteinander. Doch er trat schon mal einen Schritt näher und reichte ihr ein Tuch. Ein reiner Reflex. Vielleicht sollte er ihr raten, solch ein Tuch ab jetzt bei sich zu tragen? Nein, nicht der richtige Moment. Ganz und gar nicht der richtige Moment.


    "Ich konnte nicht schlafen", erklärte er leise. "So wie Du wohl auch nicht, hm? Ich glaube, es ist sogar das gleiche, was uns beide nicht schlafen läßt." Er seufzte und blickte sie dann mit leicht schiefgelegtem Kopf an. Seine Miene zeigte jetzt keinen Zorn, sondern war eher schon besorgt zu nennen. "Was hältst Du davon, ein paar Schritte zu gehen? Oder möchtest Du lieber allein bleiben?"

  • Nee, er war gar nich sauer! Wahnsinn, der Mann konnte einem ja tatsächlich noch überrasch´n! Er nörgelte auch gar nich rum! Gar nix! Es erstaunt mich nur´n bisschen, als er meinte, wir´könnt´n wahrscheinlich aus den gleichen Gründen nich schlafen. Komisch, vermisste der auch seinen Bruder? Nee, klar wusste ich, was er meinte und ja, das konnte man so sag´n. Ich nahm sein Tuch und wischte mir damit die letzt´n Tränen weg.
    "Ja, ich konnt´auch nich schlafen. Is jedes ma das gleiche, wenn ich irgendwo neu bin. Die erste Nacht is echt furchtbar!" Klar, das stimmte zwar, das war allerdings nich der Grund, weswegen ich geheult hatte. Er konnte sich aber auch sicher vorstell´n, warum ich geheult hatte.
    Sein Vorschlag, sich die Füße zu vertret´n, fand ich gut. Ich fackelte auch nich lange und antwortete ihm. "Nee, ich will nich allein sein. Ich würd auch gern ´n bisschen laufen."
    Vielleicht konnt´s ja wieder´n bisschen so werd´n, wie früher, bevor ich...

  • Ursus seufzte leise. Warum log sie denn jetzt? Konnte sie denn nicht ein einziges mal offen und ehrlich sein? Doch er sagte nichts dazu, es mußte ihr ja klar sein, daß er genau wußte, warum sie wirklich geweint hatte.


    "Hier, gehen wir diese Straße runter, ja? Da hinten können wir dann abbiegen und an der Mauer entlang um das ganze Lager herum gehen." Er ging einfach los und hoffte, daß sie mitkam. Langsam schlendernd ging er voran und wußte nicht, wie er das Gespräch anfangen sollte, ohne daß sie gleich wieder dichtmachte.


    "Was hättest Du an meiner Stelle getan?", fragte er schließlich nach einer Weile des Schweigens. Vielleicht würde ihn das ja ein wenig weiter bringen. Wenn er erfuhr, wie sie das alles beurteilte. Natürlich konnte das auch mächtig nach hinten losgehen. Doch einen Versuch war es immerhin wert. Fand er.

  • Ich folgte Ursus einfach ma. Alleine hätt ich mich hier eh nich zurecht gefund´n. Wenigstens konnt ich so ma auf and´re Gedanken kommen und auch noch ´n bisschen Luft dabei schnappen. Dacht ich zumindest, bis er mich fragte, was ich gemacht hätte, wenn ich an seiner Stelle gewes´n wär. Darüber hatt´ich ehrlich gesagt noch nie nachgedacht. Naja, sauer wär ich bestimmt auch gewes´n.
    "Was ich an deiner Stelle gemach hätte? Ich weiß nich. Ich wär bestimmt auch sauer gewes´n. Ich wär aber nich so furchtbar nachtragend gewes´n. Klar, irgend ´ne Strafe muss ja sein, aber nich eine, die wochenlang dauert. Das is echt schlimm für mich, wenn ich wochenlang nich beachtet werd, wenn keiner mit mir was zu tun haben will, als hätt ich ´ne ansteckende Krankheit. Ich weiß, ich hab Mist gebaut, aber bitte lass mich nich einfach fallen. Nich hier, nicht wenn ich jetzt auch noch für´n ganzes Jahr hier eingesperrt bin. Ich hab doch hier niemanden!" Schon wieder war´s bald soweit, doch diesma, wollt ich mich nich einfach so geh´n lass´n, schließlich war ich früher auch nie ´ne Heulsuse gewesen.

  • Sie schlenderten langsam die Lagerstraßen entlang und sprachen dabei nur halblaut miteinander. Mußte ja nicht jeder gleich wissen, worüber sie sprachen. Ursus hörte aufmerksam zu, was sie auf seine Frage antwortete. Und er überlegte auch erst, bevor er antwortete. "Weißt Du, ich habe Dich gar nicht fallengelassen. Hätte ich das getan, hätte ich Dich verkauft oder zumindest aus meiner Nähe verbannt und den Haussklaven zugeordnet. Ich möchte Dir so etwas auch gar nicht antun, sondern Dir gerne eine zweite Chance geben. Doch zugleich darf ich Dir auch noch nicht wieder vertrauen. Wenn es nur um mich ginge, wäre das nicht so ein Problem. Aber das Ansehen meiner Familie steht auf dem Spiel. Das mag Dir merkwürdig vorkommen. Und vielleicht sogar unmenschlich und unfair, weil ich das Ansehen meiner Familie über alles stelle. Doch ich bin Patrizier. Und in dem Bewußtsein erzogen worden, daß dies so zu sein hat. Was immer Du tust... für die Menschen außerhalb der Familie ist es meine Tat. Du bist ein Teil von mir. Meine handelnde Hand praktisch. Ich bin verantwortlich für alles, was Du tust und sagst, als hätte ich es selbst gatan und gesagt. Und auf genau diese Weise fällt es auch auf die Familie zurück."


    Er atmete tief durch. "Ich habe Dich immer noch sehr gern, Caelyn. Daran hat sich überhaupt nichts geändert. Vielleicht... hat manches auf Dich wie ein Teil der Strafe gewirkt, was gar nicht so war. Ich habe in der letzten Zeit sehr unter Druck gestanden. Die Abreise hierher mußte so schnell organisiert werden, daß ich wenig Zeit hatte, mich um die Menschen um mich herum zu kümmern. Und was die anderen angeht... ich denke, die sind einfach erschrocken darüber, was Du getan hast. Und warum Du es getan hast, verstehe ich auch immer noch nicht. Vielleicht... würde es helfen, wenn Du es mir und ihnen erklären würdest? Du bist doch keine krankhafte Diebin, oder?" Er hatte gehört, daß es solche Menschen geben würde. Die stahlen, ohne die geringste Notwendigkeit. Einfach, weil sie einen Drang in sich spürten und diesen nicht unterdrücken konnten. Er konnte nur hoffen, daß es bei Caelyn nicht so war.

  • Das war ja echt nett, was er da sagte! Er hatt mich noch immer sehr gern, auch wenn er´s nich zeigte. Naja, dafür konnt ich mir zwar jetzt auch nix kauf´n. Auch das mit der komischen Patrizierkiste hatte ich nich so richtig kapiert. Wieso war er dran schuld, wenn ich geklaut hatte? Wenn einer so über ihn dachte, dann hatte der doch auch nich alle Tassen beisammen! Aber wenn ihm das so wichtig war, auch gut.
    "Nee, das is nich krankhaft bei mir. Keine Sorge!" Ich musste da ja fast lachen, als er mich das fragte. Zum Glück, hatt ich nich ´n Sprung in der Schüssel. Aber eines war mir doch zu hoch, wieso verstand er einfach nich, warum ich geklaut hatte! Das hatt ich ihm doch erst heute Abend erklärt!
    "Du verstehst nich, warum ich frei sein will, oder? Weisste, wenn du fast nix und niemanden mehr hast, dann klammerst du dich eben an das und denjenigen, was du noch hast! Ich hab als Kind für ´ne kurze Zeit erlebt, wie´s is, wenn einer da is, der dich liebt. Das war richtig schön! Auf der Straße gibt´s niemanden, der sich um dich Sorg´n macht und der dich ma in´nen Arm nimmt, wenn´s dir nich gut geht. Da will ich auch nich mehr hin. Aber ich hätt gerne wieder jemanden, der mich lieb hat. Und außerdem is da noch mein kleiner Bruder…Naja, so klein is der auch nich mehr. Er is drei Jahre jünger als ich und eigentlich is er ja nur mein Halbbruder. Aber er is jetzt ganz auf sich selbst gestellt und ich weiß gar nich, ob er noch am Leb´n is. Ich hab keine Ahnung, ob du das jetzt nachvollziehen kannst, aber mein Bruder is meine Familie und für die bin ich verantwortlich." Vielleicht würde er ja jetzt endlich versteh´n. Das musste doch einleuchtend sein! Nur wegen meinem Vergüg´n hatt ich ja nich geklaut.

  • Ursus runzelte die Stirn. "Ich habe verstanden, daß Du unbedingt frei sein möchtest und habe für diesen Wunsch auch Verständnis. Aber warum Du dafür stehlen mußtest, das habe ich nicht verstanden." Wieviel hatte sie denn geglaubt, erbeuten zu können? Und wie oft meinte sie unentdeckt stehen zu können, daß sie meinte, ihren Kaufpreis zusammenzubekommen. Vor allem, weil doch abzusehen war, daß er gefragt hätte, wo sie das Geld herhatte?


    "Caelyn, ich kann Dich nicht einfach freilassen. Wie sähe das für die anderen aus, die schon seit Jahren treu dienen in der Hoffnung, dafür eines Tages mit der Freiheit belohnt zu werden? Was eine berechtigte Hoffnung ist." Er war stehengeblieben und blickte sie an. Der Mond beschien ihr Gesicht und ließ es sehr blaß wirken. Er legte seine Hände sanft auf ihre Schultern. "Wenn ich Dich jetzt einfach freilassen würde, könntest Du nichts tun. Du besitzt nichts. Nicht mal das allernötigste. Was würdest Du anderes tun als Dir Arbeit suchen? Damit Du wohnen, essen und Dich kleiden kannst? Was ist daran anders als jetzt? Was bedeutet Freiheit für Dich? Was wäre daran anders als jetzt? - Und nun zu Deinem Bruder. Du möchtest wissen, wie es ihm geht? Wir könnten jemanden beauftragen, der nach ihm sucht. Was hältst Du davon?"

  • Ja, ja, ja! Selbst ich hatt´s bis hier hin schon begriffen, wie hirnrissig die ganze Aktion gewesen war! Aber was tat man nich alles in seiner Verzweiflung? Da machte man eben auch ma Blödsinn, der einem hinterher leid tat. "Sertorio hat mir erzählt, dass er spart und als er meinte, dass er in zehn bis fünfzehn Jahren soviel hat, damit er sich freikaufen kann, hab ich nur noch rot geseh´n! Das is zu lange! In fünfzehn Jahr´n bin ich ´ne alte Frau. Deswegen hab ich ´s gemacht. Und wenn sie mich dafür dann an ´n Kreuz genagelt hätt´n, hätt ich das auch in Kauf genomm´n. Was tun, is besser als nix tun!" Naja, das er mich nich einfach so freilass´n konnt´, das leuchtete mir ja vielleicht noch ein. Und eigentlich ging´s mir ja auch gut. Ich hatte so manches, wovon ich vorher nur geträumt hatte.
    Aber ich war ja völlig von der Rolle, als er seine Hände auf meine Schultern legte, nich um mich zu rütteln, nee, er tat das ganz sanft und sprach dann weiter.
    "Ja, du hast ja recht. Nix wär anders, außer dass ich eben dort hingeh´n kann, wo ich will"...und nich in so ´nem blöden Castellum wohnen muß. Als Ursus dann auf mein´n Bruder zu sprechen kam, sah ich verwundert auf. "Das würd´st du echt mach´n? Wirklich? Du würd´st einen schicken, der nach Louan sucht? Und das is jetzt nich nur so dahingelabert? Ehrlich?" Ich konnt´s nich glaub´n! Mir kamen schon wieder die Tränen, aber diesma wegen der Freude.

  • Ursus hob eine Hand und strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. "Selbst in fünfzehn Jahren wärst Du keine alte Frau, Caelyn. Und das mit dem Kreuz... Das ist ein schrecklicher Tod. Du solltest ihn nicht so leicht riskieren. - Wohin würdest Du gehen, wenn Du gehen könntest, wohin Du willst?" Sie fühlte sich eingesperrt. Doch genau das hatte er ja eigentlich nie gewollt. Deshalb hatte er sie oft in der Stadt etwas erledigen lassen. Deshalb hatte er ihr Rom gezeigt. Sie sollte sich nicht eingesperrt fühlen. Und arbeiten und irgendwem gehorchen... wer mußte das nicht?


    "Ja, ich meine das ernst. Sehr ernst sogar." Warum auch nicht? Er konnte Caelyns Sorge gut verstehen. Wenn er so um Minervina fürchten müßte... er würde schier verrückt werden.


    "Es wird eine Weile dauern, jemand geeigneten zu finden. Doch dann solltest Du wissen, was Du ihm an Informationen geben kannst. Und Dir überlegen, was Du Deinem Bruder mitteilen willst."

  • Das war ja echt irre, was diese Nacht nocht so an Überaschungen auf Lager hatte! Das war ja fast wie Saturnalien und Beltane an einem Tag!
    "Ich würd wieder nach Hause geh´n, zu mein´m Bruder und versuchen irgendwie Fuß zu fassen. Is doch klar! Ich vermiss die Hügel und die Wälder so sehr. Naja, und wenn ich hier hingeh´n könnt´wo ich wollt´, dann auf jeden Fall ma hier raus. Das einzigste, was man hier im Castellum machen kann, is im Haus zu bleib´n! Ich würd´gern ma raus, wenigstens einma, um zu den anderen zu geh´n. Ich würd gern wissen, was die Ägypterin macht", ohne drauf wart´n zu müssen, bis es Sertorio ma einfiel, mich mitzunehm´n. Genau das wollte ich machen, wenn ich gekonnt hätte.
    Ich wusste nun echt nich mehr genau, was los war. Ob´s nun an Sertorios Teigaschen lag oder ob´s doch an der dünnen Mondsichel am Himmel, dass man mit Ursus plötzlich wieder vernünftig reden konnte, konnte ich nich genau sagen, ehrlich gesagt war´s mir auch Schnuppe, woran´s lag. Wichtig war, dass wir wieder miteinander sprachen, so wie früher.
    "Das ist echt lieb von dir!", schluchzte ich und drückte ihn ma ganz fest. "So nett war schon lange keiner mehr zu mir!"

  • Ursus nickte ernst. "Ist Dir dabei die Nähe zu Deinem Bruder der wichtige Punkt und der Ort relativ egal oder muß es in der Heimat sein?" Für Heimweh hatte er wirklich volles Verständnis. Wann immer er fern von Rom weilte, sehnte er sich dorthin zurück, egal wie schön der Ort war, an dem er sich aufhielt.


    Als sie ihn plötzlich umarmte und drückte, konnte Ursus gar nicht anders, als auch seine Arme um sie zu legen und ihr sanft über ihre Haare zu streicheln. "Na schön. Du darfst morgen zur Villa gehen. Allein. Auf direktem Weg hin und auf direktem Weg zurück. - Caelyn, enttäusche mich einfach nicht nochmal, hörst Du? Es hat mich wirklich verletzt, denn ich hatte Dir vollständig vertraut. - Wie kann ich Dir wieder so vertrauen? Ich möchte es gern, aber ich weiß nicht wie." Er seufzte und drückte sie leicht an sich. "Hab ein wenig Geduld, es wird sich alles wieder einrenken, wenn Du es nur willst."

  • "Wenn ich wenigstens wüsste, dass es Louan gut geht und ich ihn nochma wieder seh´n könnte, dann wär ich schon zufrieden." Klar, Augustodunum wieder zu seh´n wäre zwar auch schön gewes´n, aber mein Bruder war mir da um einiges wichtiger.
    Als er meine Umarmung erwiderte, war´s für mich, als wär das Eis endlich gebrochen. Auf ´n Stückchen Nähe hatte ich die ganze Zeit gehofft und ich war richtig ausgehungert danach gewesen. Einach ´ne nette Geste ohne Hintergedanken, damit man sich nicht mehr wie der letzte Dreck fühlen musste, das war´s, wonach ich die ganze Zeit verzweifelt gesucht hatte.
    "Danke! Danke, du weißt gar nich, was du mir damit schenkst! Ich werd dich nich nochma enttäuschen! Wirklich nich! So dumm bin ich nich mehr!" Wobei man ja bekanntlich niemals nie sagen sollte, aber daran dachte ich in dem Moment nich.
    "Ich geb dir alles, was ich hab...", auch wenn das nich so wahnsinnig viel war,"und ich werd jetzt auch immer das tun, was du mir sagst. Ich versprech´s!"
    Ich verharrte in seiner Umarmung und weinte vor Glück. Diesma wollt ich´s nich nochma verbock´n!

  • Ursus nickte ernst. "Es wird uns schon gelingen, Deinen Bruder zu finden. Damit mit dem sehen kann ich Dir nicht versprechen, aber wenn es möglich ist, sollst Du auch das bekommen." Hoffentlich versprach er nicht schon damit zuviel. Schließlich wußte er nicht, was der Bruder davon halten würde, gefunden zu werden. Falls er überhaupt noch lebte. Doch der gute Wille war bei Ursus da. Denn was nützte ihm eine Sklavin, die jeden Moment an Flucht dachte und sich stets Sorgen um ihren Bruder machte?


    Ihre Beteuerungen klangen ehrlich. Hatte sie ihre Lektion tatsächlich gelernt? Ganz sicher konnte Ursus sich nicht sein, doch er konnte sie ja nicht dauernd eingesperrt halten. "In Ordnung. Ich will Dir Glauben schenken, Caelyn. Geh erstmal morgen zur Villa. In den Tagen, wo ich unterwegs bin am Limes, solltet ihr vielleicht ohnehin in der Villa bleiben. Und... was das Geben betrifft: Du brauchst mir nichts zu geben, Caelyn. Was ich von Dir möchte ist Zuverlässigkeit, das ist eigentlich schon alles." Noch immer hielt er sie an sich gedrückt. Ihr Schluchzen und Weinen berührte ihn tief. Es war nicht aufgesetzt oder gekünstelt. Es war deutlich zu spüren, daß sie wahrhaft verzweifelt war. Beziehungsweise jetzt entsprechend erleichtert.

  • Klar, erleichtert war ich jetzt auf jeden Fall und das nich nur wegen mein´m Bruder. Meine zweite Chance würd ich nutz´n und nich wieder sinnlos vertun. "Ich werd zuverlässig sein! Wirklich!" Gleich morgen würd ich´s ihm beweisen! Ich konnt´s kaum noch erwarten, Merit, Siv und die andern wieder zu seh´n. Naja, auf Matho war ich eigentlich nich so scharf, aber seinen unwiderstehlichen Charme nahm ich dann gern in Kauf.
    Während ich noch immer in Ursus´ Armen lag, kam ich dann doch ins grübel´n. Meinen Bruder zu finden, das war einfacher gesagt, als getan! Er konnte praktisch überall in der Stadt sein. Wir hatt´n keinen festen Schlafplatz gehabt. Ich fragte mich auch, ob er allleine überlebt hatte. Denn mehr oder weniger war er ja auf mich angewies´n gewesen. Ob er sich alleine nur vom betteln über Wasser gehalten hatte? Daran konnt ich kaum glaub´n! Ich sah das durchaus realistisch und machte mir nich allzu große Hoffnungen.
    "Es wird schwierig werden, meinen Bruder zu finden! Er kann überall und niergends sein!"
    Aber wenn er tatsächlich auffindbar wäre, dann würde ich sicher überglücklich sein.

  • Ursus atmete auf. Jetzt blieb zu hoffen, daß sie zu ihrem Wort stand. Doch was sie sagte, klang ehrlich und entschlossen. Sie hatten einen schlimmen Fehler gemacht und offenbar endlich eingesehen, daß es einer war. Er hoffte, daß er selbst keinen Fehler machte, indem er nun doch wieder versuchte, ihr Vertrauen zu schenken.


    Was den Bruder anging, hatte sie natürlich recht. "Nichts im Leben ist leicht, Caelyn. Doch wir können es immerhin versuchen. Vielleicht gefällt Dir auch nicht, was wir über Deinen Bruder in Erfahrung bringen können. Aber... immerhin besteht die Möglichkeit, Dir Gewißheit zu geben. Und wenn die Götter Dir wohlgesonnen sind, dann wird Dein Bruder leben und es ihm gut gehen." Und hoffentlich machte diese Bruder dann keinen Ärger, denn das war natürlich auch eine Möglichkeit. Doch sich darüber Gedanken zu machen, war Zeit genug, wenn es erst einmal soweit war.

  • Die wildesten Gedanken gingen mir im Kopf rum, als ich daran denk´n musste, wie´s mein´m Bruder ging und was er so machte. Echt, ich war Ursus ja so dankbar! Wie sollt ich das jemals wieder gut mach´n? Auch wenn man Louan nich finden würde, wenigstens hätte man´s aber dann versucht! Daran wollt ich aber erst gar nich denken. Louan musste einfach noch leben! "Ich werd zu Rosmerta beten und sie bitten, dass er gefunden wird!" Ich hatte von ´nem Altar für Rosmerta in ´nem Merkurheiligtum gehört, was es in Mogontiacum geben sollte. Vielleicht konnt ich da hin und zu der Göttin beten. Naja, eigentlich hatt ich´s ja nich so mit beten, aber wenn´s um meinen Bruder ging...
    Langsam wurd´s mir kalt an ´nen Füßen, denn ich war ja barfuß unterwegs und die Nächte in Germanien war´n alles andere als angenehm, jedenfalls um diese Jahreszeit. Hoffentlich holte ich mir nich ´n Schnupfen, sonst wär mein Ausflug zur Villa für´s erste ad acta gelegt. "Mir is kalt", sagte ich zu Ursus, der mich immer noch in seinen Armen hielt.

  • Wer auch immer Rosmerta war. Von einer Göttin dieses Namens hatte Ursus noch nie gehört. Aber gut, mit keltischem Glauben hatte er sich auch noch nie befaßt. "Göttliche Hilfe zu erbitten kann niemals schaden." Etwas, was er selbst in letzter Zeit etwas vernachlässigt hatte. Er mußte unbedingt wieder einen Tempel aufsuchen. Marstempel, das verstand sich ja von selbst.


    Auch wenn sie nur eine Sklavin war, sie war eine Frau. Eine schöne, junge Frau. Selbstverständlich nahm Ursus seinen Mantel von seinen Schultern und legte ihn ihr fürsorglich um. "Dann laß uns zurückgehen und schauen, daß wir wenigstens noch ein kleines bißchen Schlaf bekommen."

  • Es war sicher schon ´ne halbe Ewigkeit her, seit ich das letzte ma zu irgend´nem Gott oder ´ner Göttin gebetet hatte. Vielleicht weil ich dachte, die tun nix für mich, also tu ich nix für die. Aber jetzt war´s wirklich wichtig, dass die Götter ma so´n bisschen in die Gänge kamen! Also galt für mich das gleiche! Zu Haus in Augustodunum wurde Rosmerta auch zusammen mit Merkur verehrt. Im Laufe der Zeit hatte sich in den keltischen und germanischen Provinzen die römische Religion der keltischen angenähert und beide waren eine Symbiose eingegangen. So war´s auch nich verwunderlich, dass es hier in Mogontiacum so was gab. Schließlich lebten hier auch immer noch Kelten - Mediomatriker und Treverer.


    "Hier soll´s ´nen Schrein für Rosmerta geben, im Merkurtempel", fügte ich noch ganz uneigennützig hinzu. Außerdem hatt ich überhaupt keinen blassen Schimmer, wo denn dieser Tempel überhaupt war und ob ich da so ohne weiteres reinmaschier´n konnte.
    Ganz unerwartet legte Ursus dann seinen Mantel um mich, damit mir´n bisschen warm wurde. Ich kuschelte mich gleich darin ein. "Danke!" Jetzt konnt ich wieder n´ bisschen lächeln.
    Zurückgeh´n war sicher das Beste, was man machen konnte, um nich noch ´ne Erkältung zu riskier´n. "Ja, noch ´ne Runde schlafen, ware gut!"

  • Ursus behielt einen Arm locker um sie gelegt und führte sie auf die Straße, die den kürzesten Weg zurück zur Casa darstellte. "Was opfert ihr euren Göttern? Weihrauch? Oder Tiere? Ist es wie bei uns, daß an den Tempeln die Opfer gekauft werden können?" Ohne Opfer brauchte sie schließlich gar nicht erst da hinzugehen. Und daß sie nichts besaß, lag es wohl bei ihm, für das Opfer zu sorgen.


    Es war nicht weit bis zum Haus und Ursus blieb noch einen Moment stehen, als sie die Tür erreichten. Sie wollten ja schließlich Sertorio nicht wecken, also war es besser, das Gespräch hier zu beenden, bevor sie eintraten.

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