Architectus Italiae - Caius Redivivus Evander

  • Berichte... lauter Berichte aus allen Ecken Italias, meist sehr kurz gefasst lagen zu Hauf auf Evanders Tisch. Einen nach dem anderen arbeitete er sie durch. Kaum etwas interessantes war dabei. Kleinere Probleme hier, Schwierigkeiten dort, alles aber kaum der Rede wert, kaum etwas, was nicht behoben werden konnte. Evander machte sich Notizen, die er später seinem Sekräter geben würde, damit dieser daraus Schreiben machte, die an die jeweils zuständigen Beamten vor Ort geschickt würden.


    Evander wusste, dass früher oder später eine Reise bevorstand, eine Rundreise durch die Regio, bei der er sich selbst ein Bild von der Infrastruktur machen konnte und auch mal die Beamten vor Ort kennenlernen konnte und auch diesen die Gelegenheit gab, ihn als den neuen Architectus kennenzulernen. Er musste sich eine Reiseroute überlegen, denn so etwas erforderte genaue Planung. An vieles musste gedacht werden, die Route festgelegt, die Dauer geschätzt, die Stationen bestimmt, die Arbeiten vorbereitet. Während seiner Abwesenheit war immer noch der andere Architectus, Artorius Corvinus hier vor Ort, so dass Evander durchaus für ein paar Wochen oder Monate mal weg konnte. Zumal dienstlich...

  • Er beschloss, die Ostküste Italias 'hinunter', also südwärts über Puteoli und Misenum zu fahren und zunächst den Golf von Neapel zu besuchen. So konnte er eventuell beim Praefekten der dortigen Flotte vorbeischauen und hatte ausserdem permanent die Flotte in Reichweite, die in zahlreichen Stützpunkten entlang der Küste stationiert war, falls er deren Soldaten für umfangreiche Arbeiten brauchen würde. Anschließen würde er sich im Süden umschauen, in der Gegend bei Brundisium und dann gen Norden fahren, über Barium, Corfinum und Ravenna in die Ebene des Eridanos. Dort stand die vor kurzem zurückgekehrte Legion und ausserdem die andere Flotte, so dass er auch dort bei Bedarf nicht nur auf eigene Arbeiter, sondern auch auf Soldaten würde zurückgreifen können.


    Im Groben stand also der Plan, blieb nur noch zu überlegen, wer alles mitkommen sollte. Iocasta würde er mitnehmen, einen Sekräter und vielleicht noch ein-zwei Sklaven als Gepäckträger. Viele Mäuler zu stopfen und Evander ahnte, dass ihn die Reise wohl einiges kosten würde. Andererseits verdiente er fast doppelt so viel wie noch als Duumvir, so dass er sich diese Reise, für die er höchstens zwei Monate einplante, falls nichts dazwischenkam, wohl würde schon irgendwie leisten können. Er klappte die letzte Wachstafel zu und legte sie beiseite. Langsam nahm der Plan Gestalt an und er beschloss, so bals es ging zu verreisen.

  • Der Tag seiner Abreise kam immer näher und Evander's Vorbereitungen schritten voran. Er hatte einige Kisten Gepäck mitzunehmen, die zustandegekommen waren, obwohl er versuch hatte, sich zurück zu halten. Aber verschiedenes musste mitgenommen werden, darunter einiges an Schreibzeug und Unterlagen; das notwendigste an Werkzeug, falls mal der Ochsenkarren, den er organisiert hatte, auf der Strecke liegen bleiben sollte; ein paar Waffen für den Fall der Fälle, von dem Evander hoffte, dass er während der Reise nicht eintreten würde und selbst wenn er eintreten würde, er wüsste, dass er selbst mit den Waffen wohl nicht wirklich viel würde anfangen können; Kleidung, nicht nur die seine, sondern auch die von seinen Begleitern, wobei die Sklaven mit dem nötigsten auskommen mussten; Proviant, um wenigstens während der ersten paar Tage nicht völlig auf die Wirtshäuser angewiesen zu sein.


    Im Grunde stand damit alles. Es war schade, dass Zeilas nicht dabei war. Er wäre eine große Hilfe bei der Reise gewesen. Sein ganzes Leben lang hatte er Evander begleitet, wurde für seine Treue sogar freigelassen. Sein Ableben war bedauerlich und Evander merkte, dass er die Hilfe Zeilas', die er früher als selbstverständlich erachtet hatte, vermisste und nun zusehen musste, in dieser Provinz, die ihm immer noch nicht so vertraut war, wie seine Heimat Hispania, zurechtzkommen. Evander blickte aus einem Fenster seines Officium. Erst jetzt merkte er, dass er den ganzen Tag im Officium verbrachte und es bereits Abend war. Die Sonne war kurz davor, hinter den Dächern der Mietskasernen zu versinken. Evander beschloss, dass es höchste Zeit war, nach Hause zu eilen, wollte er die Strassen Roms bei Dunkelheit meiden. Tagsüber trieben sich viel zu viele zwielichtige Gestalten rum, aber man sah sie wenigstens, konnte versuchen, einer Begegnung mit ihnen irgendwie auszuweichen. Nachts... Aus irgendeinem Grund hatte Evander Angst, aus dem Hinterhalt überfallen und beraubt zu werden. So war er froh, dieser Stadt, ihren so überfüllten, verstopften, lärmenden, dreckigen und nicht ungefährlichen Gassen nach so kurzer Zeit hier wieder für einige Wochen zu entkommen. Anschließend musste er sich überlegen, ob es sich nicht lohnte, sich eine Behausung in einem etwas besseren Viertel zuzulegen.


    Evander räumte den Tisch schnell auf, entließ den Schreiber und machte sich seinerseits ebenfalls auf, nach Hause zu gehen. Morgen würde er ein letztes Mal hier vorbeischauen, am Tage danach würde er im Morgengrauen aufbrechen und seiner Arbeit in der Regio nachgehen. Italia wartete...

  • Nachdem er von dem unfreundlichen Mann den Weg gezeigt gekriegt hatte, erreichte Glabrio das Officium des Architectus. Er klopfte dreimal und wartete höflich, bis er hereingerufen wurde. Dann stellte er sich vor.
    "Salve, salve! Sei gegrüsst! Mein Name ist Marcus Petronius Glabrio und ich bin auf der Suche nach einem guten Bauunternehmer. Ich möchte meine Casa renovieren lassen und ich dachte, dass mir hier sicher jemand empfohlen werden könnte... der zu einem guten Preis arbeitet und grosse Sicherheit garantiert."

  • Zitat

    Original von Marcus Petronius Glabrio
    Nachdem er von dem unfreundlichen Mann den Weg gezeigt gekriegt hatte, erreichte Glabrio das Officium des Architectus. Er klopfte dreimal und wartete höflich, bis er hereingerufen wurde. Dann stellte er sich vor.
    "Salve, salve! Sei gegrüsst! Mein Name ist Marcus Petronius Glabrio und ich bin auf der Suche nach einem guten Bauunternehmer. Ich möchte meine Casa renovieren lassen und ich dachte, dass mir hier sicher jemand empfohlen werden könnte... der zu einem guten Preis arbeitet und grosse Sicherheit garantiert."


    "Salve, Petronius Glabrio. Du wirst hier sicher fündig. Genau genommen bist du es schon. Nimm doch bitte Platz. Darf ich dir einen Schluck Wein anbieten? Oder Wasser?"
    grüßte Evander den Besucher.
    "Die Petronia Gens also, hm?"
    Als jemand, der Tarraco entstammte, hatte Evander diesen Namen natürlich schon mal gehört.
    "Ich nehme aber an, dass du nicht extra aus Tarraco angereist bist, um nach einem Bauunternehmer zu suchen?"

  • Erfreut nahm er das Angebot an: "Och, es darf gerne etwas Wein sein! Darf ich mich setzen?", fügte er höflich hinzu und setzte sich nach dem Nicken des Architectus auf den freien Stuhl.
    Was? Extra aus Tarraco angereist? Wie konnte der Mann das wissen?? Glabrio war äusserst verwirrt. Doch er lachte und meinte: "Nein, das bin ich wohl nicht. Ich bin schon länger in Roma und weilte auch vorher in Germanien. Aber woher weisst du überhaupt, dass ich lange Zeit in Tarraco gelebt habe?? Kennen wir uns? Oder kennst Du dort andere Petronier?"
    Er selbst hatte zu ihnen keinen Kontakt mehr. Er fragte sich wie öfters was aus seinen Verwandten und Bekannten dort geworden sei.
    "Nun, ich selbst bin hier in Rom aufgewachsen. Aber ich habe auch einige schöne Jahre in Tarraco verbracht. Es ist eine schöne Stadt in einer schönen Gegend. Ruhiger als Rom. Und die Luft ist besser...", fügte er mit einem Lachen hinzu. Die Luft in Rom... Das war ein Kapitel für sich.
    Er besann sich: "Doch ich bin nunmal nicht gekommen, um meine Geschichte zu erzählen. Das können wir gerne einmal in einer Taberna nachholen! Doch Du hast noch nicht einmal deinen Namen genannt!"
    Der Fremde hatte eine freundliche Ausstrahlung und war Glabrio gleich sympathisch. Er war ganz anders als viele römische Beamte in den zahllosen Zimmern dieses und anderer Gebäude.

  • "Nein, andere Petronier kenne ich nicht, aber ich selbst bin aus Tarraco. Da kriegt man schon manche Namen mit. Ich bin Redivivus Evander, meine Familie genießt einen gewissen Ruf in Tarraco"
    sagte Evander, während er einschenkte und den Becher dem Besucher reichte. Auch, wenn Furianus dafür gesorgt hatte, dass Evander's Name in der Stadt nicht mehr viel zählte, der Name Redivivus war dank seinem Vater und dessen Schwester Helena nach wie vor etwas wert.
    "Das kannst du laut sagen. Und wir können es ruhig beim Namen aussprechen... Rom stinkt"
    Und wie.
    "Aber du hast Recht, kommen wir zum eigentlichen Grund deines Besuches. Du sagst also, dass du einen Bauunternehmer suchst. Wie es der Zufall will, bin ich seit einer Weile der Eigentümer eines eben solchen"
    Das klang ja so, als wäre Evander mächtig reich. In Wahrheit hatte er nur das Grundgerüst erworben, alles andere, besonder Marmor, musste zusätzlich erworben und zwischengelagert werden, was Unsummen verschlang und dazu führte, dass er nun zahlreiche Kredite bei Rittern laufen hatte. Mit manchen war wirklich nicht zu spaßen, so dass er froh war über jeden Auftrag. Nicht, dass er nicht noch andere Einkünfte hätte - anderenfalls hätte ihm sicher niemand einen Kredit gegeben. Er trat hin und wieder als Anwalt auf, hatte Vermögen und Betriebe in Hispania und hatte außerdem ein Amt inne. Aber ein Nebenverdienst mehr schadete nicht.
    "Und es wäre mir ein Vergnügen, wenn ich dir meine Dienste als Bauunternehmer anbieten könnte"

  • "Ja, ich habe schon von den Redivivern in Tarraco gehört. Ich meine, ich lernte sogar einmal eine junge Dame mit dem Namen kennen...", meinte er stirnrunzelnd, war sich aber nicht ganz sicher.
    Da hatte Glabrio ja gleich den Richtigen getroffen. "Du als Architekt der Stadt, kannst du dich selbst empfehlen? Wenn ja, dann würde ich mir gerne ein Angebot von dir machen lassen. Ich bin in dieser Hinsicht leider nicht sehr erfahren, aber ich würde dir gerne die Casa zeigen, damit du die nötigen Arbeiten einschätzen kannst." Dass er keine Ahnung hatte, wie viel so eine Renovierung kosten könnte, das liess er lieber erst einmal unerwähnt. Er machte sich auch nicht zuviele Gedanken darüber. Es würde bestimmt nicht sehr teuer sein.

  • "Oh, da liegt ein kleines Mißverständnis vor. Du muss nämlich wissen, dass ich nicht Architekt der Stadt bin. Das ist ein senatorisches Amt, Curator operum publicorum, und wird derzeit von Lucius Minicius Natalis besetzt. Allerdings nicht mehr lange, wie man hört"
    erklärte Evander.
    "Ich selbst bin für öffentliche Bauwerke in Italia zuständig. Ich meine die Regio, nicht die Provinz. Du siehst, ich stehe in der Hackordnung so einige Stufen unter dem Stadtarchitekten"
    Das störte Evander aber nicht. Was nicht war, konnte noch werden und er war jung, jung genug, um noch alles zu werden, was er wollte. Vorausgesetzt, er bekäme entsprechende Unterstützung einflußreicher Gönner.
    "Ich verstehe es daher so, dass wir eine ... einen Augenblick bitte"
    Er stand auf und ging zur Tür des Officiums, die einen Spalt weit offen stand und schloss diese ganz.
    "Ich verstehe es, wie gesagt, so, dass wir eine private Übereinkunft getroffen haben. Dass der Klang meines Amtes eine Art Werbung für mich in eigener Sache war... wen stört's. Die anderen Bauhaie greifen zu ganz anderen Mitteln"
    Er trank einen Schluck Wein.
    "Aber du hast natürlich recht, Glabrio... ich darf doch Glabrio sagen? Wir sollten uns das Objekt mal ansehen. Im Moment habe ich allerdings etwas Arbeit am Hals. Wie Wäre es daher, wenn wir uns später am Nachmittag direkt vor Ort treffen. Wenn du mir eine Wegbeschreibung geben würdest, finde ich bestimmt hin"

  • "Nun, dann Architectus der Regio. Ist ja auch nett...", meinte Glabrio scherzhaft. Evander stand auf, um eine Tür zu schliessen. Das kam Glabrio kurz etwas komisch vor, doch dann sagte er sich, dass das sicher nichts zu bedeuten hatte.
    "Wahrlich!", bemerkte er in Hinsicht auf die Bauhaie. "Man denke nur an den grossen Crassus..." Der sollte angeblich Häuser abgefackelt haben um diese dann zu kaufen und... nein, wie war das noch? Glabrio war sich nicht ganz sicher. Aber Crassus war auf jeden Fall in das Geld verliebt gewesen und Häuser hatte er auch gehabt. Wie auch immer!
    "Selbstverständlich, ...Evander!", nickte Glabrio. Er hob den Becher und prostete ihm zu. Dann versuchte er ihm so gut es ging, den Weg zu seinem Haus zu beschreiben.
    Glabrio nahm sich vor, den Architekten der Regio nach der Besichtigung zu einem Wein einzuladen und ihn etwas kennenzulernen. Jetzt wollte er ihn nicht weiter von seiner Arbeit abhalten.
    "Ich werde dich nicht weiter aufhalten. Lass uns sagen... zur 10. Stunde an der Casa? Dann haben wir noch genug Licht."

  • "Abgemacht"
    sagte Evander. So blieb ihm noch etwas Zeit, sich der Arbeit, für die er vom Kaiser Geld bekam, zu widmen und anschließend etwas zu essen. Und ausserdem Begleitung zu organisieren, denn wenn es anschließend an die Besichtigung dunkel werden würde, würde er nicht allein durch die Strassen wandern wollen.
    "Ich denke, ich werde schon hinfinden. Also dann, Glabrio. Ich sage, bis später um die zehnte Stunde..."

  • "Bis später!", verabschiedete sich Glabrio sehr erfreut und machte sich wieder auf in die Stadt. Er schaute sich in den Buchhandlungen nach Büchern um. Noch kaufte er nichts, aber er wollte sich schon einmal einen Überblick verschaffen.

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