area | Zeit für den Aufbruch

  • Von ihrem Herrn hatte sie sich schon am Vorabend verabschiedet - und auch von den anderen Sklaven, denn am frühen Morgen sollte Cadhla früh aufbrechen, ihrem neuen Leben in Hispania entgegen, das vor allem vom Kampf bestimmt sein würde. Für eine Sklavin gab es keine tränenreichen Abschiede mit Umarmungen im atrium der villa, für sie gab es nur ein bereitstehendes Pferd im Hof, das zudem ihre geringe Habe auf dem Rücken trug - und einen geschäftstüchtigen Händler, der die Reise von Rom nach Tarraco gerne mit einem zusätzlichen Kämpfer im Gefolge antrat, da er über Land reisen musste und den gallischen Banditen ebensowenig traute wie den italischen. Dass dieser Kämpfer eine Frau sein würde, störte Titus Galerius nicht wirklich, denn bei einer Frau erwartete man nicht, dass sie fähig war, einem Räuber die Kehle aufzuschlitzen, und der Überraschungseffekt war sicherlich ein Vorteil. So hatte sich Cadhla in bequemer Reisekleidung (die Sachen hatte ihr Matho vor einiger Zeit im Auftrag ihres Herrn zähneknirschend besorgt) vor dem Morgengrauen im Hof eingefunden, sich mit ihrem Pferd, einem etwas hageren Nutztier, angefreundet und wartete nur noch darauf, dass der Händler sie abholen würde.


    Noch war es still im Haus, aber das würde sich bald ändern - ihr Herr würde seine Klienten zur salutatio empfangen, dann begann die Hauptarbeit für die Sklaven, das Schrubben und Aufräumen der Zimmer, die Vorbereitung des Essens ... viele kleine und goße Aufgaben, ein stetiger Fluss immer gleichbleibender Tage. Es würde genau so weitergehen, wenn sie nicht mehr da sein würde, und sie fragte sich, ob ihr Herr überhaupt merken würde, wenn es andere Hände waren als die ihren, die ihm seine Sachen herrichteten oder spät in der Nacht noch einen Wein einschenkten. Mit einem vagen Lächeln blickte die Keltin in den Himmel, ohne Bedauern. Sie hatte sich ihren Weg selbst gewählt, den des Schwerts, und so würde sie kämpfen, um irgendwann endlich frei von jenen Banden zu sein, die sie in eine Welt hineinzwangen, zu der sie sich nicht gehörig fühlte. Irgendwo in der Ferne wusste sie den Mann, den sie liebte - auf einer Reise zu seiner Pflicht, vielleicht war er schon angekommen, vielleicht hatte er so viel zu tun, dass er nicht mehr an sie denken würde - es wäre besser für ihn, auch wenn sich in ihr alles gegen diesen Gedanken stemmte.


    Beruhigend tätschelte sie die Mähne des Pferdes, das in ihren Taschen nach etwas Süßem wühlte, dann hörte sie das Pochen an der Hoftür, beobachtete, wie einer der Stallsklaven den schweren Türflügel öffnete und ihr zuwinkte, das vereinbarte Signal, dass der Händler angekommen war, um sie abzuholen. Noch einmal schweifte ihr Blick zum Hauptgebäude zurück, jener hochherrschaftlichen villa, die ihr so viele Wochen und Monate einen Schlafplatz und viel Arbeit geboten hatte, eine Art Heim gewesen war, ohne ein Zuhause zu sein. Dann wandte sie sich ab, stieg mit Schwung auf und lenkte das Pferd zur Hoftür, um jenem neuen Abschnitt ihres Lebens entgegen zu reiten, in dem sie als Gladiatorin für ihren Herrn kämpfen ... und vielleicht, irgendwann ... frei sein würde.


    *~* finis *~*

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